Schlüsselwörter
pneumologische Rehabilitation - COPD - SGRQ - CAT - HADS - Exazerbation
Key words
pulmonary rehabilitation - COPD - SGRQ - CAT - HADS - exacerbation
Einleitung
Die COPD stellt eine der großen Volkskrankheiten dar und wird unter sozioökonomischen Gesichtspunkten in der Zukunft eine noch viel größere Rolle spielen [1]. Die jährlichen Therapiekosten der COPD sind enorm [2]
[3] und die Gesamtzahl der akutstationären Aufenthalte aufgrund einer COPD nehmen jährlich zu [4]. Nach erfolgter akut exazerbierter COPD (AECOPD) ist mit einer über 30 prozentigen Rezidivquote innerhalb der ersten drei Monate oder einer erneuten Hospitalisierung zu rechnen [5]
[6]. Exazerbationen sind durch eine Verstärkung der Dyspnoe gekennzeichnet und mit einer eingeschränkten Lebensqualität sowie einer reduzierten Leistungsfähigkeit verknüpft [7]
[8]. Deshalb wird die Reduktion der Exazerbationsfrequenz und die dadurch bedingte kostenintensive Nutzung von Versorgungstrukturen als wichtiges Ziel in der Behandlung der COPD angesehen [9]
[10].
Die Empfehlungen der Fachgesellschaften American Thoracic Society (ATS) und European Respiratory Society (ERS) von 2013 bezüglich des Stellenwerts der pneumologischen Rehabilitation (PR) bei stabiler COPD und nach AECOPD sind eindeutig positiv formuliert [11]. Unter anderem konnte ein Cochrane-Review zeigen, dass durch eine pneumologische Rehabilitationsmaßnahme bei COPD-Patienten, insbesondere nach Exazerbationen, die Zahl der Rehospitalisierungen reduziert werden konnte [12]
[13]
[14]
[15]. Neuere Studien, welche keine Wirksamkeit einer PR auf die Exazerbationsfrequenz gezeigt haben [16]
[17]
[18], waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht publiziert. Somit sind weitere Studien gefordert, um den Stellenwert der PR bezüglich des Impacts auf die Anzahl der Exazerbationen zu definieren.
Seit 2013 befindet sich an einer Akutklinik in Leverkusen ein ambulantes PR-Zentrum, in dem im Wesentlichen Patienten der eigenen, aber auch anderer Kliniken nach AECOPD einer Rehabilitation zugeführt werden. Die Wirksamkeit dieses PR-Programms auf die Leistungsfähigkeit und Befindlichkeit bei COPD-Patienten konnte bereits in einer Longitudinalstudie dargestellt werden [19].
Wir stellten die Hypothese auf, dass durch dieses Programm der klinische Verlauf der COPD-Patienten, insbesondere die Exazerbationsfrequenz nach AECOPD, positiv beeinflusst werden kann. Das Ziel dieser Studie war es demnach nachzuweisen, ob im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ein ambulantes PR-Programm bei COPD-Patienten in der Lage war, die Exazerbationsfrequenz nach einer AECOPD mit akut-stationärem Aufenthalt zu senken.
Patienten und Methoden
Setting und Studiendesign
Es wurden alle Patienten in die Studie eingeschlossen, die eine stationäre Behandlung wegen einer AECOPD hatten. Die Patienten bei denen eine ambulante PR durchgeführt wurde, bildeten die Interventionsgruppe (PR-Gruppe). Die Patienten, die rehabilitationsfähig waren, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht an einer PR teilnahmen (u. a. keine Genehmigung seitens des Kostenträgers, kein Interesse an einer PR), bildeten die Kontrollgruppe (KG), die retrospektiv mit der Interventionsgruppe verglichen wurde.
Einschlusskriterien waren: Alter > 18 Jahre, Grunderkrankung: COPD (unterschiedlichen Schweregrades nach GOLD) [20], Z. n. akuter hospitalisationspflichtiger AECOPD, gegebene Rehabilitationsfähigkeit und Möglichkeit der Nachuntersuchung im Rehabiltationszentrum.
Ausgeschlossen wurden Patienten, die an akuten Erkrankung litten, die die Teilnahme an einem ambulanten Rehabilitationsprogramm nicht ermöglichten sowie Erkrankungen, die ein Überleben in den nächsten 12 Monaten als dringend unwahrscheinlich definierten. Weitere Ausschlusskriterien waren Schwangerschaft und/oder Stillzeit, Drogen- und Alkoholabusus sowie jede medizinische, psychologische oder sonstige Bedingung, welche die Aufklärungs- und Einwilligungsfähigkeit des Patienten zur freiwilligen Teilnahme an dieser Prüfung nicht ermöglichten.
Die Studienabfolge und der Patientenfluss sind in [Abb. 1] dargestellt. Die Studienteilnehmer wurden zu folgenden Zeitpunkten untersucht:
Abb. 1 Studienabfolge und Patientenfluss. n = Anzahl; PR = pneumologische Rehabilitation; KG = Kontrollgruppe; AECOPD = akute Exacerbationen der COPD; CAT = COPD Assessment Test; HADS = Hospital Anxiety and Depression Scale; SGRQ = St. George Respiratory Questionaire; mMRC = modified British Medical Research Council; 6-MGT = 6-Minuten-Gehtest.
T1: Studieneinschluss (PR-Gruppe und KG-Gruppe).
T2: Ende der Rehabilitation (nur PR-Gruppe).
T3: ein Jahr nach der Rehabilitation bzw. nach erster AECOPD (PR-Gruppe und KG-Gruppe).
Eine schriftliche Einverständniserklärung wurde von jedem Patienten eingeholt. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Universität Witten-Herdecke geprüft und freigegeben (Nr. 104/2014). Eine Registrierung im Deutschen Register für Klinische Studien (DRKS Nr. 00 006 847) erfolgte kurz nach Studienbeginn.
Studienendpunkte
Der primäre Endpunkt war der Vergleich der Gesamtzahl an erneuter AECOPD zwischen der PR- und der KG-Gruppe (Intergruppenvergleich) ein Jahr nach Studieneinschluss (T3).
Die sekundären Endpunkte waren der Vergleich innerhalb der PR-Gruppe hinsichtlich der Exazerbationsfrequenz, die Symptomscores, der Leistungsfähigkeit, Lungenfunktion und der Lebensqualität zu den Zeitpunkten T1 (Beginn der Studie), T2 (Ende der PR) und T3 (Intragruppenvergleich). Ein Intergruppenvergleich hinsichtlich der Symptomscores und der Lebensqualitätsdaten erfolgte zum Zeitpunkt T3.
Messungen
Exazerbationen
Bei allen Studienteilnehmern wurden vollständige Informationen über die Exazerbationsraten mittels Befragung erfasst, sowohl retrospektiv bezüglich des Jahres vor Studieneinschluss, als auch prospektiv im Jahr danach. Eine Exazerbation wurde definiert als die Erhöhung oder dem neuen Auftreten von mehr als einem Symptom der COPD (Husten, Auswurf, Atemnot, Dyspnoe oder Brustenge). Mindestens eines der Symptome musste 3 Tage oder mehr andauern sowie eine Behandlung mit systemischen Glukokortikoiden oder/und Antibiotikagaben zur Folge haben [21]. Es wurden sowohl ambulant, als auch stationär behandelte Exazerbationen gewertet.
Lungenfunktion, atemmuskuläre Funktionsdiagnostik, Untersuchungen zur Leistungsfähigkeit
Spirometrie, Bodyplethysmografie (PowerCube, Fa. Ganshorn ™, Germany) und Atemmuskelfunktion wurden nach den Guidelines der ATS [22]
[23] unter der Nutzung der Referenzwerte der ERS [24] durchgeführt. Der standardisierte 6-Minuten-Gehtest (6-MGT) erfolgte nach den Richtlinien für den 6-MGT der ATS [25]
[26] zu den Zeitpunkten T1, T2 und T3 bei der PR-Gruppe. Bei der KG-Gruppe wurde zu T1 eine Spirometrie und Bodyplethysmografie angefertigt.
Lebensqualität und Symptomatik
Die allgemeine Lebensqualität wurde mit der deutschsprachigen Version des St. George Respiratory Questionnaire (SGRQ) [27] beurteilt. Es wurden die Dimensionen Symptome, Aktivität und dessen Auswirkungen gemessen. Die Punktzahl reichte von 0 – 100, wobei höhere Werte mehr Einschränkungen bedeuteten. Mittels des modified Medical Research Dyspnoea Council-Fragebogen (mMRC) wurde das subjektive Urteil über den Grad der Atemnot bei körperlicher Aktivität erfasst [28]. Grad 0 bedeutete Dyspnoe nur bei schwerer körperlicher Anstrengung und Grad IV Dyspnoe bereits beim An- und Ausziehen. Der COPD Assessment Test (CAT) wurde genutzt, um die Auswirkungen der COPD auf das Wohlbefinden und das tägliche Leben zu beschreiben [29]. Der maximale Gesamtscore des CAT lag bei 40 Punkten. Eine Punktzahl von 0 war das bestmögliche Ergebnis [30]. Die Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) diente der Erfassung von Angst und Depression aufgrund von körperlichen Erkrankungen oder (möglicherweise psychogenen) Körperbeschwerden [31]. Eine Punktzahl bis 7 Punkte entsprach einem unauffälligen, eine Punktzahl von 8 – 10 Punkte einem grenzwertigen und ab einer Punktzahl von 11 Punkten einem auffälligen Ergebnis.
Intervention
Die PR startete in einem zeitlichen Zusammenhang von maximal 14 Tagen zur Entlassung aus dem akut-stationären Bereich. Verlängerungen der Maßnahme wurden nach Entscheidung durch das Behandlungsteam und Zustimmung durch den Patienten beim Kostenträger beantragt und durchweg genehmigt. Die Rehabilitationsmaßnahme wurde individuell auf die Bedürfnisse der Patienten ausgerichtet, hatte aber auch feste Inhalte, die alle Patienten erhalten haben. Interventionen, die jeder Patient erhielt, umfassten: Eingangsdiagnostik, Ausdauertraining auf dem Laufband oder Fahrradergometer, multimodulares Krafttraining, inspiratorisches Atemmuskeltraining (mittels ThresholdTM), psychologische Betreuung, Ernährungsberatung, COBRA-Schulungsprogramm (chronisch obstruktive Bronchitis mit und ohne Lungenemphysem – ambulante Schulung für COPD-Patienten), Atemphysiotherapie, Koordinationstraining und Ergotherapie sowie Optimierung der medikamentösen Therapie. Inhalte, die individuell bei Bedarf hinzukamen, waren: sozialmedizinische Beratung, Nikotinentwöhnungsprogramm, konsiliarische Mitbetreuung (z. B. im Bereich Orthopädie oder Kardiologie), Inhalationen, Elektrotherapie, Wärmetherapie, Hilfsmittelberatung und -training.
Statistische Analyse
Bei der Beschreibung des Patientenguts wurden, wenn nicht anders beschrieben, die Ergebnisse als Mittelwert mit Standardabweichung (±SD) angegeben. Es wurden entsprechende Mediandifferenzen und 95 % Hodges-Lehmann Konfidenzintervalle geschätzt. Für eine vergleichende Analyse über die Zeit wurden der Friedmann-Test (F-Test) über alle drei Messzeitpunkte und der Wilcoxon-Rangsummen-Test (W-Test) für die Einzelvergleiche angewendet. Bei vergleichender Auswertung der beiden Gruppen wurde der Mann-Whitney-U-Test (U-Test) bei den stetigen und der Chi^2-Test bei den Daten mit Häufigkeiten benutzt. Zur Untermauerung der statistischen Aussagekraft der Signifikanztests wurde Cohens d als Effektmaß des Gruppenunterschieds berechnet, wobei d zwischen 0,2 und 0,5 einen kleinen Effekt, zwischen 0,5 und 0,8 einen mittleren und ein d größer als 0,8 einen starken Effekt aufzeigt. Alle Tests wurden zweiseitig durchgeführt, wobei ein Signifikanzniveau Alpha = 5 % für den U-Test angenommen wurde. Im Falle des multiplen Testens mittels F-Test mit anschließendem W-Test wurde gemäß Bonferroni-Methode das Alpha-Niveau für den W-Test auf Alpha = 2,5 % adjustiert. Die Auswertung der Daten erfolgte unter Zuhilfenahme des Statistikprogramms SPSS 23 (SPSS, Inc., USA).
Ergebnisse
In dem Zeitraum von Oktober 2013 bis April 2015 wurden im St. Remigius Krankenhaus Leverkusen 315 Patienten mit einer AECOPD behandelt. Bei 52 Patienten konnte im Anschluss eine PR begonnen und auch regulär abgeschlossen werden. Die minimale Behandlungsdauer im Rahmen der PR lag bei 15 Tagen und die durchschnittliche Behandlungsdauer bei 19 Tagen. Unterbrechungen von bis zu 5 Behandlungstagen waren möglich, kamen jedoch nur 2-mal vor. Die KG-Gruppe bestand aus 64 Patienten. Bis Januar 2016 konnten 30 Teilnehmer ein Jahr nach absolvierter PR und 32 Patienten aus der KG-Gruppe nachuntersucht werden ([Abb. 1]).
Beide Gruppen zeigten zu Studienbeginn keine signifikanten Unterschiede bezüglich Geschlechterverteilung, Alter, Lungenfunktionsparameter, COPD-Grad, Exazerbationsfrequenz vor Studienbeginn, Raucherstatus bzw. Packungsjahre und Komorbiditäten auf ([Tab. 1]).
Tab. 1
Patientencharakteristik bei Studieneinschluss.
|
PR-Gruppe n = 30
|
KG-Gruppe n = 32
|
Median-Differenz
|
95 % KI
|
Cohens d
|
p-Wert
|
BMI (kgKG/m²)
|
28 ± 6
|
28 ± 6
|
0,5
|
[–2,9;3,6]
|
0,01
|
0,725
|
durchschnittliches Alter (Jahre)
|
63 ± 10
|
67 ± 9
|
–4
|
[–9;2]
|
0,42
|
0,223
|
FEV1 % predicted (%)
|
44 ± 18
|
41 ± 20
|
4
|
[–6; 14]
|
0,18
|
0,481
|
Tiffeneau-Index (%)
|
51 + 14
|
55 + 18
|
5
|
[–6;14]
|
0,25
|
0,324
|
Packungsjahre (durchschnittliche Anzahl)
|
47 ± 43
|
31 ± 14
|
10
|
[–5;20]
|
0,52
|
0,149
|
Geschlecht (Anzahl m/w)
|
25/5
|
28/4
|
|
|
|
0,642
|
COPD nach GOLD (Anzahl I/II/III/IV)
|
3/8/7/11
|
3/7/11/11
|
|
|
|
0,847
|
Raucher/Exraucher (Anzahl)
|
10/12
|
8/24
|
|
|
|
0,33
|
Arterielle Hypertonie (Anzahl)
|
23
|
20
|
|
|
|
0,227
|
Adipositas (BMI> 30)
|
12
|
10
|
|
|
|
0,472
|
Schlafapnoe-Syndrom (Anzahl)
|
8
|
8
|
|
|
|
0,881
|
KHK (Anzahl)
|
7
|
5
|
|
|
|
0,443
|
psychische Erkrankung (Anzahl)
|
7
|
3
|
|
|
|
0,135
|
Diabetes mellitus (Anzahl)
|
4
|
8
|
|
|
|
0,245
|
Niereninsuffizienz (Anzahl)
|
3
|
3
|
|
|
|
0,934
|
pAVK (Anzahl)
|
1
|
3
|
|
|
|
0,333
|
Herzrhythmusstörungen (Anzahl)
|
2
|
1
|
|
|
|
0,516
|
Herzinsuffizienz (Anzahl)
|
0
|
2
|
|
|
|
0,164
|
PR = pneumologische Rehabilitation; KG = Kontrollgruppe, n = Anzahl; LTOT = Sauerstofflangzeittherapie; BMI = Body-Mass-Index; FEV1 (%pred) = forciertes exspiratorisches Volumen in einer Sekunde vom Soll; PAH = pulmonale Hypertonie; KHK = koronare Herzkrankheit; pAVK = peripher arterielle Verschlusskrankheit; CI = Konfidenzintervall.
Im Jahr vor der Studie stellte sich retrospektiv zwischen beiden Gruppen bezüglich der AECOPD-Frequenz kein signifikanter Unterschied dar. Im Nachbeobachtungszeitraum fand sich prospektiv zwischen beiden Gruppen ein signifikanter Unterschied zugunsten der PR-Gruppe. Die Exazerbationsrate nach der PR konnte um 54 % gesenkt werden, die der Kontrollgruppe blieb in etwa gleich ([Tab. 2]).
Tab. 2
Exazerbationsanzahl PR- und KG-Gruppe im Vergleich ein Jahr vor PR bzw. AECOPD und ein Jahr nach PR bzw. AECOPD.
|
PR vs. KG
|
PR-Gruppe
|
KG-Gruppe
|
Zeitpunkt
|
Median-Differenz
|
95 %-KI
|
p-Wert
|
MW±SD
|
Median-Differenz
|
95 %-KI
|
p-Wert
|
MW±SD
|
Median-Differenz
|
95 %-KI
|
p-Wert
|
T1
|
0
|
[0;1]
|
0,197
|
2,67 ± 1,12
|
–2
|
[–2,5;–1]
|
0,001
|
2,38 ± 1,26
|
0
|
[–0,5;0]
|
0,108
|
T2
|
–2
|
[–2;–1]
|
0,001
|
0,97 ± 1,52
|
2,16 ± 1,25
|
AECOPD = akute Exazerbationen der COPD; PR = pneumologische Rehabilitation; KG = Kontrollgruppe; T1 = ein Jahr vor Rehabilitation; T2 = ein Jahr nach Rehabilitation; KI = Konfidenzintervall.
Der Punktwert in der HADS fiel am Ende des Beobachtungszeitraums in der PR-Gruppe signifikant niedriger aus. Zwischen beiden Gruppen ergab sich im CAT, SGRQ und mMRC keine signifikanten Veränderungen im Vergleich ([Tab. 3]).
Tab. 3
Vergleich PR- und KG-Gruppe bezüglich HADS, SGRQ, mMRC, CAT, Anzahl der sportlich aktiven Patienten ein Jahr nach AECOPD.
|
PR-Gruppe
n = 30
|
KG-Gruppe
n = 32
|
Median-Differenz
|
95 %-KI
|
Cohens d
|
p-Wert
|
Sport
(Anzahl ja/nein)
Zeitpunkt: T1
|
24/6
|
30/2
|
|
|
|
0,107
|
Sport
(Anzahl ja/nein)
Zeitpunkt: T2
|
19/11
|
30/2
|
|
|
|
0,003
|
mMRC (Pt)
|
1,9 ± 1,18
|
2,25 ± 1,34
|
0
|
[–1;0]
|
0,28
|
0,261
|
CAT (Pt)
|
20,37 ± 8,18
|
22,06 ± 9,5
|
–2
|
[–7;3]
|
0,19
|
0,370
|
HADS (Pt)
|
10,33 ± 6,56
|
14,99 ± 9,17
|
–5
|
[–9;0]
|
0,58
|
0,037
|
SGRQ (Punkte)
|
38,97 ± 13,59
|
43,78 ± 18,96
|
–6
|
[–13;3]
|
0,29
|
0,269
|
n = Anzahl; Pt = Punkte; CAT = COPD Assessment Test; HADS = Hospital Anxiety and Depression Scale; SGRQ = St. George Respiratory Questionaire; mMRC = modified British Medical Research Council; PR = pneumologische Rehabilitation; KG = Kontrollgruppe; KI = Konfidenzintervall.
In der longitudinalen Betrachtung der PR-Gruppe zeigte sich im Vergleich über die Zeit eine signifikante Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der COPD-typischen Symptomatik im CAT und mMRC. Der Punktwert im HADS zeigte keine signifikante Veränderungen im Vergleich T1 zu T2 und sank im Beobachtungszeitraum weiter ab (T1 zu T3 – 0,7 Punkte; p = 0,024). Die Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest verbesserte sich im Rahmen der Rehabilitation um durchschnittlich 38 Meter statistisch signifikant. Nach einem Jahr war dieser Unterschied nicht mehr nachweisbar. Die Anzahl der weiterhin nach einem Jahr Sporttreibenden war signifikant erhöht im Vergleich zu Beginn der Reha ([Tab. 3]).
In den Lungenfunktionsmessungen zeigten sich signifikante Unterschiede im Bereich der FEV1 %pred und dem Tiffenau-Index. In der Mundverschlussdruckmessung zeigte sich durchschnittlich eine signifikante Steigerung der maximalen Inspirationskraft von T1 zu T2 bei einer signifikanten Zunahme des Atemwegsokklusionsdrucks ([Tab. 4]).
Tab. 4
Ergebnisse der Rehabilitationsgruppe im longitudinalen Vergleich.
|
|
|
|
T1 vs. T2
|
T2 vs. T3
|
T1 vs. T3
|
|
n = 30
|
T1
|
T2
|
T3
|
Median-Differenz
|
95 %-KI
|
W-Test
T1 / T2
|
Cohens
d
|
Median-Differenz
|
95 %-KI
|
W-Test
T2/ T3
|
Cohens
d
|
Median-Differenz
|
95 %-KI
|
W-Test
T1 / T3
|
Cohens
d
|
F-Test
|
mMRC-Score
(Pt)
|
1,87 ± 1,04
|
1,57 ± 1,04
|
1,9 ± 1,18
|
–0,5
|
[–0,5;0]
|
0,049
|
0,29
|
0
|
[0;0,5]
|
0,058
|
0,30
|
0
|
[–0,5;0,5]
|
0,868
|
0,03
|
0,142
|
CAT-Score
(Pt)
|
22,1 ± 6,00
|
20,07 ± 7,08
|
20,37 ± 8,18
|
–2
|
[–4;–0,5]
|
0,033
|
0,32
|
1
|
[1–;3]
|
0,631
|
0,04
|
–1,5
|
[–3,5;1]
|
0,205
|
0,25
|
0,027
|
HADS
(Pt)
|
12,47 ± 6,20
|
11,15 ± 6,68
|
10,33 ± 6,56
|
–1,5
|
[–3;0]
|
0,058
|
0,20
|
1
|
[–1;3,5]
|
0,252
|
0,12
|
–2
|
[–4; –0,5]
|
0,024
|
0,33
|
0,026
|
6-MGT
(m)
|
510 ± 137
|
550 ± 139
|
483 ± 179
|
45
|
[12,5;70]
|
0,013
|
0,29
|
60
|
[12,5;120]
|
0,012
|
0,42
|
–26,25
|
[–80;25]
|
0,356
|
0,17
|
0,006
|
P 0.1
(kPa)
|
0,44 ± 0,17
|
0,50 ± 0,23
|
0,56 ± 0,35
|
0,058
|
[–0,015;0,16]
|
0,141
|
0,30
|
–0,05
|
[–0,165;0,02]
|
0,153
|
0,22
|
0,13
|
[0,06;0,22]
|
0,001
|
0,46
|
0,019
|
PImax
(kPa)
|
6,36 ± 2,79
|
7,71 ± 4,02
|
6,19 ± 2,95
|
1,11
|
[0,265;2,06]
|
0,016
|
0,39
|
1,205
|
[0,44;2,115]
|
0,005
|
0,43
|
–0,008
|
[–0,93;0,85]
|
0,964
|
0,06
|
0,060
|
FEV1 %
pred (%)
|
49 ± 19
|
47 ± 19
|
44 ± 18
|
–2
|
[–3,5;0,5]
|
0,124
|
0,09
|
2
|
[–1;5]
|
0,229
|
0,14
|
–3,5
|
[–7; –0,5]
|
0,018
|
0,23
|
0,031
|
FEV1/VC
(%)
|
51 ± 14
|
49 ± 15
|
60 ± 20
|
–2,5
|
[-–4,5;–0,5]
|
0,028
|
0,16
|
–11
|
[–15;–7,5]
|
0,001
|
0,66
|
8,5
|
[5,5;12]
|
0,001
|
0,53
|
0,001
|
VC
(%)
|
72 ± 17
|
73 ± 16
|
70 ± 15
|
1,5
|
[–1,5;4]
|
0,245
|
0,08
|
2
|
[–0,5;5]
|
0,091
|
0,06
|
–1,5
|
[–5,5;2,5]
|
0,502
|
0,19
|
0,184
|
RV/TLC
(%)
|
148 ± 29
|
145 ± 32
|
148 ± 31
|
–2
|
[–7;3]
|
0,360
|
0,08
|
–1
|
[–7,5;3,5]
|
0,585
|
0,09
|
0,5
|
[–5;6,5]
|
0,797
|
0,02
|
0,393
|
n = Anzahl; CAT = COPD Assessment Test; HADS = Hospital Anxiety and Depression Scale; mMRC = modified British Medical Research Council; PR = pneumologische Rehabilitation; T1 = vor Rehabilitation T2 = nach Rehabilitation T3 = ein Jahr nach Rehabilitation; FEV1 (%pred) = forciertes expiratorisches Volumen in einer Sekunde vom Soll; VC = Vitalkapazität; RV = Residualvolumen; TLC = totale Lungenkapazität; 6-MGT = 6-Minuten-Gehtest; Pimax = maximaler inspiratorischer Mundverschlussdruck:, p 0,1 = Mundverschlussdruck 0,1 Sekunden nach Inspirationsbeginn; Pt = Punkte; m = Meter; kPa = Kilopascal; CI = Konfidenzintervall; W-Test = Wilcoxon-Test; F-Test = Friedmann-Test.
Diskussion
Mit dieser Studie konnte gezeigt werden, dass durch ein ambulantes Rehabilitationsprogramm im unmittelbaren Anschluss an einen akut-stationären Aufenthalt wegen einer AECOPD die Anzahl der Exazerbationen im Jahr nach der PR signifikant um 54 % gesenkt werden konnte. Die angenommene „minimal clinically important difference“ der Exazerbationssenkung von 11 % wurde deutlich überschritten [30]. Die Studie stützt die vorher aufgestellte Hypothese.
Unsere Daten widersprechen den Studien, die keinen Effekt einer PR auf die Exazerbationszahl zeigten [17]
[18]. In der Studie von Greening kam es beispielsweise bei 233 von 389 Patienten zur erneuten stationären Aufnahme wegen COPD im Folgejahr trotz durchgeführter Rehabilitation. Die Rehabilitationsgruppe hatte im Beobachtungszeitraum sogar eine erhöhte Mortalität im Vergleich zur Kontrollgruppe [17]. Eine Übersterblichkeit in der PR-Gruppe konnte in dieser Studie nicht gefunden werden.
Die Gründe für die unterschiedlichen Ergebnisse dürften am ehesten in der Hetereogenität der Rehaprogramme, im beobachteten Patientenkollektiv und im Zeitpunkt des Beginns des Rehabilitationsprogramms liegen [33]
[34]. Prinzipiell ist die Senkung der Exazerbationsfrequenz einer COPD aus mehreren Gründen relevant. Zum einen ist die Anzahl der AECOPD für die Prognose und den Verlauf der Erkrankung von entscheidender Bedeutung [35]
[36], zum anderen haben AECOPD in der Regel erhebliche Kosten zur Folge [37]. Somit sind diese Daten für alle Akutkliniken und auch die Kostenträger wichtig.
Leistungsfähigkeit und Lungenfunktion
In nahezu allen Studien, die den Effekt einer PR bei COPD-Patienten untersuchten, konnte eine Steigerung der Leistungsfähigkeit gezeigt werden. Grund genug für ein Statement der ERS/ATS, welches postuliert, dass weitere Studien, die randomisiert PR gegen keine PR bei COPD untersuchen, nicht mehr indiziert sind [11]. Auch in dieser Studie konnte dieser Effekt auf die Leistungsfähigkeit durch eine ambulante PR festgestellt werden. Der Leistungszuwachs war nach einem Jahr aber nicht mehr nachweisbar, obwohl ca. 30 % der Teilnehmer angegeben haben, dass sie regelmäßig Sport treiben würden. Ein strukturiertes Erhaltungsprogramm im Anschluss an die PR war in dieser Studie nicht vorgesehen. Die Diskussion über die Dauer von Rehabilitationsprogrammen ist nicht abgeschlossen. Eine Dauer von minimal 8 Wochen mit 2 – 3 Sessions pro Woche wird empfohlen, um substanzielle Effekte bewirken zu können, wenngleich nach 12 Wochen ein Plateaueffekt eintritt [11]. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei aber um ambulante Programme. Das Rehabilitationsprogramm war an dem einer stationären Rehabilitation orientiert [38], welches in Deutschland das bevorzugte Setting ist. Ob durch eine andere Verteilung über einen längeren Zeitraum (z. B. 2 Einheiten pro Woche über 8 Wochen) nachhaltigere Effekte bezüglich der Leistungsfähigkeit nach einem Jahr möglich gewesen wären, bleibt spekulativ und war nicht Zielsetzung dieser Studie. Letztendlich sind die Effekte einer PR ohne strukturierte Erhaltungsprogramme prinzipiell nach 6 – 12 Monaten nur noch reduziert nachweisbar und entsprechen den Erfahrungen aus anderen Studien [11].
Die fehlenden Verbesserungen in den Lungenfunktionsprüfungen sind durchaus im Einklang mit anderen Studienergebnissen zu sehen. Die Veränderungen in der Spirometrie bei COPD-Patienten sind in der Regel irreversibel und durch eine Rehabilitationsmaßnahme nicht beeinflussbar [39].
Symptomatik und Lebensqualität
Sowohl die subjektive Symptomatik als auch die Lebensqualität konnten im Vergleich zwischen der PR-Gruppe und KG-Gruppe nicht signifikant verbessert werden. Diese Ergebnisse sind insofern überraschend, da auch die neueren PR-Studien bei COPD-Patienten eine Verbesserung zeigen [40]
[41]
[42]. Ein Grund könnte darin liegen, dass die Leistungssteigerung bei den PR-Teilnehmern nach einem Jahr nicht mehr nachweisbar war. Es ist bekannt, dass die Befindlichkeit und die Beschwerden bei COPD-Patienten mit einer Verbesserung bzw. auch einer Verschlechterung der Leistungsfähigkeit verknüpft sind. Studien zum Einfluss der PR auf die Müdigkeit bei COPD-Patienten zeigten, dass allgemeine und physische Komponenten der Müdigkeit durch eine Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit und Muskelkraft vorhergesagt werden können [43]
[44].
HADS
Die Daten der HADS zeigen, dass in diesem Kollektiv der Anteil der Teilnehmer mit einer Depression hoch war. Dieses Phänomen ist beschrieben worden und entspricht der aktuellen Datenlage. Gerade Teilnehmer einer PR mit einem hohen HADS scheinen von einer PR zu profitieren, wenngleich mit einer höheren Abbruchquote gerechnet werden muss [45]
[46]. In dieser Studie konnten in der PR-Gruppe alle Teilnehmer die Maßnahme regulär beenden. Zwar sank der HADS im Rahmen der PR um durchschnittlich 1,5 Punkte, der Unterschied war aber nicht signifikant und blieb unter der Minimal Important Difference (MID) von 2,4 Punkten [44]. Auch im Intergruppenvergleich nach einem Jahr blieb der Unterschied unter der klinisch relevanten Grenze. Jedoch war der Vergleich zur KG-Gruppe zu T3 sowohl signifikant als auch klinisch relevant (–4,7, p = 0,037). Hier könnte ein Zusammenhang mit der erhöhten Anzahl der sportlich aktiven Patienten in der PR-Gruppe bestehen. In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass regelmäßiges körperliches Training einen positiven Einfluss auf die Stimmungslage bei Depressionen haben kann [47]
[48]
[49]
[50].
Limitationen
Unsere Studie hat erwähnenswerte Einschränkungen in der Aussagefähigkeit. Zunächst ist das Setting mit den Kontroll-Patienten als Vergleichsgruppe zu erwähnen. Eine Studie mit einem randomisiert kontrollierten Ansatz wäre prinzipiell zu bevorzugen. Da aber die aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften [11] eine PR nach AECOPD empfehlen, wäre eine Randomisierung kritisch zu betrachten und ethisch kaum vertretbar. Wie aber die [Tab. 1] der Patientencharakteristik zu Beginn der Studie zeigt, sind die beobachteten Patientengruppen durchaus vergleichbar. Wenngleich die in der Poweranalyse kalkulierte Anzahl der Studienteilnehmer erreicht wurde, so war die Gruppengröße dennoch relativ gering. Eine weitere Limitation ist die hohe Drop-Out-Quote in den Nachuntersuchungen beider Patientengruppen, die dazu führte, dass nur 45 % der primär eingeschlossenen Teilnehmer nachuntersucht werden konnten. Dies ist jedoch für Nachuntersuchungen eine akzeptable Quote, ein Selektionsbias kann aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Prinzipiell ist natürlich auch denkbar, dass die ärztliche Betreuung während der PR einen Effekt auf den Ausgang hatte. Dennoch muss berücksichtigt werden, dass zwar das körperliche Training während der PR den Eckpfeiler der Therapie darstellt, jedoch für viele Komponenten der PR Effekte nachgewiesen wurden [34].
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Die Ergebnisse dieser fallkontrollierten Studie zeigen, dass im Jahr einer AECOPD durch den Einsatz einer PR die Anzahl erneuter Exazerbationen signifikant gesenkt werden konnte.
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Somit stellt eine PR nach einer AECOPD ein wichtiges Therapiemodul in der Vermeidung weiterer Exazerbationen dar und sollte COPD-Patienten nicht vorenthalten werden.
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Weitere Studien, die den Stellenwert einer PR bei AECOPD untersuchen, sind erforderlich.