Suchttherapie 2016; 17(04): 175-180
DOI: 10.1055/s-0042-106076
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verbessert eine intensivierte ambulante Behandlung das Outcome von schwer alkoholabhängigen Patienten? Eine Pilotstudie

Does Intensified Outpatient Treatment Improve the Outcome of Severely Alcohol Addicted Patients? A Pilot Study
M. Luderer
1   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim / Universität Heidelberg
,
A. Koopmann
1   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim / Universität Heidelberg
,
S. Hoffmann
1   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim / Universität Heidelberg
,
J. Reinhard
2   Abteilung Biostatistik, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim / Universität Heidelberg
,
J. Bez
1   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim / Universität Heidelberg
,
D. Hermann
1   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim / Universität Heidelberg
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Publication History

Publication Date:
09 June 2016 (online)

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Zusammenfassung

Ziel der Studie: Disulfiram ist zur Senkung der Rückfallrate bei Alkoholabhängigen nur wirksam, wenn es mit mehrmals wöchentlichen Kontakten verknüpft ist. Es stellt sich daher die Frage, ob eine intensivierte ambulante Behandlung auch ohne Disulfiram wirkt, bzw. ob es bestimmte Patientengruppen gibt, die von einer solchen Therapie profitieren.

Methodik: In einer nicht-randomisierten Verlaufsbeobachtung konnten sich Alkoholabhängige nach abgeschlossener stationärer Entzugsbehandlung für die intensivierte Behandlung (IB, 3x/Woche ärztliche Kurzkontakte) oder die reguläre Behandlung (RB, 1 ärztlicher Kontakt alle 2 Wochen) entscheiden. Zur regulären Behandlung gehört das Angebot einer rückfallprophylaktischen Medikation mit Naltrexon: dies wurde auch bei IB angeboten. Bei Einschluss wurden Alkoholkonsum und -verlangen, soziobiografische Daten, Vorbehandlungen und Ängstlichkeit erfasst. Anschließend wurde über 3 Monate das Konsummuster erhoben.

Ergebnisse: 75 Patienten (41 RB, 34 IB) wurden eingeschlossen. Patienten in IB waren häufiger Frauen und wiesen mehr Vorbehandlungen, eine schwerere Abhängigkeit und stärkere Ängstlichkeit auf. Die Konsummengen nahmen bis zum Endpunkt der Studie nach 3 Monaten in beiden Gruppen signifikant ab, ohne Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen.

Schlussfolgerung: Der neue Therapieansatz IB ist durchführbar, ergänzt die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten und scheint hilfreich zu sein für schwer Alkoholabhängige (vor allem Frauen), für die eine Behandlung mit Disulfiram nicht in Frage kommt.

Abstract

Aim of the study: Disulfiram is an effective treatment for reducing relapse rates in alcohol addicts only in combination with high frequency therapeutic contacts (3 per week). Without this intensified treatment, disulfiram shows no effect. This raises the question, whether an intensified treatment is possible without administration of disulfiram, and which patient group might benefit the most from it.

Methods: In this non-randomized, prospective observational study, detoxified alcohol addicts could choose between the new intensified treatment (IT, 3x/week short therapeutic contacts) and the regular treatment (RT, 1 contact every 2 weeks). Standard relapse-preventive medication (naltrexone) was offered in both groups. At baseline, consumption patterns, sociodemographic data, previous treatments, craving, anxiety and severity of alcohol dependence were assessed. During a follow-up period of 3 months, consumption patterns were collected.

Results: 75 patients (41 RT, 34 IT) were included. Patients in IT were more often female and were characterized by more previous treatments, higher severity of dependence, and higher rate of anxiety. Total alcohol consumption decreased over 3 months significantly in both groups, without significant differences between groups.

Conclusion: IT compliments existing treatment options and seems to be helpful, mainly in combination with naltrexone, for patients with severe alcohol dependence (especially women), who are not suitable for disulfiram treatment.