Im OP 2015; 05(05): 240-241
DOI: 10.1055/s-0041-104143
Management
Mitarbeiterbindung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Teamgeist erleben

Martin Camphausen
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Martin Camphausen

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Publication Date:
21 August 2015 (online)

 

Zusammenfassung

MITARBEITERBINDUNG Um examinierte Pflegekräfte zu gewinnen und zu binden, müssen Krankenhäuser kreativ werden. Deshalb haben die Frankfurter Rotkreuz-Kliniken gemeinsam mit ihren Mitarbeitern über einen längeren Zeitraum hinweg eine maßgeschneiderte Arbeitgebermarke aufgebaut. Bisheriger Höhepunkt ist die multimediale Kampagne „Teamgeist erleben“, die vor allem neue Mitarbeiter für den Stations- und Funktionsdienst ansprechen soll.


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Regelmäßige Wochenend- und 24-Stunden-Dienste, fehlender oder nur sporadischer Teamaustausch, keine oder zu kurze Übergaben – die Arbeit im OP kann hart sein. Abgehetzt rennen Mitarbeiter durch die Gänge, fühlen sich dauergestresst und für ihre Arbeit zu wenig weitergebildet und wertgeschätzt. So oder so ähnlich sieht der OP-Alltag in vielen deutschen Krankenhäusern aus. Da kann der Teamgeist durchaus mal durchhängen.

In den Frankfurter Rotkreuz-Kliniken sind viele dieser Arbeitsbedingungen anders. Über Monate hinweg wurde zusammen mit Mitarbeitern aller Berufsgruppen herausgefiltert, was für sie das Arbeiten an den beiden Belegarztkliniken im Herzen von Frankfurt besonders macht. Die Quintessenz aus Mitarbeiterinterviews und Workshops mit verschiedenen Mitarbeitergruppen waren die vier Dimensionen:

  • Teamgeist,

  • Zeit (für Patienten),

  • Qualifikation,

  • Wertschätzung.

Schnell wurde deutlich, dass diese Merkmale ganz besonders für den Pflegealltag und somit Alleinstellungsmerkmale sind. Daher fußen alle Maßnahmen der Arbeitgebermarkenbildung auf diesen vier Dimensionen. Am Ende stand fest: Teamgeist ist das, was die Mitarbeiter als am prägendsten ansehen. Denn dieser ausgesprochen starke Zusammenhalt ist gelebter Alltag und keine leere Worthülse, darin waren sich alle einig.

Somit erhielt die Kampagne den Claim „Teamgeist erleben“, was ebenso eine Feststellung der Mitarbeiter als auch eine herzliche Einladung an mögliche Bewerber ist. Dass die Mitarbeiter absolut hinter der Kampagne und dieser Einladung stehen, sieht man an ihrer Bereitschaft, aktiv an der Kampagne mitzuwirken. Sie stellen sich als Fotomodelle und in den Imagevideos für die Kampagne zur Verfügung. Auf allen Fotos und in allen Videos sind ausschließlich eigene Mitarbeiter zu sehen.

Mit ihren Ideen für die einzelnen Szenen haben sie sogar das Drehbuch der Videos geschrieben. Die Ergebnisse zeigen, wie bunt das Arbeiten im Krankenhaus ist und wie viel Spaß man daran haben kann, ganz gleich in welcher Abteilung. Denn entgegen der Auffassung, ein Krankenhaus sei ethisch-moralisch zu aufgeladen, um Echtheit und Kreativität abzubilden, zeigen alle Ergebnisse: Spaß an der Arbeit und Professionalität schließen sich nicht aus, sie ergänzen sich im Gegenteil sogar sehr gut. Die Resultate sind unter www.teamgeist-erleben.de und im YouTube-Kanal der Kliniken zu finden.

Besonderheiten der Frankfurter Rotkreuz-Kliniken

Was macht aber nun die Arbeit im OP an den Frankfurter Rotkreuz-Kliniken anders im Vergleich zu anderen Kliniken?


Ein Team ist mehr als nur ein Stationsgefüge, es umfasst vielmehr alle unter einem Dach Tätigen.


Susanne Brunk, Pflegedienstleiterin

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(Foto: Frankfurter Rotkreuz-Kliniken)

Durch die Belegarztstruktur und damit überwiegend geplante Operationen gibt es an beiden Standorten keine 24-Stunden-Dienste, sondern lediglich Bereitschaftsdienste. Wochenenddienste sind außerdem die Ausnahme. Dadurch wird das Privatleben planbarer und es bestehen mehr zeitliche Kapazitäten, um Beruf und Familie sowie Beruf und häusliche Pflege von Angehörigen zu verbinden.


Zeit bedeutet für mich diese sinnvoll nutzen zu können, gepaart mit dem Wissen, stets gute und damit für mich befriedigende Ergebnisse zu erzielen.


Stefan Rehmer, Leiter Intensivstation

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(Foto: Frankfurter Rotkreuz-Kliniken)

Beides sind Themenfelder, die in den Frankfurter Rotkreuz-Kliniken einen hohen Stellenwert einnehmen. 2013 haben die Kliniken das Zertifikat „berufundfamilie“ erhalten, seit 2014 sind sie Unterstützer der Charta zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege, was jeweils mit vielen entlastenden Maßnahmen für die Beschäftigten einhergeht.

So viel zur Struktur. Die Verlinkung zum Teamgeist wird aber vielmehr im Alltag greifbar. Jeden Morgen gibt es OP-Team-Meetings, in denen eine offene Austauschkultur herrscht. Dahinter steht die Überzeugung, dass aktiv in den gesamten Arbeits- und Ablaufprozess eingebundene Mitarbeiter viel besser ihren Alltag und das Arbeitspensum bewältigen können als Mitarbeiter, die abgekoppelt und abgestumpft der Routine nachgehen.

Außerdem arbeiten in den Frankfurter Rotkreuz-Kliniken 99 Prozent examinierte Pflegekräfte, die sich zudem ständig online wie offline fort- und weiterbilden (unter anderem mit CNE eLearning). Es wäre leichtfertig, ihre Qualifikation und Expertise nicht zu berücksichtigen.

Auch dieses Vorgehen hat etwas mit Wertschätzung zu tun. Denn wer aktiv eingebunden wird und Teil des Erfolgs ist, geht befriedigter in den Feierabend.


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Professionelles Schnittstellenmanagement

Eine weitere Besonderheit für die OP-Organisation ist der OP-Jour-fixe, der alle drei Wochen abwechselnd an beiden Standorten stattfindet. Hier besprechen Vertreter aller Schnittstellen zum OP Neuigkeiten und drängende Themen, die Anschaffung neuer Geräte oder Abschaffung alter Geräte sowie etwaige strukturelle Verbesserungen der OPs. 14 Personen, bestehend aus einem Vertreter der Geschäftsführung, Vertretern der OP-Leitungen beider Standorte, der Anästhesien, der Medizintechnik sowie des Einkaufs, tauschen sich dort aus.

Mit 170 belegenden und angestellten Ärzten sind vor allem auch die Absprachen der Änderungen mit den Operierenden wichtig. Nicht alle Belegärzte sind gleich häufig aktiv in den Kliniken und erfahren gleichzeitig die Neuerungen.

Aus diesem Grund kommen Vertreter von Medizintechnikanbietern und anderen Anbietern häufig länger in die OP-Säle, um eine reibungslose Anwendung zu garantieren. Das erhöht den Professionalitätsfaktor auch für die OP-Pflegekräfte enorm. Sie haben so beispielsweise die Möglichkeit, sich vermehrt mit den Fachleuten der Hersteller auszutauschen.


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Neue Personalphilosophie

Hinter den Anstrengungen rund um die „Teamgeist erleben“-Kampagne steht die Philosophie, dass Mitarbeiter als Kunden zu begreifen sind. Arbeitgeber werden sich mehr und mehr als Dienstleister nicht nur dem Patienten gegenüber behaupten müssen, um am Markt wettbewerbsfähig zu sein, sondern auch den Mitarbeitern gegenüber. Denn demografischer Wandel und sich verstärkender Fachkräftemangel werden die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt noch deutlich zuspitzen.

In den Frankfurter Rotkreuz-Kliniken hat man die eigenen Vorteile zusammen mit den Mitarbeitern herausgearbeitet und für die Bewerber sowie die Außenwelt knackig und übersichtlich in Kampagnenform gegossen. Im Zentrum stand dabei auch die Bestrebung, inhaltlich, sprachlich sowie farblich neue kommunikative Wege zu gehen. Denn warum sollte ein Krankenhaus immer nur zurückhaltend und rein medizinisch auftreten? Bei uns stehen alle Mitarbeiter im Vordergrund – und mit ihnen ihre bunte und vielfältige Arbeit.


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Martin Camphausen

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Politikwissenschaftler, M. A., Leiter Unternehmenskommunikation und Pressesprecher des Frankfurter Rotkreuz-Kliniken e. V.

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(Foto: Frankfurter Rotkreuz-Kliniken)
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