Dialyse aktuell 2015; 19(06): 335
DOI: 10.1055/s-0035-1558706
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wechsel des Phosphatbinders – Senkung der Tablettenlast möglich

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Publication Date:
10 August 2015 (online)

 
 

Eine effektive Phosphatbindung ist für Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz unerlässlich. Zunehmend setzen sich hierfür kalziumfreie Substanzen wie Lanthankarbonat und Sevelamerkarbonat durch. Gelegentlich wird ein Wechsel zwischen den Präparaten notwendig, mit deren Dosisrelativität sich eine Studie beschäftigt hat. Generell sollte die Tablettenlast des nierenkranken Patienten so gering wie möglich gehalten werden. Die lebensnotwendige Phosphatbindung muss Teil eines adhärenzfördernden Gesamtkonzeptes sein, das auch einen ausgeglichenen Vitaminhaushalt einschließt.

Wieviel Lanthan ersetzt wieviel Sevelamer?

Mit dieser Frage beschäftigt sich eine 2013 publizierte Post-Hoc-Analyse von Wilson et al. [ 1 ]. Grundlage war eine 16-wöchige, offene, multizentrische Phase-IV-Studie an 2520 erwachsenen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz und Hyperphosphatämie [ 2 ], deren Phosphatbindertherapie unter Alltagsbedingungen auf Lanthan umgestellt wurde.

Die hier untersuchte Subgruppe umfasste die 691 Patienten (27,4 % der ursprünglichen Studienpopulation), die von Sevelamer auf Lanthan umgestellt wurden. Dabei folgte nach einer einwöchigen Beobachtungsphase, in der die Patienten noch mit Sevelamer behandelt wurden, eine 12-wöchige Periode, in der die Lanthandosis titriert wurde. Als initiale Dosis wurden 1500 mg/d gegeben, als Maximaldosis waren 3750 mg/d Lanthan vorgesehen. Für die Serum-Phosphat-Konzentration war der von der KDOQI empfohlene Zielwertbereich von 3,5–5,5 mg/dl maßgeblich. Anschließend folgte eine 4-wöchige Erhaltungsphase unter der austitrierten Lanthan-Dosis.

Die Tablettenlast wurde aus dieser täglichen Dosis berechnet, wobei eine Stärke von 800mg Sevelamer und 1000 mg Lanthan zugrunde gelegt wurde. Die Dosis-Relativität wurde definiert als das Verhältnis der mittleren oder medianen täglichen Dosis von Sevelamer zu Lanthan. Dabei wurden Untergruppen gebildet in Abhängigkeit von der zu Beginn gegebenen Sevelamer-Dosis (< 2400, 2400–4800, > 4800–7200, > 7200–9600 und > 9600 mg). Außerdem wurde die Dosis-Relativität für jeden einzelnen Patienten berechnet.

Die mittlere (SD) tägliche Sevelamer-Dosis betrug zu Beginn der Beobachtung 7703 mg (3642 mg), verglichen mit einer mittleren (SD) Dosis Lanthan von 2800 mg (938 mg) in Woche 16 der Studie (p < 0,0001). Dies entspricht einem Dosis-Verhältnis von 2,8. Dabei variierte die Ratio bei Betrachtung der Subgruppen zwischen 1,7 bei der niedrigsten Sevelamer-Dosis und 4,2 bei der höchsten, denn die mittlere (SD) Lanthan-Dosis blieb innerhalb dieser Subgruppen mit 2445 mg (996 mg) bis 3156 mg (808 mg) weitgehend konstant. Die mediane individuelle Dosis-Relativität betrug 2,6 (95-%-CI 2,6–2,8).


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Tablettenlast gering halten

Je weniger Tabletten, desto besser – diese Erkenntnis ist in der Behandlung chronisch Nierenkranker von besonderer Bedeutung. Denn die Höhe der Tablettenlast ist negativ korreliert sowohl mit der Adhärenz zur Phosphatbindertherapie als auch mit der Lebensqualität [ 3 ], [ 4 ]. Daher ist anzunehmen, dass insbesondere Patienten mit einer hohen Sevelamer-Dosis von einer Umstellung auf Lanthan profitieren.

Durchschnittlich verringerte sich die Tablettenzahl in der gesamten Studienpopulation von 9,6 Tabletten Sevelamer zu Beginn der Studie auf 2,8 Tabletten Lanthan in Woche 16 (p < 0,0001). In den Sevelamer-Untergruppen spreizte die tägliche Tabletten-Dosis zwischen 5,1 in der Gruppe mit der niedrigsten Dosierung und 16,4 in der Gruppe mit einer täglichen Gabe von > 9600 mg/d. Dagegen war die täglich benötigte Lanthan-Dosis mit 2,5–3,2 Tabletten über alle Gruppen relativ stabil.

Ein anderer Aspekt, der die Tablettenlast beeinflussen kann, ist der Vitaminhaushalt des chronisch nierenkranken Patienten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und vom Diätplan niedrige Spiegel von wasserlöslichen Vitaminen als auch von fettlöslichem Vitamin D, dessen aktive Form infolge der eingeschränkten Nierenfunktion nicht mehr ausreichend gebildet werden kann, auftreten. Bei einer Behandlung mit Sevelamer kann zusätzlich das Problem eines Mangels an fettlöslichen Vitaminen bestehen, da diese von Sevelamer gebunden und an der Aufnahme in den Körper gehindert werden können.

Deshalb sollten bei diesen Patienten regelmäßig die Spiegel der fettlöslichen Vitamine im Blut kontrolliert werden und bei Bedarf Vitaminergänzungsmittel verordnet werden, die dann aber wiederum die Tablettenlast erhöhen. Empfohlen wird die Gabe von täglich ca. 400 IU nativem Vitamin D in Form eines Multivitaminpräparates. Dieses muss jedoch entweder 1 h vor oder 3 h nach der Sevelamer-Dosis eingenommen werden. Lanthan beeinflusst die Vitaminresorption aus dem Verdauungstrakt nicht.

Carmen Gerlach, Carolin Schmitz; Düsseldorf-Ratingen

Quelle: Pressemeldung der Shire Deutschland GmbH, Berlin, vom 15.04.2015


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  • Literatur

  • 1 Wilson RJ, Keith MS, Preston P, Copley JB. The real-world dose-relativity of sevelamer hydrochloride and lanthanum carbonate monotherapy in patients with end-stage renal disease. JAdv Ther 2013; 30: 1100-1110
  • 2 Vermuri V, Michelis MF, Matalon A. Conversion to lanthanum carbonate monotherapy effectively controls serum phosphorus with a reduced tablet burden: a multicenter open-label study. BMC Nephrol 2011; 12: 49
  • 3 Tomasello S, Dhupar S, Sherman RA. Phosphorus binders, K/DOQI guidelines, and compliance: the unfortunate reality. Dial Transplant 2004; 33: 236-240
  • 4 Chiu YW, Teitelbaum I, Misra M et al. Pill burden, adherence, hyperphosphatemia, and quality of life in maintenance dialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2009; 4: 1089-1096

  • Literatur

  • 1 Wilson RJ, Keith MS, Preston P, Copley JB. The real-world dose-relativity of sevelamer hydrochloride and lanthanum carbonate monotherapy in patients with end-stage renal disease. JAdv Ther 2013; 30: 1100-1110
  • 2 Vermuri V, Michelis MF, Matalon A. Conversion to lanthanum carbonate monotherapy effectively controls serum phosphorus with a reduced tablet burden: a multicenter open-label study. BMC Nephrol 2011; 12: 49
  • 3 Tomasello S, Dhupar S, Sherman RA. Phosphorus binders, K/DOQI guidelines, and compliance: the unfortunate reality. Dial Transplant 2004; 33: 236-240
  • 4 Chiu YW, Teitelbaum I, Misra M et al. Pill burden, adherence, hyperphosphatemia, and quality of life in maintenance dialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2009; 4: 1089-1096