Summary
In 1961 an increase in certain congenital malformations was noticed in various parts
of the Federal Republic of Germany. From the outset, it seemed very probable that
a single cause was responsible, since, although these malformations varied, they appeared
to belong to one and the same syndrome. For general reasons, such causes as radioactivity,
contraceptives, attempted abortions or virus diseases did not provide an acceptable
explanation. The epidemiology was, however, suggestive of some chemical substance
taken orally.
After thalidomide had been indicated in several histories, suspicion of that drug
was aroused and, within one week, intake of it could be proved or was found to be
very likely in 17 out of 20 cases, while in the remaining cases it could not be excluded.
Though this first result was highly significant, we were at first reluctant to incriminate
thalidomide definitely, because there was still some doubt about the reliability of
the histories. But within a few weeks, the thalidomide aetiology received support
from many sources. Specific studies on limited material are sometimes superior to
extensive, broadly planned investigations.
Im Jahre 1961 fiel eine Zunahme bestimmter Mißbildungen an mehreren Orten der Bundesrepublik
auf. Da es sich um ein zwar variables, aber doch einheitliches Syndrom zu handeln
schien, das offenbar um das Vielfache der früheren Häufigkeit ähnlicher Fälle zugenommen
hatte, war von vornherein mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß nur eine einzige
Ursache verantwortlich sein könne. Verschiedene denkbare Ursachen wie radioaktive
Strahlen, empfängnisverhütende Mittel, Abtreibungsversuche oder Viruserkrankungen
mußten aufgrund allgemeiner Überlegungen als sehr unwahrscheinlich angesehen werden.
Die epidemiologische Situation ließ in erster Linie einen oral aufgenommenen chemischen
Stoff vermuten.
Nachdem in anamnestischen Angaben mehrfach Thalidomid aufgetaucht war, ließ sich im
Laufe einer Woche bei 17 von 20 Fällen die Einnahme von Thalidomid sichern oder sehr
wahrscheinlich machen, in den restlichen Fällen nicht ausschließen. Obwohl dieses
erste Ergebnis eine sehr hohe statistische Signifikanz hatte, beurteilten wir es zunächst
noch zurückhaltend, weil gewisse Zweifel bezüglich der Vergleichbarkeit der Kontrollanamnesen
bestanden. In wenigen Wochen ergaben sich dann zahlreiche voneinander unabhängige
Bestätigungen der Thalidomidätiologie. Unter gewissen Umständen können gezielte Untersuchungen
an kleinem Material großen ungezielten Erhebungen überlegen sein.