Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(10): 765-766
DOI: 10.1055/s-0041-101924
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

18-jähriger Mann mit starken Halsschmerzen und Fieber

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Publication Date:
13 May 2015 (online)


Ein 18-jähriger Mann klagt über starke Halsschmerzen seit 2 Tagen, Fieber, Kopfschmerzen und Krankheitsgefühl. Im Hals sehen Sie folgendes Bild.

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Bildnachweis: Strutz J, Mann W. Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2010: 489

Antwort Eine Angina.


Kommentar Angina:


Entzündung des lymphatischen Rachenringes im Bereich von Pharynx und Tonsillen.

Was ist die Ursache dieser Erkrankung?

Antwort Häufigste Ursache sind Bakterien, aber auch Viren können ein ähnliches Bild hervorrufen.

Kommentar Angina:

  • bakteriell,

  • viral.

Wie bekommen Sie klinisch heraus, ob es sich um eine bakterielle oder eine virale Angina handelt?

Antwort Das kann – allein anhand des klinischen Bildes – sehr schwer oder unmöglich sein. Für eine virale Ursache sprechen Bläschen und Ulzerationen sowie eine gleichzeitig bestehende Rhinitis oder Tracheitis. Für Bakterien sprechen eitrige Beläge, zervikale Lymphknoten und Exsudate.

Kommentar Differenzialdiagnose virale – bakterielle Angina:

viral:

  • Bläschen, Ulzera,

  • begleitende Rhinitis, Tracheitis,

bakteriell:

  • eitrige Beläge,

  • Exsudate,

  • begleitende Halslymphknoten.

Cave Eine sichere Differenzierung allein anhand des Aspektes ist nicht möglich.

Helfen Ihnen bei der Untersuchung Laboruntersuchungen weiter?

Antwort Unter Umständen ja. Für die bakterielle Ursache sprechen hohe Leukozytenzahlen und ein hohes CRP. Allerdings sind auch dies ein unsichere Merkmale.

Kommentar Differenzierung zwischen viraler und bakterieller Angina:

  • klinisches Bild,

  • erhöhte Leukozyten, CRP-Erhöhung,

  • Erregernachweis im Abstrich,

  • ggf. ASL-Titer.

Welche Viren können eine Angina hervorrufen?

Antwort Häufige Ursachen sind EBV, Influenza, Parainfluenza, auch HSV.

Kommentar Virale Erreger einer Angina:

  • EBV,

  • Influenza,

  • Parainfluenza,

  • HSV,

  • Coxsackie,

  • ECHO.

Welche bakteriellen Erreger führen zu einer Angina?

Antwort Der häufigste Erreger ist Streptococcus pyogenes (Gruppe A), u. U. auch andere Streptokokken, daneben Staphylokokken, Mykoplasmen, Haemophilus influenzae.

Kommentar Bakterielle Angina:

weitaus häufigste Ursache (90 %): β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A.

Sie können ja mit der Behandlung nicht warten, bis die Laborwerte und das Abstrichergebnis vorliegen.
Wie diagnostizieren Sie denn eine Streptokokken-Angina?

Antwort Primär nur anhand des klinischen Bildes.

Kommentar Streptokokken-Angina:

Lokalbefund:

  • Rötung, Schwellung,

  • Eiter, Lymphknoten,

Allgemeinsymptome:

  • Fieber, Krankheitsgefühl.

Sie diagnostizieren jetzt eine typische eitrige Angina. Außerdem besteht eine auffällige Rötung der Zunge und Sie sehen am Stamm ein feinfleckiges Exanthem.
Woran sollten Sie bei so etwas denken?

Antwort An Scharlach.

Kommentar Scharlach, Zweitkrankheit bei Streptokokken-Angina:

  • Angina tonsillaris,

  • Himbeerzunge,

  • stammbetontes Exanthem,

  • Exanthem im Gesicht: Aussparung des Mund-Kinn-Dreiecks.

Was meinen Sie mit Zweitkrankheit?

Antwort Zu Scharlach kommt es nach einer Streptokokken-Angina. Die Immunität erstreckt sich bei der Angina u. U. nicht auf das erythrogene Streptokokkentoxin. Dieses führt zu einer erhöhten Gefäßpermeabilität und dem entsprechenden klinischen Bild.

Kommentar Scharlach:

Zweitkrankheit nach Streptokokkeninfekt mit spezieller Immunitätslage.

Sind Patienten mit Streptokokken eigentlich gefährdet?

Antwort Ja, durch die Akutkomplikationen, insbesondere eine Septikämie oder einen toxischen Verlauf und dann natürlich durch die Streptokokken-Nachkrankheiten.

Kommentar Komplikationen bei Streptokokken-Angina:

septischer Verlauf:

  • Otitis media,

  • Peritonsillarabszess,

  • Meningitis,

toxische Komplikationen:

  • Myokarditis,

Nachkrankheiten:

  • rheumatisches Fieber,

  • akute Glomerulonephritis.

Wie sieht die Therapie bei Streptokokken-Angina aus?

Antwort Die Streptokokken-Angina wird mit Penicillin behandelt.

Kommentar Bei Allergie: Erythromycin, Cephalosporin.

Sie haben einen Patienten für 10 Tage behandelt. Es geht ihm auch besser, aber am 12. Tag treten erneut typische Beschwerden im Sinne einer Angina auf.
Woran liegt das?

Antwort Das kann an einer ungenügenden Medikamenteneinnahme liegen, es kann aber auch eine Neuinfektion vorliegen. Wenn wegen einer Penicillinallergie Erythromycin gewählt wurde, kann es sich auch um erythromycinresistente Keime handeln.

Kommentar Ungenügendes Ansprechen bei Streptokokken-Angina:

  • ungenügende Medikamenteneinnahme,

  • ungenügende Behandlungsdauer,

  • Neuinfektion,

  • Resistenz auf Erythromycin.

Bei einem Patienten, der wegen einer leichten Pankreatitis stationär aufgenommen wurde, ist eine asymptomatische MRSA-Besiedlung festgestellt worden? Was tun Sie in diesem Fall?

Antwort Dieser Befund hat eine Bedeutung für den Patienten und eine Bedeutung für die Umgebung. Der Patient sollte möglichst von anderen Patienten getrennt werden und das Personal sollte auf penible Hygiene achten.

Kommentar Vorgehen bei MRSA-Besiedlung:

  • räumliche Trennung,

  • rasche Entlassung anstreben,

  • Versuch der Dekolonisation,

  • Aufklärung des Personals,

  • Einhaltung der Hygienemaßnahmen,

  • evtl. Umgebungs-Screening.

Was ist das denn: eine MRSA-Besiedlung?

Antwort Eine Besiedlung mit methicillinresistenten Staphylokokken.

Kommentar MRSA:

  • methicillinresistente Staphylokokken,

  • Referenzpenicillin für Methicillinresistenz: Oxacillin,

  • zunehmende nosokomiale Infektionen.

Sollte man den Patienten nicht antibiotisch behandeln?

Antwort Nein, bei einer Besiedlung wird keine antibiotische Behandlung durchgeführt, nur bei einer Infektion wird eine antibiotische Behandlung vorgenommen.

Kommentar Therapie bei asymptomatischer MRSA-Besiedlung:

Versuch, eine nasale MRSA-Besiedlung mit Mupirocin Salbe zu sanieren.

Wo siedeln sich die Keime denn sonst noch an?

Antwort Bevorzugt im Bereich des Kopfes, aber auch axillär und anderswo.

Kommentar Lokalisation der MRSA-Besiedlung:

  • Kopf: Nase, Rachen, Stirnhaare,

  • Axilla,

  • Damm.

Können Staphylokokken auch in der Umgebung überleben?

Antwort Ja, sogar mehrere Tage.

Kommentar Überlebenszeit von MRSA:

2–7 Tage.

Wie wird der Keim eigentlich übertragen?

Antwort Überwiegend durch Hände von medizinischem Personal.

Kommentar Übertragungswege für MRSA:

  • Hände,

  • Geräte: Stethoskop, Ultraschallkopf, Stauschlauch,

  • Geschirr.

Wie therapieren Sie bei manifester Infektion?

Antwort Mit Vancomycin.

Kommentar Therapie bei MRSA-Infektion:

  • Vancomycin i. v. 2 × 1 g,

  • Teicoplanin i. v. 1 × 200–400 mg.

Regel Bei MRSA-Infektion: Vancomycin.