Pneumologie 2016; 70(07): 442-445
DOI: 10.1055/s-0042-106509
Serie: Asthma am Arbeitsplatz
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Berufliche Allergien gegen Trypsin und Chymotrypsin[*]

Occupational Allergies to Trypsin and Chymotrypsin
V. van Kampen
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
,
T. Brüning
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
,
R. Merget
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
› Author Affiliations

Subject Editor: R. Merget, Bochum, D. Nowak, München
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. rer. nat. Vera van Kampen
IPA
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum

Publication History

eingereicht 11 April 2016

akzeptiert 14 April 2016

Publication Date:
24 May 2016 (online)

 

Zusammenfassung

Trypsin und Chymotrypsin sind proteolytische Verdauungsenzyme, die in Form der inaktiven Vorstufen Trypsinogen und Chymotrypsinogen von der Bauchspeicheldrüse abgesondert werden. Sie finden Anwendung bei der Arzneimittelherstellung und in der Forschung, insbesondere in der Proteinchemie. In der Vergangenheit wurde bereits für verschiedene Enzyme deren atemwegssensibilisierendes Potenzial nach beruflicher Exposition gezeigt. Durch eine größere Zahl von Studien sind auch Fälle von spezifischer Überempfindlichkeit der Atemwege oder der Lunge durch Trypsin und Chymotrypsin gut belegt. Da Symptome, Hauttestergebnisse, der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper und die Ergebnisse spezifischer Provokationstests in der Regel gut übereinstimmen, scheint ein immunologischer Wirkmechanismus gesichert. Es liegen zwar einzelne Hinweise auf urtikarielle Sofortreaktionen bei Kontakt mit Trypsin oder Chymotrypsin vor, jedoch keine klinischen Befunde zu kontaktallergischen Reaktionen vom Spättyp.


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Abstract

Trypsin and chymotrypsin are proteolytic pancreatic enzymes that are secreted as the inactive precursors trypsinogen and chymotrypsinogen, respectively. They have several pharmacological as well as laboratory applications, especially in protein chemistry. Exposure to enzyme dusts has long been known to cause immediate occupational hypersensitivities of the airways. Also trypsin and chymotrypsin are potential inhalable sensitizers, and clear cases of specific airway sensitization caused by trypsin- and chymotrypsin-containing products have been reported by several studies. Positive skin prick and challenge tests as well as specific IgE antibodies have been described. These results and the clinical symptoms usually matched well, suggesting an immunological mechanism of action. Immediate urticarial reactions of the skin due to contact with these enzymes are possible, but there is no clear evidence of allergic cell-mediated delayed eczematous skin reactions.


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Einleitung

Vorangegangene Literaturauswertungen haben für verschiedene Enzyme deren atemwegssensibilisierendes Potenzial nach beruflicher Exposition belegt (α-Amylase [1], Subtilisin [2], Cellulasen [3], Xylanase [4], Papain [5], Bromelain [6], Phytasen [7] sowie Pepsin, Chymosin und mikrobielle Labersatzstoffe [8]). In dieser Arbeit sollen die Verdauungsenzyme Trypsin und Chymotrypsin hinsichtlich ihrer möglichen atemwegssensibilisierenden Wirkung nach beruflicher Exposition bewertet werden.

Trypsin und Chymotrypsin werden als inaktive Enzym-Vorstufen (Trypsinogen bzw. Chymotrypsinogen) von der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) abgesondert. Trypsin aktiviert sich selbst (positive Rückkopplung) und wandelt Chymotrypsinogen und weitere inaktive Enzyme in deren aktive Formen um. Da sich bei diesen Enzymen Serin als funktionelle Aminosäure im aktiven Zentrum befindet, zählen sie zu den Serinendopeptidasen. Trypsin und Chymotrypsin besitzen eine sehr ähnliche Tertiärstruktur, spalten Proteine jedoch aufgrund unterschiedlicher Substrat-Bindungsstellen an unterschiedlichen Stellen in der Polypeptidkette [9]. In der EC-Nomenklatur zur Klassifikation von Enzymen wird Trypsin unter der Nummer EC 3.4.21.4, Chymotrypsin unter EC 3.4.21.1. geführt.

Proteine aus der Nahrung werden zunächst im Magen unter sauren pH-Bedingungen durch das Enzym Pepsin in Peptidfragmente zerlegt, bevor diese anschließend im Dünndarm unter basischen Bedingungen von Trypsin und Chymotrypsin in Oligopeptide und Aminosäuren gespalten werden. Der hierfür optimale pH-Wert-Bereich liegt für beide Enzyme zwischen pH 7 und pH 8.

Trypsin und Chymotrypsin werden meist aus Schweine- oder Rinderpankreas isoliert, weshalb es sich oft um Mischextrakte handelt. Bei Pankreatin, einem aus Schweine-, seltener aus Rinderpankreas gewonnenen pulverförmigen Extrakt, handelt es sich um ein komplexes Gemisch von verschiedenen Enzymen und Wirkstoffen. Inzwischen ist die Produktion von Trypsin und Chymotrypsin jedoch auch mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen möglich.

Trypsin und Chymotrypsin werden in unterschiedlicher Form als Arzneimittel und in der Forschung eingesetzt. Ein Beispiel für angewandte Enzymtherapie ist das Gebiet der Wundheilung, wo die Proteinasen zur Vermeidung von Nekrosen und zur verbesserten Absorption von Antibiotika in Salben eingesetzt werden [10]. Außerdem wird Trypsin häufig in Zellkulturlabors und in der Proteinchemie verwendet. So spielt es beispielsweise in der Pharmaindustrie eine Schlüsselrolle bei der Herstellung von Insulin [11].


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Literaturauswertung

Da es an den verschiedenen Arbeitsplätzen nicht selten zu einer gleichzeitigen Exposition gegenüber Trypsin und Chymotrypsin kommt, wurde die entsprechende Literatur zu beiden Enzymen gemeinsam ausgewertet. Mit Hilfe geeigneter Stichwörter in sinnvoller Kombination wurden Veröffentlichungen in der Datenbank „PubMed“ recherchiert. Im Original zugängliche relevante Publikationen über Studien zur sensibilisierenden Wirkung von Trypsin und Chymotrypsin wurden hinsichtlich der klinischen Befunde ausgewertet. Erfasst wurden neben der Zahl der exponierten Personen die Prävalenzen der einzelnen Symptome bzw. Diagnosen. Darüber hinaus wurde festgehalten, mit welchen Methoden (Hauttest, Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper, Provokationstest) und unter Verwendung welcher Testlösungen eine Sensibilisierung diagnostiziert wurde.


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Ergebnisse

Seit Anfang der 1950er Jahre wurden Trypsin-haltige Präparate zur intramuskulären Injektion zur Verminderung lokaler Inflammationen insbesondere an Augen und Venen verwendet. Dabei kam es in mehreren Fällen zu schweren anaphylaktischen Reaktionen [12]. Darüber hinaus wurde ab den 1960/70er Jahren die Trypsin-Aerosol-Inhalationstherapie vor allem bei Patienten mit Cystischer Fibrose eingesetzt. Die Protease, die häufig als Rohextrakt (Pankreatin) verwendet wurde, sollte dabei helfen, den zähen Bronchialschleim der Betroffenen zu verflüssigen (Sekretolyse). Auch hier sind Fälle beschrieben, in denen es zu Sensibilisierungen gegen Trypsin, oft auch der betreuenden Eltern, kam [13] [14]. Darüber hinaus sind in der Literatur eine Anzahl von Fällen einer beruflichen Sensibilisierung gegen Pankreatin als Gesamtextrakt beschrieben, in denen jedoch nicht überprüft wurde, auf welchem Einzelenzym die Sensibilisierung basiert [15] [16] [17]. Diese Publikationen werden im Folgenden nicht berücksichtigt.


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Atemwegssensibilisierende Wirkung

Einen zusammenfassenden Überblick über die Ergebnisse der Literaturauswertung sowie nähere Angaben zu den durchgeführten Tests gibt [Tab. 1].

Tab. 1

Klinische Untersuchungen zur atemwegssensibilisierenden Wirkung von Trypsin und Chymotrypsin beim Menschen.

Zahl der Untersuchten

Arbeitsplatzbezogene Symptome

Nachweismethode

Literatur

Hauttest (Pricktest[1])

Spezifische IgE-Antikörper

Bronchiale Provokation

1

Rhinitis, Konjunktivitis

Scratch: positiv (Chymotrypsin, 1 %ig);
intrakutan: positiv (Chymotrypsin, 0,025 mg)

n. d.

n. d.

[18]

2

Rhinitis, Konjunktivitis

positiv (Trypsin, Chymotrypsin, jeweils 0,1 µg)

n. d.

n. d.

[19]

1

Atemwegsbeschwerden, Husten

Scratch: positiv (Trypsin, 1 mg/ml)

n. d.

Trypsin, 10 mg/ml: Abbruch nach 0,3 ml wg. Husten u. Atemnot

[20]

14

4/14 (4× Atemwegsbeschwerden, 2× Husten, 2× Rhinitis, 2× Konjunktivitis)

Scratch: 4/4 positiv (Trypsin, 1 mg/ml)

n. d.

3/3 positiv (Trypsin, 10 µg/ml);
FEV1-Abfall um 17 %, 30 % bzw. 32 %

[21]

1

Atemwegsbeschwerden, Husten, Lidödem

Scratch: positiv (Multienzympräparat k. w. A.)

RAST: positiv (Trypsin)

n. d.

[22]

2

Atemwegsbeschwerden, Konjunktivitis

2/2 positiv (Pankreatin, 10−7 mg/ml)

RAST: positiv (Pankreatin, Trypsin)

n. d.

[23]

10

5/10, k. w. A.

8/10 positiv (Trypsin, Chymotrypsin, jeweils 0,01 – 1 mg/ml)

RAST:
6/8 positiv (Trypsin);
5/6 positiv (Chymotrypsin)

n. d.

[24]

1064

5 % Atemwegsbeschwerden, 3 % Rhinitis

n. d.

RAST: 11/288 positiv (Trypsin)

n. d.

[25]

1 wenn nicht anders vermerkt; n. d. nicht durchgeführt; k. w. A. keine weiteren Angaben


Bereits 1957 beschrieben MacLaren und Mitarbeiter den Fall eines 28-jährigen Laborarbeiters, der im Herbst 1955 erstmals beim Abwiegen von Chymotrypsin-Pulver unter Rhinitis und Konjunktivitis litt, nachdem er bereits zuvor 3 Jahre mit dieser Substanz gearbeitet hatte. Ein Scratch-Test mit Chymotrypsin-Lösung verlief positiv, bei der Wiederholung am darauffolgenden Tag jedoch negativ. Im Intrakutantest litt der Patient 15 Minuten nach der Applikation von Chymotrypsin unter Juckreiz in Nase und Hals und er zeigte zudem eine 4-fach positive Reaktion an der Teststelle. Nach weiteren 15 Minuten trat eine generalisierte Reaktion auf, die die Gabe von Epinephrin nötig machte. Im Prausnitz-Küstner-Test wurden drei nicht-sensibilisierten Probanden jeweils 0,1 ml Patientenserum und 24 Stunden später 0,05 % Chymotrypsin injiziert. Zwei der Probanden zeigten eine 3-fach positive Hautreaktion [18].

Zwei weitere Berichte über eine berufliche Sensibilisierung gegen Chymotrypsin und Trypsin betrafen ebenfalls Laboranten. Im ersten Fall traten bei einem 29-jährigen Mann etwa ein Jahr nach Tätigkeitsbeginn beim Umgang mit Chymotrypsin Rhinitis und Konjunktivitis auf. Im Hauttest mit Chymotrypsin zeigte sich eine deutliche 4-fach positive Reaktion. Obwohl der Patient die Tätigkeit mit Chymotrypsin eingestellt hatte, kam es nach einem weiteren Jahr zu vergleichbaren Symptomen, diesmal bei der Tätigkeit mit Trypsin. Im Hauttest reagierte der Patient auf Trypsin und Chymotrypsin sowie auf beide Enzymvorstufen und beide Enzyme in inaktivierter Form sehr deutlich (3- bzw. 4-fach positiv). Im Prausnitz-Küstner-Test führte der Transfer von 0,1 ml Patientenserum bei einem gesunden Probanden nach Applikation der zuvor genannten Antigene in allen Fällen zu deutlichen Hautreaktionen [19]. In derselben Publikation beschreiben die Autoren einen weiteren Fall aus demselben Labor. Ein 21-Jähriger, der sowohl Kontakt mit Trypsin als auch mit Chymotrypsin hatte, litt an Pollinosis, verneinte aber allergische Symptome bei Exposition gegen die Enzyme. Dennoch zeigte er im Hauttest eine 2-fach positive Reaktion auf Trypsin und eine grenzwertig positive Reaktion auf Chymotrypsin [19].

Ein 43-jähriger Mann, der in der Gewinnung von Trypsin- bzw. Chymotrypsin-Rohextrakten aus Schweine- und Rinderpankreas tätig war, entwickelte etwa ein Jahr nach Tätigkeitsbeginn Husten und Atemnot. Obwohl er einen Bezug zwischen den Symptomen und der Tätigkeit mit Trypsin- und Chymotrypsinpulver bemerkte, arbeitete er weitere 6 Jahre, bevor er mit täglichen Asthmabeschwerden in einer Klinik vorstellig wurde. Im Lungenfunktionstest zeigte der Patient eine Verminderung der Vitalkapazität und des exspiratorischen Flusses bei 50 % der forcierten Vitalkapazität (FEF50). Der Scratchtest mit Trypsin-Rohextrakt ergab eine deutlich positive Reaktion mit Bildung einer Quaddel von 12 mm Durchmesser und auch der Intrakutantest mit einem Trypsin-haltigen Medikament in einer Verdünnung von 1:200 verlief positiv (Quaddel: 15 mm). Unter 50 allergischen Kontrollpersonen kam es mit dieser Zubereitung lediglich einmal zu einer vergleichbaren Reaktion. Ein bronchialer Provokationstest mit Trypsin musste nach der Inhalation von 3 mg Trypsin wegen Husten und Atemnot abgebrochen werden. Zwei Kontrollpersonen zeigten nach Inhalation der gleichen Trypsin-Dosis keinerlei Symptome. Die Autoren weisen in diesem Artikel auf die potenzielle Gefahr einer Trypsin-Sensibilisierung im Rahmen der therapeutisch zu dieser Zeit häufig eingesetzten Trypsin-Aerosol-Inhalationstherapie (s. oben) hin [20].

In einer Studie an 14 in der industriellen Gewinnung von Schweinetrypsin Tätigen klagten vier Arbeiter über arbeitsplatzbezogene Symptome wie Kurzatmigkeit, Husten sowie Rhinitis und Konjunktivitis. Alle vier reagierten im Scratch-Test mit Trypsin, das zuvor mittels eines Trypsin-Inhibitors inaktiviert worden war, um eine falsch-positive Reaktion aufgrund der enzymatischen Aktivität auszuschließen. Der identische Test mit dem Trypsin-Inhibitor alleine verlief in allen Fällen negativ. Die Inkubation von Leukozyten mit inaktiviertem Trypsin führte in allen vier Fällen zu einer Histamin-Ausschüttung, die ihr Maximum bei einer Trypsin-Konzentration von 10−2 µg/ml erreichte. Der passive Transfer des Serums zweier Hauttest-positiver, symptomatischer Probanden in einen Rhesusaffen und der anschließende Hauttest mit 50 µl einer Trypsin haltigen Lösung (0,25 mg/ml) verlief ebenfalls positiv. Im bronchialen Provokationstest mit Trypsin traten bei allen drei getesteten sensibilisierten Probanden respiratorische Symptome auf und es kam zu einem Abfall des forcierten exspiratorischen Volumens in einer Sekunde (FEV1) um 17 %, 30 % bzw. 32 %. Alle beschriebenen Tests wurden auch mit Kontrollprobanden durchgeführt, verliefen bei ihnen jedoch negativ [21].

Ein 34-jähriger Krankenpfleger litt zunächst unter trockenem Reizhusten ohne nachweisbaren Infekt, 2 Monate später dann wiederholt unter Asthmaanfällen. Beim Zerdrücken von Medikamenten erlitt er innerhalb weniger Minuten ein massives einseitiges Lidödem und beim Umgang mit einer Trypsin-haltigen Salbe kam es zu asthmatischen Beschwerden. Der Scratch-Test mit einem Multienzym-Präparat ergab eine stark positive Reaktion. Mittels Radio-Allergo-Sorbent-Test (RAST) konnten im Serum des Probanden spezifische IgE-Antikörper gegen Trypsin vom Schwein, nicht jedoch vom Rind, nachgewiesen werden. Zusätzlich lag eine Sensibilisierung auf eine Amylase und auf Pepsin vor. Die Autoren beschreiben in ihrer Arbeit einen zweiten, wenn auch nicht berufsbedingten, Fall einer Sensibilisierung gegen Trypsin. Nach der Behandlung ihrer chronischen Ulcera cruris mit einer Trypsin-haltigen Salbe kam es bei der 63-jährigen Patientin innerhalb von 30 Minuten zu Husten und Dyspnoe. Mittels RAST wurde im Serum eine erhöhte IgE-Konzentration gegen Trypsin gemessen [22].

Zwei weibliche Angestellte einer Krankenhausapotheke (26 bzw. 28 Jahre alt) litten unter asthmatischen Beschwerden, die sie in Zusammenhang mit dem Umgang mit Pankreatin bringen konnten. Eine der Frauen litt zudem unter Konjunktivitis und Ekzem. Der Pricktest mit Pankreatin verlief in beiden Fällen positiv (Quaddel 5 – 10 mm). Mittels RAST konnten in beiden Patientenseren spezifische IgE-Antikörper gegen den Pankreatin-Gesamtextrakt (19 bzw. 20 % IgE-Bindung), aber auch gegen Schweine- (30 bzw. 26 % Bindung) und Rindertrypsin (23 bzw. 19 % Bindung) nachgewiesen werden [23].

In einer Studie wurden 10 Arbeiter eines pharmazeutischen Unternehmens untersucht, die eine Sensibilisierung auf eines der von ihnen verwendeten Enzyme (Trypsin, Chymotrypsin, Papain, Bromelain, Amylase, Lipase) aufwiesen und von denen fünf über berufsbedingte Beschwerden klagten. Bei acht der 10 sensibilisierten Arbeiter verlief sowohl der Pricktest mit Trypsin als auch mit Chymotrypsin positiv. Von diesen acht wiesen sechs im RAST spezifische IgE-Antikörper gegen Trypsin auf, von denen wiederum fünf auch IgE-Antikörper gegen Chymotrypsin besaßen. Sämtliche Tests verliefen bei 10 nicht-exponierten Kontrollpersonen negativ. Insgesamt konnte eine Sensibilisierung gegen proteolytische Enzyme häufiger beobachtet werden als gegen die Enzyme Amylase und Lipase [24].

In einer retrospektiven Follow-up-Studie wurden die Daten von 1064 in der Enzymproduktion tätigen Personen ausgewertet. Innerhalb von 3 Jahren klagten 5 % der Beschäftigten über asthmatische und 3 % über rhinitische Beschwerden, in einigen Fällen auch über Urtikaria in Verbindung mit der Enzymstaubexposition am Arbeitsplatz. Spezifische IgE-Antikörper gegen Trypsin wurden mittels RAST bei 11/288 (3,8 %) der Untersuchten nachgewiesen [25]. Zwar stammen aus dieser Studie einzelne Berichte über urtikarielle Sofortreaktionen bei Kontakt mit Trypsin oder Chymotrypsin, insgesamt gibt es jedoch keine Hinweise auf eine zellvermittelte kontaktallergene Wirkung vom Spättyp.

Schlussfolgerung

Durch eine Anzahl von Studien sind Fälle von spezifischer Überempfindlichkeit der Atemwege durch Trypsin und Chymotrypsin gut belegt. Meist war ein Tätigkeitsbezug eindeutig gegeben, und fast immer korrelierten Symptome, Hauttestergebnisse, der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper und – wenn durchgeführt – auch das Ergebnis des spezifischen Provokationstests. Da die ersten Berichte aus den 1950 /60er Jahren stammen, erfolgte der Sensibilisierungsnachweis in diesen Studien i. d. R. nicht mit – aus heutiger Sicht – standardisierten Diagnostikmethoden, sondern mittels des Prausnitz-Küstner-Versuchs, dem jedoch auch eine durchaus hohe Aussagekraft zukommt. Insgesamt kann somit ein immunologischer Wirkmechanismus von Trypsin und Chymotrypsin als gesichert angesehen werden.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

* Diese Arbeit ist eine modifizierte Version einer Publikation der Ständigen Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (Trypsin und Chymotrypsin: erschienen in der 60. Mitteilung der Toxikologisch-arbeitsmedizinischen Begründungen von MAK-Werten und Einstufungen, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2016).


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Korrespondenzadresse

Dr. rer. nat. Vera van Kampen
IPA
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
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