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DOI: 10.1055/s-0034-1397792
Adipositas – Schwangere nach Adipositaschirurgie – ein neues Risikokollektiv
Publication History
Publication Date:
26 June 2015 (online)

Hintergrund: In den Industrieländern sind bis zu 35 % der Frauen adipös, in den USA ist die Mehrheit der Frauen in der Frühschwangerschaft übergwichtig oder adipös. Bekannt ist eine Assoziation von maternaler Adipositas mit Gestationsdiabetes, intrauterinem Fruchttod, Frühgeburtlichkeit und Malformationen. Das Risiko für ein wachstumsretaridertes Kind ist dagegen erniedrigt. Gynäkologen sehen sich mittlerweile einer steigenden Zahl von Frauen gegenüber, die sich einer bariatrischen Operation unterzogen haben. Herauszufinden, wie sich das Risikoprofil dieser Frauen postoperativ im Vergleich zu adipösen Frauen verhält, war Ziel der vorliegenden schwedischen Studie.
Methoden: In der gematchten Fallkontroll-Studie untersuchten die Autoren Schwangere aus dem schwedischen Geburtsregister, die sich einer bariatrischen OP unterzogen hatten. Jeweils 5 Kontrollen wurden pro Fall zugeordnet, bei denen die Frauen dem präoperativen BMI der Schwangeren im ersten Trimenon entsprachen, ebenso entsprechend Alter, Parität, Nikotinabusus und andere relevante Faktoren mit Einfluss auf die untersuchten Parametern. Ausgewertet wurde im Hinblick auf Gestationsdiabetes, Frühgeburt, Todgeburt, fetale Makrosomie und Wachstumsretardierung sowie schwerwiegende Malformationen.
Ergebnisse: Unter mehr als 600 000 Einlingsschwangerschaften zwischen 2006 und 2011 fanden sich 1755 Mütter, die sich einer bariatrischen OP unterzogen hatten. 680 Fälle konnten ausgewertet werden. In Bezug auf Gestationsdiabetes zeigte sich in der operierten Gruppe ein signidikatn niedrigeres Risiko (1,9 % vs. 6,8 %; Odds Ratio, 0,25; 95 %-KI 0.13 - 0,47; p < 0,001). Weniger makrosome Kinder wurden in der Studiengruppe geboren (8,6 % vs. 22,4 %; OR 0,33; 95 %-KI 0,24 -0,44; p < 0,001). Das Risiko für ein wachstumsretardiertes Kind war hingegen erhöht (15,6 % vs.7,6 %; p < 0,001). Gleiches galt für die Schwangerschaftsdauer (273,0 Tage vs. 277,5 Tage, p < 0,001), wobei das Frühgeburtsrisiko insgesamt nicht erhöht war (10 % vs. 7,5 %; p = 0,15). Das Risiko für Todgeburt oder neonatalen Tod war ebenfalls nicht signifikant erhöht (1,7 % vs 0,7 %, p = 0,06), genausowenig wie das Risiko für angeborene Fehlbildungen.
Die Studie zeigt, dass eine der Schwangerschaft vorangegangene bariatrische OP das Risiko für Gestationsdiabetes, exzessives fetales Wachstum und Frühgeburt verringert, das Risiko für Wachstumsretardierung und Mortalität jedoch erhöht. Die erhöhten Risiken in der Subgruppe der Frauen mit mehr Gewichtsverlust kann durch eine postoperative iatrogene Malnutrition erklärt werden. Limitationen der Studie sind der observative Charakter und damit die fehlende Option auf eine Ursachen-Wirkungs-Analyse ebenso wie die Tatsache, dass Frauen nach einer bariatrischen OP wahrscheinlich im Hinblick auf einen Diabetes intensiver überwacht werden. Aufgrund ihrer Daten raten die Autoren zu einer intensiveren Überwachung der Schwangeren nach bariatrischer Chirurgie, um frühzeitig Wachstumsretardierungen zu erkennen und das potentielle Risiko von IUFT und neonataler Morbidität zu reduzieren.
Dr. Silke Johann, Bern