Sprache · Stimme · Gehör 2016; 40(03): 101
DOI: 10.1055/s-0042-114154
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Liebe Leserinnen und Leser

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Publication Date:
04 October 2016 (online)

Liebe Leserinnen und Leser,

immer wieder stoße ich in Museums-Shops oder wissenschaftlich bestückten Buchläden auf eine charakteristische Porzellanbüste mit fein kartografiertem Schädel, die die verschiedenen Gebiete des darunter befindlichen Gehirns mit den dort ansässigen Charaktereigenschaften und Geistesgaben detailliert aufzeigt. So befinden sich „Häuslichkeit“ und „Kinderliebe“ in einem Areal am Hinterkopf, und ihre Ausprägung kann je nach Schädelform bei einer Person offenbar gut ausgemacht werden. Obwohl als Schreibtischdekoration und Buchstütze wirklich ansehlich, ist die dargestellte Schädellehre (Phrenologie) nach Franz Joseph Gall aus dem beginnenden 19. Jahrhundert aber wissenschaftlich unhaltbar – es handelt sich eher um das Vorzeigebeispiel einer Pseudowissenschaft, deren vermeintliche Erkenntnisse aus heutiger Sicht naiv und amüsant erscheinen. Dennoch sind sie Vorläufer der heutigen neurowissenschaftlichen Bemühungen, und ihr historisches Andenken könnte uns vor zu viel Hochmut bezüglich unserer eigenen Fortschrittlichkeit und Unfehlbarkeit bewahren helfen. Mal sehen, wie lange ich dem Erwerb eines schön bebilderten Exemplars widerstehen kann.

Dass kognitive und sprachliche Fähigkeiten mit bestimmten Strukturen im Gehirn zusammenhängen und mitunter gut verortet werden können, ist an den Ausfällen nach Schlaganfall und bei Demenz zu erkennen. Elena Burger und Thomas Brauer informieren uns über die zerebelläre Unterform der Multisystematrophie, bei der aufgrund einer degenerativen Erkrankung eine Atrophie des Kleinhirns eintritt, mit der Folge von sprachtherapeutisch relevanten Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen. Das aktuelle Schwerpunktthema unter der Leitung von Rainer Schönweiler und Karsten Plotz widmet sich der Kommunikation im Alter, unter Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen. In der Rubrik „Sehen, Erkennen, Verstehen“ gibt Tadeus Nawka ein Videobeispiel zur Kehlkopfzyste (Laryngozele). Markus Tönjes und Kollegen präsentieren ihre Studie zu silbenstrukturellen Prozessen bei schwerhörigen Kindern, und Maria-Dorothea Heidler gibt uns einen Überblick zu neurologischen Kurz- und Langzeitfolgen der Sepsis. Zudem präsentiert Julia Lukaschyk ihre Studie zu Langzeiteffekten in der Stimmtherapie.

Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!

Ihre
Stefanie Abel