Neonatologie Scan 2017; 06(03): 219-229
DOI: 10.1055/s-0043-114616
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Die Bedeutung des Mikrobioms bei Neugeborenen

Brigitte König

Subject Editor: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Gerhard Jorch.
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Publication Date:
05 September 2017 (online)

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Die intestinale Mikrobiota, die Gesamtheit aller den Darm besiedelnden Mikroorganismen, liegt voll „im Trend“ – auch in der Neonatologie. Und das ist kein Wunder: Der Einfluss des Mikrobioms auf die zukünftige menschliche Gesundheit des Neugeborenen scheint immens zu sein. Wir wissen viel, aber noch längst nicht alles. Dieser Beitrag liefert Ansatzpunkte für die Umsetzung des heutigen Wissens zum intestinalen Mikrobiom beim Neugeborenen.

Kernaussagen
  • Mit „intestinaler Mikrobiota“ bezeichnet man die Darmflora, das heißt, die Summe aller Bakterien und Mikroorganismen, die im Darm angesiedelt sind. Unter „intestinalem Mikrobiom“ versteht man die Gesamtheit aller Gene.

  • Säuglinge erwerben ihre Darmmikrobiota überwiegend von der Mutter.

  • Die Darmmikrobiota des Neugeborenen wird vor allem beeinflusst durch den Geburtsmodus, eine Antibiotikaexposition und den Fütterungsmodus.

  • Die Mikrobiota-Zusammensetzung des Darmes von Kindern, die per Kaiserschnitt geboren wurden, unterscheidet sich deutlich von derjenigen vaginal geborener Säuglinge.

  • Frauenmilch ist nicht nur Nahrung, sondern ein dynamisches bioaktives System und eine wichtige Mikrobiota-Quelle für das Neugeborene. Viele Mikroorganismen in der Muttermilch sind der Darmflora der Mutter zuzuordnen und deuten auf einen enteromammären Weg hin.

  • Zu den Faktoren, die mit der Veränderung der Milchmikrobiota verbunden sind, gehören u. a. der Geburtsmodus, die Zeitdauer nach der Geburt, die Ernährung der Mutter (Übergewicht) und die Gabe von Chemotherapeutika.

  • Gespendete Muttermilch von Frauenmilchbanken wird u. a. für die Versorgung extrem unreifer Neugeborener sowie Neugeborener mit schweren gastrointestinalen Erkrankungen oder auch immunologischen Erkrankung verwendet.

  • Beim „Vaginal Seeding“ wird mütterliche Vaginalflüssigkeit und damit die vaginale Mikrobiota auf ein durch Kaiserschnitt geborenes Kind übertragen. Dies könnte die Mikrobiota des Säuglings wiederherstellen und das erhöhte Krankheitsrisiko reduzieren.