physiopraxis 2015; 13(03): 62
DOI: 10.1055/s-0035-1549254
physiospektrum
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Muss der Chef das Therapiewerkzeug bezahlen?

Veronika Neuf

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Publication Date:
20 March 2015 (online)

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„Jeder Mitarbeiter bringt sein eigenes Material mit? Das wäre ja, als müsste ein Sachbearbeiter PC und Maus selbst anschaffen.“
Abb.: privat

PRO Die Therapiematerialien muss meiner Meinung nach der Praxisinhaber bereitstellen. Denn das Therapiewerkzeug ist nicht für den Eigenbedarf oder das Vergnügen des Therapeuten gedacht, sondern für die zielgerichtete Behandlung der Patienten. Für mich wäre es kurios, wenn jeder Mitarbeiter sein eigenes Material mitbringen muss! Das wäre, als würde man von einem Sachbearbeiter verlangen, dass er den Computer, die Maus und den Drucker selbst anschafft.

Auch wenn ein angestellter Physiotherapeut spezielles Werkzeug benötigt, welches nur von ihm und keinem anderen Kollegen benutzt wird, sollte dies der Praxisinhaber bereitstellen – vorausgesetzt dieser befürwortet die Art der Therapie. Für mich hat das etwas mit Wertschätzung zu tun: Schaffe ich als Praxisinhaber für meine Mitarbeiter die passenden Werkzeuge an, zeige ich ihnen damit, dass ich ihre Arbeit schätze, sie unterstütze und sie mir etwas wert sind.

Manches Werkzeug dient dazu, dem Physiotherapeuten eine ergonomische, hände- oder rückenschonende Behandlungsweise zu ermöglichen. Dieser Aspekt fällt gewissermaßen in den Bereich des Arbeitsschutzes und sollte somit für den Praxisinhaber von großem Interesse sein.

Auch der organisatorische Aufwand im Praxisalltag wird erleichtert, wenn der Chef die Therapiewerkzeuge für alle kauft. Das spart Geld, denn nicht jedes Werkzeug muss in einer Praxis doppelt oder gar dreifach vorliegen. Außerdem spart es Zeit. Denn hätte ich mein persönliches Werkzeug, müsste ich als Therapeutin täglich im 20- bis 30-Minuten-Takt mit all meinem Krimskrams von Raum zu Raum wandern.

Dass Therapeuten je nach Therapiebedarf und Zielsetzung auf verschiedene Materialien zurückgreifen können, ist eine Grundvoraussetzung für qualitativ gute Arbeit und damit für zufriedene Patienten. Da dies im Sinne des Praxisinhabers ist, sollte er dafür sorgen, dass seine Mitarbeiter die Materialien bekommen, die sie für ihre Behandlung benötigen.

„Spezielle Werkzeuge, die nur ein einziger Therapeut in der Praxis benötigt, kann dieser sich selbst kaufen.“

KONTRA Für eine Eigenanschaffung von Therapiematerialien spricht meiner Ansicht nach nur ein einziger Grund: die Kosten. Diese sind aufgrund der geringen Vergütung von gesetzlichen Heilmittelbehandlungen auch nicht außer Acht zu lassen. Bei immer neuen Therapieansätzen mit eigens dafür vorgesehenen, oft hochpreisigen Hilfsmitteln wägen sicher viele Praxisinhaber ab, ob ein Werkzeug wirklich angeschafft werden muss oder ob das Interesse daran schnell wieder abklingen wird und es danach in einer Ecke verstaubt.

Der Markt für Therapiegeräte und -werkzeuge ist gigantisch groß. Wie oft halte ich ein dickes Prospekt namhafter Hersteller in den Händen voll von sogenannten Neuheiten. Bestelle ich mir solche innovativen Therapie- und Hilfsmittel, muss ich allerdings häufig feststellen, dass ich sie nach kurzer Zeit nicht mehr nutze, da sie mir zu speziell, zu kompliziert oder zu unpraktisch für den Praxisalltag sind. Meist greife ich dann doch wieder auf Altbewährtes zurück wie Pezzibälle und Therabänder.

Meiner Meinung nach sollte der Praxisinhaber für die Grundausstattung einer Physiotherapiepraxis aufkommen. Doch spezielle Werkzeuge, die einzelne Therapeuten nach einer Fortbildung oder einfach aus Interesse ausprobieren möchten, können sie sich zunächst auch selbst anschaffen. Bewähren sich diese Geräte im Alltag und zeigen die Therapeuten nachhaltiges Interesse daran, kann der Praxisinhaber immer noch über eine nachträgliche Anschaffung nachdenken.

→ Das nächste Thema lautet „Sparschwein auf dem Tresen – angebracht oder fehl am Platz?“. Schicken Sie Ihre Argumente für oder gegen eine Kaffeekasse in Praxen bis zum 7. April 2015 an kathrin.hage@thieme.de. Die beste „Bewerbung“ erhält den Zuschlag und 40 Euro Honorar.