Pulmonal (arterielle) Hypertonie
Die schwere pulmonale Hypertonie ist eine Erkrankung, welche die körperliche Leistungsfähigkeit
erheblich reduziert und außerdem die Lebenserwartung stark einschränkt. Nachdem die
Pathomechanismen über primäre Vasokonstriktion, primäre Proliferation, primäre Thromboembolie,
primäre endotheliale Dysfunktion oder eine Kombination aus diesen Faktoren zu einer
manifesten pulmonalen Hypertonie geführt haben, unterhält die pulmonale Hypertonie
selbst diese Vorgänge und führt über einen Circulus vitiosus zu einem Fortschreiten
der Erkrankung.
Definition der pulmonalen Hypertonie (PH)
Der Mittelwert für den pulmonal arteriellen Mitteldruck (PAPm) beträgt 14,0 ± 3,3 mmHg
im Gesunden, die Obergrenze des PAPm (definiert als Mittelwert + 2 SD) beträgt somit
20,6 mmHg [1]. Nach den aktuellen Leitlinien wird eine pulmonale Hypertonie aber durch einen pulmonal
arteriellen Druck (PAP) ≥ 25 mmHg definiert [2]. Ein pulmonal arterieller Wedgedruck (PAWP) > 15 mmHg definiert eine linksventrikuläre
Funktionsstörung. Im Zusammenhang mit PH definiert dieser Befund eine „postkapilläre
PH“. Dagegen ist die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) als präkapilläre PH definiert,
die einen erhöhten pulmonal vaskulären Widerstand (PVR > 3 WU) haben muss.
Klassifikation der pulmonalen Hypertonie
Bereits bei der WHO-Konferenz im französischen Evian wurde 1998 die Klassifikation
der pulmonalen Hypertonie in 5 Gruppen festgelegt. Diese wurde während der nachfolgenden
PH Weltsymposien zur pulmonalen Hypertonie (Venedig 2003, Dana Point 2008, Nizza 2013)
in einigen Details modifiziert, im Wesentlichen aber beibehalten. [Tab. 1] gibt die aktuelle Klassifikation wieder [2].
Tab. 1
Klassifikation der pulmonalen Hypertonie.
1 Pulmonal arterielle Hypertonie (PAH)
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hereditäre PAH
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BMPR2-Mutationen
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ALK-1, ENG, SMAD9, CAV1, KCNK3-Mutationen
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unbekannte Mutationen
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assoziiert mit:
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Bindegewebserkrankungen
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HIV-Infektion
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portaler Hypertension
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angeborenen Herzfehlern
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Schistosomiasis
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2 Pulmonale Hypertonie infolge Linksherzerkrankung
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3 Pulmonale Hypertonie infolge Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie
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4 Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
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5 Pulmonale Hypertonie mit unklarem oder multifaktoriellem Mechanismus
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systemische Erkrankungen, Sarkoidose, pulmonale Langerhans-Zell-Histiozytose, Lymphangioleiomyomatose
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Das klinische Bild
Klinisch fallen in der Regel eine Dyspnoe bei stärkerer Belastung und eine mehr oder
weniger ausgeprägte Einschränkung der aeroben Kapazität im Belastungstest auf. Unter
den Patienten mit einer leichten pulmonalen Hypertonie, die vielleicht nur unter Belastung
relevant wird (früher latente PH), gibt es relativ viele mit Erkrankungen am Herz
und an den Lungen, alles Erkrankungen, die auch über andere Mechanismen zur Luftnot
führen können.
Bei der manifesten pulmonalen Hypertonie liegt der PAP bereits in Ruhe bei ≥ 25 mmHg.
Klinisch weisen diese Patienten Dyspnoe bei leichterer Belastung und eine deutlich
niedrigere aerobe Leistung auf. Die überwiegende Zahl der Patienten, die diesem Schweregrad
zugeordnet werden, leidet ursächlich an einer Herz- oder Lungenkrankheit.
Die schwere pulmonale Hypertonie ist dadurch charakterisiert, dass schon in Ruhe das
Herzminutenvolumen reduziert ist und unter Belastung nur noch wenig ansteigen kann.
Die Patienten sind kaum noch beschwerdefrei belastbar (NYHA III-IV), und bereits in
Ruhe findet sich manchmal eine zentralvenöse Sauerstoffsättigung < 60 %. Bei diesem
Schweregrad ist die Lebenserwartung sehr stark eingeschränkt. Leider werden ca. 80 %
der PAH-Patienten erst diagnostiziert, wenn sie in der WHO-funktionellen Klasse III
oder IV sind.
Neue pathophysiologische Konzepte
Das pathophysiologische Hauptmerkmal der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) ist
ein Gefäßumbau von kleinen pulmonal arteriellen Gefäßen, der zu einer Verringerung
des Lumens bis hin zur Okklusion führt ([Abb. 1]). Dieser Gefäßumbau ist hauptsächlich durch eine signifikante Verdickung der Intima,
gefolgt von einem Umbau der Media und einer teilweisen Umbildung der Adventitia, gekennzeichnet
[3]. Diese Umbauprozesse finden nicht nur bei Patienten mit idiopathischer PAH (IPAH)
statt, sondern auch bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie (PH) in Folge von Lungenerkrankungen
wie zum Beispiel bei der chronisch obstruktiven pulmonalen Erkrankung (COPD) und der
idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) [4]. Auslöser für den Gefäßumbau können unter anderem Gefäßverletzungen, Entzündungen,
vermehrte Expression von Wachstumsfaktoren und/oder Hypoxieexposition sein. In der
Folge kommt es zur Proliferation der glatten Muskelzellen und Fibroblasten sowie zur
Akkumulation von Entzündungszellen [5].
Abb. 1 Pulmonal vaskuläres Remodelling bei PAH. A+B: schematische Abbildungen im Querschnitt.
(a) eine gesunde Pulmonalarterie mit dünner Endothel- und glatter Muskelzellschicht
und (b) eine PAH Pulmonalarterie mit Neointimabildung innerhalb der Lamina elastica interna
bestehend aus glatten Muskelzellen und Kollagenfasern. c + d repräsentative Bilder von Massonʼs Trichrome Färbungen zur Kollagenvisualisierung
(blau). (c) dünnwandige, gesunde und (d) umgebaute PAH Pulmonalarterie. Maßstableiste: 50 µm.
Darüber hinaus wurden Störungen in der Produktion, Deposition und Komposition von
Faktoren der extrazellulären Matrix (ECM) beobachtet [6]. Diese Veränderungen der ECM können den Gefäßumbau auf drei verschiedenen Ebenen
beeinflussen: 1. durch die Entstehung von Fragmenten aus ECM-Komponenten, welche die
Proliferation, Migration und Proteaseaktivierung direkt regulieren, 2. durch übermäßige
Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus der ECM und 3. durch die Freilegung von funktionell
wichtigen reaktiven Stellen von Kollagenen, Lamininen, Elastinen oder Fibronektin
[7]. Quantitative Analysen zeigten verschiedene Grade von Kollagendeposition mit der
höchsten Akkumulation in der Intima der Lungengefäße von IPAH-Patienten im Vergleich
zu gesunden Gefäßen [3]. Diese erhöhte Kollagenakkumulation trägt maßgeblich zur Verdickung der Intima bei
und erhöht die arterielle Versteifung [8]. Neben der veränderten Kollagenexpression wurde eine Verdickung der Lamina elastica in PAH-Pulmonalarterien gemessen [9]. Zusätzlich findet sich eine Fragmentierung der elastischen Fasern. Dieser Umbau
der elastic laminae trägt ebenfalls zur Steifheit der proximalen Pulmonalarterien
bei [10]. Das Ungleichgewicht von Kollagen, Elastinen und weiteren ECM-Faktoren wie Tenascin
C [11], Matrixmetalloproteinasen (MMPs) [12] und Lysyloxidasen (LOX) [13] führt zu einer vermehrten Durchlässigkeit der Gefäßwände. Diese wiederum ermöglicht
die Infiltration durch inflammatorische und strukturelle Zellen sowie Wachstumsfaktoren,
was erneut die Zellproliferation verstärkt und den Gefäßumbau weiter vorantreibt.
Kollagenakkumulation trägt also zur vaskulären Versteifung bei. Außerdem wurden Kollagenabbauprodukte
wie Endostatin (von Kollagen XVIII stammend) als mögliche Biomarker in stark erhöhten
Konzentrationen im Plasma von IPAH-Patienten gefunden und korrelierten mit prognostischen
Markern wie Brain Natriuretic Peptides (BNP) [3] und sind mit einer verringerten Lebenserwartung assoziiert [14]. Ein weiterer möglicher Biomarker ist das N-terminal pro-peptide of type III procollagen
(PIIINP), das mit einer Verschlechterung der WHO-Klassifikation der IPAH-Patienten
assoziiert ist [15]. Somit könnte das Wiederherstellen eines angemessenen Gleichgewichts zwischen ECM-Synthese
und Abbau eine therapeutische Option darstellen, um den pulmonal vaskulären Gefäßumbau
aufzuhalten.
Neben einem strukturellen Umbau der Lungengefäße durch eine veränderte ECM-Zusammensetzung
und Anordnung trägt das Auftreten von inflammatorischen Zellen entscheidend zum Gefäßumbau
bei; Korrelationen zwischen durchschnittlicher perivaskulärer Zahl von Entzündungszellen
mit Gefäßwanddicke sowie mit hämodynamischen Parametern waren signifikant.. Diese
entzündlichen Infiltrate befinden sich im Wesentlichen in Gefäßläsionen, perivaskulär
und im Interstitium und bestehen aus Makrophagen, Mastzellen, Lymphozyten und Plasmazellen
[16]. Bei PAH-Patienten wurde außerdem eine erhöhte Menge an zirkulierenden Zytokinen
und Chemokinen nachgewiesen [17]. Die spezifische Rolle einzelner Immunzellpopulationen bei der Entstehung und/oder
Erhaltung obstruktiver pulmonal arterieller Läsionen ist allerdings noch weitgehend
ungeklärt. Eine mögliche Erklärung liefert das enge Zusammenspiel zwischen Entzündung
und Metabolismus. In diesem Zusammenhang wird vermutet, dass das zytokinähnliche Hormon
Leptin an der Immunpathologie der IPAH beteiligt ist, indem es die Funktion der zirkulierenden
regulatorischen T-Zellen (Tregs) steuert [18].
Entzündungsprozesse in Kombination mit einer genetischen Prädisposition können den
Krankheitsverlauf für PAH-Patienten verschlechtern. Eine kürzlich erschienene Studie
zeigte, dass eine Mutation im BMP-Rezeptor-2 (BMPR2-) Gen zusammen mit einem proinflammatorischen
Stimulus zu vaskulärem Gefäßumbau führt und damit solche Patienten besonders anfällig
für die Entstehung einer PAH macht [19]. Diese Mutation, die im Jahr 2000 identifiziert wurde [20], ist die häufigste Mutation bei PAH-Patienten. Die Folge ist ein ungehemmtes Zellwachstum
von pulmonal arteriellen glatten Muskelzellen, da wachstumshemmendes BMP keinen Signalweg
mehr aktivieren kann [21]. Umgekehrt führt diese Mutation an pulmonal arteriellen Endothelzellen zu Apoptose
und Wachstumshemmung und trägt so ebenfalls zum Remodelling bei. Eine selektive Verstärkung
des endothelialen BMPR2-Signalweges durch therapeutische Gabe von BMP9 zeigte in vivo
das therapeutische Potenzial dieses Ansatzes [22]. In den vergangenen Jahren wurden neben Mutationen im BMPR2-Gen auch Mutationen
im KCNK3-Gen gefunden, welches für die Funktion eines Kaliumkanals, TASK-1, zuständig
ist [23]. TASK-1 reguliert das Membranpotenzial der glatten Muskelzellen und steuert dadurch
den Vasotonus. Eine Mutation im TASK-1-Gen hat Vasokonstriktion zur Folge, wodurch
es zur Entstehung einer PH kommen kann [24]. Die genannten Mutationen müssen nicht direkt zur Erkrankung führen, sondern können
die Prädisposition des Trägers für eine PAH-Erkrankung erhöhen. Deshalb könnten diese
oder andere neu identifizierte Mutationen in Zukunft bei der Behandlung von Patienten
von großer Bedeutung sein. Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) können zu einer Stratifizierung
von Patienten führen und somit eine personalisierte Medizin ermöglichen.
Pathohistologie des Lungenhochdrucks
Die Histologie spielt im Diagnosealgorithmus der pulmonalen Hypertonie eine untergeordnete
Rolle. Dennoch haben Studien, die die mit Lungenhochdruck einhergehenden morphologisch
fassbaren Veränderungen an humanem Gewebe charakterisiert haben, erheblich zu unserem
Verständnis dieser heterogenen Erkrankung beigetragen.
Die erste umfassende Beschreibung histologisch fassbarer Gefäßveränderungen wurde
von Heath & Edwards verfasst; die darin vorgeschlagene Klassifikation ist nach wie
vor bei der histopathologischen Befunderstellung gebräuchlich [25]. Auch nachfolgende Studien [26]
[27]
[28]
[29]
[30]
[31]
[32]
[33]
[34] basierten hauptsächlich auf Autopsiematerial und wurden vor der Ära der heutigen
Medikamente durchgeführt. Im Gegensatz dazu basieren die Ergebnisse der aktuellsten
Studie auf morphometrischen Untersuchungen an der bisher größten Serie (n = 62) an
Explantatlungen und Kontrollen [16]. Die histologisch fassbaren Veränderungen des Lungenhochdrucks betreffen sämtliche
Kompartimente der Gefäßwand (Intima, Media und Adventitia) ([Abb. 2]). Die vorrangigsten Veränderungen zeigt die Intima, sie sind besonders prominent
bei idiopathischem Lungenhochdruck ausgeprägt und können zu einer vollständigen Okklusion
des Lumens führen. Zu den Intimaveränderungen zählen die plexiformen Läsionen, die
an Glomerula der Nieren erinnern. Die Mediaverdickung mit einer Betonung kleinkalibriger
präkapillärer Arterien steht vor allem bei Patienten mit Herz- oder Lungenerkrankungen
im Vordergrund. Die Verdickung der Adventitia ist meist unregelmäßig vorhanden und
kommt durch eine Akkumulation verschiedener Kollagene zustande [35]. Auffallend häufig zeigen sich entzündliche Infiltrate, die perivaskulär und im
Interstitium zu finden sind und vorwiegend aus Lymphozyten, Plasmazellen, Mastzellen
und Makrophagen bestehen. Die qualitative Natur der Läsionen verändert sich im Zeitalter
der modernen Therapeutika im Vergleich zu älteren Studien nicht. Zusammenfassend lässt
sich sagen, dass bei PH eine bemerkenswerte inter- und intraindividuelle Heterogenität
der morphologischen Veränderungen auffällt. Die Existenz von Fällen ohne Mediaremodelling,
aber mit plexiformen Läsionen in variabler Anzahl spricht gegen den von Heath & Edwards
postulierten stadienhaften Verlauf der PH. Es erscheint somit sinnvoll, von dieser
Klassifikation Abstand zu nehmen und anstelle dessen lediglich eine beschreibende
Diagnose mit Diskussion der möglichen zugrundeliegenden Ätiologien zu erstellen.
Abb. 2 Merkmale des Gefäßumbaus bei IPAH. a Deutliche Verbreiterung der Intima (*), Media (>) und Adventitia (➙) einer Arterie bei IPAH. b Konzentrische Verbreiterung von Intima und Media mit ausgeprägter Einengung des Lumens.
c Dilatationsläsion (*) in Nachbarschaft einer plexiformen Läsion (>). d Plexiforme Läsion mit proliferierten Endothelzellen (Insert). Der Balken entspricht
100 µm.
Neue Studien im Bereich der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH)
Die PAH war in den letzten beiden Jahrzehnten eines der meistbeforschten Gebiete der
Pneumologie, und es ist als großer Erfolg zu werten, dass wir für eine Erkrankung,
welche vor zwanzig Jahren keine spezifische medikamentöse Therapie hatte, in der aktuellen
Leitlinie zwölf verschiedene Medikamente zur Verfügung haben [36]. Die Erkrankung bleibt jedoch trotz deutlicher Fortschritte weiterhin unheilbar
und wird aktiv beforscht [37]
[38]
[39]
[40]. Auch heute laufen mehrere Dutzend Phase-I- und Phase-II-Studien, bei welchen vielversprechende
neue Substanzen geprüft werden. Wir stellen hier einige der wichtigsten neuen Therapieoptionen
dar:
Endothelial NO Synthase Couplers
Das endotheliale NO spielt eine wichtige Rolle in der Regulation des Gefäßtonus und
seine Produktion ist von der endothelialen NO-Synthase abhängig. Um NO herstellen
zu können, muss die NO-Synthase ein Dimer bilden. Für diese Dimerisierung ist Sapropterin
Dihydrochlorid verantwortlich, dessen therapeutische Gabe in einer Pilotstudie untersucht
wurde [41]. Obwohl das NO sich während der Studie nicht signifikant änderte, ist die 6 Minuten
Gehstrecke angestiegen. Weitere Studien sollten entscheiden, ob dieser Ansatz als
therapeutische Option in Frage kommt.
Rho-Kinase-Inhibitoren
Die Inhibition von Rho-Kinasen adressiert zwei Komponenten der PAH, Vasokonstriktion
und endotheliale Dysfunktion. Der Rho-Kinase-Inhibitor Fasudil wurde in einer japanischen
Pilotstudie bei 15 Patienten mit PAH geprüft und zeigte einen akuten Abfall des pulmonalen
Druckes und Widerstands [42]. Das wurde in einer weiteren Studie bestätigt, wobei die Effekte mit inhalativem
Iloprost vergleichbar waren [43]. In einer weiteren Studie war unter einer dreimal täglichen Kurzinfusion die Krankenhausmortalität
bei Patienten mit schwerer PH und Rechtsherzdekompensation vermindert [44]. Eine andere Studie zeigte eine hämodynamische Besserung nach drei Monaten Therapie
mit Fasudil [45]. Laufende Langzeitstudien sollen die chronischen Effekte und die Verträglichkeit
dieser Substanzgruppe prüfen.
Serotonin-Rezeptorantagonisten
Serotonin bewirkt in den pulmonal arteriellen glatten Muskelzellen Konstriktion und
Proliferation. Präklinische Daten zeigen ermutigende Effekte bei pulmonaler Hypertonie.
Eine klinische Studie fand mit dem Serotonin-Rezeptorantagonisten Terguride nach sechzehn
Wochen bei 78 PAH-Patienten keine signifikanten Effekte auf die Endpunkte (PVR, 6
MWD, Hämodynamik bis zur ersten klinischen Verschlechterung), aber eine signifikante
Senkung des pulmonalen Gefäßwiderstandes bei Patienten, die gleichzeitig mit Endothelin-Rezeptorantagonisten
behandelt wurden [46]. Diese Ergebnisse könnten auf eine Interaktion zwischen diesen Substanzgruppen hinweisen.
Eine weitere Substanz dieser Medikamentengruppe ist Fluoxetine, welches in einer Phase-II-Studie
bei einer kleinen Zahl von PAH-Patienten untersucht wurde (NCT00942708). Die Ergebnisse
wurden noch nicht veröffentlicht.
Apelin
Apelin zeigte in präklinischen Studien eine pulmonale Vasodilatation sowie einen Effekt
auf Apoptose und Proliferation von Endothel- und glatten Muskelzellen und die NO-Synthase.
Wie eine rezente Pilotstudie zeigte, konnte mit Apelin bei 20 Patienten mit PAH ein
akuter Anstieg des Herzzeitvolumens erreicht werden [47].
Cicletanine
Cicletanine wird zur Behandlung der systemischen Hypertonie verwendet. Es blockiert
die Proteinkinase C, welche die intrazellulären Effekte von Endothelin-1 vermittelt.
Eine Studie bei 162 Patienten zeigte allerdings keine Besserung der Belastbarkeit,
der Symptome oder der Hämodynamik, wenn das Medikament zur bestehenden PAH-Therapie
hinzugefügt wurde [48].
Immunsuppressive Medikamente
Seit Längerem wird eine Verbindung zwischen PAH und Autoimmunerkrankungen vermutet
und immunsuppressive Medikamente als mögliche Therapie der Erkrankung in Erwägung
gezogen. Tocilizumab, ein Anti IL-6 Antikörper, der im Bereich der rheumatoiden Arthritis
und Castleman-Erkrankung verwendet wird, wurde in einzelnen Fällen bei der PAH eingesetzt
und könnte eine mögliche Therapieoption für die PAH sein [49]. Der CD-20 Antikörper Rituximab wurde ebenfalls in kleineren Studien bei Sklerodermie
bzw. bei mit Sklerodermie assoziierten Lungenerkrankungen eingesetzt und wird aktuell
in einer prospektiven, multizentrischen Plazebo kontrollierten Phase-II-Studie bei
Patienten mit Sklerodermie assoziierter PAH geprüft (NCT01086540). Der primäre Endpunkt
ist die Änderung des pulmonalen Gefäßwiderstandes nach 24 Wochen. Interleukin-1-Rezeptorantagonisten
wurden ebenfalls als eine mögliche neue Therapieoption für PAH in Betracht gezogen.
Die aktuelle Studie musste wegen schlechter Rekrutierung jedoch frühzeitig beendet
werden (NCT01479010). Tacrolimus wird als selektives Immunsuppressivum gegen Abstoßungsreaktionen
bei der Organtransplantation sowie als Alternative zu den Glucocorticoiden beim atopischen
Ekzem verwendet. Das Mittel ist ein starker Aktivator des BMP (Bone Morphogenetic
Protein) Signalling, welches in präklinischen Studien die Funktion der Endothelzellen
wiederherstellen konnte und die Entwicklung einer PH verhinderte. Eine Phase-II-Studie
wurde vor kurzem initiiert (NCT01647945), um die Effekte von Tacrolimus bei PAH-Patienten
zu erfassen. Obwohl die aktuelle Studie wegen schlechter Rekrutierung frühzeitig beendet
werden musste, sind weitere multizentrische Studien zur Untersuchung des Medikamentes
geplant, und das Medikament wurde bereits in Expertenzentren bei Patienten mit Rechtsherzversagen
eingesetzt [50].
Zelltherapie
Endotheliale Progenitor Zellen (EPC) könnten eine Rolle bei der Entwicklung der PAH
spielen [51] und als potenzielle Therapie in Frage kommen. Die intravenöse Gabe von EPCs wurde
im Rahmen einer kleinen Studie evaluiert, welche die Besserung der Belastbarkeit und
der pulmonalen Hämodynamik zeigte [52]. Allerdings wurde diese Therapiemöglichkeit seither in keiner großen Studie geprüft.
Die Transfusion von eNOS überexprimierenden Endothelzellen wurde bei 7 Patienten durchgeführt
und zeigte keine anhaltende Verbesserung der Hämodynamik. Lediglich die 6-Minuten-Gehstrecke
besserte sich [53].
Tyrosinkinase-Inhibitoren
Die Tyrosinkinase PDGF ist erheblich am Gefäßumbau beteiligt. Inhibitoren von PDGF
wurden in Tiermodellen und am Menschen in der Indikation PAH geprüft. Einer dieser
Inhibitoren ist Imatinib. Es wurde in einer Phase-II- [54] und in einer Phase-III-Studie [55] bei Patienten mit einer schweren PAH geprüft. Obwohl mit dem Medikament eine signifikante
Verbesserung der Hämodynamik und der Gehstrecke erreicht wurde, hat der Sponsor den
Zulassungsantrag zurückgezogen, weil die erhöhte Abbruchrate der Patienten unter dem
Medikament und die erhöhte Zahl von subduralen Hämatomen in der Langzeitbeobachtung
nicht hinreichend erklärt werden konnten. Ein weiterer Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor,
Sorafenib, wurde in einer Phase-Ib-Studie bei zwölf Patienten mit schwerer PAH untersucht
[56]. PAH-Patienten tolerierten nur kleine Dosen, die keine überzeugenden hämodynamischen
Effekte hatten. Ein dritter Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor, Nilotinib, wurde ebenfalls
in einer Phase-II-Studie bei PAH-Patienten geprüft. Die Studie musste aber frühzeitig
wegen schwerer Nebenwirkungen des Medikaments abgebrochen werden (NCT01179737).
Betablocker
Betablocker werden seit längerer Zeit bei Linksherzinsuffizienz eingesetzt. Wegen
der negativen Inotropie wird derzeit eine Betablockertherapie bei PAH nicht empfohlen.
Neuere Daten aus retrospektiven klinischen und präklinischen Studien weisen jedoch
darauf hin, dass Betablocker bei PAH-Patienten sicher sind [57] und sogar günstige Effekte auf die rechtsventrikuläre Funktion haben könnten. Deswegen
laufen derzeit mehrere Studien (NCT02507011, NCT01246037) mit unterschiedlichen Betablockern
(Carvedilol, Bisoprolol), welche die Effekte der Medikamente auf die rechtsventrikuläre
Funktion sowie auf die pulmonale Hämodynamik bei PAH prospektiv untersuchen.
Eisensubstitution
In den letzten Jahren erschienen mehrere Analysen, die eine Assoziation von Eisenmangel
bei Patienten mit pulmonal arterieller Hypertonie mit einer schlechten Prognose beschreiben.
Es ist naheliegend, dass die Eisensubstitution als Therapie bei der idiopathischen
PAH untersucht wird (NCT01447628). In der aktuellen Studie wird primär die Änderung
der Hämodynamik nach Eisensubstitution untersucht.
Trimetazidine
Trimetazidine wird aktuell für die Behandlung der Angina pectoris verwendet. Durch
die Hemmung der Fettsäureoxydation könnte das Medikament auch positiv auf die mitochondriale
Funktion in den pulmonalen glatten Muskelzellen wirken und somit zur Behandlung einer
PAH beitragen. In einer aktuellen Pilotstudie wird diese Wirkung von Trimetazidine
untersucht (NCT02102672).
Bardoxolone
Bardoxolone ist ein Triterpenoid und könnte die PH-Pathophysiologie an mehreren Stellen
beeinflussen. Es zielt nicht nur auf die glatten Muskelzellen, sondern auch auf Endothelzellen
und Makrophagen [58] und wurde bei chronischen Nierenerkrankungen und onkologischen Erkrankungen geprüft.
Bardoxolone supprimiert proentzündliche Mediatoren, erhöht die Bioverfügbarkeit des
endothelialen NO und hemmt die Proliferation. In einer aktuellen Pilotstudie wird
das Medikament bei PAH getestet (NCT02036970).
Anastrozole
Es wird schon lange vermutet, dass weibliche Geschlechtshormone eine PAH auslösen
können [59]. Entsprechende Therapieversuche mit Östrogenen beim Tier waren aber bisher nicht
sehr erfolgreich. In einer aktuellen Studie wird geprüft, ob Anastrozole den Estradiol-Spiegel
und die rechtsventrikuläre Funktion bei Patienten mit PAH günstig beeinflusst (NCT01545336).
Renale Denervation
Die renale Denervation wurde für die systemisch arterielle Hypertonie als vielversprechende
neue Therapieoption angesehen, aber prospektive, kontrollierte Studien konnten leider
diese frühen Hoffnungen nicht bestätigen [60]. Im Bereich PAH wird die Methode derzeit für die Pulmonalarterien entwickelt [61]. Die ersten Erfahrungen zeigen einen Abfall des pulmonalen Drucks sowie die Besserung
der Belastbarkeit und der rechtsventrikulären Funktion [61].
In den vergangenen Jahren wurden etliche neue präklinische Konzepte für die Entstehung
der PAH entworfen. Diese können möglicherweise als Basis für neue therapeutische Konzepte
dienen, um den pulmonal vaskulären Umbau aufzuhalten oder sogar umzukehren. Besonders
genetische Analysen könnten von diagnostischer, prognostischer oder therapeutischer
Relevanz für Patienten mit pulmonaler Hypertonie sein.