Gastroenterologie up2date 2016; 12(04): 289-301
DOI: 10.1055/s-0042-117562
Spezielle Themen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rolle des Mikrobioms und die gastrointestinale Barrierefunktion – klinische Implikationen

Jan Wehkamp
,
Julia-Stefanie Frick
,
Eduard F. Stange
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Publication Date:
22 December 2016 (online)

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Kernaussagen

Barriere

  • Die gastrointestinale Barriere ist entsprechend ihrer Lokalisation im Gastrointestinaltrakt und der dort jeweils erforderlichen Funktion unterschiedlich aufgebaut. Sie setzt sich aus der Mukusschicht mit inhärenter antibakterieller Aktivität (Defensine, Cathelicidin u. a.), dem Epithel und schließlich den intra- und auch subepithelialen Immunzellen zusammen.

Mikrobiom

  • Alle äußeren und viele innere Körperoberflächen sind physiologisch mit kommensalen Bakterien besiedelt. Neuen Berechnungen zufolge beträgt das Verhältnis mikrobieller Zellen zu humanen Zellen 1 : 1.

  • Das menschliche fäkale Mikrobiom lässt sich in 3 Enterotypen einteilen, die das jeweilige Individuum charakterisieren. Es findet sich bei Enterotyp 1 eine relative Häufung von Bacteroides, bei Enterotyp 2 von Prevotella bzw. bei Enterotyp 3 von Akkermansia / Ruminococcus in der fäkalen Flora. Dies war von Herkunftsland oder -kontinent, Geschlecht, Alter oder auch Body Mass Index unabhängig.

Mikrobiom und Barriere

  • Die Defensin-Ausstattung der einzelnen gastrointestinalen Abschnitte ist ähnlich, unterscheidet sich aber in ihren Regulationsmechanismen und Funktionen. Im Ösophagus stimuliert Candida die induzierbaren Defensine massiv. Helicobacter pylori ist relativ resistent gegenüber HBD-1 und Elafin sowie das cag-abhängig induzierte HBD-2. Gegen Helicobacter wirksam ist vor allem HBD-3, es wird aber durch den Keim nicht aktiviert.

  • Ein gemeinsamer Nenner und vermutlich Wirkmechanismus der meisten Probiotika ist die Induktion von Defensinen.

  • Das Profil antibakterieller Peptide in der Mukosa hat einen massiven Einfluss auf das intestinale Mikrobiom.

Mikrobiom, Barriere und CED

  • Das intestinale Mikrobiom bei den beiden chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unterscheidet sich grundsätzlich untereinander und auch vom Mikrobiom von Gesunden.

  • Pathogenetisch spielt bei Morbus Crohn wohl ein lokaler Defekt der mukosalen antibakteriellen Peptide die Hauptrolle, bei Colitis ulcerosa dagegen eher eine Störung der Schleimschicht. Bei beiden liegt aber eine Immunreaktion mit der kommensalen Flora vor, die durch die Barrierestörung adhäsiv und invasiv werden kann.