DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2017; 15(02): 43-44
DOI: 10.1055/s-0043-100607
VOD
intern
Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

VOD e.V. Bundesvertretung der Osteopathen in Deutschland

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Publication Date:
04 April 2017 (online)

Berufspolitik: Eine Lösung für alle ist gefragt – Warum nur ein Berufsgesetz die richtige Lösung sein kann

„Eine Lösung für alle“ – so lautete die Überschrift eines Positionspapiers, dem sich jüngst neben dem VOD und dem BVO alle Mitglieder der Konsensgruppe Osteopathie angeschlossen haben. Diese Forderung bringt die Diskussion der letzten Monate auf den Punkt und macht deutlich, dass die Materie um einiges komplexer ist, als manche glauben machen wollen. Um ein Grundverständnis für die Herausforderungen entwickeln zu können, muss man die gegenwärtige Situation der Osteopathie in Deutschland genauer betrachten. Das Berufsbild des Osteopathen wurde einheitlich durch die Fachgesellschaften der Osteopathie definiert. Auch über die inhaltlichen Anforderungen an die Qualifikation des Osteopathen besteht vonseiten der Fachorganisationen Einigkeit. Dennoch fehlt die gesetzliche Berufsanerkennung. Osteopathische Behandlungen werden derzeit im nichtärztlichen Bereich von Heilpraktikern und Physiotherapeuten angeboten. Dies schafft neue Herausforderungen: Heilpraktiker dürfen Heilkunde zwar ausüben, die Heilpraktikerprüfung stellt aber keine Qualifikation zur osteopathischen Behandlung dar. Die osteopathischen Prüfungsinhalte sind nicht Teil der Heilpraktikerüberprüfung. Und Physiotherapeuten dürfen Osteopathie, die nach der derzeitigen Rechtsprechung Heilkunde darstellt, legal nicht anbieten.

All dies weiß der hilfesuchende Patient nicht. Er sucht nach „einem Osteopathen“ und findet solche, die sich trotz der werberechtlichen Beschränkungen dieser Bezeichnung bedienen, ohne dass dies jedoch eine Qualifikation gewährleistet. Die Patienten werden auf der Suche alleine gelassen und gehen zu „ihrem Osteopathen“, ohne zu wissen, welche Qualifikation sich hinter diesem Behandler verbirgt. Patienten sind demnach unnötigen Risiken durch mögliche Behandlungsfehler ausgesetzt, von etwaigen Haftungsrisiken bei Folgeschäden ganz zu schweigen.

Aber wie kann man diese aus Behandler- wie auch aus Patientensicht unerträgliche Situation lösen?

Variante 1: Alles bleibt wie gehabt

Manche vertreten die Position, dass die aktuelle Situation beibehalten werden sollte, also alle osteopathisch tätigen Behandler die HP-Prüfung machen sollten. Diese Lösung beinhaltet keine Qualitätssicherung für die Osteopathie. Da auch die Heilpraktikerausbildung nicht geregelt ist, sondern lediglich die Prüfung, erwartet den Patienten auf der Suche nach einem Osteopathen, der gezwungenermaßen als Heilpraktiker firmieren muss, im Zweifelsfall auch weiterhin ein „Überraschungspaket“. Auch der Handlungsbedarf für die Physiotherapeuten, die derzeit gegen das HP-Gesetz verstoßen und sich somit durch ihre osteopathische Praxis strafbar machen können, wird nicht gelöst. Denn nicht jeder Physiotherapeut ist finanziell und zeitlich in der Lage, kurzfristig die HP-Prüfung zu machen. Diesen Druck kann man nicht, wie manche heilkundlich orientierten Fachverbände, ignorieren, da sonst gefährliche Schnellschusslösungen vorprogrammiert sind.


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Variante 2: Osteopathie wird Teil der Physiotherapie

Aufgrund der Not der vielen Physiotherapeuten, die sich wegen des Urteils des OLG Düsseldorfs vom September 2015 genötigt sahen, den HP zu machen, stieg der Druck der Physiotherapieverbände auf den Bund, das Problem kurzfristig zu lösen. Als Konsequenz hat der Gesetzgeber im Herbst versucht, die Rechtsunsicherheit bei osteopathisch tätigen Physiotherapeuten durch einen Änderungsantrag zum Pflegestärkungsgesetz aus der Welt zu schaffen. Die Osteopathie sollte als „krankengymnastische Behandlungstechnik“ in Form von 60 Ausbildungsstunden in die Physiotherapie integriert werden. Damit wäre die Osteopathie ohne weitere Definition als 1 Ziffer, maximal 2 Ziffern, im Heilmittelkatalog zu einem Mindestsatz verkauft worden, was die initiierenden Verbände entweder nicht gesehen oder in Kauf genommen haben. In der Sache löst die Integration der Osteopathie in die Physiotherapie nichts. Der Patient weiß weiterhin nicht, welche Qualifikation sich hinter „seinem Osteopathen“ verbirgt. Auch im Bereich der Heilpraktiker unterbleibt bei dieser Lösung die Ausgestaltung der osteopathischen Qualifikation des Heilpraktikers.


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Variante 3: Osteopath/Osteopathin wird als Beruf anerkannt

Von den osteopathischen Fachverbänden und Mitgliedern der Konsensgruppe wird einheitlich gefordert, ein Berufsgesetz auf Bundesebene zu erlassen. Ein Patient muss wissen, über welche Qualifikation ein Osteopath verfügt. Darauf muss man sich verlassen können, wenn man jemanden aufsucht, der Heilkunde ausübt. Das Berufsgesetz wird im Sinne des Patienten die Erlaubniserteilung und Ausbildung des Osteopathen so regeln, dass die Qualifikation gesichert ist. Hierdurch wird den Anbietern an osteopathischen Aus- und Weiterbildungen eine klare Vorgabe gemacht, der Wildwuchs an unterschiedlichen Angeboten im Sinne der Patientensicherheit beendet. In der Vergangenheit haben Verbände wie der VOD die Qualitätssicherung über ihre Aufnahmekriterien, Fortbildungspflichten und Therapeutenliste sicherstellen können. Nicht zuletzt seit viele weitere kleinere Verbände sich ebenfalls auf dem Markt tummeln und mitunter deutlich geringere Anforderungen stellen, ist die Qualitätssicherung nahezu unmöglich geworden. Der Gesetzgeber ist also in der Pflicht. Durch ein Berufsgesetz würde für die voll qualifizierten Osteopathen, auch für die mit Grundberuf Physiotherapeut, für Rechtssicherheit gesorgt. Das Provisorium Heilpraktikererlaubnis wäre nicht mehr nötig. Jetzt, da die Politik den Handlungsbedarf vor Augen hat, wird es umso mehr darauf ankommen, ein klares Bild zu zeichnen und uneingeschränkt eine Gesamtlösung zu fordern. Keine Provisorien à la Heilpraktiker, keine unausgegorenen Einzellösungen für Physiotherapeuten, sondern eine Lösung, die eine dauerhaft tragfähige Basis für die Osteopathie in Deutschland darstellt.


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