Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(11): 796
DOI: 10.1055/s-0041-102468
Dossier
Reisemedizin
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Importierte Erkrankungen werden immer wichtiger: Reise- und Migrationsmedizin

Thomas Löscher
1   Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München
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Publication Date:
28 May 2015 (online)

Internationale Migration und Reisetätigkeit nehmen kontinuierlich zu. Deutschland ist wesentlich an dieser Entwicklung beteiligt: Einerseits steigt die Zahl touristischer wie beruflicher Auslandsreisen, andererseits kommt es zu einer verstärkten Zuwanderung im Rahmen von Arbeitsmigration, politischer Verfolgung und Flucht. Als Folge sind alle Ärzte in Klinik und Praxis vermehrt mit importierten Erkrankungen konfrontiert.

Durch internationale Sentinel-Surveillance-Systeme und ein verbessertes nationales wie internationales Melde- und Berichtswesen haben wir heute aktuelle und aussagekräftige Daten über das Spektrum von Importerkrankungen. Ausbrüche und epidemiologische Veränderungen werden zudem weltweit wesentlich rascher und besser erfasst. Die globale Epidemiologie schlägt sich dabei auch in den Importzahlen nieder, wie etwa bei der Zunahme importierter Fälle von Dengue- und Chikungunyafieber in den letzten Jahren. 2014 führte der Anstieg von Flüchtlingen aus Malaria-endemischen Ländern zu einer drastischen Zunahme bei den nach Deutschland importierten Malariafällen.

Der erste Dossier-Beitrag gibt einen aktuellen Überblick zu den wichtigsten Importerkrankungen sowie zum praktischen Vorgehen anhand von Leitsymptomen und -befunden. Besonders bedeutsam ist es, diejenigen Erkrankungen möglichst früh zu diagnostizieren, die rasch bedrohlich verlaufen können oder von seuchenhygienischer Bedeutung sind. Wichtig ist es auch, das unterschiedliche Spektrum der Erkrankungen bei Touristen und Migranten zu kennen. Während bei deutschen Reiserückkehren Erkrankungen wie Reisediarrhoe oder Denguefieber im Vordergrund stehen, finden sich bei Migranten eher Tuberkulose, Malaria, chronische Hepatitiden, HIV-Infektionen und Darmparasiten.

Neben diesen häufigen Infektionen werden auch seltene oder ungewöhnliche Erkrankungen nach Deutschland importiert – ein Beispiel zeigt die Kasuistik einer importierten Erkrankung durch einen bei Affen in Südostasien vorkommenden Malariaerreger.

Mitentscheidend für die Prävention ist die kompetente reisemedizinische Beratung und Vorbereitung, mit der sich der zweite Dossier-Beitrag befasst. Jede Beratung sollte Anlass sein, auch die in Deutschland empfohlenen Standard- und Indikationsimpfungen zu überprüfen. Neben den bei Einreise von einigen Ländern vorgeschriebenen Impfungen gibt es eine umfangreiche Palette von Reiseimpfungen, deren Indikation sich nach Ziel, Art und Dauer der Reise sowie nach individuellen Expositionsrisiken und Vorerkrankungen des Reisenden richtet. Basis der Malariaprophylaxe ist ein konsequenter Mückenschutz. Abhängig vom Malariarisiko und einer Reihe anderer Faktoren kann zudem eine Chemoprophylaxe empfehlenswert sein. Die Malariaimpfung ist für Reisende noch Zukunftsmusik.