In Baden-Württemberg hat etwa 26% der Bevölkerung eine Migrationsgeschichte. Im Rahmen
des Aufbaus einer Vernetzungsstelle für kultursensible Pflege im ländlichen Südbaden
soll ermittelt werden, wie kultursensible Pflege bedarfsgerecht gestaltet werden kann,
so dass Erwartungen von pflegebedürftigen Migranten und ihren Angehörigen erfüllt
werden. 2016/17 wurden 14 Interviews mit Angehörigen von Pflegebedürftigen aus dem
russischen Sprachraum und der Türkei sowie 17 Interviews mit professionell Pflegenden
verschiedener Nationalitäten über ihre Erfahrungen mit und Konzepte von kultursensibler
Pflege durchgeführt. Die Interviews wurden mithilfe von qualitativer Inhaltsanalyse
nach Mayring ausgewertet.
Die Interviews mit Angehörigen ergaben fünf Hauptkategorien: Herausforderungen im
Umgang mit kranken Angehörigen, Herausforderungen bei der Pflege, Informationsgewinnung,
Gründe für Bevorzugung von Pflegekräften aus dem Ausland sowie besondere kulturelle
Begebenheiten. Die Interviews mit professionell Pflegenden ergaben sechs Hauptkategorien.
Die subjektive Bedeutung von kultursensibler Pflege, kultursensible Pflege im Pflegealltag,
Rolle der Angehörigen, Migranten als Pflegende in der ambulanten Pflege, Migranten
für die Pflege gewinnen sowie Lösungsansätze. In allen Interviews wurde die Wichtigkeit
betont, individuell, bedürfnis- und bedarfsorientiert zu pflegen. Andererseits konnten
viele Beschäftigte eines explizit kultursensiblen häuslichen Pflegedienstes nicht
mehr Angaben zu Inhalten und Konzepten von kultursensibler Pflege machen als Pflegende
bei traditionellen Arbeitgebern.
Basierend auf dieser Befragung wurde eine vierteilige Schulung für Pflegende im ländlichen
Raum konzeptualisiert und durchgeführt. Die Themen waren Migration – Religion – Kultur,
kultursensible Kommunikation, Migration und Gesundheit sowie Interkulturelle Kompetenz.
Weitere Studien sollten überprüfen, ob solche kultursensible Pflegeschulungen zur
Zufriedenheit aller Beteiligten beitragen.