Der Klinikarzt 2015; 44(09): 419
DOI: 10.1055/s-0035-1563461
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kasuistik – Fidaxomicin bei einer Patientin mit Karzinom

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Publication Date:
28 October 2015 (online)

 
 

Bei schweren Clostridium difficile-Infektionen empfiehlt die European Society for Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) die initiale Behandlung mit Vancomycin [1]. Die hier vorgestellte Patientin befand sich jedoch in einem derart kritischen Zustand, dass Fidaxomicin als Erstlinientherapie eingesetzt wurde. Gegenüber Vancomycin war das Makrozyklin-Antibiotikum in den beiden Zulassungsstudien – bei zunächst vergleichbarer Ansprechrate – mit einer deutlich geringeren Rückfallrate assoziiert und führte somit entsprechend häufiger zu einer nachhaltigen Heilung [2], [3]. Dies lässt bei Patienten, deren kritischer Zustand sich durch CDI-Rezidive noch weiter verschlechtern könnte, einen Vorteil erwarten.

Anamnese und postoperativer Verlauf

Die Patientin wurde mit einem abdominellen Karzinom aufgenommen. Nach komplikationsloser Resektion des Karzinoms zeigte sich der postoperative Verlauf unauffällig, sodass die Patientin am folgenden Tag auf die Normalstation verlegt werden konnte.

Ein postoperativ auftretendes Delir ging zunehmend in eine Apathie über. Laborchemisch fiel ein erhöhter Calciumspiegel auf, weshalb die Vigilanzminderung als Folge einer hyperkalzämischen Krise gewertet wurde. Diese wurde symptomatisch mit einem Bisphosphonat und Calcitonin therapiert. Bei einem sich weiter verschlechternden Allgemeinzustand mit Auftreten einer Pneumonie wurde die Patientin beatmet und nach primär erfolglosem Weaning perkutan dilatativ tracheotomiert. Nachdem sich sowohl die Vigilanz als auch die respiratorische Situation besserten, konnte die Patientin von der Beatmung entwöhnt werden. Angesichts rezidivierender Pleuraergüsse wurde mittels Einzelphotonenemissionscomputertomografie (SPECT) und Positronenemissionstomografie (PET-CT) sowie Untersuchung von Gewebeproben ein malignes Geschehen ausgeschlossen.


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Fokussuche nach septischem Schock

Nachdem die Patientin einen septischen Schock entwickelte, zeigte die im Rahmen der Fokussuche veranlasste CT-Untersuchung des Thorax und des Abdomens eine Darmwandverdickung im Bereich des proximalen Jejunums, des Colon transversum und des Sigmas. Außer einer Kolitis lagen keine weiteren Verdachtsdiagnosen als Ursache des septischen Schocks vor.

Die Koloskopie zeigte eine pseudomembranöse Kolitis vom Rektum bis zum Colon transversum. Der Nachweis des C. difficile-Antigens mittels Enzymimmunoassay (EIA) und der C. difficile-Toxine A und B mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) bestätigten den Verdacht auf eine CDI. Unter den Risikofaktoren für eine solche Infektion (Tab. [1]) waren bei der Patientin die folgenden erfüllt:

  • Vorbehandlung mit Antibiotika (Meropenem, Vancomycin, Piperacillin / Tazobactam)

  • maligne Erkrankung

  • abdomineller Eingriff

  • Protonenpumpeninhibitor-Medikation

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Tab. 1 Risikofaktoren für eine CDI [1].

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Therapie der CDI

Nach Diagnose der CDI wurde die bestehende Antibiose mit Meropenem und Vancomycin abgesetzt und eine Behandlung mit Fidaxomicin begonnen. Zwei Tage später war keine Katecholaminpflichtigkeit mehr gegeben. Nach 6 Tagen konnte die Patientin bis in den Stand mobilisiert und nach 10 Tagen komplett von der Beatmung entwöhnt werden. Die Entzündungsparameter fielen ab Diagnosetag kontinuierlich ab (Tab. [2]). Die Patientin wurde nach abgeschlossenem Weaning in kardiopulmonal stabilem Zustand in ihr Heimatkrankenhaus verlegt.

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Tab. 2 Verlauf der Entzündungsparameter.

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Fazit für die Praxis

Als Therapie der 1. Wahl kommt bei einer schweren CDI in der Regel Vancomycin zum Einsatz. Im vorliegenden Fall schien jedoch die Initialtherapie mit Fidaxomicin angebracht, da die Patientin sehr schwer erkrankt war und somit aus unserer Sicht ein hohes Risiko bestand, ein Rezidiv nicht zu überstehen.

Es kann vermutet werden, dass die Hemmung der Toxinbildung durch Fidaxomicin zur schnellen hämodynamischen Stabilisierung beigetragen hat.


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Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Schürholz
Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen

Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Astellas Pharma GmbH.


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  • Literatur

  • 1 Bauer MP et al. EClin Microbiol Infect 2009; 15: 1067-1079
  • 2 Louie TJ et al. N Engl J Med 2011; 364: 422-431
  • 3 Cornely OA et al. Lancet Infect Dis 2012; 12: 281-289

  • Literatur

  • 1 Bauer MP et al. EClin Microbiol Infect 2009; 15: 1067-1079
  • 2 Louie TJ et al. N Engl J Med 2011; 364: 422-431
  • 3 Cornely OA et al. Lancet Infect Dis 2012; 12: 281-289

 
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Tab. 1 Risikofaktoren für eine CDI [1].
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Tab. 2 Verlauf der Entzündungsparameter.
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Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Schürholz
Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen