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DOI: 10.1055/s-0043-108500
Metformin bleibt erste Wahl
Neue ADA-Empfehlung zur Therapie des Typ-2-DiabetesPublication History
Publication Date:
24 April 2017 (online)
- Beim Therapiestart hat sich nicht viel verändert
- Kardiovaskulärer Nutzen neu aufgenommen
- Insulin bleibt selten außen vor
- Literatur
Die jährlich aktualisierten „Standards of Medical Care in Diabetes“ der „American Diabetes Association“ ähneln auch in der Fassung von 2017 den Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Gerade deshalb können sie auch hierzulande eine interessante Orientierungshilfe sein – egal ob Sie eine Diabetestherapie einleiten oder eskalieren.
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Auch in den aktuellen Empfehlungen der „American Diabetes Association“ (ADA) bleibt Metformin die empfohlene erste Wahl für Patienten mit Typ-2-Diabetes, deren Blutzucker allein mit lebenstilmodifizierenden Maßnahmen nicht ausreichend zu kontrollieren ist (Evidenzlevel A). Dabei sollte jedoch der Vitamin-B12-Spiegel – insbesondere bei Patienten mit Anämie oder peripherer Neuropathie – in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden (Evidenzlevel B), rät das Autorenteam um Dr. James Chamberlain, Salt Lake City (Utah, USA). Denn bekanntermaßen kann die langfristige Gabe von Metformin einen Vitamin-B12Mangel auslösen.
Beim Therapiestart hat sich nicht viel verändert
Als Einstieg in die Metformintherapie sind, sofern die Substanz nicht kontraindiziert ist, niedrige Dosierungen (500 mg, 1–2-mal täglich) empfehlenswert. „Metformin ist effektiv, sicher und vergleichsweise günstig und kann möglicherweise das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse oder Todesfälle senken“, so die Begründung. Bei Bedarf kann die Dosis auf bis zu 2 g täglich auftitriert werden, bis die Nüchternglukose im Zielbereich liegt.
Ist damit nach 3 Monaten noch keine zufriedenstellende Einstellung erreicht, empfiehlt die ADA ein weiteres Antidiabetikum aus der inzwischen breiten Palette zu verordnen – angefangen von einem Sulfonylharnstoff über einen Dipeptidyl-Peptidase(DPP)-4-Inhibitor bis hin zu einem Inhibitor des Natrium-Glukose-Cotransporters Typ 2 (SGLT 2; „sodium glucose-linked transporter 2“) oder einem Glukagon-like-Peptide(GLP)-1-Rezeptoragonisten. Auch Basalinsulin kann bei Patienten mit schweren Hyperglykämien eine Option sein.
Patienten, deren HbA1c-Wert zum Zeitpunkt der Diagnose bei mindestens 9 % liegt, eignen sich laut den ADA-Empfehlungen für eine frühe Kombinationstherapie – selbst wenn noch keine Diabetessymptome vorliegen. Besteht bereits Polyurie, Polydipsie oder ein (unbeabsichtiger) Gewichtsverlust und liegen der HbA1c-Wert oder der Blutzucker bei mindestens 10 % bzw. 300 mg/dl, ist eine sofortige Insulintherapie, auch in Kombination mit anderen Medikamenten, durchaus eine Option (Evidenzlevel E).
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Kardiovaskulärer Nutzen neu aufgenommen
Aus den beiden kardiovaskulären Endpunktstudien EMPA-REG Outcome[ 1 ] und LEADER[ 2 ], leitet das Autorenteam eine klare Empfehlung für Empagliflozin und Liraglutid für Patienten ab, die neben dem Diabetes bereits eine kardiovaskuläre Erkrankung aufweisen. Beide Substanzen haben in den Studien das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulären Tod signifikant gesenkt. Ob allerdings Patienten mit einem nur mäßigen Herz-Kreislauf-Risiko von einer solchen Behandlung profitieren können, ist derzeit noch offen. Unklar ist auch, ob andere Wirkstoffe aus diesen beiden Substanzklassen eine ähnliche Wirkung haben könnten.
DPP-4-Inhibitoren haben zwar ihre kardiovaskuläre Sicherheit, bislang aber keine Reduktion des Risikos für schwere kardiovaskuläre Ereignisse belegen können, betonen die Autoren des Konsensuspapiers.
Nicht unerwähnt bleiben zudem die letzten Warnungen durch die US-amerikanische Zulassungsbehörde aus den letzten beiden Jahren: So können SGLT-2-Inhibitoren bei Patienten ohne signifikante Hyperglykämie eine Ketoazidose verursachen. Für die DPP-4-Inhibitoren Alogliptin und Saxagliptin wiederum gibt es Hinweise, dass sie das Herzinsuffizienzrisiko erhöhen können.
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Insulin bleibt selten außen vor
Großen Raum in den ADA-Empfehlungennimmt die früher oder später häufig notwendig werdende Insulintherapie ein. Aufgrund des progredienten Charakters der Erkrankung sollten die Patienten frühzeitig auf diese Therapieoption vorbereitet werden. Initial könnten zunächst 10 Einheiten oder 0,1–0,2 Einheiten pro kg Körpergewicht eines Basalinsulins eingesetzt werden. Dann könnten die Patienten ihre Therapie selbst den individuellen Zielen anpassen, indem sie die Dosis 1- oder 2-mal wöchentlich um 2–4 Einheiten oder um 10–15 % erhöhen.
Auch an dieser Stelle fokussiert das Strategiepapier auf die Kosten, die in den USA stärker als in Deutschland für viele Patienten direkt relevant sein können: „Auch wenn neuere Insuline weniger Hypoglykämien verursachen, mag für manche Patienten ein NPH-Insulin (NPH = „neutral protamine Hagedorn“) eine erschwingliche Option sein.“
Lässt sich über die Basalinsulintherapie keine adäquate Stoffwechseleinstellung erreichen, stehen mit der Zugabe eines schnell wirksamen Insulins, eines GLP-1-Rezeptoragonisten oder der Wechsel zu einem Mischinsulin morgens und abends gleichwertige Therapieoptionen gegenüber (Evidenzlevel A), was dann in einem nächsten Schritt weiter eskaliert werden kann.
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1 Empagliflozin Cardiovascular Outcome Event Trial in Type 2 Diabetes Mellitus Patients
2 Liraglutide Effect and Action in Diabetes: Evaluation of cardiovascular outcome Results