Zentralbl Chir 2022; 147(S 01): S77
DOI: 10.1055/s-0042-1754267
Abstracts
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Charakteristischer Verlauf eines Lemierre-Syndroms: Kaum zu verwechseln, sofort zu behandeln.

Authors

  • M Mayang

  • B Ehle

  • B Siepe

  • B Passlick

 
 

    Hintergrund Fallbeschreibung: Ein 20-jähriger Patient stellte sich initial in der Notaufnahme eines externen Krankenhauses mit Fieber, starken Halsschmerzen mit Schluckbeschwerden, Cephalgie und Arthralgie vor. Bei Verdacht auf einen unkomplizierten viralen Infekt wurde er zunächst in die Häuslichkeit entlassen.

    Die erneute Vorstellung erfolgte eine Woche später in derselben Notaufnahme, da er starke, stechende Schmerzen im Oberbauch verspürte. Zusätzlich litt er an Rückenschmerzen und zunehmender Belastungsdyspnoe. Enoral waren vergrößerte, zerklüftete und gerötete Tonsillen zu sehen.

    Auffällig war ebenfalls ein deutlicher Rigor mit Myalgie. Bei sonographischer Hepatosplenomegalie wurden Epstein-Barr-Virus- (Infektiöse Mononukleose) und Zytomegalievirus-Infektionen zunächst serologisch ausgeschlossen.

    Bei einer Sepsis wurde der Patient auf der dortigen Intensivstation aufgenommen. In der durchgeführten CT des Thorax waren beidseits multiple, einschmelzende pulmonale Läsionen gesehen, verdächtig auf Lungenabszesse im Rahmen von septischen Embolien. Zudem zeigten sich Pleuraergüsse beidseits mit Verdacht auf Pleuraempyeme, sodass nach Kreislaufsstabilisierung die Verlegung in unsere Klinik erfolgte.

    Material und Methode Die Differentialdiagnosen von einschmelzenden/kavitären pulmonalen Läsionen sind mannigfaltig und sind grundsätzlich zwischen einer benignen/infektiösen und einer malignen Genese zu unterscheiden. Bei unserem Patienten wurde in dem aufnehmenden Krankenhaus eine ausgedehnte Diagnostik betrieben, inklusive Tuberkulose-, Mykoplasmen- und Rheumaserologien. Echokardiographisch wurden Klappenvegetationen ausgeschlossen. Hinweise für eine maligne Grunderkrankung bestehen nicht.

    Ergebnis Die ausschlaggebende Diagnostik stellte sich in der mikrobiologischen Aufarbeitung der entnommenen Blutkulturen dar. Bei Nachweis von gram-negativen Anaerobiern Fusobacterium necrophorum wurde eine mögliche Infektionsquelle im Kopf-/Halsbereich näher beleuchtet. Sowohl sonographisch als auch durch CT-Hals wurde dann der septische Thrombus in der linken inneren Jugularvene gesehen und somit die Diagnose eines Lemierre-Syndroms gestellt.

    Schlussfolgerung Bei einem charakteristischen Verlauf eines Lemierre-Syndroms mit Fieber, Myalgie und Sepsis nach initialen pharyngitischen Beschwerden ist eine Hals-Thorax-Bildgebung unabdingbar. Nach Probenasservation ist eine antibiotische Therapie mit Penicillin, Beta-Lactamase-Inhibitor und Metronidazol sofort einzuleiten, um die Morbiditäts- und Mortalitätsrate auf das Minimum zu senken.


    Publication History

    Article published online:
    13 September 2022

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