Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2007; 35(01): 55-62
DOI: 10.1055/s-0037-1621517
Pferd
Schattauer GmbH

Die perivaskuläre Sympathektomie beim Pferd – neue anatomisch-histologische Erkenntnisse[*]

Perivascular sympathectomy in the horse – new anatomic-histological findings
M. Spillner
1   Aus der Pferdeklinik Barkhof, Sottrum (Direktor: Dr. R. Jacobi) und dem
,
S. Buda
2   Institut für Veterinär-Anatomie, Laboratorium Univ.-Prof. Dr. K.-D. Budras, der Freien Universität Berlin
,
R. Jacobi
1   Aus der Pferdeklinik Barkhof, Sottrum (Direktor: Dr. R. Jacobi) und dem
,
H. Jaugstetter
1   Aus der Pferdeklinik Barkhof, Sottrum (Direktor: Dr. R. Jacobi) und dem
,
K.-D. Budras
2   Institut für Veterinär-Anatomie, Laboratorium Univ.-Prof. Dr. K.-D. Budras, der Freien Universität Berlin
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Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Eingegangen: 27. Oktober 2006

akzeptiert: 13. November 2006

Publikationsdatum:
06. Januar 2018 (online)

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Zusammenfassung

Gegenstand: In der vorliegenden Arbeit wurden Abschnitte der A., V. und des N. digitalis palmaris medialis der linken Schultergliedmaße eines gesunden Pferdes im Vergleich zu einem vier Wochen nach der perivaskulären Sympathektomie (PVS) aus anderen Gründen euthanasierten Pferdes untersucht und verglichen. Die PVS wird in der Pferdeklinik Barkhof als Therapieform des Podotrochlose-Sesamoidose-Syndroms seit 1987 erfolgreich eingesetzt. An den untersuchten operierten Gefäßen sollte das Ausmaß (die Vollständigkeit) der Sympathektomie ermittelt werden. Material und Methoden: Das Untersuchungsmaterial wurde immunhistochemisch auf das Vorhandensein sensibler (CGRP-positiver) und autonomer sympathischer (Tyrosin-Hydroxylase-positiver) Nervenfasern untersucht. Ergebnisse: Die Gefäße der gesunden Pferdegliedmaße waren sowohl autonom als auch sensibel innerviert, wobei die sympathischen Nervenfasern bis in das äußere Mediadrittel reichten, während die CGRP-positiven Fasern nur bis in die Adventitia zogen. Nach der perivaskulären Operation nach Jacobi ließen sich immunhistochemisch weder Tyrosin- Hydroxylase- noch CGRP-positive Nervenfasern in den Gefäßwänden nachweisen. Damit wurde das Ziel der Operation, die vasokonstriktiven Bahnen auszuschalten, erreicht. Schlussfolgerung und klinische Relevanz: Die gleichzeitige Entfernung der sensiblen afferenten Gefäßinnervation trägt auch einen Teil zur Unterbrechung des Circulus vitiosus, bestehend aus Schmerz – Gefäßverengung – Ischämie – Funktionsstörung – Schmerz, bei. Da die Schmerzreize nicht mehr ins ZNS weitergeleitet werden können, wird somit die schmerzbedingte reflektorische Engstellung der arteriellen Endstrombahnen als Schmerzursache unterbrochen. Ein multifaktoriell ausgelöstes pathogenes Geschehen wie die Minderdurchblutung der Sesambeine mit nachfolgender Degeneration des Gewebes kann durch eine chirurgische Maßnahme, die mehr als eine Gewebskomponente betrifft, mit guten klinischen Erfolgen gestoppt und in vielen Fällen dauerhaft gebessert werden.

Summary

Objective: Sections of each of the medial palmar digital artery, vein, and nerve of the left forelimb were examined. Vessels of a sound and healthy horse were compared to vessels of a horse four weeks after perivascular sympathectomy (PVS). PVS has been successfully used in the Barkhof Equine Clinic (Pferdeklinik Barkhof) for the treatment of navicular disease and sesamoidosis since 1987. The extent of the PVS was examined. Materials and methods: An immunhistochemical examination was performed on the samples to find sensitive (CGRP-positive) and autonomic sympathetic (tyrosin hydroxylase-positive) nerve fibres. Results: The vessels of a healthy horse are innervated by both autonomic and sensitive nerve fibres. Whereas the sympathetic nerve fibres extend to the outer part of the tunica media, the CGRP-positive fibres only extend into the tunica adventitia. Following Jacobi’s PVS procedure neither tyrosine hydroxylasepositive nor CGRP-positive nerve fibres could be detected in the vessel wall. Therefore, the objective of the surgery to delete vasoconstrictive nerve fibres was achieved. Conclusion and clinical relevance: In addition to removal of the sympathetic nerve fibres the PVS procedure also removes the sensitive afferent innervation of the vessels. Thus transmission of nociceptive stimuli to the CNS is blocked. This breaks the perpetual cycles of pain – vasoconstriction – pain and pain – vasoconstriction – ischemia – function disorder – pain. Decreased tissue perfusion of the sesamoid bones causing ischemia and degeneration is one of the pathogenic factors of sesamoidosis and navicular disease. By removing not only the sympathetic but also the sensitive innervation to the vasculature the perivascular surgery can disrupt the process of tissue degeneration in those diseases and therefore improve the patient’s outcome.

* Herrn Prof. (em.) Dr. Olof Dietz zum 80. Geburtstag gewidmet.