Drug Res (Stuttg) 2016; 66(S 01): S8-S9
DOI: 10.1055/s-0042-112399
Symposium der Paul-Martini-Stiftung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Behandlung von Fettstoffwechselstörungen

U. Laufs
Leitender Oberarzt Innere Medizin III, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Ulrich Laufs
Professur für Klinisch-Experimentelle Medizin und Leitender Oberarzt
Klinik für Innere Medizin III Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin
IMED Geb. 41.1
Universitätsklinikum des Saarlandes
66421 Homburg/Saar

Publication History

Publication Date:
02 November 2016 (online)

 

    Im Bereich der Behandlung von Fettstoffwechselstörungen stellt die Entwicklung der PCSK9-Inhibitoren eine bislang einzigartige bench-to-bedside Entwicklung ausgehend von molekularen und genetischen Befunden bis hin zur Zulassung dar.

    LDL-Cholesterin ist ein kausaler Risikofaktor für vaskuläre Erkrankungen und daher ein wichtiges Therapieziel in der Primär- und Sekundärprävention. Die Therapie der ersten Wahl sind die Statine. Nicht alle Patienten erreichen jedoch mit der aktuell zur Verfügung stehenden oralen Medikation die empfohlenen Zielwerte, sodass Bedarf für weitere Therapieoptionen besteht.

    Im Jahr 2003 wurde PCSK9 (die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) erstmalig beschrieben. Nach derzeitiger Kenntnis ist der primäre biologische Wirkort von PCSK9 die Leber. Im Jahr der Erstbeschreibung identifizierte die Arbeitsgruppe um C. Doileou PCSK9 als Regulator des LDL-Rezeptors (LDL-R). Die Arbeitsgruppe war auf der Suche nach Ursachen für die autosomal dominant vererbte familiäre Hypercholesterinämie. Sie fanden, dass gain-of-function Punktmutationen im PCSK9-Gen mit Hypercholesterinämie assoziiert sind, während loss-of-function Punktmutationen zu niedrigen LDL-C Serumkonzentrationen führen.

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    Abb. 1  Translationale Forschung zu PCSK9 – in 12 Jahren von der Entdeckung bis zur Zulassung. Modifiziert nach Seidah et al., Circ Res 2014; 114: 1022–1036.

    Im weiteren Verlauf konnten experimentelle Studien die spezifische Funktion von PCSK9 für die Regulation der Cholesterinhomöostase charakterisieren: LDL-Cholesterin wird im Wesentlichen durch Bindung an den LDL-Rezeptor und Endozytose aufgenommen. Nach intrazellulärer Dissoziation wird der LDL-Rezeptor zurück an die Plasmamembran transportiert, dieser „Recycling-Mechanismus“ findet bis zu 150-mal statt. Entsprechend kommt der Regulation dieser Re-Expression eine relevante Bedeutung für die Regulation der LDL-Serumkonzentration zu. PCSK9 induziert eine Degradation des LDL-Rezeptors. Erniedrigte PCSK9-Konzentrationen führen zu einer vermehrten transmembranösen Expression des LDL-Rezeptors und einer nachfolgenden Reduktion der LDL-C Serumkonzentration.

    Wichtig für die Identifizierung von PCSK9 als Target für eine medikamentöse Therapie war die positive Mendelsche Randomisierung: Personen mit genetisch niedrigen PCSK9-Konzentrationen weisen nicht nur niedrige LDL-C Spiegel auf, sondern zeigen ein proportional reduziertes kardiovaskuläres Risiko. Umgekehrt sind erhöhte PCSK9-Konzentrationen mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko vergesellschaftet.

    Zahlreiche Ansätze für eine pharmakologische Inhibition von PCSK9 sind Gegenstand der klinischen Forschung. Die Optionen umfassen kleine Moleküle (small-molecule inhibitors), Antisense-RNA-Strategien, Adnectin, anti-PCSK9 Impfstoffe und mimetische Peptide. Mit Abstand am weitesten fortgeschritten in der Entwicklung sind Antikörper-basierte Therapiestrategien. Drei Antikörper – Evolocumab, Alirocumab und Bococizumab – werden in großen klinischen Studienprogrammen in Bezug auf ihre Wirksamkeit zur Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte untersucht. Die Phase 2-Studien belegen eine sehr potente LDL-C Senkung um mehr als 50 % zusätzlich zu Statinen und Ezetimib. Gleichzeitig zeigt sich eine Verträglichkeit auf Plazebo-Niveau.

    Große Endpunkt-Studien sind bereits voll rekrutiert und werden bereits in den nächsten Jahren die noch fehlenden Informationen bezüglich der Langzeit-Sicherheit und der Reduktion klinischer Ereignisse liefern. Aktuell stellt die zwei- oder vierwöchentliche subkutane Therapie mit den 2015 zugelassenen vollhumanen Antikörpern Evolocumab und Alirocumab eine zusätzliche Option für Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko dar, deren LDL-Cholesterin trotz einer optimalen oralen Therapie nicht ausreichend gesenkt werden kann.


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    Prof. Dr. med. Ulrich Laufs

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    Korrespondenzadresse

    Prof. Dr. med. Ulrich Laufs
    Professur für Klinisch-Experimentelle Medizin und Leitender Oberarzt
    Klinik für Innere Medizin III Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin
    IMED Geb. 41.1
    Universitätsklinikum des Saarlandes
    66421 Homburg/Saar

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    Abb. 1  Translationale Forschung zu PCSK9 – in 12 Jahren von der Entdeckung bis zur Zulassung. Modifiziert nach Seidah et al., Circ Res 2014; 114: 1022–1036.