Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11(03): 209
DOI: 10.1055/s-0036-1580248
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Referat – Korrelation zwischen Krankheitsdauer und Insulitis

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  • Markus Walter

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Publikationsdatum:
07. Juli 2016 (online)

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Hintergrund: Obwohl die Entzündung der pankreatischen Inselzellen (Insulitis) bei Typ-1-Diabetes-Patienten schon vor mehr als 100 Jahren beschrieben wurde, gibt es nur wenige Studien, in denen diese Veränderungen beim Menschen genau erforscht werden. Inselzellen sind allerdings nur vereinzelt im Pankreas zu finden – also ist es schwierig, an „Material“ zu kommen. Unter Verwendung von Bauchspeicheldrüsen von Organspendern haben Campbell-Thompson et al. nun Merkmale einer Insulitis, die Subtypen infiltrierender Leukozyten sowie Beta- und Alphazellen genauer untersucht.

Methoden: Die Bauchspeicheldrüsen wurden im Rahmen eines Programms (JDRF Network for Pancreatic Organ Donors with Diabetes) innerhalb von 7 Jahren gesammelt. Die Spender wiesen folgende Merkmale auf:

  • 61 Spender ohne Diabetes oder sonstige Krankheit des Pankreas, ohne Inselzellantikörper (AAb–)

  • 18 Spender ohne Diabetes oder sonstige Krankheit des Pankreas, mit Inselzellantikörpern (AAb+)

  • 80 Spender mit Typ-1-Diabetes

Eine Insulitis fand sich bei 11 % der AAb+-Organe (2 von 18). Die Organe von Typ-1-Diabetikern wiesen zu 23 % eine Insulitis auf (18 von 80), wobei dies für alle Organe der 4 Spender galt (also 100 %), die vor ihrem Tod kürzer als 1 Jahr zuckerkrank gewesen waren. Demgegenüber wiesen 19 % derjenigen mit einer Diabetesdauer von > 1 Jahr (14 von 75 Spendern) und 45 % derjenigen mit einer Dauer bis zu 12 Jahren eine Insulitis auf (18 von 40 Spendern). Es zeigte sich eine inverse Korrelation zwischen Ausmaß einer Insulitis (Anteil der entzündlich veränderten Langerhans-Inseln an der Gesamtzahl der Langerhans-Inseln) und Diabetesdauer (r= -0,58, p = 0,01), aber nicht bzgl. des Alters bei Erstdiagnose oder der Anzahl der Autoantikörper.

Ergebnisse: Betazellen kamen in höherem Ausmaß bei den Typ-1-Diabetikern mit Insulitis im Vergleich zu denen ohne Insulitis vor. Unter den Typ-1-Diabetikern mit Insulin+Inseln ließ sich bei 33 % eine Insulitis nachweisen, bei denen mit Insulin–Inseln nur in 2 %. Bestimmte Leukozyten (CD45+, CD3+, CD4+, CD8+, CD20+) ließen sich deutlich häufiger mit zunehmendem Ausmaß der Insulitis finden, andere hingegen nicht (CD68+, CD11c+).

Folgerung: Mehrere Ergebnisse sprechen dafür, dass die autoimmunen Prozesse gegen Inselzellen auch lange nach der Diagnose eines Diabetes noch fortschreiten, schlussfolgern die Autoren. Unter Diabetespatienten folgt das Vorkommen einer Insulitis kaum klaren Regeln, sondern ist eher sehr heterogen; grundsätzlich finden sich Insulitis sowie Betazellen auch mehrere Jahre nach Krankheitsbeginn. Klinisch deutet dies, laut Ansicht der Autoren, auf einen wohl recht langen Zeitraum für therapeutisch sinnvolle Interventionen bei Diabetespatienten hin.

Dr. Susanne Meinrenken, Bremen