Z Gastroenterol 2017; 55(05): 509-510
DOI: 10.1055/s-0043-101392
Sonderforschungsbereiche und Forschergruppen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Klinische Forschergruppe 257 „CEDER“

Molekulare Pathogenese und optimierte Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Christoph Becker
,
Markus F. Neurath
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Publication History

Publication Date:
12 May 2017 (online)

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert seit 2012 die Klinische Forschergruppe CEDER „Molekulare Pathogenese und optimierte Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen“ am Universitätsklinikum der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Nach einer erfolgreichen Evaluation durch eine internationale Expertenkommission wurde 2015 eine Weiterförderung des Zentrums bis 2018 zugesagt. Die zusätzliche Förderung wurde damit begründet, dass das Zentrum wichtige Erfolge bei der Erforschung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen verbuchen konnte.

Trotz des Einsatzes neuer immunsuppressiver Medikamente bleiben die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) oftmals schwer therapierbar. Dies beruht insbesondere darauf, dass die diesen Krankheiten zugrunde liegenden molekularen und zellulären Pathomechanismen nur unzureichend verstanden sind. Nach heutigem Kenntnisstand handelt es sich bei CED um eine pathogenetisch heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch überschießende Immunreaktionen mukosaler Zellen in der Darmwand gegenüber der körpereigenen Darmflora charakterisiert sind. Ursache für diese exzessiven Immunantworten könnten Barrierestörungen sein. Ein besseres Verständnis, der den CED zugrunde liegenden Pathomechanismen, ist für die Entwicklung spezifischer und effizienterer Therapien essenziell.

Wichtigstes Ziel der Klinischen Forschergruppe ist es daher, molekular-pathogenetische Modelle zur Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen zu erarbeiten und experimentell zu überprüfen, um auf der Basis dieser Erkenntnisse neue diagnostische und therapeutische Konzepte für das klinische Management dieser Erkrankungen zu entwickeln. Diesem translationalen Forschungsansatz dient eine enge Interaktion zwischen klinisch-wissenschaftlich tätigen CED-Spezialisten und experimentell ausgewiesenen Grundlagenwissenschaftlern am Standort Erlangen. Anhand von klinischem Probenmaterial und präklinischen Modellen werden neue Strategien und Ansatzpunkte für eine spezifischere molekular oder immunologisch basierte Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen entwickelt und stringent auf die klinische Anwendung ausgerichtet.

In zehn Teilprojekten suchen die Wissenschaftler und Ärzte nach neuen Wegen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen durch eine zielgerichtete Beeinflussung des Immunsystems zu behandeln. Die geförderten Projekte der Klinischen Forschergruppe lassen sich in drei Teilbereiche gliedern: Im Projektbereich „Mechanismen der Regulation mukosaler Immunzellen“ wird untersucht, welche Signalwege bei der Regulation des Immunsystems im Darm von CED-Patienten pathogenetisch relevant sind und wie diese therapeutisch beeinflusst werden könnten. Im Projektbereich „Darmresidente Zellen in der mukosalen Entzündung“ erforschen 3 Teilprojekte Signalwege in Epithelzellen, um neue innovative Zielstrukturen für eine Therapie der CED zu identifizieren. Im Projektbereich „Therapie und Prädiktion von Therapieansprechen“ sollen insbesondere bei CED-Patienten eingesetzte Medikamente und Diagnostikmethoden weiterentwickelt werden. Der in allen Projekten notwendige Zugriff auf humane CED-Gewebeproben wird über eine Gewebebank gewährleistet. Sie ermöglicht auch den gemeinsamen Zugriff auf definierte Patientenkollektive und sichert eine hohe Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit der in den verschiedenen Teilprojekten erarbeiteten Ergebnisse.

Zu den wichtigsten Erfolgen der Klinischen Forschergruppe zählt die Entdeckung, dass das Zytokin Interleukin-9 (IL-9) eine wichtige entzündungsfördernde Funktion bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen spielt. Die Ergebnisse dieser Studie könnte zu einem neuen Therapieansatz zur Bekämpfung von Darmerkrankungen führen und wurden 2014 in der Fachzeitschrift „Nature Immunology“ veröffentlicht. In einem weiteren Projekt ist es den Wissenschaftlern der KFO weltweit erstmals gelungen, die Bindung eines auf die Darmschleimhaut aufgesprühten fluoreszenzmarkierten Anti-TNF-Antikörpers während einer Darmspiegelung mit einem konfokalen Laser-Endomikroskop darzustellen. Mithilfe dieser in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlichten Ergebnisse konnte der Therapieerfolg einer nachfolgend durchgeführten Behandlung mit dem Anti-TNF-Antikörper bei Morbus-Crohn-Patienten mit hoher Sicherheit vorhergesagt werden.

Neben wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Pathogenese der CED befördert die KFO den Ausbau eines Zentrums für Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen am Standort Erlangen-Nürnberg, an dem neben einer fundierten klinischen Betreuung von Patienten ein wissenschaftlicher Schwerpunkt auf der Pathogenese- und Therapieforschung dieser schweren Erkrankungen liegt. Letzteres wird insbesondere durch eine strukturierte Ausbildung der im Rahmen des Verbundes beschäftigten Nachwuchswissenschaftler/innen und Ärzte/Ärztinnen nachhaltig unterstützt.