Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(22): 1660
DOI: 10.1055/s-0041-107584
Dossier
Vitamin D/Osteoporose
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Unterschätzte Krankheit Osteoporose: Neue Wege in Diagnostik und Therapie

Hendrik Lehnert
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Publication Date:
04 November 2015 (online)

Kaum eine Erkrankung wird in Deutschland hinsichtlich ihrer gesundheitspolitischen, ökonomischen und natürlich vor allem medizinischen Bedeutung so stark unterschätzt wie die Osteoporose. Die Prävalenz ist unverändert immens hoch: Wir gehen davon aus, dass nahezu 6,5 Millionen Menschen in Deutschland an einer Osteoporose erkrankt sind. Frauen sind etwa viermal häufiger betroffen als Männer. Nicht nur Frakturen sind Folge – auch die assoziierten Komorbiditäten aufgrund der Immobilität und langer Liegedauer werden häufig unterschätzt. Dieses Dossier befasst sich also mit einem überaus wichtigen und aktuellen Thema.

Neue Daten zur Vitamin-D- und Kalziumversorgung legen eindeutig nahe, dass ein wesentlich differenzierterer Umgang mit der Supplementation erfolgen sollte. Eine Kalzium-Supplementation beispielsweise ist nur notwendig, wenn die Kalzium-Aufnahme durch die Nahrung zu gering ist. Bei ausgewogener Ernährung ist die Einnahme von Kalzium-Präparaten ist mit einem leicht erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden.

Die Vitamin-D-Supplementation sollte dringend in Abhängigkeit von einer niedrigen UV-Exposition durchgeführt werden. Insbesondere in den nördlicheren (norddeutschen) Regionen kommt in den sonnenarmen Monaten ein schwerer Vitamin-D-Mangel bei einer sehr hohen Zahl (mindestens 30 %) der dort lebenden Menschen vor. Eine gezielte Schulung zur Einnahme der Präparate ist von essenzieller Bedeutung und wird in dem Kapitel zu Vitamin-D-Substitution zu Recht betont.

Die Übersicht zur Osteoporose-Diagnostik fasst die neuen Empfehlungen der Leitlinie des Dachverbandes Osteologie 2014 zusammen und stellt die Risikoabschätzung, die Basisdiagnostik und die Intervalle der Diagnostik klar. Hier wird ein zunehmend individualisierter Ansatz deutlich: Laut Leitlinie sollte die Indikation zu einer Basisdiagnostik abhängig vom Lebensalter, Geschlecht und vor allem den klinischen Frakturrisiken gestellt werden.

Auch bei der Therapie setzt sich zunehmend der Gedanke der Personalisierung durch. Es sind viele neue Medikamente verfügbar. Die Kenntnis ihrer Wirkweisen und Nebenwirkungen und möglicher Kombinationspartner ist essenziell für die erfolgreiche Therapie. Ein personalisierter Ansatz unter Berücksichtigung von Lebensalter, bestehenden Begleiterkrankungen, dem Nebenwirkungsprofil der Medikamente und den Einnahmemodalitäten wird sich zunehmend in der Therapie der Osteoporose durchsetzen.

Insgesamt vermittelt das Dossier zum Thema Osteoporose sehr klare und stringente Informationen und Handlungsanweisungen und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zu einem zugleich Evidenz-basierten und dennoch individualisierten Umgang mit dieser Erkrankung.