Einleitung
Die Mitralendokardiose (myxomatös-degenerative AV-Klappeninsuffizienz) ist die häufigste
Herzkrankheit des
Hundes. Ab dem 13. Lebensjahr sind etwa 85 % aller Hunde davon betroffen und in 75
% aller Fälle von
kongestivem Herzversagen ist die Ursache eine Mitralendokardiose.
Eine hinreichende Verdachtsdiagnose ist aufgrund des charakteristischen Herzgeräuschs
bereits
auskultatorisch, also mit einfachen diagnostischen Mitteln möglich. In der Praxis
führt dies nahezu täglich
zu der Fragestellung, wie mit dem Auskultationsbefund Mitralgeräusch weiter verfahren
werden sollte.
Das weitere Vorgehen konzentriert sich zunächst auf ein korrektes „Staging“, also
eine Zuordnung der
Krankheit in einen Schweregrad. Dieser Artikel stellt die Kriterien für das Staging
vor und vergleicht diese
mit den Einschlusskriterien der Therapiestudien. Aktueller Anlass ist die Publikation
der Ergebnisse der
sog. EPIC-Studie zur Therapie der Mitralendokardiose im asymptomatischen Stadium mit
Kardiomegalie, die
ausführlicher vorgestellt werden soll.
Signalement und klinische Untersuchung
Signalement und klinische Untersuchung
Das Signalement von Patienten, bei denen diese Krankheit am wahrscheinlichsten vorkommt,
lautet wie
folgt:
-
Vertreter der kleinen Rassen, Toy- und Zwergrassen, insbesondere Yorkshire Terrier,
Jack Russell
Terrier, Dackel, Pudel, Chihuahua und weitere.
-
Männliche Tiere sind häufiger betroffen als weibliche.
-
Bei der Erstdiagnose eines Herzgeräuschs sind die Hunde i. d. R. älter als 7 Jahre.
Eine Ausnahme stellt der Cavalier King Charles Spaniel dar, bei dem je nach untersuchter
Population bereits
im Alter von 5 Jahren bei etwa 50 % der Hunde ein Herzgeräusch festgestellt werden
kann. Je jünger die
Patienten bei der Erstdiagnose sind, umso wahrscheinlicher erreichen sie eines Tages
das Stadium des
kongestiven Herzversagens.
Herzgeräusch
Eine Mitralinsuffizienz ist durch ein holosystolisches, bandförmiges oder Decrescendo-Geräusch
charakterisiert. Das Punctum maximum liegt im Bereich der linken Herzspitze. Ein
gleichlautes Geräusch auf der rechten Seite weist auf eine gleichzeitig vorliegende
Trikuspidalinsuffizienz hin. Die Lautstärke kann über alle Grade reichen (von I–VI/VI)
und korreliert
grob mit dem Schweregrad [[7]] (▶
Tab.
[
1
]). Musikalische (quietschende, Möwenschrei-ähnliche) Geräusche deuten
ebenso wie Lautstärkegrade I–II/VI auf eine geringgradige Regurgitation hin. Die Lautstärkegrade
V und VI
wiederum sprechen für eine hochgradige Regurgitation. Eine größere Unsicherheit besteht
dagegen bei den
Lautstärkegraden III und IV, die sowohl im asymptomatischen Stadium mit und ohne Kardiomegalie
wie auch
im symptomatischen Stadium auftreten können.
Tab. 1
Übersicht über die Einteilung der Lautstärkegrade eines Herzgeräuschs.
Lautstärkegrad (I–VI)
|
Beschreibung
|
I
|
das leiseste, gerade noch hörbare Geräusch, meist erst nach einiger Zeit in einem
leisen Raum
hörbar
|
II
|
leise, aber sofort hörbar
|
III
|
mittellaut
|
IV
|
laut
|
V
|
sehr laut mit palpierbarem Brustwandschwirren
|
VI
|
bereits hörbar, ohne das Stethoskop vollständig auf die Brustwand aufzusetzen
|
Lungenödem
Das symptomatische Stadium der Mitralendokardiose ist durch ein Lungenödem gekennzeichnet. Das
früheste und sensitivste (aber nicht spezifische) klinische Symptom dafür ist eine
erhöhte
Ruheatemfrequenz. Durch die Polypnoe wird der erschwerte Gaswechsel durch die angestaute
Ödemflüssigkeit in der kapillär-alveolären Diffusionsstrecke kompensiert. Dieses Symptom
tritt früher auf
als radiologische Veränderungen, die sich dann als interstitielles oder alveoläres
Lungenödem zeigen.
Ab einer Ruheatemfrequenz > 35/min besteht der Verdacht auf ein Lungenödem und der
Besitzer sollte
seinen Hund vorstellen.
Bei einem manifesten, alveolären Lungenödem kann die Atemfrequenz auf Werte bis zu
100/min ansteigen.
Husten
Das Symptom Husten ohne gleichzeitig vorliegende Polypnoe sollte nicht als Anzeichen für
kongestives Herzversagen interpretiert werden. Beim genannten Signalement (kleiner,
alter Hund) besteht
statistisch gesehen Multimorbidität. Hunde im Alter von 10 Jahren leiden durchschnittlich
an 3–4
Krankheiten und häufig ist eine Tracheobronchomalazie oder eine chronische Bronchitis
dabei. Als Hinweis
auf eine Tracheobronchomalazie können durch Freude oder Aufregung triggerbare, fremdkörperartige
Hustenanfälle angesehen werden, bei denen andererseits aber auch längere, beschwerdefreie
Intervalle
bestehen. Die Hunde zeigen dann keine Leistungsschwäche und keine Polypnoe. Eine gleichzeitig
vorliegende
Kardiomegalie kann diese Hustenanfälle begünstigen.
Der Hustentyp, der tatsächlich durch ein Lungenödem ausgelöst wird, ist eher ein spätes
Symptom, das durch die hochgeflimmerte Flüssigkeit zu den Hustenrezeptoren der großen Bronchien
ausgelöst wird. In diesem Fall liegen aber bereits schwere und permanente klinische Symptome durch
ein höhergradiges alveoläres Lungenödem mit entsprechenden radiologischen Veränderungen
vor. Je nach
individueller Progredienz hat sich dies schon Tage zuvor durch eine erhöhte Ruheatemfrequenz
angekündigt. Dies verdeutlicht die Bedeutung der Messung der häuslichen Ruheatemfrequenz
bei bekannter
asyptomatischer Mitralendokardiose als Frühzeichen des Übergangs ins kongestive Herzversagen.
Weitere Symptome
Andere Symptome wie Leistungsschwäche, Hecheln, Müdigkeit, Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust
sind
nicht spezifisch für eine Herzkrankheit und können mit gleicher Wahrscheinlichkeit
orthopädische,
endokrinologische oder gastrointestinale Ursachen haben. In den Guidelines von 2009
[[1]] wird aus diesem Grund in allen Fällen, in denen die klinischen Symptome
nicht eindeutig einem kongestiven Herzversagen mit dem radiologischen Befund eines
Lungenödems zuzuordnen
sind, eine echokardiografische Untersuchung und gegebenenfalls eine weitere Diagnostik
empfohlen.
Abkürzungen
ACVIM: American College of Veterinary Internal Medicine
CHIEF: Canine Heart Failure International Expert Forum
NYHA: New York Heart Association
RAAS: Renin-Angiotensin-Aldosteron-System
Stadien einer Mitralendokardiose
Stadien einer Mitralendokardiose
Die für das Tier modifizierte NYHA-Klassifikation wird kaum noch angewendet und wurde
durch verfeinerte
Klassifikationssysteme ersetzt. Im ACVIM-Klassifikationsschema gibt es zunächst ein Stadium A
für Tiere, die aufgrund der Rasse oder Familienanamnese ein erhöhtes Risiko für eine
Herzkrankheit besitzen.
In Stadium B ist eine Mitralinsuffizienz nachweisbar, aber das Stadium des kongestiven Herzversagens
wurde noch nicht erreicht. Dieses asymptomatische Stadium wird weiter unterteilt in
B1 ohne
Kardiomegalie und B2 mit Kardiomegalie. In Stadium C zeigt der Patient Anzeichen eines
kongestiven Herzversagens und in Stadium D liegt ein kongestives Herzversagen in einer schweren Form
vor, die refraktär auf (Standard-)Therapie ist. Die Stadien C und D können noch in
ambulante und stationäre
Therapie unterteilt werden. Nach Erreichen des Stadiums C ist auch unter erfolgreicher
Therapie keine
Rückkehr in Stadium B mehr möglich.
Die ähnliche CHIEF-Klassifikation kennt daher sinnvollerweise noch ein Stadium C1. Im Stadium
C1 befinden sich Patienten, die nach Erreichen des Herzversagens medikamentös stabilisiert
wurden und
dadurch wieder asymptomatisch sind. Die CHIEF-Klassifikation unterscheidet im Stadium
B jedoch nicht
zwischen Patienten ohne oder mit Kardiomegalie. In ▶
Tab.
[
2
] werden deshalb die ACVIM- und CHIEF-Klassifikationen kombiniert dargestellt. ▶
Abb.
[
1
] zeigt eine Übersicht über die radiologischen Befunde und
▶
Abb.
[
2
] über den Verlauf der Stadien.
Tab. 2
Übersicht, Befunde und Therapieempfehlungen basierend auf einer Kombination aus dem
CHIEF- und
ACVIM-Klassifikationssystem für die verschiedenen Schweregrade einer Mitralendokardiose.
Stadium/Zustand des Patienten
|
ACVIM/CHIEF-Staging
|
Befunde
|
Studie
|
Ziel der Therapie
|
Wirksamkeit
|
Empfehlung
|
keine Herzkrankheit nachweisbar, aber Risikopatient für eine Mitralendokardiose, z.
B. wegen
Rasse, Familienanamnese etc.
|
A
|
keine
|
keine
|
keine Therapie
|
–
|
jährliche Auskultation, Besitzer über die Bedeutung/Messung der Ruheatemfrequenz informieren
|
asymptomatisch ohne Kardiomegalie
|
B1
|
Mitralgeräusch (meist I–III/VI), keine Kardiomegalie: Herzgröße im Echo und Röntgen
im
Referenzbereich
|
SVEP
|
Verlängerung der Zeit bis zum Herzversagen (Lungenödem)
|
nein
|
keine Therapie
|
asymptomatisch mit Kardiomegalie
|
B2
|
Mitralgeräusch (meist III–V/VI); Kardiomegalie: Herzgröße im Echo und Röntgen vergrößert,
aber
kein Lungenödem
|
SVEP, Vetproof, EPIC
|
Verlängerung der Zeit bis zum Herzversagen (Lungenödem)
|
ja, für Pimobendan
|
Pimobendan in empfohlener Standarddosis
|
stabilisiert mit medikamentöser Therapie (Lungenödem war nachgewiesen und wird erfolgreich
therapiert)
|
C1
|
Mitralgeräusch (meist III–VI/VI), keine respiratorische Arrhythmie mehr vorhanden
|
QUEST, IMPROVE, Bernay
|
Rezidiv des Lungenödems verhindern, gute Lebensqualität, Gewinn Lebenszeit
|
für alle rechts genannten Medikamente
|
dauerhafte Therapie p.o.:
1. Diuretikum (Furosemid/Torasemid)
2. Pimobendan
3. RAAS-Blockade (ACE-Hemmer-Spironolacton-Kombination): sog. „Tripeltherapie mit 4
Wirkstoffen“
|
symptomatisch, da dekompensiert (Lungenödem vorhanden)
|
C2 – D
|
Mitralgeräusch (meist III–VI/VI), Lungenödem, ggf. Aszites, pulmonale Hypertension,
Arrhythmien, Synkopen
|
–
|
ins Stadium C1 zu kommen (Beseitigung der Kongestionszeichen)
|
in C2 gutes Ansprechen, in D individuell, je nach Schweregrad und Komplikationen (refraktär)
|
Furosemid i.v./i.m., O2; in C2, dann wie oben, in D meist weitere Maßnahmen
(zusätzliches Diuretikum, Nachlastsenker, Lungendrucksenkung, Aszitespunktion), Antiarrhythmika,
Intensivmaßnahmen
|
Abb. 1 3 Thoraxröntgenaufnahmen von Hunden in verschiedenen Stadien einer Mitralendokardiose:
a Stadium B1 ohne Kardiomegalie (VHS 9,5) und ohne erkennbare linksatriale Vergrößerung;
b Stadium B2 mit Kardiomegalie (VHS 11,3) mit linksatrialer Vergrößerung (Ausziehung
am
kaudodorsalen Herzrand); c Stadium C im kongestivem Herzversagen, charakterisiert durch ein
alveoläres Lungenödem zentral im Hauptlappen. (© Michael Deinert)
Abb. 2 Schematischer Verlauf der Stadien einer Mitralendokardiose. Weiteres dazu im Text.
(© Michael Deinert)
Stadium A
Zu diesem Stadium gehören alle Hunde, deren Signalement ein erhöhtes Risiko für eine
Mitralendokardiose vermuten lässt oder wenn deren Geschwister- oder Elterntiere bekanntermaßen
erkrankt
sind. Dazu zählt insbesondere der Cavalier King Charles Spaniel. Die Empfehlung lautet:
Monitoring durch
jährliche Auskultation und eine erste Beratung des Besitzers über Anzeichen der Krankheit
und die
Bedeutung der Messung der Ruheatemfrequenz.
Asymptomatische Stadien B1 und B2
In Stadium B ist ein Mitralgeräusch auskultierbar, nicht selten als Zufallsbefund im Rahmen einer
Routineuntersuchung. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass dem Besitzer bislang keine
Symptome aufgefallen
sind. Die Patienten befinden sich dann im asymptomatischen Stadium einer Mitralendokardiose.
Etwaige vorhandene Symptome sollten kritisch und sorgfältig auf eine kardiale Genese
hin untersucht
werden. Dazu ist in den meisten Fällen eine Thoraxröntgenstudie, häufig auch eine
Echokardiografie
notwendig. Anhand dieser bildgebenden Verfahren kann die Herzgröße vermessen werden
und dadurch eine
Zuordnung in B1 oder B2 erfolgen.
Asymptomatisches Stadium B1 ohne Kardiomegalie
Patienten in diesem Stadium haben mit großer Wahrscheinlichkeit nur ein leises bis mittellautes
Herzgeräusch (Grad I–III/VI). Das Vorliegen einer respiratorischen Arrhythmie oder von Herzfrequenzen
< 130/min sprechen gegen eine Dekompensation. In diesem Stadium ist per Definition
noch keine
Herzvergrößerung nachweisbar. Zum Nachweis sollte dem Besitzer eine Thoraxröntgenstudie
empfohlen
werden.
Die Herzgröße kann anhand der Herzwirbelsumme (VHS, vertebral heart score) vermessen
werden. Als obere Grenze werden generell 10,5 Wirbel angesehen. Jedoch zeigen zahlreiche
Rassen
physiologischerweise höhere Werte. Insbesondere bei brachyzephalen Rassen kann ein
VHS > 12 noch
physiologisch sein. Unter anderem können dafür auch fusionierte oder Keilwirbel in
der Brustwirbelsäule
verantwortlich sein [[8]].
Bei einer erhöhten Herzwirbelsumme > 10,5 wird zur Absicherung eine echokardiografische
Untersuchung empfohlen.
In diesem Stadium wird aufgrund der Ergebnisse der SVEP-Studie keine medikamentöse
Therapie empfohlen
[[1], [9]].
Asymptomatisches Stadium B2 mit Kardiomegalie
Im Stadium B2 ist eine Herzvergrößerung nachweisbar, jedoch bestehen keine Anzeichen für ein
kongestives Herzversagen. Ein trockener, anfallsweiser Husten spricht für eine Kombination aus
Bronchomalazie und Kardiomegalie und sollte nicht als kongestives Herzversagen interpretiert
werden. Dazu
ist aus klinischer Sicht die Erfassung der Ruheatemfrequenz besser geeignet.
Der Nachweis einer Kardiomegalie kann röntgenologisch erfolgen. Gleichzeitig können
dabei weitere
wichtige thorakale Strukturen, insbesondere die Lungenvenen und das Lungenparenchym
beurteilt werden. In
der EPIC-Studie lag der VHS der Patienten in diesem Stadium zwischen 10,9 und 12.
Die unter Stadium B1
genannten Limitierungen der VHS-Messung sollten jedoch beachtet werden. Daher ist
gerade im Stadium B2
eine echokardiografische Untersuchung unbedingt zu empfehlen, um die Einschlusskriterien der
EPIC-Studie und damit die Therapieindikation mit Pimobendan für den einzelnen Patienten
sicherzustellen
[[4]] (▶
Abb.
[
3
]).
Abb. 3 Übersicht über die Nachweismethoden der wichtigsten Einschlusskriterien für die
EPIC-Studie. a Echokardiografischer Nachweis von Klappenveränderungen und einer
Mitralinsuffizienz. b Bestimmung der Herzwirbelsumme im Röntgenbild. c Bestimmung des
Quotienten linkes Atrium zur Aorta in der kurzen Achse. d Messung des linksventrikulären
diastolischen Durchmessers LVDd zur Errechnung des gewichtsnormierten Wertes LVDdN
(Formel: LVDdN =
LVDd (cm)/Körpergewicht (kg) 0,294) [[5]]. (© Michael Deinert)
Stadien C und D
Patienten in diesen Stadien haben ein kongestives Herzversagen. Typische klinische Anzeichen
sind
Der Nachweis erfolgt durch entsprechende Veränderungen im Thoraxröntgen: Diese sind ein
interstitielles oder alveoläres Verschattungsmuster zentral in den Hauptlappen der
Lunge, dabei ist der
rechte Hauptlappen stärker betroffen als der linke. Gleichzeitig sind vergrößerte
Lungenvenen und eine
Kardiomegalie mit linksatrialer Vergrößerung zu erwarten. In der QUEST-Studie wurde
die Wirksamkeit von
Pimobendan in diesem Stadium nachgewiesen. Der VHS der Patienten in dieser Studie
lag zwischen 11,5 und
13,5 [[6]].
Die medikamentöse Dauertherapie besteht aus Diuretika, Pimobendan und
RAAS-Blockade
(Tripeltherapie, ▶
Tab.
[
3
]). Als Diuretika sind
Furosemid oder Torasemid verfügbar. Zur RAAS-Blockade werden ACE-Hemmer eingesetzt.
Bei etwa 30–50 % der
Patienten kann es unter dieser Therapie zu einem sog. Aldosteron-Escape kommen. Deshalb
und aufgrund der
Ergebnisse einer Therapiestudie kann die zusätzliche Gabe von Spironolacton zur sequenziellen
RAAS-Blockade in diesem Stadium sinnvoll sein [[3]]. Dazu eignet sich das
Kombinationspräparat aus Benazepril und Spironolacton (Cardalis®, Fa. Ceva). Die medikamentöse
Therapie kann in diesem Stadium nicht mehr abgesetzt werden.
Tab. 3
Übersicht über die wichtigsten Herzmedikamente zur oralen Dauertherapie im Stadium
C (und D)
einer Mitralendokardiose. Beipackzettel und detaillierte Fachinformationen sollten
beachtet
werden.
Wirkstoffgruppe
|
Wirkstoff
|
Handelsnamen (Beispiele)
|
Dosierung
|
Bemerkungen
|
Inodilatator (Phosphodiesterasehemmer)
|
–
|
Pimobendan
|
Vetmedin®, Cardisure®
|
0,5 (0,2–0,6) mg/kg, auf 2 × tgl. p.o.
|
–
|
Schleifendiuretika
|
–
|
Furosemid
|
Dimazon®, Furotab®,
Libeo®
|
2 mg/kg, 1–2 × tgl. p.o.
|
Gabe auch bis zu 4 mg/kg und 3 × tgl. möglich; Dosierungen für orale Erhaltungstherapie,
im
Notfall parenterale Gabe
|
|
Torasemid
|
Upcard®
|
0,1–0,6 mg/kg, 1 × tgl. p.o.
|
1/20 der Furosemid-Tagesdosis
|
Thiaziddiuretika
|
–
|
Hydrochlorothiazid
|
Esidrix®
|
1–2 mg/kg, 2 × tgl. p.o.
|
humanmedizinisch
|
RAAS-Blockade
|
ACE-Hemmer (Endung: -pril)
|
Ramipril
|
Vasotop®
|
0,125–0,25 mg/kg, 1 × tgl. p.o.
|
–
|
|
Imidapril
|
Prilium®
|
0,25 mg/kg, 1 × tgl. p.o.
|
flüssige Formulierung
|
|
Benazepril
|
Benakor®, Benefortin®, Fortekor®, Nelio®
|
0,25–0,5 mg/kg, 1 × tgl. p.o.
|
Dosis kann verdoppelt werden
|
|
Enalapril
|
Enacard®
|
0,5 mg/kg, 1 × tgl. p.o.
|
Dosis kann verdoppelt werden
|
Aldosteron-Rezeptoren-Blocker
|
–
|
Spironolacton
|
Prilactone®
|
2 mg/kg, 1 × tgl. p.o.
|
–
|
Kombinationen
|
–
|
Benazepril + Spironolacton
|
Cardalis®
|
2(–4) mg/kg (bezogen auf Spironolactonkomponente), 1 × tgl. p.o.
|
–
|
Diätetische Maßnahmen beinhalten eine adäquate kalorische Versorgung, um einer kardialen Kachexie
entgegenzuwirken, sowie ein leicht reduzierter Natriumgehalt.
Therapiestudien
Für eine Therapie können abhängig vom Stadium der Krankheit verschiedene Ziele formuliert
werden. Im
symptomatischen Stadium sollen Symptome des kongestiven Herzversagens beseitigt und dem Patienten
anschließend eine möglichst lange Phase mit guter Lebensqualität ermöglicht werden. Der
therapeutische Erfolg wird durch Symptomfreiheit, Lebensqualität und Zeit definiert.
Im asymptomatischen Stadium ist das Ziel dagegen nicht die Beseitigung von Symptomen, sondern eine
möglichst lange Konservierung des Status quo und ein späteres Eintreten ins symptomatische Stadium.
Da die Wirksamkeit einer Therapie in diesem Stadium alleine durch Zeit definiert ist
(in Studien „time to
event“ oder „endpoint“), kann der Nachweis nur in gut angelegten und über eine ausreichend
lange Zeitdauer
laufenden Studien erfolgen.
Kennzeichen guter Therapiestudien sind prospektive Planung, Vergleich mit einer Kontrollgruppe
strukturgleicher Probanden, (Doppel-)Verblindung sowie Randomisierung bei der Gruppenzuteilung
(prospective,
randomized, controlled, blinded trial, PRCBT). Weiterhin sollten Ein- und Ausschlusskriterien
sowie
Studienendpunkte eindeutig und objektiv definiert sein. Diese dürfen insbesondere
in Multicenterstudien
wenig Spielraum für eine subjektive Einschätzung bieten.
Die im asymptomatischen Stadium der Mitralendokardiose durchgeführten Studien (VETPROOF-,
EPIC-, SVEP-Studie
[[2], [4], [9]])
erfüllen diese Anforderungen. In den bisherigen Studien für das asymptomatische Stadium
der
Mitralendokardiose ergab sich keine Wirksamkeit für eine Therapie mit ACE-Hemmern
[[2], [9]]. Der Studienendpunkt „kongestives Herzversagen“ wurde in der
Placebo-Gruppe nach der gleichen Zeit ohne statistisch signifikanten Unterschied zu
der Verum-Gruppe
erreicht. Bis zum Erscheinen der Ergebnisse der EPIC-Studie existierte daher keine
bewiesen wirksame
Therapie. Umso aussagekräftiger ist unter diesem Gesichtspunkt das eindeutige Ergebnis
der EPIC-Studie
[[4]], die mit einem vergleichbaren Design wie die vorangegangene
VETPROOF-Studie [[2]] angelegt wurde.
Die EPIC-Studie
In der aktuell publizierten EPIC-Studie (EPIC: Effect of Pimobendan in Dogs with Preclinical
Myxomatous
Mitral Valve Disease and Cardiomegaly) wurde bei Hunden im Stadium B2 einer Mitralendokardiose die
Wirksamkeit von Pimobendan mit der Hypothese untersucht, dass die Zeit bis zum Erreichen des Stadiums
eines kongestiven Herzversagens durch die Therapie verlängert wird. Dabei handelt
es sich um die größte
prospektive kardiologische Therapiestudie, die bislang durchgeführt wurde (Studienaufbau
▶
s.
Kasten
[
1
]).
Zusammenfassung der EPIC-Studie
Asymptomatisches Stadium der Mitralendokardiose mit Kardiomegalie (B2)
Einschlusskriterien:
-
Mindestalter von 6 Jahren
-
Körpergewicht zwischen 4,1 und 15 kg
-
Mitralgeräusch ≥ Grad III/VI
-
charakteristische Befunde einer Mitralendokardiose in der Echokardiografie
Nachweis der Kardiomegalie durch:
-
Verhältnis des linken Atriums zur Aorta in der kurzen Achse ≥ 1,6
-
gewichtsnormierten diastolischen Kammerdurchmesser ≥ 1,7
Alle 3 Kriterien mussten für die Aufnahme in die Studie erfüllt sein.
Ausschlusskriterien:
-
vorhergehendes Lungenödem
-
Vorbehandlungen mit Herzmedikamenten
-
klinisch relevante Tachyarrhythmien
-
pulmonale Hypertension mit einem Druckgradienten > 65 mmHg (rechter Ventrikel zu rechtem
Atrium)
-
andere Herzkrankheiten als eine Mitralendokardiose
Ergebnis:
Mediane Zeit bis zum primären Endpunkt für die Pimobendan-Gruppe signifikant länger
(p = 0,0038):
Nach Aufnahme in die Studie (Tag 0) erfolgte die 1. Kontrolluntersuchung nach 35 Tagen
und danach alle 4
Monate. Folgende Untersuchungen waren vorgeschrieben:
-
klinische Untersuchung (bei jedem Besuch)
-
Blutdruckmessung (Tag 0)
-
Laboruntersuchung und eine Echokardiografie (an Tag 0 und 35)
-
Thoraxröntgen (Tag 0 und dann immer alle 8 Monate)
Der Besitzer dokumentierte die häusliche Ruheatemfrequenz und beantwortete bei jedem Besuch einen
Fragebogen zur Lebensqualität des Hundes (Belastbarkeit, Verhalten, Appetit, Atmung, Husten,
Auftreten von Synkopen).
Primärer Endpunkt der Studie war entweder das Auftreten von kongestivem Herzversagen oder Tod aus
kardialen Gründen (kombinierter Endpunkt). Zum Nachweis des kongestiven Herzversagens
mussten
Thoraxröntgenbilder vorliegen, die ein Lungenödem zeigen. Die Röntgenbilder wurden
daraufhin von einer
Kommission beurteilt. Erst bei mehrheitlicher Übereinstimmung galt der Endpunkt kongestives
Herzversagen
für diesen Patienten als erreicht.
Insgesamt wurden 354 Hunde statistisch ausgewertet. Davon erreichten 162 den primären
Endpunkt, während
79 diesen zum Ende der Studie noch nicht erreicht hatten (Eventrate 45,8 %). Bei den
übrigen Hunden kam
es zu Protokollverletzungen, Ausscheiden auf Besitzerwunsch oder Tod aus nicht kardialen
Gründen. Die
mediane Zeit bis zum primären (kombinierten) Endpunkt war für die Pimobendan-Gruppe
mit 1228 Tagen
signifikant länger als für die Placebo-Gruppe (766 Tage, p = 0,0038). Für den Endpunkt
kongestives
Herzversagen alleine betrachtet betrug der Unterschied 1337 zu 846 Tagen (p = 0,0018).
Dabei konnte keine
nachteilige Wirkung für eine Therapie mit Pimobendan nachgewiesen werden. Bei Betrachtung
der
„all-cause-mortality“ ergaben sich längere Überlebenszeiten für die Pimobendan-Gruppe, bei Tod aus
kardialen Gründen ergaben sich keine Unterschiede zur Placebo-Gruppe. Die Therapie
mit Pimobendan kann
aufgrund dieser Ergebnisse als wirksam, sicher und verträglich angesehen werden.
Fazit
In der EPIC-Studie konnte die Wirksamkeit von Pimobendan in der Standarddosierung
(0,4–0,6 mg/kg auf 2 ×
tgl. p.o.) im asymptomatischen Stadium der Mitralendokardiose mit Kardiomegalie (Stadium
B2) nachgewiesen
werden. Die Zeit bis zum Auftreten eines Lungenödems (kongestives Herzversagen) oder
bis zum Tod aus
kardialen Gründen wurde durch die Therapie von median 766 auf 1228 Tage signifikant
verlängert (p = 0,0038).
Dies bedeutet für den einzelnen Patienten individuell eine Verlängerung des asymptomatischen
Stadiums um
etwa das 1,6-Fache der Zeit, die er ohne Therapie in diesem Stadium verbracht hätte.
Dieses Argument kann im
Besitzergespräch angeführt werden, ohne dass absolute Zahlen genannt werden müssen.
Jedoch sollte der
Besitzer überzeugt werden, echokardiografisch ein korrektes Staging vornehmen zu lassen
(Verifizierung der
Kardiomegalie).
Eine Wirksamkeit im asymptomatischen Stadium ohne Kardiomegalie (Stadium B1) wurde
in dieser Studie nicht
untersucht. Ob eine Therapie mit Pimobendan in diesem früheren Stadium unerwünschte
oder negative
Auswirkungen hat, ist ebenfalls nicht systematisch untersucht. Die ACVIM-Empfehlungen
für das
asymptomatische Stadium ohne Kardiomegalie wurden in den Guidelines von 2009 klar
formuliert: keine
Therapie. Daran hat sich auch nach der EPIC-Studie nichts geändert.