neuroreha 2015; 07(03): 97
DOI: 10.1055/s-0035-1564281
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Raus aus dem Bett!

Jan Mehrholz
,
Martin Lotze
,
Klaus Starrost
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Publication History

Publication Date:
10 September 2015 (online)

„Soll dieser Patient wirklich schon aus dem Bett mobilisiert werden? Ist er nicht noch viel zu stark betroffen, und sollte er sich nicht besser erst einmal ausruhen und erholen? Wozu soll das gut sein? Ändert sich das Langzeit-Outcome nachweislich dadurch, dass Patienten früh und intensiv mobilisiert werden? Und überhaupt: DARF man das denn eigentlich – so früh mobilisieren? Welches sind hier die Kontraindikationen?“

Diese und ähnliche Fragen beschäftigen alle medizinischen Berufsgruppen in neurologischen Akut- und Frührehabilitationskliniken. Dies haben wir zum Anlass genommen, die vorliegende Ausgabe der neuroreha der Frühmobilisation zu widmen.

Die Studienlage zum Thema Frühmobilisation ist noch recht dünn. Umso mehr freut es das Herausgeberteam, dass Julie Bernhardt, die mit ihrer aufsehenerregenden AVERT-Studie (A Very Early Rehabilitation Trial) neues Wissen in diesem Bereich generiert, über den aktuellen Forschungsstand berichtet. Klaus Starrost und Martin Lotze drehen die Fragestellung „Wie wirkt Frühmobilisation?“ um und beschreiben, mit welchen Konsequenzen zu rechnen ist, wenn man Patienten der Inaktivität überlässt. Hat man nach der Lektüre dieser beiden Artikel das Gefühl, es gelte vielleicht die Devise „Mobilisation um jeden Preis“, muss Jürgen Herzog das wohl dezent relativieren: Er stellt dar, welche absoluten und relativen Kontraindikationen zur Mobilisation vorliegen.

Ein großer Teil der neurologischen Patienten, die frühe Mobilisation benötigen, leiden an einer Critical-Illness-Polyneuropathie oder -myopathie (CIP oder CIM). Sabine Mückel und Jan Mehrholz stellen eine für diese Klientel wichtige Forschungsarbeit vor. Sie untersuchten, welche Kriterien zur Abschätzung der Prognose von CIP- und CIM-Patienten gültig sind. Das Thema „Prognose“ scheint in der Therapie noch recht wenig beachtet zu werden. Zu Unrecht, denn die Abschätzung des Outcomes ist für eine realistische Zielsetzung unerlässlich.

Die Patienten, die therapeutische Hilfe bei der (Früh-)Mobilisation benötigen, weisen sehr oft eine pulmonale Begleitsymptomatik auf. In zwei Artikeln nehmen sich die Autorenteams Samir Tanjo/Maria Bartl sowie Frank Oehmichen/Marcus Pohl dieses wichtigen Themas an. Herr Tanjo und Frau Bartl beschreiben die Indikationen und Möglichkeiten einer modernen Atmungstherapie. Herr Oehmichen und Herr Pohl liefern wertvolle Informationen zum Weaning von beatmeten Patienten und heben hervor, wie wichtig die Rolle der Mobilisation in diesem Prozess ist.

Wie geht es eigentlich den Patienten, die im Rahmen der Frührehabilitation ein Mobilisationsprogramm durchlaufen? Aufschlüsse darüber bekommen Sie durch den Patientenbericht von Veronika Girtner. Sie war über längere Zeit Patientin einer neurologischen Frühreha und berichtet über ihren Gesundungsprozess und die Therapie im Verlauf der Erkrankung.

Wir können Ihnen, liebe Leser, also ein vielseitiges Heft präsentieren, und wünschen viel Freude und Erkenntnisgewinn beim Lesen der Beiträge.

Ihre Herausgeber

Jan Mehrholz, Martin Lotze und Klaus Starrost