Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(06): 239-250
DOI: 10.1055/s-0042-116443
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie wertvoll ist Muttermilch? Die Ernährung Früh- und Neugeborener seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert

The Changing Value of Mother’s Milk. Feeding Premature and Sick Newborns Since the Late 19th Century
A. Sunder-Plaßmann
1   Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Zentrum für Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
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Korrespondenzadresse

Anne Sunder-Plaßmann, M.A.
Projektkoordinatorin Muttermilchbank Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin
Zentrum für Geburtshilfe
Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Telefon: +49/40/38631 458   

Publikationsverlauf

eingereicht 14. Mai 2016

angenommen nach Überarbeitung 17. August 2016

Publikationsdatum:
21. Dezember 2016 (online)

 

Zusammenfassung

Aufgrund der deutlich verbesserten Industriemilchprodukte war man in den 1960er/frühen 70er Jahren in der BRD weitgehend davon überzeugt, dass Muttermilch selbst für das Gedeihen von Frühgeborenen nicht mehr notwendig war. Heute steht die Überlegenheit der Muttermilch wieder außer Frage und Fortschritte in der Neonatologie haben eine wachsende Zielgruppe geschaffen, für die menschliche Milch deutliche Vorteile hat, besonders hinsichtlich eines verbesserten Outcomes. Aktuell lässt sich ein Comeback der Frauenmilchbanken (FMB) beobachten. Weltweit gibt es ca. 500, 15 in Deutschland. Bis in die 1960er Jahren war Muttermilch in der deutschen Pädiatrie das bevorzugte Mittel gegen die Säuglingssterblichkeit. Um den Bedarf an Frauenmilch zu decken, propagierten Ärzte im Kaiserreich und der Weimarer Republik das Stillen und nutzten in den Kliniken Ammen. Erste Frauenmilchsammelstellen (FMS) entstanden; in der NS-Zeit gab es Dutzende. Die DDR hielt an FMS fest, in der BRD wurden sie in den 70er Jahren geschlossen. Die Geschichte der FMB wurde nicht nur durch wissenschaftliche Erkenntnisse geprägt, sondern auch durch Kultur, Politik und Wirtschaft. Im Kampf gegen die Säuglingssterblichkeit vermischten sich im Kaiserreich und der Weimarer Republik soziale, nationale und eugenische Überlegungen. In der NS-Zeit wurde Frauenmilch gezielt zur Stärkung der „erbgesunden“ Teile der „deutschen Volksgemeinschaft“ eingesetzt. Massive Werbung der Babynahrungsindustrie in der BRD und öffentliche Debatten über Umweltgifte und HIV/AIDS verstärkten Zweifel an den Vorteilen der natürlichen Ernährung. Die Planwirtschaft, das staatlich gelenkte Gesundheitssystem und die zensierten Medien trugen maßgeblich dazu bei, dass die DDR an FMS festhielt.


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Abstract

In the 1960s/early 70s there was a widespread conviction in West Germany that mother’s milk was no longer essential even for premature infants given the availability of improved industrial milk products. But today the superiority of human milk is again undisputed, and progress in neonatology has created a growing target group of extremely premature infants who show clear benefits from being fed with human milk, particularly regarding improved outcomes. Currently there is a revival of donor milk banks (FMB). Globally there are around 500, 15 in Germany. Until the 1960s, mother’s milk was the preferred means of German pediatricians to counter infant mortality. During the German Empire and the Weimar Republic doctors widely recommended nursing and engaged wet nurses to meet the demand for human milk and the first donor milk banks were set up; during the Nazi regime there were dozens. The GDR continued using donor milk, while FRG milk banks were shut down in the 70s. The history of milk banks has been shaped not only by science, but also by culture, politics and economics. In the German Empire and the Weimar Republic, social, national and eugenic considerations became intertwined in the struggle against infant mortality. In Nazi Germany human milk was used to strengthen the “German Volksgemeinschaft” (“community of the German people”), particularly individuals who were considered as “erbgesund” (“hereditarily healthy”). Massive advertising of the baby food industry in the West and public debate about pollutants and HIV/AIDS increased doubts about the advantages of natural feeding. In East Germany the planned economy, state health system and censored media significantly contributed to the survival of milk banks.


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Einleitung

Muttermilch steht derzeit hoch im Kurs und weltweit erleben Frauenmilchbanken [1], die Spenderinnenmilch an bedürftige Früh- und Neugeborene abgeben, eine Blütezeit. Angesichts der steigenden Zahl an Frühgeborenen, die meist auch bei extremer Unreife aufgrund verbesserter Behandlungsmethoden gerettet werden können, und neuerer Erkenntnisse über qualitative Verbesserungen des Outcome bei einer Ernährung mit Frauenmilch lässt sich auch in Deutschland ein Trend zur Wiederbelebung des Konzepts der medizinisch kontrollierten Muttermilchspende beobachten.

Das Gedeihen des Nachwuchses ist seit jeher eine zentrale menschliche Sorge. Bei Kindern, die als Frühgeborene oder aus anderen gesundheitlichen Gründen einen schwierigen Start ins Leben haben, ist die Besorgnis besonders groß und Fragen über ihre zukünftige Entwicklung beschäftigen nicht nur Eltern und medizinisches Personal, sondern auch politische, soziale und andere Akteure. Besonders zu Beginn des Lebens spielt bei diesen Kindern die Ernährung eine wichtige Rolle. In der Vergangenheit und auch heute noch entscheidet sie in vielen Ländern über Leben und Tod.

Dieser Aufsatz befasst sich mit der Frage, welche Rolle die Frauenmilch in der Ernährung Früh- und Neugeborener im Klinikkontext in Deutschland spielte und weiterhin spielt. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigten sich Kinderärzte verstärkt mit Ernährungsfragen, um der hohen Säuglingssterblichkeit entgegenzuwirken. Bei einem Gang durch die Geschichte, der mit dem Deutschen Kaiserreich und der Weimarer Republik beginnt, die Zeit des Nationalsozialismus, die Entwicklungen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), der Bundesrepublik (BRD) und im wiedervereinigten Deutschland reflektiert, wird herausgearbeitet, welche Ernährungsoptionen zu den jeweiligen Zeiten im Vordergrund standen. Dabei wird auch aufgezeigt, wie ökonomische, politische und auch herrschende „ideologische“ Maximen sich in der Ernährungspraxis von zu früh geborenen Kindern und kranken Neugeborenen wiederspiegelten bzw. diese beeinflussten.


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Material und Methodik

Zeitgenössische Texte von medizinischem Personal, Gesundheitsbeamten und Politikern über die Ernährungspraxis der jeweiligen Zeit liefern wesentliche Quellen für diesen Aufsatz [2]. Ergänzend fließen Informationen aus Gesprächen und Korrespondenz mit Zeitzeugen ein, die auf neonatologischen oder gynäkologischen Stationen und/oder in Frauenmilchsammelstellen (FMS) in der DDR, der BRD und dem wiedervereinigten Deutschland tätig waren oder sind. Zur Geschichte der FMS in Deutschland gibt es eine ausführliche Arbeit des DDR-Historikers Helmut Schmidt, der die Entwicklung bis 1950 beschreibt und aus marxistischer Perspektive analysiert [3]. Die 2002 fertiggestellte Magisterarbeit der Ethnologin Jeannette Toussaint beschäftigt sich mit FMS am Beispiel der 1949 gegründeten Sammelstelle in Potsdam [4]. Außerdem bezieht sich der vorliegende Aufsatz auf zahlreiche ältere und aktuelle Überblicksdarstellungen von Medizinern zur Geschichte der Frauenmilchbanken [5]. Aktuelle geschichtswissenschaftliche Arbeiten zu Säuglingssterblichkeit, Säuglingsernährung und Säuglingspflege in Deutschland, wie z. B. Arbeiten von Jörg Vögele, Sigrid Stöckel, Gregor Dill und Sabine Gries, lieferten wertvolle Grundlagen und waren hilfreich bei der Einordnung des Quellenmaterials [6].


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Diskussion

Deutsches Kaiserreich und Weimarer Republik: Frauenmilch gegen die Säuglingssterblichkeit

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erlebten mehr als 20% eines Geburtsjahrgangs nicht den ersten Geburtstag [7]. Die Säuglingssterblichkeit in Kinderkliniken war noch weit höher. Heinrich Finkelstein (1865–1942) [8], ein führender Vertreter der noch jungen sozialpädiatrischen Bewegung, berichtete im Jahr 1898, dass „zumeist nur 30–40% der Pfleglinge die (Säuglingsstation) wieder lebend verlässt“ und ein Ansteigen der Sterberate bis zu 90% nicht ungewöhnlich sei [9]. Führende Kinderärzte waren davon überzeugt, dass Entwicklungsstörungen und Krankheiten von Kindern, und letztlich auch die Säuglingssterblichkeit, in vielen Fällen eng mit sozialen Problemen verbunden waren. Sie riefen zur allgemeinen Verbesserung der Lebensumstände von Kindern auf und setzten sich für die Prävention und den Aufbau von Säuglingseinrichtungen ein [10].

Die sinkenden Geburtenraten Ende des 19. Jahrhunderts hatten das Thema der Säuglingssterblichkeit auf die Tagesordnung gebracht und der erste Weltkrieg verschärfte Befürchtungen, dass die Zukunft der Nation nicht gewährleistet sei [11]. Der Historiker Georg Lilienthal schlussfolgerte in seinem 1986 erschienenen Aufsatz Paediatrics and Nationalism in Imperial Germany: „Within four decades, infant mortality […] no longer impinged on a paediatrician only in the shape of little helpless patients, whom to attend to the best of his knowledge and skill was a dictate of humanity. The problem appeared as well as an existential threat to the nation, and its defeat, as a national struggle for survival [12].“

Die bevölkerungspolitischen Befürchtungen gaben Kinderärzten eine Schlüsselfunktion von hoher politischer Relevanz, die sie für ihre Anliegen und die Stärkung ihrer noch jungen Profession zu nutzen suchten. Mitunter schlugen sie deutlich nationale Töne an [13]. Arthur Schloßmann (1867–1932), ein engagierter Sozialmediziner, der zunächst in Dresden, dann in Düsseldorf als leitender Kinderarzt tätig war, rief gegen Ende des Ersten Weltkriegs im Namen des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde (DGfK) die Regierung auf, der Säuglingsfürsorge mehr Beachtung zu schenken: „Mehr als je heißt es für uns […] die Bedeutung der Kinderheilkunde zu betonen, denn von ihr aus soll die Wiederaufforstung des deutschen Volksbestandes beeinflusst werden, damit wir über die schweren Wunden hinwegkommen, die der Krieg uns schlägt“ [14]. In der zeitgenössischen Diskussion zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit und zur Säuglingsfürsorge ging es nicht nur um eine zahlenmäßige Stärkung der Nation. Die Medizinhistorikerin Sigrid Stöckel zeigt, dass eugenisches Gedankengut und das Ziel, die „Volkskonstitution“ zu stärken, in Medizinerkreisen weit verbreitet waren und nach 1900 nur sehr vereinzelt ausschließlich sozial argumentiert wurde [15].

Pädiater hatten beobachtet, dass Kinder, die Muttermilch bekamen, deutlich höhere Überlebenschancen hatten als Flaschenkinder und initiierten stark visuell geprägte Aufklärungskampagnen, um Mütter, häufig auf recht drastische Weise, vom Nutzen des Stillens zu überzeugen ([Abb. 1]) [16]. Gleichzeitig suchten Klinikärzte nach Alternativen für jene Fälle, in denen keine oder nicht genügend Muttermilch zur Verfügung stand. Das 1909 in Berlin eröffnete Kaiserin Auguste Victoria-Haus zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit im Deutschen Reich (KAVH) besaß bis in die 1920er Jahre einen Stall für 9 Kühe und einen kleinen Stallraum für Eselinnen und Ziegen [17]. Seit der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelten und verbesserten zahlreiche Mediziner, Apotheker und Chemiker Nahrungsgemische für Säuglinge und Kleinkinder, wobei das sogenannte Kindermehl des Chemikers Henri Nestlé (1814–1890) zunächst besonders erfolgreich war. Man orientierte sich zunehmend an zeitgenössischen Ernährungstheorien, experimentierte beispielsweise mit gesäuerter Milch und entwickelte Trockenmilchprodukte. Diese Bemühungen führten zum Aufbau des Industriezweigs für Babynahrung [18].

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Abb. 1 Stillpropaganda aus dem Jahr 1918. Langstein L, Rott F. Atlas der Hygiene des Säuglings und des Kleinkindes für Unterrichts- und Belehrungszwecke. Berlin 1918 (1922, 1926, repro. Lübeck 1989): Tafel 62.

Viele Klinikärzte setzten es sich zum Ziel, Früh- und Neugeborene möglichst ausschließlich mit Frauenmilch zu ernähren. In dem von Arthur Schloßmann geführten Dresdner Säuglingsheim gab es im Jahre 1904 insgesamt 208 Ammen. Die zentrale Rolle, die Ammen in Kliniken spielten, beschrieb Bruno Salge (1872–1924), Kinderarzt und erster Direktor der Freiburger Universitätskinderklinik: „Es kann nicht oft genug betont werden, dass eine Säuglingsstation ohne Ammen eine Unmöglichkeit ist. Ebenso gut könnte man eine chirurgische Klinik ohne Operationssaal bauen“ [19] [Abb. 2].

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Abb. 2 Die Arbeitskleidung der Ammen im Dresdner Säuglingsheim. Schloßmann, A. Ueber die Fürsorge für kranke Säuglinge. Archiv für Kinderheilkunde. 43; 1906: Tafel VIII.
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Abb. 3 NS-Plakat zur Säuglingssterblichkeit, 1937. Ewiges Deutschland, Monatsschrift für den deutschen Volksgenossen, Juni 1937, S. 23.

Neben der Nutzung von Ammenmilch für bedürftige Früh- und Neugeborene bemühten sich Ärzte darum, Infrastrukturen zur Sammlung von überschüssiger Muttermilch aufzubauen und Methoden für ihre Konservierung zu entwickeln. Erste Versuche sind beispielsweise ab 1908/09 aus Wien (Ernst Mayerhofer, 1877–1957, und Ernst Přibram, geb. 1879), ab 1910 aus Lemberg (Stanisław Progulski, 1874–1941), ab 1911 aus Magdeburg (Walter Knape) und ab 1913 aus Düsseldorf (Arthur Schloßmann) überliefert. In etwa zeitgleich entstanden erste „milk banks“ in den USA, z. B. ab 1910 in Boston (Fritz Bradley Talbot, 1878–1964) und 1913 auch in New York (B. Raymond Hoobler, geb. 1872) [20]. Im deutschsprachigen Raum hielten sich die meisten dieser Sammlungen überschüssiger Muttermilch aber nur für kurze Zeit. Vermutlich lag das an den aufwendigen Konservierungsmethoden, die in einigen Kliniken verwendet wurden, an wirtschaftlichen Faktoren und den Auswirkungen des ersten Weltkriegs.

In der Weimarer Republik und dann besonders in der Zeit des Nationalsozialismus wurde es für Kliniken immer schwieriger Ammen zu finden, denn ledigen Müttern, die das Hauptkontingent der Ammen stellten, eröffneten sich zunehmend Alternativen zum Ammenberuf [21]. Je unwiederbringlicher der Ammenberuf ausstarb, desto wichtiger wurde es für Pädiater, überschüssige Muttermilch zu sammeln, um weiterhin bedürftige Früh- und Neugeborene mit humaner Milch ernähren zu können.

Im Jahr 1919 gründete die Ärztin Marie-Elise Kayser (1885–1950) eine FMS in Magdeburg, die aber schon 1922 der Inflation zum Opfer fiel. Marie-Elise Kayser war so von der Notwendigkeit der Ernährung mit Frauenmilch überzeugt, dass sie 1925 in Erfurt erneut begann Spenderinnenmilch zu sammeln und sich intensiv und erfolgreich für die Ausbreitung des Konzepts im In- und Ausland einsetzte. Die Erfurter Sammelstelle wurde zum Ausbildungszentrum für Personal neuer FMS und beriet neue Initiativen im In- und Ausland bei Fragen zum Aufbau und zur Arbeitsweise. Im Unterschied zu ihren Vorgängern im deutschsprachigen Raum entschied sich Marie-Elise Kayser für die Pasteurisierung der Frauenmilch, eine vergleichsweise kostengünstige und wenig arbeitsintensive Konservierungsmethode. Sie warb stark um Spenderinnen außerhalb der Klinik, um eine möglichst große Milchmenge zu erzielen [22]. Gleichzeitig wurde in Deutschland auch die Tradition der klinikinternen Milchvergabe fortgesetzt. Von 1920 bis 1926 wurden bspw. am Kinderhospital des allgemeinen Krankenhauses in Lübeck für die Säuglingsstation insgesamt 3 022 Liter Frauenmilch gesammelt und roh verfüttert [23].


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Die Zeit des Nationalsozialismus: Frauenmilch für ein „erbgesundes“ und „reinrassiges“ Deutschland

Leonardo Conti (1900–1945), Reichsgesundheitsführer und später auch Reichsärzteführer, fasste 1939 im Öffentlichen Gesundheitsdienst, dem offiziellen Organ der NS-Gesundheitsverwaltung, die rassistisch geprägten Prämissen der NS-Bevölkerungspolitik zusammen: „Uns ist es klar geworden, dass […] die größte Gefahr ein Rückgang unserer Bevölkerung ist. Wir haben beobachtet, dass die alten Kulturvölker vernichtet worden sind durch den Rückgang der Bevölkerungszahl, durch gegenauslesende Lebensbedingungen, Vermehrung der schlechten und Rückgang der guten Sippen und letzten Endes außerdem durch Rassenmischung“ [24]. Er betonte, dass der Anstieg der Bevölkerungskurve „seit 1933 […] die schönste Frucht der seelischen Wirkung unserer Idee auf das ganze Volk“ sei [25] .

Auch in der NS-Bevölkerungspolitik richtete sich der Blick wieder auf die Säuglingssterblichkeit und laut Conti sei ihre Bekämpfung „ein Prüfstein für Familiengefühl, Pflichtgefühl gegenüber dem Volksganzen und Zusammengehörigkeitsgefühl jener großen Bluts- und Familiengemeinschaft, die unser ganzes Volk in Wahrheit darstellt“ [26]. In Fachzeitschriften wurde diskutiert, ob die relativ hohe Sterberate von Früh- und Neugeborenen in den ersten Lebenstagen möglicherweise aus Sicht der NS-Ideologie begrüßenswert sei. Albert Kollmann, Obermedizinalrat und Direktor der Städtischen Säuglingsklinik in Nürnberg, befasste sich bspw. im Öffentlichen Gesundheitsdienst von 1939 mit der Frage, ob „die Frühsterblichkeit einen, rassenmäßig gesehen, voll wünschenswerten selektiven Faktor (darstellt), der lebensunwertes Leben auf die rascheste und einfachste Art auszumerzen vermag“ [27]. Dies sei zu einem gewissen Grade eine berechtigte Fragestellung, aber der Autor kam zu dem Schluss, dass „(a)us der erdrückenden Mehrzahl der Frühgeburten ein durchaus vollwertiges, leistungsfähiges und gesundes Menschenmaterial wird […]. Es darf somit gesagt werden, dass eine weitere Bekämpfung der Frühsterblichkeit gerade in einem rassenpolitisch eingestellten Staate durchaus gestattet, ja sogar im Hinblick auf die hohe Zahl der betreffenden Fälle in positiv bevölkerungspolitischer und volkswirtschaftlicher Beziehung hoch erwünscht sein muss“ [28]. Ganz im Sinne der nationalsozialistischen Eugenik betonte Kollmann jedoch, dass „dem Volksganzen vom rassenhygienischen Standpunkt aus gesehen (an Kindern mit angeborenen Missbildungen und schweren Erbleiden, z. B. Icterus gravis familiaris) nicht viel gelegen sein (kann). Sie stellen das Hauptkontingent einer wünschenswerten optimalen Mindeststerblichkeit dar“ [29].

Um die Sterberate von Früh- und Neugeborenen zu senken, stand wie zuvor die Frage nach der optimalen Ernährung im Mittelpunkt. Josef Limmer, Städtischer Medizinaldirektor in München, identifizierte im Öffentlichen Gesundheitsdienst von 1939 das „Nichtstillen (als den) große(n) Letalfaktor für das Kindersterben“. Er forderte die „Ausschaltung dieses Letalfaktors durch Ausdehnung des Stillschutzes auf alle erbgesunden Säuglinge“ [30].

Die Stillpropaganda stellte ein zentrales Element der nationalsozialistischen Säuglingsfürsorge dar und hatte eine eindeutig rassen- und bevölkerungspolitische Zielrichtung. 1934 veröffentlichte der Münchner Fachverlag für Medizin J. F. Lehmanns, der schon vor der NS-Zeit offen die NSDAP unterstützt hatte, einen Ratgeber der Lungenärztin Johanna Haarer (1900–1988) mit dem Titel „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“. Das Buch wurde schon bald zum Bestseller und prägte den Umgang mit Säuglingen und Kleinkindern im Nationalsozialismus nachhaltig. Es wurde vielfach neu aufgelegt, auch noch in der Bundesrepublik [31]. Johanna Haarer schrieb: „Deutsche Mutter, wenn du stillst, tust du nicht nur deine Schuldigkeit deinem Kinde gegenüber, sondern erfüllst auch eine rassische Pflicht […]. Stillen die Frauen einer Familie in mehreren aufeinanderfolgenden Generationen nicht, so kann die Stillfähigkeit in dieser Familie entscheidend geschwächt werden oder endgülgig verloren gehen. Bedenke also die Verantwortung, die du deinen ferneren Nachkommen, ja deinem Volke und seiner Zukunft gegenüber trägst“ [32]. Der Historiker Gregor Dill gab in seiner 1999 veröffentlichten Arbeit zur nationalistischen Säuglingspflege im Hinblick auf gesunde Neugeborene zu bedenken, dass die Qualität der industriell hergestellten Babynahrung im Vergleich zur Zeit um die Jahrhundertwende so deutlich zugenommen habe, dass eine aggressive Stillpropaganda eigentlich nicht mehr zu rechtfertigen war [33].

Kliniken suchten händeringend nach Ammen, aber wie erwähnt, war diese Aufgabe in den 1930er Jahren nur noch für sehr wenige Frauen attraktiv. Eine dieser Frauen war Charlotte Trede (geb. 1912) aus Mecklenburg, die in der Frauenklinik Finkenau in Hamburg im September 1939 entbunden hatte und Ende Oktober im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf als Amme eingestellt wurde. Umgehend forderte die Rechtsabteilung der Hamburger Gesundheits- und Fürsorgebehörde ihre Entlassung, da Charlotte Trede es über eine Anstellung als Amme nach den geltenden Gesetzen erreichen konnte, sich dauerhaft in Hamburg aufzuhalten und innerhalb Hamburgs fürsorgeberechtigt zu werden. Ohne eine Anstellung in Hamburg war der Fürsorgeverband Doberan in Mecklenburg für sie zuständig. Rudolf Degkwitz (1889–1973), Chefarzt der Kinderklinik im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf, antwortete der Rechtsabteilung, dass „wir es nicht verantworten können, bei der hohen Belegung der Klinik eine Amme abzugeben (und so) können wir zu unserem Bedauern Ihrer Bitte um Entlassung der Amme Trede noch nicht nachkommen“ [34]. Die Rechtsabteilung wandte sich an Friedrich Ofterdinger (1896–1946), den Präsidenten der Hamburger Gesundheits- und Fürsorgebehörde, um Rat. Er schrieb in einer Aktennotiz, dass „Ammen fast nicht zu bekommen [sind]. Man wird also dem U.K.E. entgegenkommen müssen“ [35].

Um der Nachfrage an Frauenmilch insbesondere in Kliniken entgegenzukommen, entstanden während der NS-Zeit Dutzende FMS auf dem Territorium des nationalsozialistischen Deutschlands [36]. Allein in Hamburg wurde in 6 Kliniken Frauenmilch für bedürftige Früh- und Neugeborene gesammelt und teilweise auch an andere Kliniken abgegeben [37]. Nanna Conti (1881–1951), die Leiterin der NS-Reichshebammenschaft und Mutter von Leonardo Conti, berichtete, dass in „der Entwicklung der Frauenmilchsammelstellen in Deutschland […] 1933 eine Änderung (eintrat), weil nach der nationalsozialistischen Revolution die Regierung sich für die FMS einsetzte und die Eröffnung weiterer Sammelstellen wünschte“ und dass „Staatsrat Dr. (Leonardo) Conti […] in diesem Sinne ein Rundschreiben an die preußischen Provinzen ergehen (ließ)“ [38]. Meist ging die Initiative zum Aufbau einer neuen FMS von Kliniken oder staatlichen Stellen vor Ort aus. Etwa ab 1937 kontrollierte die Reichsarbeitsgemeinschaft (RAG) Mutter und Kind unter Vorsitz von Leonardo Conti zunehmend die Gründung neuer Sammelstellen [39]. 1939 gab die RAG Richtlinien für die Arbeitsweise von FMS heraus, die durch einen Runderlass des Reichsministerium des Inneren vom 27. Oktober 1941 zur verbindlichen Grundlage für das Betreiben von Sammelstellen wurden [40].

Die RAG schien aber über keine finanziellen Mittel für die Neueinrichtung von FMS zu verfügen [41]. Einige Klinikärzte berichteten, dass sie für den Aufbau und das Betreiben der Sammelstelle keine finanziellen Zuwendungen von den Behörden erhielten [42]. Andere Sammelstellen bekamen z. B. eine finanzielle Unterstützung von der Reichsfachschaft Deutscher Hebammen [43] oder sie durften kostenlos städtische Räume nutzen. Einige Sammelstellen wurden von der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) gegründet und betrieben [44].

FMS wurden sowohl von staatlicher Seite als auch von vielen Ärzten und Ärztinnen als völkisches Gemeinschaftsprojekt dargestellt, bei dem das deutsche Volk gemeinsam für die Zukunft der Rasse kämpfte. Friedrich Eckardt (1904–1989), Kinderarzt und Gründer der ersten sächsischen FMS in Plauen im Jahr 1939, lobte in einem Aufsatz im Deutschen Ärzteblatt von 1944 das „große Heer“ der deutschen Frauen, das durch die Milchspende einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen die Säuglingssterblichkeit leiste [45]. Ein von der NSV hergestelltes Informationsblatt, das jungen Müttern nach der Entbindung im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort in Hamburg ausgehändigt wurde, rief die Frauen zur Milchspende auf: „Mütter, beteiligt Euch an der schönen Aufgabe, den kranken Kindern Eurer Volksgenossinnen zu helfen […] Den Nutzen hat unser Nachwuchs und unser Volk“ [46].

Die Richtlinien der RAG Mutter und Kind zum Betreiben von FMS beinhalteten keine rassenideologischen oder eugenischen Kriterien für die Auswahl von Spenderinnen und Empfängerkindern. Allerdings war die RAG, die 1934 unter dem Vorsitz von Erich Hilgenfeldt (1897–1945), dem damaligen Leiter des Hauptamts für Volkswohlfahrt und der NSV, als Trägerin des Hilfswerks „Mutter und Kind“ gegründet worden war, der NS-Ideologie und den Leitgedanken der NSV verpflichtet. Laut ihrer Satzung setzte sich die NSV für die Entfaltung und Förderung der „lebendigen, gesunden Kräfte des deutschen Volkes“ ein [47]. Ein vom Hauptamt für Volksgesundheit herausgegebener Ratgeber für Mütter, der unentgeltlich in Standesämtern und Mütterberatungsstellen verteilt wurde, gab an, dass bei dem Hilfswerk „Mutter und Kind“ „die Sorge für die erbgesunde deutsche Mutter und das erbgesunde deutsche Kind“ im Mittelpunkt stehe [48]. Medizinaldirektor Limmer von der Münchner Gesundheitsbehörde strich in einem Aufsatz im Öffentlichen Gesundheitsdienst von 1939 die wichtige bevölkerungspolitische Aufgabe der FMS heraus, die „dieses unersetzliche, arteigene Naturprodukt […] erbgesunden Säuglingen […] vermitteln“ [49]. Die Praxis der Verfütterung von Spenderinnenmilch an „nicht-arische“ Kinder und Kinder mit potenziellen Behinderungen sowie die Annahme von Milch „nicht-arischer“ Spenderinnen verlangt noch nach einer gründlichen Recherche und Auswertung vorhandener Quellen.

Bisher bekannte Quellen deuten darauf hin, dass rassenideologische Fragen, die die Praxis von FMS betrafen, zunächst noch nicht klar geregelt waren oder die Regelungen noch nicht mit der NS-Ideologie übereinstimmten. Für das Jahr 1936 ist bspw. belegt, dass das Verschreiben von Frauenmilch aus einer Sammelstelle auch an jüdische Kinder noch im Ermessen des Arztes lag. Die Kinderärztin Margarete Gleiß-Röpke aus Lüdenscheid fragte Marie-Elise Kayser in einem Brief vom 23. Juni 1936, ob bei der Abgabe von Frauenmilch die Rasse des Kindes ein Hindernis darstelle [50]. Frau Kayser antwortete, „dass grundsätzlich nicht nach der Rasse gefragt wird, es wird aber unbedingt ein ärztliches Rezept verlangt, das besagt, dass Lebensgefahr besteht“ [51].

Eine Korrespondenz zwischen Irma Feldweg (1892–1980), ärztliche Leiterin der FMS im Krankenhaus Siloah in Pforzheim, und Marie-Elise Kayser zeigt, dass es 1937 noch keine Vorschriften zur Annahme von Spenderinnenmilch jüdischer Frauen in FMS gab. Gleichzeitig deutet die Korrespondenz an, dass staatliche Stellen sich mit dieser Frage befassten. Der Briefwechsel der Ärztinnen wirft Fragen darüber auf, inwieweit sich die NS-Ideologie auch in Abwesenheit einer behördlichen Regelung auf die Praxis in den FMS des „Deutschen Reiches“ ausgewirkt hat. Am 7. Mai 1937 schrieb Feldweg: „Wir haben zwei nichtarische Lieferantinnen […]. Wir haben die Milch gesondert gestellt, und haben bis jetzt davon nur an eine Französin abgegeben. Inzwischen fängt die Partei bereits an, sich mit der Sache zu befassen […]. Was tun? Die Nürnberger Gesetze lassen uns in diesem Punkt im Stich […]. Jüdische Milch ist ohne Zweifel bei Ernährungsstörungen bekömmlicher als Kuhmilch“ [52]. Kayser antwortete: „Ich weiss, dass auch in Berlin bereits über diese theoretische Frage diskutiert wurde (und) obwohl (meine) Ansicht sich mit der Ihren deckt, ist es für die Sache der FMS […] unbedingt besser, Ausschluss der Juden für die Belieferung zu fordern“ [53].

Aus einem Rundschreiben der Reichsärztekammer, Ärztekammer Thüringen aus dem Jahr 1942 geht hervor, dass es Jüdinnen nun verboten war, ihre Milch an FMS abzugeben. Es wird von einem Fall berichtet, in dem es einer Mutter „unter Verheimlichung ihrer jüdischen Abstammung (gelungen sei,) durch Vermittlung einer Ärztin überschüssige Muttermilch bei einer Muttermilchsammelstelle abzusetzen“. Der Autor rät „den Berufskameraden, in allen solchen Fällen sich die Vornamen des oder der Unbekannten bei der Personenaufnahme mit sagen zu lassen, damit sie nicht wieder einem schlauen Juden aufsitzen“. Die Abgabe von Muttermilch unter Verheimlichung ihrer jüdischen Abstammung habe „begreiflicherweise bei den verschiedenen privaten Stellen und Dienststellen unliebsames Aufsehen erregt“. Es geht aus dem Rundschreiben nicht eindeutig hervor, ob der Autor und die erwähnten privaten und dienstlichen Stellen es als schädlich ansahen, die Milch einer Jüdin an deutsche Kinder zu verfüttern [54].

Gegen die Milch slawischer Frauen aus Polen und der Ukraine hatten die Behörden dagegen nichts einzuwenden, sodass 1944, als Ammen eine Rarität geworden waren, die Zwangsarbeiterinnen Natalia Slosaz (geb. 1925) und Sophia Laska (geb. 1921) im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf in Hamburg Früh- und Neugeborene ernährten [55]. Diese Bewertung „jüdischer“ bzw. „slawischer“ Muttermilch spiegelt die gängige NS-Rangliste wider, in der Juden unter den „Nicht-Ariern“ die unterste Stufe einnahmen [56].

Der DDR-Historiker Helmut Schmidt wies darauf hin, dass das rassenideologische Ziel der FMS, die Stärkung des „deutschen Volkes“, auch daran deutlich werde, dass im ehemaligen Reichsgebiet und in den im Zweiten Weltkrieg eroberten Gebieten, „in welchen vorwiegend deutsche oder ‚eingedeutschte‘ Bevölkerung lebte“, immer mehr FMS eröffnet wurden. Das „sogenannte ‚Protektorat Böhmen und Mähren‘ in der eroberten ČSR – beides Lebensraum slawischer Bevölkerung“ – habe man dagegen ohne jede FMS gelassen [57].


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Westdeutschland: Frauenmilch wird unmodern

Wie im letzten Kapitel deutlich wurde, erlebte das Konzept der FMS im nationalsozialistischen Deutschland eine annähernd flächendeckende territoriale Verbreitung und eine institutionelle Weiterentwicklung. In einem Aufsatz im Deutschen Ärzteblatt von 1944 führte Friedrich Eckardt, der ärztliche Leiter der FMS Plauen, die zunehmende Zahl von Milchspenderinnen und die ansteigenden Sammelergebnisse nach 1933 auf „die Weckung des Verständnisses für bevölkerungspolitische Fragen durch die nationalsozialistische Idee“ zurück [58]. Aus der Perspektive einiger VertreterInnen von FMS stellte sich das Ende des „Deutschen Reiches“ in erster Linie als ein Schicksalsschlag für die Bewegung der Sammelstellen dar. Im Deutschen Ärzteblatt von 1961 beklagte Irma Feldweg, die seit 1935 die Pforzheimer FMS geleitet hatte, dass die „Sammelstellen der abgetrennten Ostgebiete (bei Kriegsende verloren gingen), im Westen […] die Mehrzahl der Frauenmilchsammelstellen durch den Bombenkrieg zerstört (wurden und die) von der NSV gegründeten Einrichtungen […] nach Kriegsende ihre Arbeit einstellen“ mussten [59]. Während Feldweg der staatlichen Förderung der NS-Zeit nachtrauerte, beneidete sie gleichzeitig ihre KollegInnen im Osten Deutschlands, da die „DDR […] die Frauenmilchsammelstellen in ihre Gesundheitsfürsorge ein(bauten) und […] durch ganz erhebliche staatliche Zuschüsse“ unterstützte [60]. Dagegen würden die „Sammelstellen des Westens […] sich selbst überlassen“ [61]

Feldweg, die Statistiken zur Anzahl der FMS führte, berichtete, es habe nach Kriegsende 5 und im Jahr 1959 26 Sammelstellen im Westen Deutschlands gegeben. Die meisten Sammelstellen waren an Kinderkliniken angeschlossen, einige an Frauenkliniken, aber es gab auch einige klinikunabhängige Sammelstellen, die von der Hebammenorganistation oder dem Gesundheitsamt getragen wurden [62].

Während es Ammen in Krankenhäusern höchstens noch in Einzelfällen gab, kam es immer wieder vor, dass Mütter mit einem Milchüberschuss andere Kinder auf ihrer Station unentgeldlich stillten. In den 1960er Jahren geschah dies noch mit dem Wissen des Personals. In der Folgezeit wandelte sich u. a. im Zuge des zunehmenden Verständnisses der Übertragungswege von Infekten das gesellschaftliche Bewusstsein zur „Ammen“-Milch, sodass die Praxis des „kollektiven Stillens“ später eher „unter der Hand“ stattfand [63].

In den 1960er Jahren begann der Niedergang der FMS in der Bundesrepublik. Die letzten Sammelstellen schlossen in den 1970er Jahren [64]. Viele Mütter stillten ihre Kinder nicht oder nur kurz, sodass weniger potenzielle Spenderinnen zur Verfügung standen als zuvor [65]. Ein zentraler Grund für diese Entwicklung waren die deutlich verbesserte Industrienahrung und massive Werbekampagnen der Babynahrungsindustrie, die vor dem Hintergrund des Fortschritts- und Technikglaubens der 1960er und 1970er Jahre auf ein empfängliches Publikum trafen [66]. Die Leiter und Leiterinnen einiger FMS stemmten sich gegen diesen Trend, allerdings mit wenig Erfolg. In einem 1962 in der Zeitschrift Kinderärztliche Praxis veröffentlichten Tagungsbericht beklagte Hans-Ulrich Sauerbrei (geb. 1920), ehemaliger Leiter der FMS der Städtischen Kinderklinik in Essen, dass die „pausbackigen Säuglinge, die die Firma Nestlé, Alete u. a. auf ihren Plakaten zeigen, die Leute (beeinflussen). Aber es gibt keine entsprechenden Werbeplakate mit pausbackigen Säuglingen, auf denen steht, dass diese Kinder gestillt wurden [67]“. Auf derselben Tagung verwies Feldweg auf Fälle von Kindern, die „infolge der künstlichen Ernährung erkrankt [68]“ seien und bedauerte in einem 1969 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Aufsatz, dass der „Stillwille […] in unserem Wirtschaftswunderland“ aufgrund von Bequemlichkeit und verbesserter Industrienahrung „erschreckend nachgelassen“ habe [69].

Auf einer Tagung der Vereinigung Hamburger Kinderärzte und der Geburtshilflichen Gesellschaft zu Hamburg, die im November 1969 stattfand, stellte Horst Pomp (geb. 1935), Gynäkologe und damaliger Leiter der Hamburger FMS an der Frauenklinik Finkenau, die Verkleinerung oder Schließung der Sammelstelle zur Diskussion. Er berichtete, dass andere Kliniken seit 1966 immer weniger Frauenmilch aus der Finkenau angefordert hätten und begründete dies mit den geringeren Geburtenzahlen, den verbesserten Kuhmilchpräparaten und nachteiligen Auswirkungen auf die Qualität der Spenderinnenmilch durch die in der Sammelstelle durchgeführte Sterilisierung der Milch. Auch gab er die enormen Kosten der Abgabe von Frauenmilch zu bedenken, die in der Finkenau bei mindestens 23 DM für einen Liter Spenderinnenmilch gelegen hätten [70]. Ein Diskussionsteilnehmer fasste den Tenor der Diskussion dahingehend zusammen, dass es keine „absolute Indikation für Frauenmilch“ mehr gebe. Auch für die Ernährung von Frühgeborenen sei Frauenmilch nicht mehr notwendig, resümmierte A. Sinios, der Chefarzt des Hamburger Kinderkrankenhauses Borgfelde [71]. Renommierte zeitgenössische Handbücher zur Kinderheilkunde beschäftigten sich mit der Frage, ob die Muttermilch der Industrienahrung weiterhin überlegen sei und fanden häufig nur minimale Unterschiede beim Vergleich des Ernährungserfolgs [72]. Die Autoren des Kapitels zur Ernährung des Säuglings aus dem 1969 im Thieme Verlag erschienenen Lehrbuch zur Kinderheilkunde strichen heraus, dass „(n)euere Statistiken (darin übereinstimmten), dass die Morbidität an sogenannten banalen Infektionen der oberen Luftwege und an Durchfallerkrankungen bei Muttermilchernährung eindeutig geringer ist als bei Säuglingen, die mit Kuhmilchmischungen aufgezogen werden. Die Unterschiede in der Mortalität sind dagegen nicht so deutlich. Erst unter ungünstigen Pflege- und Umweltbedingungen tritt auch in der Mortalitätsstatistik die Überlegenheit der Muttermilchernährung zutage. [73]“ Gerhard Joppich (1903–1992) schrieb im 1971 im Gustav Fischer Verlag erschienenen Lehrbuch zur Kinderheilkunde, dass „der Verzicht auf Frauenmilch und der Übergang zur Flaschenmilch (noch vor wenigen Jahrzehnten) eine große Gefährdung des Säuglings (bedeutete). Die Erforschung der Ernährungsphysiologie im Kindesalter hat diese Gefahr verringern können, sodass zur Zeit bei uns die Sterblichkeit auch der mit Tiermilch ernährten Säuglinge gering ist“ [74]. In einem Gespräch mit Horst Pomp im Jahr 2014 erläuterte er die Stimmung von damals: „Es kamen neue Produkte auf den Markt, die noch besser waren als die adaptierte Milch. Also dachten viele Ärzte, dass man die Frauenmilchbank mehr oder weniger einschlafen lassen konnte“ [75]. Anfang der 1970er Jahren wurde die letzte Hamburger Sammelstelle geschlossen [76].

Medienberichte und Studien über die Schadstoffbelastung der Muttermilch, z. B. durch DDT und Dioxine, trugen in den 1970er Jahren zur Skepsis gegenüber der humanen Milch bei [77]. Auch in der pädiatrischen Fachliteratur wurde der mögliche DDT Gehalt der Muttermilch in dieser Zeit als ein potentieller Nachteil der Muttermilchernährung erwähnt [78]. Hinzu kamen in Ost und West Bedenken vieler Frauen, dass das Stillen ihnen die Brust „verderbe“ [79]. Die von der Industrie eingeführten Einmalfläschchen bedeuteten außerdem eine enorme Rationalisierung des Klinikalltags und trugen zusätzlich zur Verdrängung der humanen Milch bei [80]. In anderen Industriestaaten kam es aus ähnlichen Gründen zu massenhaften Schließungen von FMS. Hinzu kamen Sorgen um mögliche Übertragungen von Infekten durch Spenderinnenmilch und die damit einhergehenden rechtlichen Konsequenzen für Kliniken [81]. Weltweit schlossen viele Milchbanken in den 1980er Jahren aufgrund neuer Erkenntnisse zu den Folgen einer Übertragung des Cytomegalievirus (CMV) über Muttermilch und der HIV/AIDS Epidemie. Als dann empfohlen wurde, die Milch in Frauenmilchbanken mit Hitze zu behandeln und sowohl die Spenderinnen als auch die Milch zu untersuchen, versetzte die Kostenexplosion vielen der weltweit noch übrig gebliebenen Sammelstellen den Todesstoß [82].

Mitte der 1970er Jahre, im Zuge der Umweltbewegung und zunehmender Industriekritik, begann der Glaube an die Industrienahrung in der Gesellschaft zu schwinden. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Veröffentlichung des Berichts „The baby killer“ von der britischen Nicht-Regierungsorganisation „War on want“ im Jahr 1974, der im selben Jahr in deutscher Übersetzung von der Schweizer Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern mit dem provokanten Titel „Nestlé tötet Babies“ herausgegeben wurde. Diese und andere Entwicklungshilfeorganisationen klagten mehrere Babynahrungshersteller an, für das Sterben von Säuglingen in Entwicklungsländern verantwortlich zu sein. Sie behaupteten, dass ohne aggressive Werbung der Industrie sehr viel mehr Säuglinge in Entwicklungsländern gestillt würden und viele Säuglinge deshalb stürben, weil die Fertigmilch von den Kunden oft nicht hygienisch zubereitet werden konnte [83]. In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1976 beschrieb die Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern, dass sich „(b)esonders seit den frühen sechziger Jahren […] die Milchfirmen einen erbitterten Konkurrenzkampf um die neuen Märkte in der Dritten Welt (lieferten). Ärzte waren machtlos gegen den Trend zur Flasche und beteiligten sich teilweise, bewusst oder unbewusst, an der Propagierung der angeblich besseren Flaschenernährung, da sie den Milchfirmen erlaubten, in ihren Spitälern zu werben“ [84].

In den 1970er Jahren entdeckte man die Vorteile des Stillens wieder und die Stilltätigkeit stieg ab Mitte der 1970er Jahre an [85]. In Fachkreisen fiel der Vergleich der natürlichen mit der künstlichen Ernährung nun meist eindeutig zugunsten der Muttermilch aus. Der Kinderarzt Rolf Grüttner (1923–2014) schrieb in dem 1980 im Gustav Fischer Verlag erschienenen Lehrbuch der Kinderheilkunde, dass die „Zusammensetzung der Muttermilch […] in so idealer Weise auf die Bedürfnisse des Neugeborenen und jungen Säuglings abgestimmt (sei), dass schon vom Gehalt der Hauptnährstoffe her aber auch der Vitamine, Mineralien und Spurenelemente die Ernährung mit Muttermilch für das junge Kind als optimal, durch keine andere Ernährungsart erreichbar bezeichnet werden muss“ [86]. Einige Krankenhäuser sammelten intern Spenderinnenmilch und verfütterten sie an die PatientInnen der eigenen Stationen, aber da sich Früh- und Neugeborene in den allermeisten Fällen mit Industrienahrung großziehen ließen, sahen die Kliniken in der Regel keine Notwendigkeit, das Konzept der FMS wiederzubeleben.


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Ostdeutschland: Der Staat fördert Frauenmilchsammelstellen

Auch im Osten Deutschlands war das Senken der Säuglingssterblichkeit nach dem Krieg ein zentrales Anliegen. Man setzte auf Stillpropaganda, die Sammlung und Abgabe von Muttermilch an bedürftige Neugeborene und die Verbesserung industriell hergestellter Produkte. Ammen konnte man in Kliniken in der Nachkriegszeit auch im Osten Deutschlands nur noch vereinzelt antreffen [87]. Die als Indikatoren für Wohlstand und Entwicklung einer Gesellschaft geltenden Angaben zur Säuglingssterblichkeit in der BRD und der DDR wurden im Rahmen des Kalten Krieges von beiden Seiten propagandistisch genutzt [88].

Im Osten Deutschlands spielte die Neugestaltung des Gesundheitswesens eine zentrale Rolle beim Aufbau und der Förderung von FMS. Am 19. Juni 1946 erließ die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) einen Befehl, der Milchspenderinnen zusätzliche Lebensmittelrationen zusprach [89]. Marie-Elise Kayser, die weiterhin die Sammelstelle in Erfurt leitete, war der Ansicht, dass die Zulagen bei weitem nicht ausreichten, aber sie waren dennoch in der Nachkriegszeit ein Anreiz zur Milchspende [90]. Laut der Anordnung über Frauenmilchsammelstellen des Ministeriums für Gesundheitswesen vom 24. Juli 1951 sollten Sammelstellen nach Möglichkeit Polikliniken, Landambulatorien, Entbindungsanstalten oder sonstigen staatlichen Anstalten für Mütter und Kinder angegliedert werden [91]. Die Durchführungsanweisung vom 24. März 1952 legte die Arbeitsweise der Sammelstellen fest und beschrieb, wie die Spenderinnen und die gespendete Milch untersucht werden sollten [92]. Die Vorgaben konnten jedoch nicht immer eingehalten werden. Die Ethnologin Toussaint recherchierte beispielsweise, dass die in der Durchführungsanweisung geforderten Tests auf Kuhmilchversatz in der FMS Potsdam aufgegeben wurden, da „(d)as ursprünglich dafür genutzte Gerät […] nicht repariert werden (konnte). Die Kontrolle mittels eines Labfermentes, bei der mögliche Kuhmilchanteile gerinnen, fiel weg, weil das Ferment nicht mehr beschafft werden konnte“ [93].

Während es 1959 in der BRD 26 FMS gab, funktionierten in der DDR zur gleichen Zeit über 60 Sammelstellen [94]. Die Hauptzielgruppe für die Milch aus FMS waren auch in der DDR zu früh geborene Kinder und kranke Neugeborene. Die Autoren einer populären Säuglingsfibel begründeten die besondere Sorge um diese Kinder mit „unserem humanitären Anliegen […], das bedrohte Leben dieser besonders gefährdeten und zarten Kindern mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu erhalten“ und wiesen auf die „durchaus günstig(en) und ermutigend(en) (späteren Lebensaussichten frühgeborener Kinder)“ hin [95]. Die Historikerin Sabine Gries gibt im Hinblick auf diesen humanistischen Anspruch zu bedenken, dass die Kriterien zur Einstufung eines Neugeborenen als „lebend geboren“ in der DDR sehr viel höher angesetzt wurden als in der Bundesrepublik. Daher seien viele Kinder, die nicht alle Kriterien einer Lebendgeburt erfüllten (pulsierende Nabelschnur, Spontanatmung, Herzschlag), in der BRD medizinisch behandelt worden und überlebten, während sie in der DDR als Tot- oder Fehlgeburten eingestuft worden, medizinisch nicht behandelt bzw. aktiv getötet worden seien [96].

Auch in der DDR wurde die industriell hergestellte Milch deutlich verbessert und zunehmend in Kliniken verwendet. Sowohl die Stillfreudigkeit als auch die Abgabe von Milch an FMS befanden sich in den 1960er und frühen 1970er Jahren auf einem relativ niedrigen Niveau und zahlreiche FMS wurden geschlossen [97]. Außerdem wirkten sich vermutlich die niedrige Geburtenrate zum Ende der 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre, die hohe Erwerbstätigkeit von Frauen und die zunehmende Unterbringung von Säuglingen in Krippen negativ auf die Stillrate und die Bereitschaft zur Milchspende aus [98].

Die Planwirtschaft, das staatlich gelenkte Gesundheitssystem und die zensierten Medien trugen aber maßgeblich dazu bei, dass viele FMS diese Phase überdauerten, bis sich gegen Ende der 1970er und zu Beginn der 1980er Jahre die Kinderärzte, ähnlich wie im Westen, wieder deutlicher für die ernährungsphysiologischen Vorteile der Frauenmilch besonders für Früh- und Neugeborene aussprachen und staatliche Stellen wieder vermehrt Stillpropaganda betrieben [99]. So war in den 1960/70er Jahren beispielsweise die Werbung für künstliche Produkte weit weniger aggressiv als im Westen. Der Historiker Jörg Vögele konstatierte in seiner Arbeit zur Säuglingsfürsorge aus dem Jahr 2012, dass man einerseits die in Staatsbetrieben hergestellte Babynahrung nicht als ungeeignet bezeichnen konnte, andererseits aber die Ernährung mit humaner Milch für vorteilhafter hielt. Daher sei üblicherweise darauf verwiesen worden, dass auch die künstliche Ernährung das gute Gedeihen des Nachwuches gewährleisten könne [100]. Bis Mitte der 1960er Jahre kam es zudem oft zu Engpässen bei der Lieferung von Trockenmilchpräparaten oder sie waren schon alt, wenn sie bei den Familien ankamen, schlussfolgerte Toussaint nach Durchsicht der Akten des Potsdamer Gesundheitswesens. Solange es noch möglich war, seien viele Frauen nach Westberlin gefahren, um Babynahrung zu kaufen [101]. Einige Themen, die die öffentliche Diskussion um Muttermilch und Spenderinnenmilch in den westlichen Ländern der 1970er und 1980er Jahre bestimmten, wurden in den Medien der DDR erst später aufgegriffen und weit weniger kontrovers diskutiert. Studienergebnisse zu Umweltgiften in der Muttermilch wurden erst zu Beginn der 1980er Jahre veröffentlicht [102]; während das Thema HIV/AIDS in Westdeutschland schon bald in der Öffentlichkeit diskutiert wurde und sich zu einem gesellschaftlich-politischen Problem entwickelte, fand in der DDR über mehrere Jahre in erster Linie ein innerprofessioneller Austausch darüber statt [103]. Zudem spielten die Medien der DDR die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahre 1986 herunter [104].

In einem für die 1980er Jahre typischen Aufsatz schrieben die Leipziger Ärzte Günther Boehm (geb. 1946) und Klaus Beyreiss (geb. 1934) in der Kinderärztlichen Praxis, dass der „Wert der Muttermilch für die Ernährung untergewichtiger Neugeborener […] unbestritten und unersetzlich sei“ [105]. Die FMS verzeichneten zu Beginn der 1980er Jahre wieder deutliche Zuwächse an Spenderinnenmilch [106]. Skadi Springer, langjährige Leiterin der FMS der Universitätsklinik in Leipzig, berichtete 1998, dass 60 FMS in der DDR im Jahr 1989 mit insgesamt 200 000 Litern ein Rekord-Sammelergebnis erzielt hätten [107]. Die Sammelergebnisse waren oft so hoch, dass Spenderinnenmilch nicht nur in Kliniken verwendet, sondern häufig auch über ein ärztliches Rezept an Privathaushalte abgegeben werden konnte.


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Das wiedervereinigte Deutschland: Das Comeback der Milchspende

Nach der Wiedervereinigung mussten viele FMS im Rahmen der Angleichung der Gesundheitssysteme und aus ökonomischen Gründen schließen, sodass laut der damaligen Leiterin der FMS in Leipzig im Jahr 1994 nur 18 Sammelstellen übrig blieben, die insgesamt über ca. 15 000 Liter Milch verfügten [108]. Gleichzeitig gab und gibt es in medizinischen Fachkreisen und der allgemeinen Bevölkerung einen breiten Konsens zu den Vorteilen von Frauenmilch im Vergleich zu industriell hergestellten Milchen. 1994 hat die Bundesregierung ihrer Befürwortung der Stillförderung durch die Gründung der Nationalen Stillkommission Ausdruck verliehen. Über 90 Krankenhäuser in Deutschland sind mittlerweile im Rahmen der WHO/UNICEF „Babyfriendly Hospital Initiative“, die sich für „Bindung“, „Entwicklung“ und „Stillen“ einsetzt, als „babyfreundlich“ zertifiziert [109].

Die Diskussion um die optimale Ernährung Früh- und Neugeborener erhielt einen neuen Impuls durch Erkenntnisse zum Einfluss von Umweltfaktoren auf ihre weitere Entwicklung. So geht es in der aktuellen Diskussion in Deutschland und anderen Industrieländern nicht mehr in erster Linie um Leben und Tod, obwohl die Senkung der Säuglingssterblichkeit weiterhin ein Anliegen ist und Deutschland laut der Stiftung Kindergesundheit im Vergleich zu anderen europäischen Staaten „lediglich im Mittelfeld“ liegt [110]. Statt dessen richtet sich das Augenmerk hauptsächlich auf qualitative Verbesserungen des Outcome, die u. a. durch optimale Ernährung erzielt werden können [111]. Dieser Blickwinkel wird angesichts der steigenden Zahl extrem unreifer Frühgeborener, die aufgrund verbesserter Behandlungsmethoden gerettet werden können, immer relevanter. So ist es in den letzten Jahren wieder zu einer deutlichen Aufwertung von Frauenmilch in der Ernährung zu früh geborener Kinder und kranker Neugeborener gekommen.

Wieder geht es also darum, Wege zu finden, um Früh- und Neugeborene, die keine oder nicht genügend Muttermilch bekommen, mit der Milch anderer Frauen zu ernähren. Da das Ammenmodell keine realistische Option mehr ist, erleben Frauenmilchbanken eine Renaissance. Laut Angaben von Gillian Weaver, der damaligen Präsidentin der European Milk Banking Association (EMBA), einem Zusammenschluss von Frauenmilchbanken in Europa, gab es im Oktober 2015 weltweit ca. 500 Frauenmilchbanken [112]. Etwa die Hälfte dieser Milchbanken befindet sich in Industriestaaten; 210 in Europa [113]. Es fällt auf, dass mehrere Länder, die als Vorreiter in der Neonatologie gelten, wie z. B. Kanada, Finnland, Norwegen, Schweden, Spanien und Portugal, Frauenmilchbanken eingeführt haben [114]. In Schweden haben 28 Perinatalzentren eine Frauenmilchbank, sodass Frühgeborene dort mindestens bis zum Alter von 32 Wochen ausschließlich mit humaner Milch ernährt werden können [115].

Laut EMBA gab es im Juni 2016 15 Milchbanken in Deutschland, die sich selbst als „Frauenmilchbank“ bezeichneten; weitere 3 waren in Planung [116]. Es gibt außerdem noch eine nicht dokumentierte Anzahl von neonatologischen Stationen, die intern humane Milch sammeln und an ihre PatientInnen abgeben, aber die weder EMBA-Mitglieder sind noch sich öffentlich als „Frauenmilchbank“ bezeichnen. Die meisten der 15 Milchbanken befinden sich im Osten Deutschlands und haben entweder ohne Unterbrechung über die Wiedervereinigung hinweg funktioniert oder konnten in den Jahren nach der Wiedervereinigung an noch bestehende Infrastrukturen anknüpfen. Im Klinikum der Universität München in Großhadern entstand im März 2012 die erste Milchbank im Westen des wiedervereinigten Deutschlands. Die zweite folgte 2015 im Klinikum Dortmund. Die Universitätsklinik in Hamburg plante die Eröffnung einer Frauenmilchbank für Ende 2016/Anfang 2017.

Es gibt heute sehr unterschiedliche Modelle von Frauenmilchbanken. An einem Ende des Spektrums liegen die kleinen Milchbanken, die pro Jahr nur wenige Liter Spenderinnenmilch sammeln, um sie klinikintern an besonders bedürftige PatientInnen, zumeist extrem unreife Frühgeborene in der besonders sensiblen Phase der ersten Lebenstage, abzugeben. Einige dieser Milchbanken konzentrieren sich auf die Verfütterung besonders keimarmer Milch in rohem Zustand. Beispiele in Deutschland sind die Milchbanken in München Großhadern und an der Universitätskinderklinik in Magdeburg. Am anderen Ende des Spektrums liegen die großen Milchbanken, wie z. B. an den Unikliniken in Dresden und Leipzig, die auch außerhalb um Spenderinnen werben und genügend Milch haben, um andere Krankenhäuser zu beliefern und die PatientInnen der eigenen Perinatalzentren bis zur Entlassung ausschließlich mit humaner Milch, teilweise auch mit roher Milch, zu ernähren [117].

Während im nationalsozialistischen Deutschland im Jahr 1943 ca. 130 000 Liter Frauenmilch gesammelt worden sein sollen, in der BRD im Jahr 1959 ca. 89 000 Liter und in der DDR im Jahr 1989 sogar 200 000 Liter, waren es in Deutschland im Jahr 2014 insgesamt ca. 2 500 Liter [118]. Auf dem 13. Symposium zur Frauenmilchspende, das am 14. März 2014 in Leipzig stattfand, berichteten VertreterInnen deutscher Frauenmilchbanken, dass sie oft schwierige Entscheidungen bei der Priorisierung der Empfängerkinder treffen müssen. Frauenmilchbanken, die auch andere Kliniken beliefern, können die Nachfrage nicht immer bedienen.

In den letzten Jahren ließ sich die Nachfrage nach Frauenmilch nicht nur in Perinatalzentren, sondern auch außerhalb von Kliniken beobachten. Auf der Suche nach Alternativen zur Industrienahrung startete im Januar 2014 in Hamburg die erste Internet-basierte „Muttermilch-Börse“ im deutschsprachigen Raum, auf der Mütter ihre Milch zum privaten Verkauf oder als Spende für ein anderes Kind anboten [119]. Etwa 2 Jahre später deaktivierte die Betreiberin die „Muttermilch-Börse“ aus privaten Gründen. Während von einer solchen Milchabgabe aus medizinischer Sicht wegen unkalkulierbarer Infektionsrisiken dringend abgeraten wird [120], spiegelt sich in dieser Gründung ein gewandeltes gesellschaftliches Bewusstsein gegenüber „Ammen“-Milch wider.

Es scheint heute in Deutschland eine breite und heterogene Gruppe von Menschen zu geben, die die Abgabe von medizinisch kontrollierter Muttermilch an bedürftige Empfängerkinder befürwortet. Bisher gibt es jedoch noch keine ausführlichen Untersuchungen zu diesem Thema. Bei den Befürwortern finden sich vermutlich sowohl Vertreter von „Zurück-zur-Natur“ Denkströmungen, die in der Milch in erster Linie ein Naturprodukt sehen, als auch solche, für die gerade die nach dem Stand der Wissenschaft durchgeführte Untersuchung der Spenderin und der Milch im Vordergrund steht. Für einige ist der Gedanke der Solidarität unter Müttern/Frauen zentral und wieder andere akzeptieren Milch aus Frauenmilchbanken gerade deshalb, weil sie entpersonalisiert und durch Testungen von der Spenderin gereinigt ist.


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Fazit

Die Ernährungspraxis Früh- und Neugeborener im Klinikkontext basiert nicht ausschließlich auf medizinischen Erkenntnissen. Häufig reflektiert sie auch ökonomische, politische oder „ideologische“ Einflüsse und Interessen. FMS erleb(t)en immer dann eine Blütezeit, wenn Mediziner von den gesundheitlichen Vorteilen der Frauenmilch überzeugt waren, die ökonomischen Rahmenbedingungen diese Institution ermöglichten und andere Faktoren ihre Akzeptanz in der Gesellschaft begünstigten.


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Interessenkonflikt

Es besteht kein Interessenkonflikt.

  • Literatur

  • 1 In diesem Aufsatz beziehen sich die Begriffe „Frauenmilchsammelstelle“ und der in der Gegenwart gängige Begriff „Frauenmilchbank“ auf alle Institutionen, die medizinisch kontrollierte Spenderinnenmilch an PatientInnen abgeben. In deutschsprachigen Quellen und Literatur werden manchmal andere Begriffe für solche Institutionen verwendet, die Spenderinnenmilch nur innerhalb der eigenen Klinik verfüttern. Diese Begriffe, wie z. B. Laktarium oder Milchstation, haben sich aber nicht allgemein durchgesetzt
  • 2 Die Literatur- und Quellensuche beinhaltete eine Recherche in den Beständen des Hamburger Staatsarchivs (StH) und des Stadtarchivs Erfurt (StAE).
  • 3 Schmidt H. Die Geschichte und gesellschaftliche Bedeutung der Frauenmilch- Sammelstellen in Deutschland sowie ihres Erfurter Zentrums in den Jahren 1926–1950. Leipzig 1983 (Habil.)
  • 4 Toussaint J „Jeder Tropfen Frauenmilch ist kostbar!“ Vom Nahrungsmittel zur Heilnahrung: Aspekte der Medikalisierung am Beispiel der Frauenmilchsammelstelle Potsdam. Unveröffentlichte Magisterarbeit. Potsdam, Berlin 2002. Die Arbeit ist z. B. im Staatsarchiv Hamburg vorhanden: StH. L 830/41
  • 5 Z. B. Eckardt F. 60 Jahre Frauenmilchsammelstellen in Deutschland. 1919–1979. Zugleich eine Erinnerung an die Kinderärztin Marie-Elise Kayser. Der Kinderarzt 1979; 10: 1493-1498 Feldweg I. Die Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen. Zum 25 jährigen Bestehen der Frauenmilchsammelstelle Pforzheim, in: Ärztliche Mitteilungen. Deutsches Ärzteblatt, hg. von der Bundesärztekammer und kassenärztliche Bundesvereinigung; 46; 1961; 12: 661–671. Springer S. Frauenmilchsammlung – ein alter Zopf? PerinatalMedizin 1998; 3: 84–87
  • 6 Vögele J. Säuglingsfürsorge, Säuglingsernährung und die Entwicklung der Säuglingssterblichkeit in Deutschland während des 20. Jahrhunders. Fangerau H, Polianski I. (Hrsg) Medizin im Spiegel ihrer Geschichte. Stuttgart: Theorie und Ethik: Schlüsseltehmen für ein junges Querschnittsfach; 2012: 203-219 Stöckel S. Säuglingsfürsorge zwischen sozialer Hygiene und Eugenik. Das Beispiel Berlins im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Berlin, New York 1996. Dill G. Nationalsozialistische Säuglingspflege. Eine frühe Erziehung zum Massenmenschen. Stuttgart 1999. Gries S. Kindesmisshandlung in der DDR. Kinder unter dem Einfluss traditionell-autoritärer und totalitärer Erziehungsleitbilder. Münster 2002
  • 7 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012 203
  • 8 Sofern die Lebensdaten der in diesem Aufsatz erwähnten Mediziner, Politiker und Gesundheitsbeamten recherchiert werden konnten, sind sie nach der ersten Erwähnung der Person in Klammern angegeben. In den Fällen, in denen nur das Geburtsjahr aufgeführt ist, lebt die Person oder das Todesdatum ist unbekannt
  • 9 Finkelstein H. Über Morbidität und Mortalität in Säuglingsspitälern und deren Ursachen. Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten 1898; 28: 125-158 hier: 125
  • 10 Vgl. Stöckel. Säuglingsfürsorge 1996: 381-382
  • 11 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 203-204
  • 12 Lilienthal G. Pediatrics and Nationalism in Imperial Germany. The Society for the Social History of Medicine 1986; 39: 64-70 hier: 67
  • 13 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 203–204 und Lilienthal. Pediatrics and Nationalism 1986; 64-70
  • 14 Schloßmann A. Kinderkrankheiten und Krieg. Verhandlungen der 31. Versammlung der Gesellschaft für Kinderheilkunde Leipzig 1917. Wiesbaden 1918: 1-28 hier: 28
  • 15 Vgl. Stöckel. Säuglingsfürsorge 1996 (s. z. B. 378–387)
  • 16 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 205. Vgl. auch Stöckel. Säuglingsfürsorge 1996; 114-116
  • 17 Vgl. Festschrift zur Eröffnung des KAVH. Berlin 1909: 68 und Ballowitz L, Ehmke E. Milchküche, Milchtierstall und Frauenmilchsammelstelle. Ballowitz L, (Hrsg). Schriftenreihe zur Geschichte der Kinderheilkunde aus dem Archiv des Kaiserin Auguste Victoria Hauses (KAVH). Berlin 1990; 7: 66–90, hier: 72. Auch im Dresdner Säuglingsheim gab es einen Tierstall zur Ernährung von Früh- und Neugeborenen. Bilder des Stalls und des Auslaufs im Hof finden sich in: Schloßmann A. Ueber die Fürsorge für kranke Säuglinge. Archiv für Kinderheilkunde; 43; 1906: Tafel IX
  • 18 Vgl. Gholamiasllari GH. Zur Geschichte der Entwicklung der künstlichen Säuglingsnahrung in Mitteleuropa dargestellt am Werdegang verschiedener Milch- und Nährmittelfirmen. O.a.O 1975 (Med. Diss.)
  • 19 Zit. n. Klose H. Rationelle Kinderernährung von der Geburt bis zum Alter von 2 Jahren. Archiv für Kinderheilkunde 45 1907; 161-235 hier: 210
  • 20 Vgl. Hert G. Die Entwicklung der Geburtshilfe, Gynäkologie und Kinderheilkunde in Erfurt von der Schließung der Universität bis zur Gründung der Medizinischen Akademie (1816–1954). Erfurt 1962; (Med. Diss.) 111 Sager C-A. Frauenmilch-Sammelstellen und Konservierungsmethoden. Opitz H, Schmid F (Hrsg). Handbuch der Kinderheilkunde. Bd. 3. Berlin, Heidelberg, New York 1966: 367–372, hier: 367. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 12–14. Golden J. A Social History of Wet Nursing in America: From Breast to Bottle. Ohio 2001: 194–195. Swanson K. Banking on the Body. The Market in Blood, Milk and Sperm in Modern America. Cambridge (Mass.) 2014: 32–36
  • 21 Vgl. z. B. StH. 351–10. Sozialbehörde I. FR 47.12 und StH. 131–10 Senatskanzlei-Personalabteilung II. Nr. 209. Vgl. auch Conti N. Die Frauenmilchsammelstellen Deutschlands. Nationalsozialistischer Volksdienst. Organ des Hauptamtes für Volkswohlfahrt in der Reichsleitung der NSDAP; 5 1937; 3: 79-86 hier: 81
  • 22 Vgl. Abe HR. Zur Geschichte der ersten deutschen Frauenmilchsammelstelle. Ärztliche Jugendkunde; 67 1976; 5: 392-396 Schmidt H. Frauenmilchsammelstellen und der Streit um den „Sterilisationsschaden“. Zum 50. Jahrestag der offiziellen Gründung der Frauenmilchsammelstelle Erfurt im Jahre 1927 durch Marie-Elise Kayser. Kinderärztliche Praxis; 45; 1977; 4: 189–191, hier: 189. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983
  • 23 StAE. 1-2/526-20. Schreiben des Kinderhospitals am Allgemeinen Krankenhaus in Lübeck vom 17.11.1926 an die Frauenmilchsammelstelle Erfurt: Bl. 1
  • 24 Conti L. Säuglings- und Kindersterblichkeit seit 1933. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (Teilausgabe A); 5 1939; 11: 408-430 hier: 408
  • 25 Ebenda: 409
  • 26 Ebenda: 430
  • 27 Kollmann A. Über Frühsterblichkeit und ihre Bekämpfung. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (Teilausgabe B). 5 1939; 5: 113-122 hier: 113
  • 28 Ebenda: 114
  • 29 Ebenda. Interessant wäre es, bei weiteren Quellenrecherchen der Frage nachzugehen, ob ÄrztInnen in der NS-Zeit die Früh- und Neugeborenen, die in ihren ersten Lebenswochen Komplikationen erlitten, die auf mögliche Behinderungen hindeuteten, mit Milch aus FMS versorgt haben. Der Kinderarzt Wilhelm Bayer (1900–1972), der 1934 zwei Hamburger FMS gründete und das Kinderkrankenhaus Rothenburgsort (1934–1945) und die „Kinderfachabteilung“ des Krankenhauses leitete, in der Dutzende PatientInnen im Rahmen der NS-Kindereuthanasie ermordet wurden, erwähnte in einem Aufsatz von 1940 den Fall von Zwillingen, die vom 9. bis zu ihrem Tod am 71. bzw. am 74. Lebenstag im Krankenhaus Rothenburgsort mit Spenderinnenmilch ernährt wurden. Bayer gab an, dass dem einen Zwilling ein Daumen gefehlt und er in der 4. Woche einen Hydrozephalus entwickelt habe. Am 67. Lebenstag zeigten beide Kinder pneumonische Symptome, an denen sie nach seinen Angaben einige Tage später verstarben. Bayer erwähnte diesen Fall als Teil einer Studie zur Ernährung Frühgeborener. Er stellte somit einen Sonderfall dar, der keine Rückschlüsse auf die generelle Handhabe ähnlicher Fälle in dieser Klinik zulässt. Bayer. Aufzucht der Unreifen 1940: 211 (Tabelle 10)
  • 30 Limmer J. Erfahrungen mit einer Frauenmilchsammelstelle. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (Teilausgabe A); 5 1939; 11: 468-473 hier: 468. Vgl. auch Conti L. Säuglings- und Kindersterblichkeit 1939: 408–430 und Hoffmann E. Zur Stillfrage als zentralem Problem der Säuglingsfürsorge. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (Teilausgabe B); 4; 1938; 7: 169–173
  • 31 Vgl. Vögele Säuglingsfürsorge 2012: 210–211 und Dill. Nationalsozialistische Säuglingspflege 1999; 32-37
  • 32 Haarer J. Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind. München, Berlin: 1941: 115
  • 33 Vgl. Dill. Nationalsozialistische Säuglingspflege 1999 24
  • 34 StH. 351–10. Sozialbehörde I. FR 47.12: Bl. 34
  • 35 Ebenda: Bl. 38
  • 36 Eckardt Friedrich. langjähriger Leiter der FMS Plauen und später Leiter der Sammelstelle in Karlsruhe, wusste von 44 Gründungen von FMS in der NS-Zeit. Er wies ausdrücklich auf die Unvollständigkeit seiner Liste hin und es ist möglich, dass er bewusst die Kliniken, die nur für den eigenen Bedarf sammelten, nicht in die Liste aufnahm. Eckardt F, Frauenmilchsammelstellen Opitz H, Schmid F. (Hrsg) Handbuch der Kinderheilkunde. Bd. 4. Berlin, Heidelberg, New York: 1965: 742-752 hier: 744 (Tabelle 153)). Der DDR-Historiker Helmut Schmidt wusste von 43 während der NS-Zeit gegründeten FMS. Die tatsächliche Zahl der FMS lag sicherlich darüber, da in Eckardts und Schmidts Liste mehrere Sammelstellen, die in Quellen verzeichnet sind, fehlen, wie z. B. die Sammelstellen in Braunschweig sowie vier von insgesamt sechs während der NS-Zeit gegründeten Sammelstellen in Hamburg. (Siehe: Peters P(?). Staatliches Gesundheitsamt in Hamburg. Frauenmilchsammelstellen in Hamburg. Ärzteblatt für Hamburg und Schleswig-Holstein. Nachrichtenblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands, Verwaltungsstellen Hamburg und Schleswig-Holstein und der Ärztekammer für Hamburg und Schleswig-Holstein; 2; 1935; 32: 383. Conti. Die Frauenmilchsammelstellen Deutschlands 1937: 85)
  • 37 In folgenden Kliniken entstanden während der NS-Zeit FMS in Hamburg: im Hamburger Säuglingsheim an der Hochallee und im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort (beide im Jahr 1934): Bayer W. Eine Frauenmilchsammelstelle. Ärzteblatt für Hamburg und Schleswig-Holstein. Nachrichtenblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands, Verwaltungsstellen Hamburg und Schleswig-Holstein und der Ärztekammern für Hamburg und Schleswig-Holstein; 1; 1934; 24: 284 und Bayer W. Bericht über die Frauenmilchsammelstellen in Hamburg. Ärzteblatt für Norddeutschland. Nachrichtenblatt der Reichsärztekammer 2; 1939; 7: 199–200 im Altonaer Kinderhospital (1938): Schmidt M. 100 Jahre Altonaer Kinderkrankenhaus aus ärztlicher Sicht. Hundert Jahre Altonaer Kinderkrankenhaus e.V. 1859–1959. Hamburg-Altona 1959: 61 im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (1940): StH. 361–365. Hochschulwesen III. Nr. 939 im Krankenhaus Harburg (Entstehungsjahr unbekannt): StH. 361–365. Hochschulwesen III. Nr. 939 in der Frauenklinik Finkenau (1942): StH. 352–366 Gesundheitsbehörde. Nr. 1070.
  • 38 Conti. Die Frauenmilchsammelstellen Deutschlands. 1937: 80
  • 39 Vgl. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland. 1983: 86-88
  • 40 Richtlinien für die Errichtung von Frauenmilchsammelstellen. Runderlass des Reichsministeriums des Inneren, 27.10.1941. Reichsministerialblatt für innere Verwaltung Nr. 45/41: 1953
  • 41 Vgl. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland. 1983: 88
  • 42 Vgl. z. B. Bayer W. Zur Aufzucht der Unreifen. Die Frauenmilchsammelstelle und ihr Wert bei der Ernährung der Unreifen. Archiv für Kinderheilkunde. Bd 120 1940; 189-222 hier: 190
  • 43 Nanna Conti berichtet, dass die Reichsfachschaft Deutscher Hebammen die FMS in Berlin (1934) und München (1937) finanziell unterstützt habe. Conti. Die Frauenmilchsammelstellen Deutschlands 1937; 80-81
  • 44 Vgl. Limmer. Erfahrungen mit einer Frauenmilchsammelstelle. 1939: 473. Die erste NSV-Frauenmilchsammelstelle entstand in Kassel. Siehe: Hellpapp C. Die NSV.-Frauenmilchsammelstelle in Kassel. Nationalsozialistischer Volksdienst. Organ des Hauptamtes für Volkswohlfahrt in der Reischsleitung (sic) der NSDAP; 8; 1941; 1: 7-11. Friedrich Eckardt berichtete 1944, dass es 13 von der NSV betriebene Sammelstellen gegeben habe. Eckardt F. 25 Jahre Frauenmilchsammelstellen in Deutschland. Deutsches Ärzteblatt. Amtsblatt der Reichsärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands; 74; 1944; 9: 172–173, hier 172
  • 45 Eckardt. 25 Jahre Frauenmilchsammelstellen. 1944: 173
  • 46 Bayer Aufzucht der Unreifen 1940: 191. Ein ähnliches Merkblatt, das für die Abgabe von Frauenmilch an fünf Hamburger Sammelstellen warb, findet sich in: StH. 361-365. Hochschulwesen III. Nr. 939: Bl. 59
  • 47 Satzung der NS-Volkswohlfahrt. 14.8.1933: §2. (Zit. n. Vorländer H. Die NSV. Darstellung und Organisation einer nationalsozialistischen Organisation. Boppart am Rhein 1988; 201-213
  • 48 Hilgenfeldt E Zum Geleit!, Der Ratgeber für Mütter. Hauptamt f. Volksgesundheit, Hauptamt für Volkswohlfahrt und dem Deutschen Frauenwerk (Reichsmütterdienst), (Hrsg). o.J. (ca 1935 1
  • 49 Limmer Erfahrungen mit einer Frauenmilchsammelstelle. 1939: 468
  • 50 Zit. n. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 74 (Medizinische Akademie Erfurt. Abteilung für Geschichte der Medizin. Bestand Frauenmilchsammelstelle. Brief von Frau Dr. med. Gleiß-Röpke aus Lüdenscheid vom 23.6.1936 an Marie-Elise Kayser)
  • 51 Ebenda. (Antwortbrief von Marie-Elise Kayser vom 24.6.1936 an Dr. Gleiß-Röpke)
  • 52 StAE. 1-2/526-37. Brief von Irma Feldweg vom 7.5.1937 an Marie-Elise Kayser: Bl. 78
  • 53 Ebenda: Brief von Kayser vom 9.5.1937 an Feldweg: Bl. 80
  • 54 Thüringisches Hauptstaatsarchiv (ThHStA). Thüringisches Ministerium des Innern. E 802. Rundschreiben Nr. 5/42 der Reichsärztekammer. Ärztekammer Thüringen: Bl. 165
  • 55 StH. 131–10 Senatskanzlei-Personalabteilung II. Nr. 209: Bl. 14
  • 56 Vgl. Mommsen H. Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Bundeszentrale für politische Bildung. (Hrsg). Schriftenreihe Bd. 1524 Bonn: 2014: 120
  • 57 Vgl. Schmidt Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland. 1983; 83
  • 58 Eckardt Eckardt. 25 Jahre Frauenmilchsammelstellen. 1944: 173
  • 59 Feldweg Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen 1961: 663. Das vom Alliierten Kontrollrat verabschiedete Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 löste die NSV und alle anderen NS-Organisationen auf und beschlagnahmte ihr Eigentum
  • 60 Feldweg. Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen. 1961; 663
  • 61 Ebenda
  • 62 Vgl. ebenda: 664–665. Laut Friedrich Eckardt gab es im Jahr 1963 im Westen Deutschlands 28 FMS. Eckardt. 60 Jahre Frauenmilchsammelstellen 1979: 1494. Vgl. auch: Hartmann K. Entwicklung und Organisation der Frauenmilchsammelstellen. Referat des Bundes Deutscher Hebammenverbände. Deutsche Hebammen-Zeitschrift; 9; 1957: 241–243, hier: 241–242. Feldweg. Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen 1961: 663 (Tabelle 1)
  • 63 Vgl. Neussel H. Der Betrieb einer Frauenmilchsammelstelle (Im Vergleich zur Hilfe durch eine Nährmutter oder Amme.). Düsseldorf 1964 (Diss.): 5, 8 u. 45. Und Telefongespräch mit Manfred Kaether, ehemaliger Oberarzt in der Hamburger Frauenklinik Finkenau, dann Chefarzt der Gynäkologie am Waldbröler Kreiskrankenhaus, am 17.11.2014
  • 64 Friedrich Eckardt berichtete 1979, es habe in der BRD nach Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde zu der Zeit keine FMS mehr gegeben. Vgl. Eckardt. 60 Jahre Frauenmilchsammelstellen 1979: 1498. 1976 schloss im Pforzheimer Krankenhaus Siloah eine der letzten größeren Sammelstellen Deutschlands. Die Sammelstelle war im Jahr 1925 gegründet worden. Vgl. Festschrift zum 100. Jubiläum. Siloah Pforzheim 1884–1984. Pforzheim 1984: 57 (Stadtarchiv Pforzheim. Re 71940)
  • 65 Vgl. z. B. den Artikel „Ich bin doch keine Kuh“. Stern. 6.5.1976; 20
  • 66 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 213. Eine Auswahl typischer Werbeaussagen industrieller Babynahrungshersteller für die Laien- und Ärztewerbung findet sich in: Witte A. Ein Vergleich von Werbeaussagen über Säuglingsmilchpräparate, milchfreie Zusatznahrungen und Kohlenhydratzusätze mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Säuglingsernährung. Frankfurt a. Main 1969 (Med. Diss.)
  • 67 3. Arbeitstagung der Leiter und Leiterinnen von Frauenmilchsammelstellen. 18. bis 20. Mai 1962 in Pforzheim, Kinderärztliche Praxis; 30 1962; 10: 465-470 hier: 467
  • 68 Ebenda: 465
  • 69 Feldweg I. Initiative einer Ärztin. Seit fünfzig Jahren Frauenmilchsammelstellen. Deutsches Ärzteblatt 66 1969; 40: 2755
  • 70 Pomp H. Sind Frauenmilchsammelstellen noch notwendig?. Zentralblatt für Gynäkologie; 92; 1970; 51: 1702 Hans-Ulrich Sauerbrei, ehemaliger Leiter der FMS der Städtischen Kinderklinik in Essen (1953–1959), erinnert sich daran, dass das Kostenargument in den 1960er Jahren bei Diskussionen um die Zukunft der FMS eine zentrale Rolle gespielt habe. Telefongespräch, 11.2.2016
  • 71 Vgl. Pomp. Frauenmilchsammelstellen 1970 1702
  • 72 Vgl. z. B.: Sager C-A. Die natürliche Ernährung. Opitz H., Schmid F (Hrsg). Handbuch der Kinderheilkunde. Stoffwechsel. Ernährung. Verdauung. Berlin, Heidelberg, New York 1965: 534–535, hier: 521–549. Droese W, Stolley H. Ernährung des Säuglings. Keller W, Wiskott A (Hrsg). Lehrbuch der Kinderheilkunde. 3. Aufl. Stuttgart 1969: 218–248. Joppich G. Die Ernährung. Joppich G (Hrsg). Lehrbuch der Kinderheilkunde. 22., völlig neubearbeitete Aufl. Stuttgart 1971: 18–29, hier: 18, 20
  • 73 Droese Stolley: Ernährung des Säuglings. 1969; 218
  • 74 Joppich: Ernährung 1971 25
  • 75 Gspräch mit Horst Pomp, ehemaliger Oberarzt in der Hamburger Frauenklinik Finkenau, dann Chefarzt der Gynäkologie im Bethesda-Krankenhaus in Essen, am 3.11.2014 in Essen
  • 76 Telefongespräch mit Lieselotte Biß, ehemalige Krankenschwester und Hebamme in der Hamburger Frauenklinik Finkenau, am 3.12.2014; Telefongespräch mit Manfred Kaether, 17.11.2014; Gespräch mit Horst Pomp, 3.11.2014 in Essen; Telefongespräch mit Rolf Schüler, ehem. Arzt in der Hamburger Frauenklink Finkenau, am 3.12.2014
  • 77 1978 berichtete beispielsweise die Rückstandskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erstmalig über Schadstoffkonzentrationen in Muttermilch
  • 78 Vgl. Simon C. Ernährung und Ernährungsstörungen. Simon C. (Hrsg) Klinische Pädiatrie. Ein Lehrbuch der Kinderheilkunde. Stuttgart, New York: 1973: 17-50 hier: 19
  • 79 Z. B.: Gespräch mit Horst Pomp, 3.11.2014 in Essen; Telefongespräch mit Rolf Schüler, 3.12.2014. Und: Vgl. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 142
  • 80 Z.B.: Gespräch mit Horst Pomp, 3.11.2014 in Essen und Telefongespräch mit Rolf Schüler, 3.12.2014.
  • 81 Vgl. Fong IW. Medico-Legal Issues in Infectious Diseases: Guide For Physicians. New York, Dordrecht, Heidelberg, London: 2011: 3
  • 82 Vgl. Tully MR, Jones F. Donor Milk Banking. Riordan Jan, Wambach Karen. (Hrsg) Breastfeeding and Human Lactation. 4. Aufl Boston u. a.: 2010: 471-494 hier: 474 Die öffentliche Diskussion zum Thema HIV/AIDS begann Anfang der 1980er Jahre in den USA. Vgl.: Tümmers H. AIDS und die Mauer. Deutsch-deutsche Reaktionen auf eine komplexe Bedrohung. Thießen M (Hrsg). Infiziertes Europe. Seuchen im langen 20. Jahrhundert. München 2014: 157–185, hier: 161
  • 83 Vgl. Nestlé tötet Babys. Ursachen und Folgen der Verbreitung künstlicher Säuglingsnahrung in der Dritten Welt. War on Want Schweizerische Arbeitsgruppen für Entwicklungspolitik – Arbeitsgruppe Dritte Welt (Hrsg). Bern 1974
  • 84 Exportinteressen gegen Muttermilch. Der tödliche Fortschritt durch Babynahrung. Eine Dokumentation der Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern. Reinbek bei Hamburg 1976; 10 Ein kurzer Überblick über den „Nestlé-Prozess“ findet sich in: Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 214
  • 85 Vgl. Rubin D. Stillen in Deutschland. Vorteile, Stillraten und erfolgversprechende Ansätze der Stillförderung. Ernährung im Fokus 2008; 13: 200-205 hier: 203
  • 86 Grüttner R. Ernährung des Neugeborenen, Säuglings und Kleinkindes. Lehrbuch der Kinderheilkunde. Joppich G, Schulte FJ. (Hrsg) 24., völlig neubearbeitete Aufl Stuttgart: 1980: 22-34 hier: 25
  • 87 Vgl. Henker J, Schmidt B. Zur Geschichte der Frauenmilchsammelstelle der Klinik für Kinderheilkunde der Medizinischen Akademie Dresden. in Kinderärztliche Praxis; 57 1989; 11: 559-564 hier 560
  • 88 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 214. Mallik S. Die Entwicklung der Säuglingssterblichkeit im Fokus gesellschaftlicher Bedingungen. Ein Ost-West-Vergleich. Berlin 2007. Wauer R, Schmalisch G. Die Entwicklung der Kinder-, Säuglings- und Neugeborenensterblichkeit in Deutschland seit Gründung der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (Hrsg). 125 Jahre Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. Berlin 2008: 133–143. Gries. Kindesmisshandlung 2002: 242–243
  • 89 Befehl Nr. 179, 1946. Zit. n. Schmidt Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland. 1983; 115-116
  • 90 1959 wurde die Entschädigung der Milchspenderinnen auf 11 Deutsche Mark pro Liter Milch angehoben und blieb bis 1989 auf diesem Niveau. Anordnung Nr. 3 über Frauenmilchsammelstellen. 19.10.1959. Gesetzesblatt der DDR. Teil I. Nr. 62. Ausgabetag 12.11.1959: 815. Vgl. auch Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 115
  • 91 Anordnung über Frauenmilchsammelstellen. 24.7.1951. Gesetzblatt der DDR Nr. 89. Ausgabetag 26.7.1951: 704
  • 92 Durchführungsanweisung zur Anordnung über Frauenmilchsammelstellen. 24.3.1952. Gesetzblatt der DDR Nr. 47. Ausgabetag 22.4.1952: 303-305
  • 93 Toussaint. Frauenmilch 2002: 63
  • 94 Vgl. Feldweg Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen 1961: 665 (Tabelle 3). Springer; Frauenmilchsammlung 1998: 84
  • 95 Hempel H-C, Köhler O. Säuglingsfibel. Leipzig: 1977: 134
  • 96 Vgl. Gries Kindesmisshandlung 2002; 241-246 Vgl. auch Mallik S: Die Entwicklung der Säuglingssterblichkeit im Fokus gesellschaftlicher Bedingungen. Ein Ost-West Vergleich. Berlin 2007. Mallik weist darauf hin, dass das Niveau der Säuglingssterblichkeit in der DDR aufgrund umfassender Vorsorgeleistungen zwischen den 1960er und 80er Jahren unter dem der BRD gelegen habe. Mit der Einführung der perinatalen Intensivmedizin habe die wirtschaftlich leistungsfährigere BRD dann jedoch die DDR überholt
  • 97 Vgl. Springer Frauenmilchsammlung 1998: 85 und Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983; 142
  • 98 Vgl. Toussaint. Frauenmilch 2002: 61. Henker, Schmidt. Geschichte 1989: 561–562. Vgl. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 142. Der Staat versuchte mit sozialpolitischen Maßnahmen (z. B. Verlängerung des Schwangerschafts- und Wochenurlaubs) der aus Erwerbstätigkeit und Mutterschaft resultierenden Überforderung von Frauen entgegenzuwirken
  • 99 Toussaint stellt fest, dass ab 1981 zunehmend Aufsätze über Frauenmilch in der „Kinderärztliche(n) Praxis“ erschienen, in denen die Vorteile der Frauenmilch für die Ernährung Früh- und Neugeborener nicht mehr angezweifelt wurden. Man diskutierte besonders die Verwendung unbehandelter Milch für untergewichtige Neugeborene. Vgl. Toussaint. Frauenmilch 2002: 65–66. Vgl. auch Plenert W, Lehnert U. Säuglingsernährung. Leipzig 1977: 69
  • 100 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 214
  • 101 Vgl. Toussaint. Frauenmilch 2002: 55
  • 102 Vgl. ebenda: 65. Die Studie wurde zwischen 1975 und 1978 durchgeführt; die Ergebnisse wurden 1981 veröffentlicht. Die Autoren der Studie rieten trotz der nachgewiesenen Kontamination von Frauenmilch nicht vom Stillen ab, da die Vorteile der Ernährung mit Muttermilch größer seien als die Nachteile. S. Hesse V. et al. Untersuchungen zur Kontamination von Frauenmilch, Kuhmilch und Butter in der DDR mit chlorierten Kohlenwasserstoffen. Kinderärztliche Praxis; 49; 1981: 292–309
  • 103 Vgl. Tümmers H. AIDS und die Mauer. 2014; 183
  • 104 Vgl. Pflugbeil S. Tschernobyl und die DDR: Fakten und Verschleierungen – Auswirkungen bis heute? Friedrich-Ebert-Stiftung Landesbüro Sachsen-Anhalt, (Hrsg). Magdeburg 2003; 24-27
  • 105 Boehm G, Beyreiss K. Die Ernährung untergewichtiger Neugeborener mit nativer Frauenmilch. Kinderärztliche Praxis 52 1984; 3: 115-125 hier: 125
  • 106 Siehe z. B. die Angaben der Frauenmilchbank in Dresden: Henker, Schmidt. Geschichte 1989: 562 (Abb. 3)
  • 107 Vgl. Springer. Frauenmilchsammlung 1998: 84
  • 108 Vgl. Springer S. Human Milk Banking in Germany. Journal of Human Lactation 13 1997; 1: 65-68 hier: 65
  • 109 http://www.babyfreundlich.org/fileadmin/user_upload/download/Krankenhaeuser/KH-BF-mit_AZ_2016-04-26.pdf (Zugriff: 2.5.2016)
  • 110 Newsletter der Stiftung Kindergesundheit, Januar 2015: www.kindergesundheit.de/newsletter-01-2015.html
  • 111 Vgl. Arslanoglu S. et al. Donor human milk for preterm infants: current evidence and research directions. Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition 57 2013; 4: 535-542
  • 112 Die Angaben stammen aus Gillian Weavers Vortrag „The Art of Screening Milk Bank Donors“, den sie am 8.10.2015 auf dem 3rd International Congress of the European Milk Bank Association (EMBA) in Lyon gehalten hat
  • 113 Die Angaben über die Frauenmilchbanken in Europa stammen von EMBA: http://www.europeanmilkbanking.com/ (Zugriff: 2.5.2016). Siehe auch die Homepage der International Milk Banking Initiative (IMBA, www.internationalmilkbanking.org einer 2005 von der Human Milk Banking Association of North America (HMBANA) und der United Kingdom Association of Milk Banks (UKAMB) gegründeten Initiative, die sich eine engere Vernetzung von Frauenmilchbanken weltweit zum Ziel gesetzt hat
  • 114 In Kanada gibt es insgesamt 4 Frauenmilchbanken, die sich in Calgary, Montreal, Toronto und Vancouver befinden, siehe: https://www.hmbana.org/locations und https://www.hema-quebec.qc.ca/lait-maternel/index.en.html (jeweils Zugriff 15.2.2016). EMBA hat in Finnland 17 Frauenmilchbanken registriert, in Portugal 1 in Lissabon und 12 in Norwegen (siehe auch: Grøvslien A, Grønn M. Donor Milk Banking and Breastfeeding in Norway. Journal of Human Lactation 2009; 25: 206–210). In Spanien gibt es 8 Milchbanken in Barcelona, Granada, Madrid, Merida, Palma de Mallorca, Valencia, Valladolid und Zaragoza, siehe: EMBA und http://www.saludcastillayleon.es/ciudadanos/es/lactanciamaterna/banco-leche-materna-castilla-leon (jeweils Zugriff 15.2.2016)
  • 115 Vgl. Omarsdottir S. Maternal milk feedings and cytomegalovirus infection in preterm infants in Sweden. Stockholm: 2015: 50
  • 116 http://www.europeanmilkbanking.com/ (Zugriff: 29.6.2016)
  • 117 Ein weltweiter Überblick über die unterschiedlichen Modelle von Milchbanken findet sich in: PATH. Strengthening Human Milk Banking: A Global Implementation Framework. Version 1.1. Seattle, Washington, USA: 2013: 35-56
  • 118 Zu den Sammelergebnissen von 1943 und 1959 vgl. Feldweg. Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen 1961: 663, 665 (Tabelle 3). Zum Sammelergebnis von 1989 vgl. Springer. Human Milk Banking 1997: 65. Am 1. Februar 2016 schrieb Corinna Gebauer, Leiterin der Frauenmilchsammelstelle in Leipzig, der Autorin, dass im Jahr 2014 10 von 14 FMS insgesamt 2529,47 Liter Spenderinnenmilch gesammelt hatten. Die anderen machten keine Angaben
  • 119 www.muttermilch-boerse.de Ähnliche Internetbörsen gibt es in den USA und Großbritannien
  • 120 Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. reagierte umgehend auf die Gründung der internetbasierten „Milchbörse“ und veröffentlichte am 1.2.2014 die Stellungnahme „Ernährungskommission warnt vor der Verwendung unzureichend geprüfter Muttermilch von Spenderinnen“, siehe: http://www.dgkj.de/wissenschaft/stellungnahmen/meldung/meldungsdetail/ernaehrungskommission_der_deutschen_gesellschaft_fuer_kinder_und_jugendmedizin_warnt_vor_der_verwen/ (Zugriff: 15.2.2016). Die Nationale Stillkommission veröffentlichte am 18.2.2014 eine Stellungnahme „Gesundheitliche Risiken des privaten Austauschs von Muttermilch“, siehe: http://www.bfr.bund.de/cm/343/gesundheitliche-risiken-des-privaten-austauschs-von-muttermilch.pdf (Zugriff: 15.2.2016)

Korrespondenzadresse

Anne Sunder-Plaßmann, M.A.
Projektkoordinatorin Muttermilchbank Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin
Zentrum für Geburtshilfe
Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Telefon: +49/40/38631 458   

  • Literatur

  • 1 In diesem Aufsatz beziehen sich die Begriffe „Frauenmilchsammelstelle“ und der in der Gegenwart gängige Begriff „Frauenmilchbank“ auf alle Institutionen, die medizinisch kontrollierte Spenderinnenmilch an PatientInnen abgeben. In deutschsprachigen Quellen und Literatur werden manchmal andere Begriffe für solche Institutionen verwendet, die Spenderinnenmilch nur innerhalb der eigenen Klinik verfüttern. Diese Begriffe, wie z. B. Laktarium oder Milchstation, haben sich aber nicht allgemein durchgesetzt
  • 2 Die Literatur- und Quellensuche beinhaltete eine Recherche in den Beständen des Hamburger Staatsarchivs (StH) und des Stadtarchivs Erfurt (StAE).
  • 3 Schmidt H. Die Geschichte und gesellschaftliche Bedeutung der Frauenmilch- Sammelstellen in Deutschland sowie ihres Erfurter Zentrums in den Jahren 1926–1950. Leipzig 1983 (Habil.)
  • 4 Toussaint J „Jeder Tropfen Frauenmilch ist kostbar!“ Vom Nahrungsmittel zur Heilnahrung: Aspekte der Medikalisierung am Beispiel der Frauenmilchsammelstelle Potsdam. Unveröffentlichte Magisterarbeit. Potsdam, Berlin 2002. Die Arbeit ist z. B. im Staatsarchiv Hamburg vorhanden: StH. L 830/41
  • 5 Z. B. Eckardt F. 60 Jahre Frauenmilchsammelstellen in Deutschland. 1919–1979. Zugleich eine Erinnerung an die Kinderärztin Marie-Elise Kayser. Der Kinderarzt 1979; 10: 1493-1498 Feldweg I. Die Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen. Zum 25 jährigen Bestehen der Frauenmilchsammelstelle Pforzheim, in: Ärztliche Mitteilungen. Deutsches Ärzteblatt, hg. von der Bundesärztekammer und kassenärztliche Bundesvereinigung; 46; 1961; 12: 661–671. Springer S. Frauenmilchsammlung – ein alter Zopf? PerinatalMedizin 1998; 3: 84–87
  • 6 Vögele J. Säuglingsfürsorge, Säuglingsernährung und die Entwicklung der Säuglingssterblichkeit in Deutschland während des 20. Jahrhunders. Fangerau H, Polianski I. (Hrsg) Medizin im Spiegel ihrer Geschichte. Stuttgart: Theorie und Ethik: Schlüsseltehmen für ein junges Querschnittsfach; 2012: 203-219 Stöckel S. Säuglingsfürsorge zwischen sozialer Hygiene und Eugenik. Das Beispiel Berlins im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Berlin, New York 1996. Dill G. Nationalsozialistische Säuglingspflege. Eine frühe Erziehung zum Massenmenschen. Stuttgart 1999. Gries S. Kindesmisshandlung in der DDR. Kinder unter dem Einfluss traditionell-autoritärer und totalitärer Erziehungsleitbilder. Münster 2002
  • 7 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012 203
  • 8 Sofern die Lebensdaten der in diesem Aufsatz erwähnten Mediziner, Politiker und Gesundheitsbeamten recherchiert werden konnten, sind sie nach der ersten Erwähnung der Person in Klammern angegeben. In den Fällen, in denen nur das Geburtsjahr aufgeführt ist, lebt die Person oder das Todesdatum ist unbekannt
  • 9 Finkelstein H. Über Morbidität und Mortalität in Säuglingsspitälern und deren Ursachen. Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten 1898; 28: 125-158 hier: 125
  • 10 Vgl. Stöckel. Säuglingsfürsorge 1996: 381-382
  • 11 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 203-204
  • 12 Lilienthal G. Pediatrics and Nationalism in Imperial Germany. The Society for the Social History of Medicine 1986; 39: 64-70 hier: 67
  • 13 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 203–204 und Lilienthal. Pediatrics and Nationalism 1986; 64-70
  • 14 Schloßmann A. Kinderkrankheiten und Krieg. Verhandlungen der 31. Versammlung der Gesellschaft für Kinderheilkunde Leipzig 1917. Wiesbaden 1918: 1-28 hier: 28
  • 15 Vgl. Stöckel. Säuglingsfürsorge 1996 (s. z. B. 378–387)
  • 16 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 205. Vgl. auch Stöckel. Säuglingsfürsorge 1996; 114-116
  • 17 Vgl. Festschrift zur Eröffnung des KAVH. Berlin 1909: 68 und Ballowitz L, Ehmke E. Milchküche, Milchtierstall und Frauenmilchsammelstelle. Ballowitz L, (Hrsg). Schriftenreihe zur Geschichte der Kinderheilkunde aus dem Archiv des Kaiserin Auguste Victoria Hauses (KAVH). Berlin 1990; 7: 66–90, hier: 72. Auch im Dresdner Säuglingsheim gab es einen Tierstall zur Ernährung von Früh- und Neugeborenen. Bilder des Stalls und des Auslaufs im Hof finden sich in: Schloßmann A. Ueber die Fürsorge für kranke Säuglinge. Archiv für Kinderheilkunde; 43; 1906: Tafel IX
  • 18 Vgl. Gholamiasllari GH. Zur Geschichte der Entwicklung der künstlichen Säuglingsnahrung in Mitteleuropa dargestellt am Werdegang verschiedener Milch- und Nährmittelfirmen. O.a.O 1975 (Med. Diss.)
  • 19 Zit. n. Klose H. Rationelle Kinderernährung von der Geburt bis zum Alter von 2 Jahren. Archiv für Kinderheilkunde 45 1907; 161-235 hier: 210
  • 20 Vgl. Hert G. Die Entwicklung der Geburtshilfe, Gynäkologie und Kinderheilkunde in Erfurt von der Schließung der Universität bis zur Gründung der Medizinischen Akademie (1816–1954). Erfurt 1962; (Med. Diss.) 111 Sager C-A. Frauenmilch-Sammelstellen und Konservierungsmethoden. Opitz H, Schmid F (Hrsg). Handbuch der Kinderheilkunde. Bd. 3. Berlin, Heidelberg, New York 1966: 367–372, hier: 367. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 12–14. Golden J. A Social History of Wet Nursing in America: From Breast to Bottle. Ohio 2001: 194–195. Swanson K. Banking on the Body. The Market in Blood, Milk and Sperm in Modern America. Cambridge (Mass.) 2014: 32–36
  • 21 Vgl. z. B. StH. 351–10. Sozialbehörde I. FR 47.12 und StH. 131–10 Senatskanzlei-Personalabteilung II. Nr. 209. Vgl. auch Conti N. Die Frauenmilchsammelstellen Deutschlands. Nationalsozialistischer Volksdienst. Organ des Hauptamtes für Volkswohlfahrt in der Reichsleitung der NSDAP; 5 1937; 3: 79-86 hier: 81
  • 22 Vgl. Abe HR. Zur Geschichte der ersten deutschen Frauenmilchsammelstelle. Ärztliche Jugendkunde; 67 1976; 5: 392-396 Schmidt H. Frauenmilchsammelstellen und der Streit um den „Sterilisationsschaden“. Zum 50. Jahrestag der offiziellen Gründung der Frauenmilchsammelstelle Erfurt im Jahre 1927 durch Marie-Elise Kayser. Kinderärztliche Praxis; 45; 1977; 4: 189–191, hier: 189. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983
  • 23 StAE. 1-2/526-20. Schreiben des Kinderhospitals am Allgemeinen Krankenhaus in Lübeck vom 17.11.1926 an die Frauenmilchsammelstelle Erfurt: Bl. 1
  • 24 Conti L. Säuglings- und Kindersterblichkeit seit 1933. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (Teilausgabe A); 5 1939; 11: 408-430 hier: 408
  • 25 Ebenda: 409
  • 26 Ebenda: 430
  • 27 Kollmann A. Über Frühsterblichkeit und ihre Bekämpfung. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (Teilausgabe B). 5 1939; 5: 113-122 hier: 113
  • 28 Ebenda: 114
  • 29 Ebenda. Interessant wäre es, bei weiteren Quellenrecherchen der Frage nachzugehen, ob ÄrztInnen in der NS-Zeit die Früh- und Neugeborenen, die in ihren ersten Lebenswochen Komplikationen erlitten, die auf mögliche Behinderungen hindeuteten, mit Milch aus FMS versorgt haben. Der Kinderarzt Wilhelm Bayer (1900–1972), der 1934 zwei Hamburger FMS gründete und das Kinderkrankenhaus Rothenburgsort (1934–1945) und die „Kinderfachabteilung“ des Krankenhauses leitete, in der Dutzende PatientInnen im Rahmen der NS-Kindereuthanasie ermordet wurden, erwähnte in einem Aufsatz von 1940 den Fall von Zwillingen, die vom 9. bis zu ihrem Tod am 71. bzw. am 74. Lebenstag im Krankenhaus Rothenburgsort mit Spenderinnenmilch ernährt wurden. Bayer gab an, dass dem einen Zwilling ein Daumen gefehlt und er in der 4. Woche einen Hydrozephalus entwickelt habe. Am 67. Lebenstag zeigten beide Kinder pneumonische Symptome, an denen sie nach seinen Angaben einige Tage später verstarben. Bayer erwähnte diesen Fall als Teil einer Studie zur Ernährung Frühgeborener. Er stellte somit einen Sonderfall dar, der keine Rückschlüsse auf die generelle Handhabe ähnlicher Fälle in dieser Klinik zulässt. Bayer. Aufzucht der Unreifen 1940: 211 (Tabelle 10)
  • 30 Limmer J. Erfahrungen mit einer Frauenmilchsammelstelle. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (Teilausgabe A); 5 1939; 11: 468-473 hier: 468. Vgl. auch Conti L. Säuglings- und Kindersterblichkeit 1939: 408–430 und Hoffmann E. Zur Stillfrage als zentralem Problem der Säuglingsfürsorge. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (Teilausgabe B); 4; 1938; 7: 169–173
  • 31 Vgl. Vögele Säuglingsfürsorge 2012: 210–211 und Dill. Nationalsozialistische Säuglingspflege 1999; 32-37
  • 32 Haarer J. Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind. München, Berlin: 1941: 115
  • 33 Vgl. Dill. Nationalsozialistische Säuglingspflege 1999 24
  • 34 StH. 351–10. Sozialbehörde I. FR 47.12: Bl. 34
  • 35 Ebenda: Bl. 38
  • 36 Eckardt Friedrich. langjähriger Leiter der FMS Plauen und später Leiter der Sammelstelle in Karlsruhe, wusste von 44 Gründungen von FMS in der NS-Zeit. Er wies ausdrücklich auf die Unvollständigkeit seiner Liste hin und es ist möglich, dass er bewusst die Kliniken, die nur für den eigenen Bedarf sammelten, nicht in die Liste aufnahm. Eckardt F, Frauenmilchsammelstellen Opitz H, Schmid F. (Hrsg) Handbuch der Kinderheilkunde. Bd. 4. Berlin, Heidelberg, New York: 1965: 742-752 hier: 744 (Tabelle 153)). Der DDR-Historiker Helmut Schmidt wusste von 43 während der NS-Zeit gegründeten FMS. Die tatsächliche Zahl der FMS lag sicherlich darüber, da in Eckardts und Schmidts Liste mehrere Sammelstellen, die in Quellen verzeichnet sind, fehlen, wie z. B. die Sammelstellen in Braunschweig sowie vier von insgesamt sechs während der NS-Zeit gegründeten Sammelstellen in Hamburg. (Siehe: Peters P(?). Staatliches Gesundheitsamt in Hamburg. Frauenmilchsammelstellen in Hamburg. Ärzteblatt für Hamburg und Schleswig-Holstein. Nachrichtenblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands, Verwaltungsstellen Hamburg und Schleswig-Holstein und der Ärztekammer für Hamburg und Schleswig-Holstein; 2; 1935; 32: 383. Conti. Die Frauenmilchsammelstellen Deutschlands 1937: 85)
  • 37 In folgenden Kliniken entstanden während der NS-Zeit FMS in Hamburg: im Hamburger Säuglingsheim an der Hochallee und im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort (beide im Jahr 1934): Bayer W. Eine Frauenmilchsammelstelle. Ärzteblatt für Hamburg und Schleswig-Holstein. Nachrichtenblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands, Verwaltungsstellen Hamburg und Schleswig-Holstein und der Ärztekammern für Hamburg und Schleswig-Holstein; 1; 1934; 24: 284 und Bayer W. Bericht über die Frauenmilchsammelstellen in Hamburg. Ärzteblatt für Norddeutschland. Nachrichtenblatt der Reichsärztekammer 2; 1939; 7: 199–200 im Altonaer Kinderhospital (1938): Schmidt M. 100 Jahre Altonaer Kinderkrankenhaus aus ärztlicher Sicht. Hundert Jahre Altonaer Kinderkrankenhaus e.V. 1859–1959. Hamburg-Altona 1959: 61 im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (1940): StH. 361–365. Hochschulwesen III. Nr. 939 im Krankenhaus Harburg (Entstehungsjahr unbekannt): StH. 361–365. Hochschulwesen III. Nr. 939 in der Frauenklinik Finkenau (1942): StH. 352–366 Gesundheitsbehörde. Nr. 1070.
  • 38 Conti. Die Frauenmilchsammelstellen Deutschlands. 1937: 80
  • 39 Vgl. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland. 1983: 86-88
  • 40 Richtlinien für die Errichtung von Frauenmilchsammelstellen. Runderlass des Reichsministeriums des Inneren, 27.10.1941. Reichsministerialblatt für innere Verwaltung Nr. 45/41: 1953
  • 41 Vgl. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland. 1983: 88
  • 42 Vgl. z. B. Bayer W. Zur Aufzucht der Unreifen. Die Frauenmilchsammelstelle und ihr Wert bei der Ernährung der Unreifen. Archiv für Kinderheilkunde. Bd 120 1940; 189-222 hier: 190
  • 43 Nanna Conti berichtet, dass die Reichsfachschaft Deutscher Hebammen die FMS in Berlin (1934) und München (1937) finanziell unterstützt habe. Conti. Die Frauenmilchsammelstellen Deutschlands 1937; 80-81
  • 44 Vgl. Limmer. Erfahrungen mit einer Frauenmilchsammelstelle. 1939: 473. Die erste NSV-Frauenmilchsammelstelle entstand in Kassel. Siehe: Hellpapp C. Die NSV.-Frauenmilchsammelstelle in Kassel. Nationalsozialistischer Volksdienst. Organ des Hauptamtes für Volkswohlfahrt in der Reischsleitung (sic) der NSDAP; 8; 1941; 1: 7-11. Friedrich Eckardt berichtete 1944, dass es 13 von der NSV betriebene Sammelstellen gegeben habe. Eckardt F. 25 Jahre Frauenmilchsammelstellen in Deutschland. Deutsches Ärzteblatt. Amtsblatt der Reichsärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands; 74; 1944; 9: 172–173, hier 172
  • 45 Eckardt. 25 Jahre Frauenmilchsammelstellen. 1944: 173
  • 46 Bayer Aufzucht der Unreifen 1940: 191. Ein ähnliches Merkblatt, das für die Abgabe von Frauenmilch an fünf Hamburger Sammelstellen warb, findet sich in: StH. 361-365. Hochschulwesen III. Nr. 939: Bl. 59
  • 47 Satzung der NS-Volkswohlfahrt. 14.8.1933: §2. (Zit. n. Vorländer H. Die NSV. Darstellung und Organisation einer nationalsozialistischen Organisation. Boppart am Rhein 1988; 201-213
  • 48 Hilgenfeldt E Zum Geleit!, Der Ratgeber für Mütter. Hauptamt f. Volksgesundheit, Hauptamt für Volkswohlfahrt und dem Deutschen Frauenwerk (Reichsmütterdienst), (Hrsg). o.J. (ca 1935 1
  • 49 Limmer Erfahrungen mit einer Frauenmilchsammelstelle. 1939: 468
  • 50 Zit. n. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 74 (Medizinische Akademie Erfurt. Abteilung für Geschichte der Medizin. Bestand Frauenmilchsammelstelle. Brief von Frau Dr. med. Gleiß-Röpke aus Lüdenscheid vom 23.6.1936 an Marie-Elise Kayser)
  • 51 Ebenda. (Antwortbrief von Marie-Elise Kayser vom 24.6.1936 an Dr. Gleiß-Röpke)
  • 52 StAE. 1-2/526-37. Brief von Irma Feldweg vom 7.5.1937 an Marie-Elise Kayser: Bl. 78
  • 53 Ebenda: Brief von Kayser vom 9.5.1937 an Feldweg: Bl. 80
  • 54 Thüringisches Hauptstaatsarchiv (ThHStA). Thüringisches Ministerium des Innern. E 802. Rundschreiben Nr. 5/42 der Reichsärztekammer. Ärztekammer Thüringen: Bl. 165
  • 55 StH. 131–10 Senatskanzlei-Personalabteilung II. Nr. 209: Bl. 14
  • 56 Vgl. Mommsen H. Das NS-Regime und die Auslöschung des Judentums in Europa. Bundeszentrale für politische Bildung. (Hrsg). Schriftenreihe Bd. 1524 Bonn: 2014: 120
  • 57 Vgl. Schmidt Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland. 1983; 83
  • 58 Eckardt Eckardt. 25 Jahre Frauenmilchsammelstellen. 1944: 173
  • 59 Feldweg Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen 1961: 663. Das vom Alliierten Kontrollrat verabschiedete Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 löste die NSV und alle anderen NS-Organisationen auf und beschlagnahmte ihr Eigentum
  • 60 Feldweg. Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen. 1961; 663
  • 61 Ebenda
  • 62 Vgl. ebenda: 664–665. Laut Friedrich Eckardt gab es im Jahr 1963 im Westen Deutschlands 28 FMS. Eckardt. 60 Jahre Frauenmilchsammelstellen 1979: 1494. Vgl. auch: Hartmann K. Entwicklung und Organisation der Frauenmilchsammelstellen. Referat des Bundes Deutscher Hebammenverbände. Deutsche Hebammen-Zeitschrift; 9; 1957: 241–243, hier: 241–242. Feldweg. Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen 1961: 663 (Tabelle 1)
  • 63 Vgl. Neussel H. Der Betrieb einer Frauenmilchsammelstelle (Im Vergleich zur Hilfe durch eine Nährmutter oder Amme.). Düsseldorf 1964 (Diss.): 5, 8 u. 45. Und Telefongespräch mit Manfred Kaether, ehemaliger Oberarzt in der Hamburger Frauenklinik Finkenau, dann Chefarzt der Gynäkologie am Waldbröler Kreiskrankenhaus, am 17.11.2014
  • 64 Friedrich Eckardt berichtete 1979, es habe in der BRD nach Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde zu der Zeit keine FMS mehr gegeben. Vgl. Eckardt. 60 Jahre Frauenmilchsammelstellen 1979: 1498. 1976 schloss im Pforzheimer Krankenhaus Siloah eine der letzten größeren Sammelstellen Deutschlands. Die Sammelstelle war im Jahr 1925 gegründet worden. Vgl. Festschrift zum 100. Jubiläum. Siloah Pforzheim 1884–1984. Pforzheim 1984: 57 (Stadtarchiv Pforzheim. Re 71940)
  • 65 Vgl. z. B. den Artikel „Ich bin doch keine Kuh“. Stern. 6.5.1976; 20
  • 66 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 213. Eine Auswahl typischer Werbeaussagen industrieller Babynahrungshersteller für die Laien- und Ärztewerbung findet sich in: Witte A. Ein Vergleich von Werbeaussagen über Säuglingsmilchpräparate, milchfreie Zusatznahrungen und Kohlenhydratzusätze mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Säuglingsernährung. Frankfurt a. Main 1969 (Med. Diss.)
  • 67 3. Arbeitstagung der Leiter und Leiterinnen von Frauenmilchsammelstellen. 18. bis 20. Mai 1962 in Pforzheim, Kinderärztliche Praxis; 30 1962; 10: 465-470 hier: 467
  • 68 Ebenda: 465
  • 69 Feldweg I. Initiative einer Ärztin. Seit fünfzig Jahren Frauenmilchsammelstellen. Deutsches Ärzteblatt 66 1969; 40: 2755
  • 70 Pomp H. Sind Frauenmilchsammelstellen noch notwendig?. Zentralblatt für Gynäkologie; 92; 1970; 51: 1702 Hans-Ulrich Sauerbrei, ehemaliger Leiter der FMS der Städtischen Kinderklinik in Essen (1953–1959), erinnert sich daran, dass das Kostenargument in den 1960er Jahren bei Diskussionen um die Zukunft der FMS eine zentrale Rolle gespielt habe. Telefongespräch, 11.2.2016
  • 71 Vgl. Pomp. Frauenmilchsammelstellen 1970 1702
  • 72 Vgl. z. B.: Sager C-A. Die natürliche Ernährung. Opitz H., Schmid F (Hrsg). Handbuch der Kinderheilkunde. Stoffwechsel. Ernährung. Verdauung. Berlin, Heidelberg, New York 1965: 534–535, hier: 521–549. Droese W, Stolley H. Ernährung des Säuglings. Keller W, Wiskott A (Hrsg). Lehrbuch der Kinderheilkunde. 3. Aufl. Stuttgart 1969: 218–248. Joppich G. Die Ernährung. Joppich G (Hrsg). Lehrbuch der Kinderheilkunde. 22., völlig neubearbeitete Aufl. Stuttgart 1971: 18–29, hier: 18, 20
  • 73 Droese Stolley: Ernährung des Säuglings. 1969; 218
  • 74 Joppich: Ernährung 1971 25
  • 75 Gspräch mit Horst Pomp, ehemaliger Oberarzt in der Hamburger Frauenklinik Finkenau, dann Chefarzt der Gynäkologie im Bethesda-Krankenhaus in Essen, am 3.11.2014 in Essen
  • 76 Telefongespräch mit Lieselotte Biß, ehemalige Krankenschwester und Hebamme in der Hamburger Frauenklinik Finkenau, am 3.12.2014; Telefongespräch mit Manfred Kaether, 17.11.2014; Gespräch mit Horst Pomp, 3.11.2014 in Essen; Telefongespräch mit Rolf Schüler, ehem. Arzt in der Hamburger Frauenklink Finkenau, am 3.12.2014
  • 77 1978 berichtete beispielsweise die Rückstandskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erstmalig über Schadstoffkonzentrationen in Muttermilch
  • 78 Vgl. Simon C. Ernährung und Ernährungsstörungen. Simon C. (Hrsg) Klinische Pädiatrie. Ein Lehrbuch der Kinderheilkunde. Stuttgart, New York: 1973: 17-50 hier: 19
  • 79 Z. B.: Gespräch mit Horst Pomp, 3.11.2014 in Essen; Telefongespräch mit Rolf Schüler, 3.12.2014. Und: Vgl. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 142
  • 80 Z.B.: Gespräch mit Horst Pomp, 3.11.2014 in Essen und Telefongespräch mit Rolf Schüler, 3.12.2014.
  • 81 Vgl. Fong IW. Medico-Legal Issues in Infectious Diseases: Guide For Physicians. New York, Dordrecht, Heidelberg, London: 2011: 3
  • 82 Vgl. Tully MR, Jones F. Donor Milk Banking. Riordan Jan, Wambach Karen. (Hrsg) Breastfeeding and Human Lactation. 4. Aufl Boston u. a.: 2010: 471-494 hier: 474 Die öffentliche Diskussion zum Thema HIV/AIDS begann Anfang der 1980er Jahre in den USA. Vgl.: Tümmers H. AIDS und die Mauer. Deutsch-deutsche Reaktionen auf eine komplexe Bedrohung. Thießen M (Hrsg). Infiziertes Europe. Seuchen im langen 20. Jahrhundert. München 2014: 157–185, hier: 161
  • 83 Vgl. Nestlé tötet Babys. Ursachen und Folgen der Verbreitung künstlicher Säuglingsnahrung in der Dritten Welt. War on Want Schweizerische Arbeitsgruppen für Entwicklungspolitik – Arbeitsgruppe Dritte Welt (Hrsg). Bern 1974
  • 84 Exportinteressen gegen Muttermilch. Der tödliche Fortschritt durch Babynahrung. Eine Dokumentation der Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern. Reinbek bei Hamburg 1976; 10 Ein kurzer Überblick über den „Nestlé-Prozess“ findet sich in: Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 214
  • 85 Vgl. Rubin D. Stillen in Deutschland. Vorteile, Stillraten und erfolgversprechende Ansätze der Stillförderung. Ernährung im Fokus 2008; 13: 200-205 hier: 203
  • 86 Grüttner R. Ernährung des Neugeborenen, Säuglings und Kleinkindes. Lehrbuch der Kinderheilkunde. Joppich G, Schulte FJ. (Hrsg) 24., völlig neubearbeitete Aufl Stuttgart: 1980: 22-34 hier: 25
  • 87 Vgl. Henker J, Schmidt B. Zur Geschichte der Frauenmilchsammelstelle der Klinik für Kinderheilkunde der Medizinischen Akademie Dresden. in Kinderärztliche Praxis; 57 1989; 11: 559-564 hier 560
  • 88 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 214. Mallik S. Die Entwicklung der Säuglingssterblichkeit im Fokus gesellschaftlicher Bedingungen. Ein Ost-West-Vergleich. Berlin 2007. Wauer R, Schmalisch G. Die Entwicklung der Kinder-, Säuglings- und Neugeborenensterblichkeit in Deutschland seit Gründung der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (Hrsg). 125 Jahre Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. Berlin 2008: 133–143. Gries. Kindesmisshandlung 2002: 242–243
  • 89 Befehl Nr. 179, 1946. Zit. n. Schmidt Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland. 1983; 115-116
  • 90 1959 wurde die Entschädigung der Milchspenderinnen auf 11 Deutsche Mark pro Liter Milch angehoben und blieb bis 1989 auf diesem Niveau. Anordnung Nr. 3 über Frauenmilchsammelstellen. 19.10.1959. Gesetzesblatt der DDR. Teil I. Nr. 62. Ausgabetag 12.11.1959: 815. Vgl. auch Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 115
  • 91 Anordnung über Frauenmilchsammelstellen. 24.7.1951. Gesetzblatt der DDR Nr. 89. Ausgabetag 26.7.1951: 704
  • 92 Durchführungsanweisung zur Anordnung über Frauenmilchsammelstellen. 24.3.1952. Gesetzblatt der DDR Nr. 47. Ausgabetag 22.4.1952: 303-305
  • 93 Toussaint. Frauenmilch 2002: 63
  • 94 Vgl. Feldweg Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen 1961: 665 (Tabelle 3). Springer; Frauenmilchsammlung 1998: 84
  • 95 Hempel H-C, Köhler O. Säuglingsfibel. Leipzig: 1977: 134
  • 96 Vgl. Gries Kindesmisshandlung 2002; 241-246 Vgl. auch Mallik S: Die Entwicklung der Säuglingssterblichkeit im Fokus gesellschaftlicher Bedingungen. Ein Ost-West Vergleich. Berlin 2007. Mallik weist darauf hin, dass das Niveau der Säuglingssterblichkeit in der DDR aufgrund umfassender Vorsorgeleistungen zwischen den 1960er und 80er Jahren unter dem der BRD gelegen habe. Mit der Einführung der perinatalen Intensivmedizin habe die wirtschaftlich leistungsfährigere BRD dann jedoch die DDR überholt
  • 97 Vgl. Springer Frauenmilchsammlung 1998: 85 und Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983; 142
  • 98 Vgl. Toussaint. Frauenmilch 2002: 61. Henker, Schmidt. Geschichte 1989: 561–562. Vgl. Schmidt. Frauenmilch-Sammelstellen in Deutschland 1983: 142. Der Staat versuchte mit sozialpolitischen Maßnahmen (z. B. Verlängerung des Schwangerschafts- und Wochenurlaubs) der aus Erwerbstätigkeit und Mutterschaft resultierenden Überforderung von Frauen entgegenzuwirken
  • 99 Toussaint stellt fest, dass ab 1981 zunehmend Aufsätze über Frauenmilch in der „Kinderärztliche(n) Praxis“ erschienen, in denen die Vorteile der Frauenmilch für die Ernährung Früh- und Neugeborener nicht mehr angezweifelt wurden. Man diskutierte besonders die Verwendung unbehandelter Milch für untergewichtige Neugeborene. Vgl. Toussaint. Frauenmilch 2002: 65–66. Vgl. auch Plenert W, Lehnert U. Säuglingsernährung. Leipzig 1977: 69
  • 100 Vgl. Vögele. Säuglingsfürsorge 2012: 214
  • 101 Vgl. Toussaint. Frauenmilch 2002: 55
  • 102 Vgl. ebenda: 65. Die Studie wurde zwischen 1975 und 1978 durchgeführt; die Ergebnisse wurden 1981 veröffentlicht. Die Autoren der Studie rieten trotz der nachgewiesenen Kontamination von Frauenmilch nicht vom Stillen ab, da die Vorteile der Ernährung mit Muttermilch größer seien als die Nachteile. S. Hesse V. et al. Untersuchungen zur Kontamination von Frauenmilch, Kuhmilch und Butter in der DDR mit chlorierten Kohlenwasserstoffen. Kinderärztliche Praxis; 49; 1981: 292–309
  • 103 Vgl. Tümmers H. AIDS und die Mauer. 2014; 183
  • 104 Vgl. Pflugbeil S. Tschernobyl und die DDR: Fakten und Verschleierungen – Auswirkungen bis heute? Friedrich-Ebert-Stiftung Landesbüro Sachsen-Anhalt, (Hrsg). Magdeburg 2003; 24-27
  • 105 Boehm G, Beyreiss K. Die Ernährung untergewichtiger Neugeborener mit nativer Frauenmilch. Kinderärztliche Praxis 52 1984; 3: 115-125 hier: 125
  • 106 Siehe z. B. die Angaben der Frauenmilchbank in Dresden: Henker, Schmidt. Geschichte 1989: 562 (Abb. 3)
  • 107 Vgl. Springer. Frauenmilchsammlung 1998: 84
  • 108 Vgl. Springer S. Human Milk Banking in Germany. Journal of Human Lactation 13 1997; 1: 65-68 hier: 65
  • 109 http://www.babyfreundlich.org/fileadmin/user_upload/download/Krankenhaeuser/KH-BF-mit_AZ_2016-04-26.pdf (Zugriff: 2.5.2016)
  • 110 Newsletter der Stiftung Kindergesundheit, Januar 2015: www.kindergesundheit.de/newsletter-01-2015.html
  • 111 Vgl. Arslanoglu S. et al. Donor human milk for preterm infants: current evidence and research directions. Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition 57 2013; 4: 535-542
  • 112 Die Angaben stammen aus Gillian Weavers Vortrag „The Art of Screening Milk Bank Donors“, den sie am 8.10.2015 auf dem 3rd International Congress of the European Milk Bank Association (EMBA) in Lyon gehalten hat
  • 113 Die Angaben über die Frauenmilchbanken in Europa stammen von EMBA: http://www.europeanmilkbanking.com/ (Zugriff: 2.5.2016). Siehe auch die Homepage der International Milk Banking Initiative (IMBA, www.internationalmilkbanking.org einer 2005 von der Human Milk Banking Association of North America (HMBANA) und der United Kingdom Association of Milk Banks (UKAMB) gegründeten Initiative, die sich eine engere Vernetzung von Frauenmilchbanken weltweit zum Ziel gesetzt hat
  • 114 In Kanada gibt es insgesamt 4 Frauenmilchbanken, die sich in Calgary, Montreal, Toronto und Vancouver befinden, siehe: https://www.hmbana.org/locations und https://www.hema-quebec.qc.ca/lait-maternel/index.en.html (jeweils Zugriff 15.2.2016). EMBA hat in Finnland 17 Frauenmilchbanken registriert, in Portugal 1 in Lissabon und 12 in Norwegen (siehe auch: Grøvslien A, Grønn M. Donor Milk Banking and Breastfeeding in Norway. Journal of Human Lactation 2009; 25: 206–210). In Spanien gibt es 8 Milchbanken in Barcelona, Granada, Madrid, Merida, Palma de Mallorca, Valencia, Valladolid und Zaragoza, siehe: EMBA und http://www.saludcastillayleon.es/ciudadanos/es/lactanciamaterna/banco-leche-materna-castilla-leon (jeweils Zugriff 15.2.2016)
  • 115 Vgl. Omarsdottir S. Maternal milk feedings and cytomegalovirus infection in preterm infants in Sweden. Stockholm: 2015: 50
  • 116 http://www.europeanmilkbanking.com/ (Zugriff: 29.6.2016)
  • 117 Ein weltweiter Überblick über die unterschiedlichen Modelle von Milchbanken findet sich in: PATH. Strengthening Human Milk Banking: A Global Implementation Framework. Version 1.1. Seattle, Washington, USA: 2013: 35-56
  • 118 Zu den Sammelergebnissen von 1943 und 1959 vgl. Feldweg. Entwicklung der deutschen Frauenmilchsammelstellen 1961: 663, 665 (Tabelle 3). Zum Sammelergebnis von 1989 vgl. Springer. Human Milk Banking 1997: 65. Am 1. Februar 2016 schrieb Corinna Gebauer, Leiterin der Frauenmilchsammelstelle in Leipzig, der Autorin, dass im Jahr 2014 10 von 14 FMS insgesamt 2529,47 Liter Spenderinnenmilch gesammelt hatten. Die anderen machten keine Angaben
  • 119 www.muttermilch-boerse.de Ähnliche Internetbörsen gibt es in den USA und Großbritannien
  • 120 Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. reagierte umgehend auf die Gründung der internetbasierten „Milchbörse“ und veröffentlichte am 1.2.2014 die Stellungnahme „Ernährungskommission warnt vor der Verwendung unzureichend geprüfter Muttermilch von Spenderinnen“, siehe: http://www.dgkj.de/wissenschaft/stellungnahmen/meldung/meldungsdetail/ernaehrungskommission_der_deutschen_gesellschaft_fuer_kinder_und_jugendmedizin_warnt_vor_der_verwen/ (Zugriff: 15.2.2016). Die Nationale Stillkommission veröffentlichte am 18.2.2014 eine Stellungnahme „Gesundheitliche Risiken des privaten Austauschs von Muttermilch“, siehe: http://www.bfr.bund.de/cm/343/gesundheitliche-risiken-des-privaten-austauschs-von-muttermilch.pdf (Zugriff: 15.2.2016)

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Abb. 1 Stillpropaganda aus dem Jahr 1918. Langstein L, Rott F. Atlas der Hygiene des Säuglings und des Kleinkindes für Unterrichts- und Belehrungszwecke. Berlin 1918 (1922, 1926, repro. Lübeck 1989): Tafel 62.
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Abb. 2 Die Arbeitskleidung der Ammen im Dresdner Säuglingsheim. Schloßmann, A. Ueber die Fürsorge für kranke Säuglinge. Archiv für Kinderheilkunde. 43; 1906: Tafel VIII.
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Abb. 3 NS-Plakat zur Säuglingssterblichkeit, 1937. Ewiges Deutschland, Monatsschrift für den deutschen Volksgenossen, Juni 1937, S. 23.