Schlüsselwörter
Endokarditis - Staphylococcus aureus - paravalvulärer Abszess
Keywords
infective endocarditis - staphylococcus aureus - paravalvular abcess
Abb. 1 Autopsiebefund des Herzens: sekundär bikuspide Aortenklappe bei Verwachsung der akoronaren
mit der rechtskoronaren Tasche.
Ein positiver Troponintest gilt als Biomarker für eine kardiale Schädigung. Der Befund
ist äußerst vielschichtig und bedeutet nicht automatisch, dass ein akuter Koronarverschluss
vorliegt. Der aktuelle Tübinger Fall demonstriert eine nicht-ischämische, aber folgenschwere
Ursache für ein erhöhtes Troponin. Die ausführliche Fallbeschreibung mit allen Details
zum Patienten und den Untersuchungen, vielen Abbildungen und den Hintergründen finden
Sie online.
Vorgeschichte | Ein 55-jähriger Mann klagt seit 5 Tagen über zunehmende Dyspnoe und Leistungsminderung.
Beim Hausarzt zeigen sich im EKG ST-Strecken-Veränderungen, der Troponin-Schnelltest
ist positiv. Der Hausarzt überweist den Patienten daraufhin an das Universitätsklinikum
Tübingen.
Anamnese | EKG und Laboruntersuchungen in der Notaufnahme ergeben das typische Bild einer dekompensierten
Herzinsuffizienz mit erhöhtem Troponin. Aktuell besteht keine Dyspnoe oder Angina
pectoris. Der Patient hat weder Fieber noch Übelkeit oder Erbrechen. Medikamente nimmt
er nicht.
Diagnostik | Um die Ursache für die EKG- und Laborbefunde abzuklären, wird eine Koronarangiografie
durchgeführt. Es zeigt sich eine hochgradig reduzierte Pumpfunktion bei Aortenklappeninsuffizienz
III° und koronarer 1-Gefäß-Erkrankung, jedoch ohne interventionsbedürftige Stenosen.
Dramatischer Verlauf | Am 5. Tag nach der stationären Aufnahme verschlechtert sich der Allgemeinzustand
des Patienten. Er entwickelt Fieber bis 42 °C mit konsekutiver Tachykardie und wird
auf die Intensivstation verlegt. Dort werden Kulturen abgenommen und eine empirische
Antibiose begonnen. Am Folgetag kommt es zu einem generalisierten Krampfanfall mit
20-minütiger Reanimation. Innerhalb von wenigen Stunden stirbt der Patient an einem
Katecholamin-refraktären Kreislaufversagen.
Obduktion | Bei der Obduktion finden sich eine akut rezidivierende bakterielle Aortenklappenendokarditis
mit paravalvulärem Abszess im Myokard und septischem Abszess in der linken Niere.
Als Todesursache wird ein akutes Linksherzversagen ermittelt.
Variables Krankheitsbild | Die Symptome einer Endokarditis sind häufig unspezifisch und die Klinik kann sehr
variabel sein. Liegen Risikofaktoren vor (z. B. schlechter Zahnstatus, intravenöser
Drogenkonsum, Kunstklappe oder ein kardiologisches Device), sollte deshalb bei entsprechender
Symptomatik immer eine weiterführende Diagnostik durchgeführt werden. Die Diagnose
erfolgt letztlich anhand der modifizierten Duke-Kriterien.
Neue Leitlinie | Die antiinfektive Therapie orientiert sich, abhängig vom Erreger, an den neuen Richtlinien
der European Society of Cardiology von 2015. Ist ein chirurgisches Vorgehen indiziert,
sollte dies in enger Absprache mit den Kollegen der Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
erfolgen.
Konsequenz für Klinik und Praxis
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Eine Endokarditis kann sich sehr variabel manifestieren.
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Das Krankheitsbild reicht von einer akuten, rasch progredienten Infektion bis hin
zur subakuten bzw. chronischen Erkrankung mit unspezifischer Symptomatik.
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Bei entsprechendem Risikoprofil sollte eine infektiöse Endokarditis immer in die Differenzialdiagnosen
einbezogen werden, um bei der Therapie keine Zeit zu verlieren.