physiopraxis 2017; 15(03): 62
DOI: 10.1055/s-0042-124011
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Die Rechtsfrage: Dürfen Ausbildungsstätten Gesundheits-zeugnisse verlangen?

Karsten Bossow

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Publication Date:
15 March 2017 (online)

 

„Ist es rechtens, dass angehende Physiotherapeuten ihrer Schule ein Gesundheitszeugnis vorlegen müssen?”
Michael Schiewack, Therapeut aus Kamenz


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Karsten Bossow

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Karsten Bossow ist seit 1999 Rechtsanwalt. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht und Medizinrecht beantwortet seit 2012 Ihre Leserfragen.

Die Antwort unseres Experten

Bevor die therapeutische Ausbildung beginnt, müssen Bewerber in der Regel ein Gesundheitszeugnis einreichen. Einige Ausbildungsstätten verlangen die Vorlage eines einfachen Zeugnisses, andere fordern speziellere Bescheinigungen an, beispielswiese ein orthopädisches Gesundheitszeugnis. Dieses sollte bei der Bewerbung nicht älter als drei Monate sein. Während der Ausbildung müssen die Schüler kein weiteres Zeugnis vorlegen.

In der einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung findet sich kein Hinweis darauf, dass ein Gesundheitszeugnis für die Zulassung zur Prüfung erforderlich ist. Es gibt jedoch gesetzliche Regelungen im Arbeitsrecht, im Infektionsschutzgesetz und im Ordnungsrecht. Das Gesetz zum Schutz der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) verlangt für bestimmte Arbeiten eine „nicht länger als vor drei Monaten ausgestellte ärztliche Bescheinigung“, nach der keine gesundheitlichen Bedenken gegen die Beschäftigung bestehen. Darüber hinaus darf ein in das Berufsleben eintretender Jugendlicher nur beschäftigt werden, wenn er innerhalb der letzten vierzehn Monate von einem Arzt untersucht worden ist und dem Arbeitgeber die entsprechende Bescheinigung vorliegt. Dieses Gesetz gilt jedoch nur für die Beschäftigung von Personen, die noch nicht achtzehn Jahre alt sind.

Im Infektionsschutzgesetz wird bei Vorliegen bestimmter Erkrankungen der Kontakt zu anderen Personen, zum Teil sogar schon das Betreten ihrer Räumlichkeiten untersagt.

Im Ordnungsrecht wird die Anforderung eines Gesundheitszeugnisses beispielsweise über die „gesundheitliche Eignung“ in § 2 Abs. 1 Ziff. 3 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes begründet. Ob Physiotherapeuten für ihren Beruf gesundheitlich geeignet sind, dürfte davon abhängen, ob sie ihren Beruf ausüben können. Wenn schon zu Beginn der Ausbildung erkennbar ist, dass Bewerber gesundheitlich nicht in der Lage sein werden, als Physiotherapeuten zu arbeiten, liegt es in ihrem Interesse, die Ausbildung nicht aufzunehmen. Aus diesem Grund liegt die Anforderung des Gesundheitszeugnisses vor Beginn der Ausbildung im Interesse des Bewerbers.

Karsten Bossow

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