CC BY-NC-ND 4.0 · Pädiatrie up2date 2019; 14(01): 71-85
DOI: 10.1055/s-0043-115285
Neuropädiatrie/Psychiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Primäre Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen – Update 2019

Michaela V. Bonfert*
,
Mirjam N. Landgraf*
,
Nina Mathonia
,
Lucia Gerstl
,
Iris Hannibal
,
Birte Rahmsdorf
,
Christine Kainz
,
Katharina Badura
,
Birgit Klose
,
Ruth Ruscheweyh
,
Rüdiger von Kries
,
Andreas Straube
,
Florian Heinen
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Prof. h. c. Florian Heinen
Ludwig-Maximilians-Universität München
Klinikum der Universität
Campus Innenstadt
Dr. von Haunersches Kinderspital
Abteilung für Pädiatrische Neurologie, Entwicklungsneurologie, Sozialpädiatrie und LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder – iSPZ Hauner
Lindwurmstr. 4
80337 München

Publication History

Publication Date:
28 March 2019 (online)

 

Primäre Kopfschmerzen sind im Kindes- und Jugendalter häufig – in der Praxis sind sie ein Nummer-1-Grund zur Vorstellung [1], [2]. In Abhängigkeit vom Verlauf führen Kopfschmerzen aufgrund Frequenz, Intensität, Dauer und Zeichen einer Chronifizierung zur Inanspruchnahme weiterer spezialisierter medizinischer, paramedizinischer und psychologischer Leistungen. Der Beitrag leistet ein differenziertes Update.


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Wer?

In der überwiegenden Zahl der Fälle handelt es sich bei primären Kopfschmerzerkrankungen in der Pädiatrie um einen Spannungskopfschmerz, eine Migräne oder einen (im Kindesalter häufigen und typischen) sog. Kopfschmerz vom „Mischtyp“ (Mischform von Migräneepisoden und Spannungskopfschmerzen) [3].

Merke

Über 80% der Jugendlichen berichten von mindestens einer Kopfschmerzepisode pro Monat.

Für den „Mischtyp“, der nicht als eigene Kategorie in der IHS-Klassifikation aufgeführt wird, erfolgt die Diagnosezuordnung in Abhängigkeit von der zum Zeitpunkt der Vorstellung dominierenden Symptomatik. Selbst wenn eine eindeutige Diagnosezuordnung primär möglich ist, kommt es im Verlauf bei über 50% der pädiatrischen Patienten zu einem Diagnosewechsel zwischen Migräne und Spannungskopfschmerz innerhalb von 3 Jahren [3].

Migräne und Spannungskopfschmerzen werden daher in der Pädiatrie, ähnlich wie es auch für die Erwachsenen diskutiert wird, weniger als getrennte Entitäten, sondern als 2 Ausdrucksformen innerhalb des Kopfschmerzspektrums angesehen. Es umfasst dabei in jeder Altersstufe mehr als nur das Symptom „Schmerz“: Es handelt sich vielmehr – mit Fokus auf die Migräne – um ein ganzes Spektrum zentraler, peripherer und autonomer Symptome mit den Charakteristika des jeweiligen Entwicklungsalters [4].

Zahlen

Migräne

Bei bis zu 10 – 20% der Kinder und Jugendlichen kann eine Migräne, bei weiteren 15% eine wahrscheinliche Migräne und bei 0,1% eine chronische Migräne anhand der Kriterien der ICHD-3 diagnostiziert werden ([Tab. 1]). Bei 30 – 60% der Migränepatienten kommt es zu einer Remission in der Pubertät, allerdings ist bei ca. einem Drittel dieser Patienten von einem erneuten Auftreten der Symptomatik ab der 4./5. Lebensdekade auszugehen.

Merke

Ein früher Beginn legt eine spätere Persistenz der Beschwerden nahe [3], [5], [6], [7].

Tab. 1 Diagnosekriterien der IHS – Migräne ohne Aura im Kindes- und Jugendalter [8].

Bereich

Kriterien

A

≥ 5 Attacken, welche die Kriterien B – D erfüllen1,2

1 Werden < 5 typische Attacken berichtet, wird die Diagnose „wahrscheinliche Migräne ohne Aura“ kodiert.

2 Bei einer Migränehäufigkeit von ≥ 15 Tage/Monat für > 3 Monate wird „chronische Migräne ohne Aura“ kodiert.

B

Kopfschmerzattacken, die (unbehandelt oder erfolglos behandelt) 2 – 72 Stunden anhalten

C

Der Kopfschmerz weist mind. 2 der folgenden Charakteristika auf:

  1. beidseitige oder einseitige (frontale/temporale) Lokalisation

  2. pulsierender (pochend oder sich mit dem Herzschlag verändernder) Charakter

  3. mittlere oder starke Schmerzintensität

  4. Verstärkung durch körperliche Routineaktivitäten (z. B. Gehen oder Treppensteigen) oder führt zu deren Vermeidung

D

Während des Kopfschmerzes besteht mind. 1 der folgenden Charakteristika:

  1. Übelkeit und/oder Erbrechen

  2. Fotophobie und Phonophobie (ggf. vom Verhalten des Patienten zu erschließen)

E

Der Kopfschmerz ist nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen.


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Spannungskopfschmerz

Die Prävalenz von Spannungskopfschmerzen gemäß den ICHD-3-Kriterien beträgt über 50%. Ca. 1% dieser Patienten leidet an chronischen täglichen Kopfschmerzen [9].


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Kopfschmerz vom Mischtyp

Kopfschmerzepisoden vom Migräne- und vom Spannungskopfschmerztyp geben 20% der Patienten an. Insbesondere bei jungen Patienten und Patienten mit chronischen täglichen Kopfschmerzen ist ein Entweder-oder-Schema von Migräne vs. Spannungskopfschmerzen nicht sinnvoll – dabei gilt: Je länger der Kopfschmerz chronisch besteht, desto weniger charakteristisch ist die jeweilige Ausprägung [3], [10].

Zusatzinfo

Diagnosestellung

Die Diagnose einer primären Kopfschmerzerkrankung soll grundsätzlich klinisch gestellt werden, unter der Voraussetzung, dass Anamnese, Symptomatik und Untersuchungsbefunde mit den entsprechenden Kriterien der ICHD-3-Klassifikation (International Classification of Headache Disorders) übereinstimmen (http://www.dmkg.de/kopfschmerzklassifikation/articles/aerzte-kopfschmerz-klassifikation.html).


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Charakteristika

Migräne

Bei der Migräne treten wiederholt akute Kopfschmerzepisoden von mittlerer bis hoher Intensität auf. Meist handelt es sich im Kindes- und Jugendalter um eine Migräne ohne Aura (60 – 80%). In der IHS-Klassifikation werden die folgenden klinischen Besonderheiten der Migräne in jungem Alter berücksichtigt:

  • kürzere Dauer der einzelnen Attacken (2 – 72 Stunden, wobei auch Attackendauern mit < 2 h berichtet werden)

  • häufiger bilaterale als unilaterale, i. d. R. frontale Lokalisation

  • Schmerzintensität liegt bei über 6 von 10 (auf der numerischen Analogskala [NRS])

  • häufig besteht eine vegetative Symptomatik in Form von Übelkeit, Erbrechen (wird oft als erleichternd empfunden) oder „nur“ abdominellem Schmerz

Die kindliche Migräne beginnt oft in den frühen Morgenstunden, führt zu einer Unterbrechung von eigentlich gerne durchgeführten Beschäftigungen und zu einem Rückzug mit „Abschottung“ und strikter Vermeidung (auch geringer, z. B. „Treppensteigen“) körperlicher Aktivität. In der Schmerzattacke besteht oft ein eindrucksvoll „imperativer“ Schlafdrang. Vorläufersymptome (premonitory symptoms) i. S. von autonomen, psychischen oder neurologischen Symptomen sind häufig [8], [11]:

  • Stimmungsschwankungen

  • Konzentrationsstörungen

  • Inappetenz

  • Heißhungerattacken

  • Müdigkeit

  • auffallende Blässe

  • Lichtempfindlichkeit

  • Nackenschmerzen

  • Nackensteife

  • häufiger Harndrang

Fallbeispiel

Ein 5-jähriger entwicklungsgesunder Junge wird vorgestellt. Seit 10 Monaten treten alle 4 – 6 Wochen Episoden mit folgenden Symptomen auf: Der Junge wird im Kindergarten plötzlich sehr quengelig und weinerlich und verlangt nach seinen Eltern. Wenn die Mutter ihn abholt, findet sie ein müdes, blasses Kind vor, dem es augenscheinlich nicht gut geht. Sie muss den Jungen zum Auto tragen. Zu Hause gibt der Junge dann Kopfschmerzen an, die schlecht lokalisierbar sind. Er übergibt sich zweimal und schläft dann ein. Am nächsten Morgen ist er wieder quietschfidel, als ob nichts gewesen wäre. Auf Nachfrage geben die Eltern an, dass es an diesen Tagen meistens schon so ist, dass sie beim Frühstück merken, dass etwas im „Anmarsch“ ist. Der Junge, der sonst morgens einen großen Appetit hat, stochert dann nur lustlos in der Müslischale. Die Familienanamnese zeigt eine episodische Migräne bei der Mutter und Großmutter (Beginn im jungen Erwachsenenalter).

In der klinisch-neurologischen Untersuchung zeigen sich in allen Bereichen altersentsprechende Befunde. Es wird die Diagnose einer episodischen Migräne gestellt.


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Spannungskopfschmerzen

Spannungskopfschmerzen treten wiederholt, episodisch oder chronisch auf und zeigen keine Progredienz im Verlauf. Im Vergleich zur Migräne sind Spannungskopfschmerzen von geringerer Intensität, führen weniger oft zu einer signifikanten Beeinträchtigung des Allgemeinzustands, lassen die Fortführung der Alltagsaktivitäten meist zu und bessern sich durch Ablenkung und leichte körperliche Aktivität.


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Weiterführender diagnostischer Work-up

Die Diagnose einer primären Kopfschmerzerkrankung ist immer eine klinische Diagnose, die anhand sorgfältiger Anamnese und internistischer und (kinder-)neurologischer Untersuchung und Verlaufsbeurteilung gestellt und im Verlauf bestätigt wird.

Merke

Wenn das Gesamtbild einschließlich Familienanamnese und gesicherter interiktaler Beschwerdefreiheit passt, ist die Diagnose ausgesprochen robust und bedarf keiner weiteren Untersuchungen [7], [12].

Passt das Bild nicht, bestehen atypische Symptome oder Verläufe, bestehen klinisch suspekte Befunde (insbesondere fokal-neurologische Symptome, z. B. Änderung des Schriftbilds) oder Hinweise auf psychische Veränderung (z. B. das mit den Geschwistern frech-offensiv umgehende Kind wird brav-passiv und zurückhaltend) oder geben klinische Symptome Hinweise auf einen gesteigerten intrakraniellen Druck, ist entsprechend der möglichen Differenzialdiagnose eine weitere Abklärung indiziert, wobei die Bildgebung (cMRT) an 1. Stelle steht [13], [14].


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Wann?

Da Chronifizierung von Kopfschmerzen in Kindheit und Jugend beginnen kann, sind früh angewendete Strategien zur Prävention von Chronifizierung essenziell. Diese sollten die dynamischen Reifungsprozesse des kindlichen und adoleszenten Gehirns, die mit einer besonderen entwicklungsspezifischen Vulnerabilität einhergehen, berücksichtigen [3], [14], [15].

Nach Diagnosestellung

Diagnosegespräch

Nachdem eine Diagnosezuordnung erfolgt ist, findet ein ärztlich geführtes Diagnosegespräch mit Patient und Eltern statt. Hierbei wird dem Patienten durch eindeutige Benennung der Kopfschmerzdiagnose sowie der Darlegung dessen biologischer Grundlagen eine Konzeptualisierung des ihm eigenen Kopfschmerzes auf dem Boden des biopsychosozialen Modells ermöglicht. Fehlattributionen können benannt und in der Folge abgebaut oder am besten ganz vermieden werden [12].

Merke

Diagnose und Therapie primärer Kopfschmerzen im Kindesalter basiert auf einem biopsychosozialen Modell.


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Diskussion des geplanten individuellen Therapiekonzepts

In Folge des Diagnosegesprächs werden gemeinsam mit dem Patienten die Ziele der Behandlung zur Festlegung eines geeigneten maßgeschneiderten Therapiekonzepts erarbeitet und diskutiert. Hierbei wird der hohe Stellenwert der Adhärenz/Compliance und der Selbstverantwortlichkeit des Patienten für den Erfolg der Behandlung des eigenen Kopfschmerzes herausgestellt: Der Patient (altersbezogen) trägt selbst die Verantwortung, steuert seine Therapie – auch als Kind – in seinem Rahmen selbstständig und erfährt hierdurch Selbstwirksamkeit.

Als konkrete Ziele werden i. d. R. benannt:

  • Reduktion der Kopfschmerzfrequenz (um mind. 2 Tage pro Monat)

  • Reduktion der Dauer der einzelnen Kopfschmerzepisode (auf < 1 – 2 Stunden)

  • Reduktion der Einschränkung des Alltags und der Lebensqualität

  • Verbesserung des Umgangs mit Schmerzen

  • Vermeidung von Chronifizierung

  • Vermeidung von Vermeidungsstrategien (z. B. Fernbleiben von der Schule)

  • Vermeidung eines Analgetikaabusus mit insbesondere auch Vermeidung der Einnahme von Medikamenten, wenn gleichzeitig „Nichtwirksamkeit“ attestiert wird [16]


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Klinischer Follow-up im Verlauf

Individuell, aber verbindlich und fest definierte Follow-up-Zeitpunkte werden im Rahmen des Erstgesprächs vereinbart. Diese können zusammen z. B. mit dem niedrigschwelligen Angebot von Telefonkontakten im Intervall zu einer guten Adhärenz führen. Im Rahmen der Verlaufsuntersuchungen erfolgen [12]:

  • Re-Evaluation der Diagnose

  • Beurteilung der Umsetzung von Lebensstilmaßnahmen

  • Erkennen und (wenn möglich) Abbau von Triggerfaktoren

  • Beurteilung der Effektivität der eingeleiteten Maßnahmen

  • Beurteilung der Lebensqualität des Kindes und dessen Umfeld

  • Zufriedenheit des Patienten/der Eltern mit dem Betreuungsregime

  • Erkennen einer Chronifizierung oder eines Übergangs in eine funktionelle (somatoforme/psychogene) Störung/somatische Belastungsstörung


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Was?

In der Diagnostik, Betreuung, Therapie und Beratung von Kindern mit primären Kopfschmerzen und ihren Bezugspersonen ist der Einsatz eines interdisziplinären, „dreidimensionalen“ Teams aus Pädiatrie, Psychologie und Physiotherapie dann sinnvoll, wenn im Verlauf die Basisversorgung der Praxis nicht ausreicht.

Ärztliche Diagnostik und Psychoedukation

Im Rahmen des ärztlichen Gesprächs stehen auch die Erläuterung der evidenzbasierten Relevanz von Lebensstilfaktoren und die Identifikation individueller körperlicher und psychischer Auslösefaktoren im Mittelpunkt. Diese Faktoren umfassen u. a. [17], [18]:

  • Schlafmangel oder unregelmäßiger Schlaf

  • körperliche Inaktivität

  • Übergewicht

  • Alkohol- (> 2 Drinks/Woche), Koffein- (> 2 Tassen Kaffee/Tag oder deren Äquivalent in Cola oder Energy Drinks) und Nikotinkonsum

  • geringe Flüssigkeitszufuhr (kontrovers)

  • Freizeitstress (zu wenig regenerative, nicht verplante Zeit)

  • Leistungsdruck (schulischer Stress, Erwartungsdruck der Eltern, sozialer Druck durch Peergroup/Mobbing oder Schule durch als ungerecht empfundene Behandlung von Lehrern)

  • familiäre Konflikte

Im Weiteren wird die patientenspezifische Wirksamkeit von sog. „Basismaßnahmen“ bei akutem Kopfschmerz diskutiert [12]:

  • Rückzugsmöglichkeit schaffen (Unterbrechung von schulischen/sportlichen Aktivitäten)

  • Reizabschirmung (ruhiger, dunkler Raum)

  • Erlaubnis/Möglichkeit zum Schlafen

  • Ablenkungsmöglichkeiten

  • leichte körperliche Aktivität in der frischen Luft (gilt für Spannungskopfschmerzen, nicht für Migräne)

  • Kühlung der Stirn (feuchter Lappen)

  • niederschwellige Selbstmedikation (z. B. wiederholtes Auftragen von Pfefferminzöl auf die Stirn/Schläfen/Nackenmuskeln)

Im klassischen ärztlichen Gespräch kann auch auf die ergänzende Nutzung analoger oder internetbasierter Programme hingewiesen werden. Diese Programme können zu einer Steigerung des Kenntnisstands über Kopfschmerzen im Allgemeinen und des Bewusstseins für den eigenen Kopfschmerz führen (z. B. http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Integriertes-Sozialpaediatrisches-Zentrum-im-Dr-von-Haunerschen-Kinderspital/de/Verschiedenes/sonstiges/momo/index.html; http://www.dmkg.de; http://www.migraine.org.uk).

Darüber hinaus können integrierte Gruppenkonzepte zur Vertiefung von Grundlagen, zum Erlernen verhaltenstherapeutischer Maßnahmen zur Stressbewältigung, zur Anleitung hinsichtlich muskulärer Dehnungsübungen und Entspannungsverfahren und zur medikamentösen Akuttherapie sinnvoll sein [19], [20], [21].


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Kopfschmerztagebuch

Ein wichtiges Instrument in der Behandlung primärer Kopfschmerzerkrankungen stellt die Dokumentation im Kopfschmerztagebuch (durch den Patienten selbst, z. B. über 2 – 4 Wochen) dar. Durch die hierdurch angeregte Selbstwahrnehmung und Konzeptualisierung kann der therapeutische Prozess positiv beeinflusst werden. Folgende patientenspezifische Faktoren können damit erarbeitet werden [22]:

  • Überblick über die Kopfschmerzfrequenz

  • Einschätzung der Intensität der Schmerzen

  • Koexistenz mehrerer Kopfschmerzformen anhand der dokumentierten Charakteristika

  • Identifizierung von Triggerfaktoren

  • Identifizierung von Faktoren, die eine Linderung oder eine Zunahme der Kopfschmerzen bewirken

  • Hinweise auf eine funktionelle Störung

Gleichwohl gilt es beim Gebrauch des Kopfschmerztagebuchs, die Balance zwischen Fokussierung auf und Ablenkung von Beschwerden ärztlich zu steuern.

Merke

Eine alternative Form kann daher auch die Führung eines Aktivitätstagebuchs sein, was mehr auf die erhaltenen Ressourcen fokussiert.


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Psychologische Diagnostik

Eine neuropsychologische Diagnostik, mit dem Ziel patientenspezifische Lösungsvorschläge zur Krankheits- und Stressbewältigung zu erarbeiten, kann besonders sinnvoll sein. Folgende Aspekte können hierbei fokussiert werden:

  • Identifikation von Auslösern oder „Unterhaltern“ des Kopfschmerzes (z. B. Stress, Überforderung, sekundärer Krankheitsgewinn, Schulvermeidungsverhalten)

  • Objektivierung von Folgen der Schmerzerfahrung (z. B. Einbuße hinsichtlich Konzentrationsfähigkeit, Leistungsniveau)

  • kognitive Leistungstestung (Erkennen von Überforderungssituationen in der Schule)

  • Erkennen von psychischen Belastungen und psychiatrischen Komorbiditäten (z. B. Hyperaktivität, Angststörungen, Depression, posttraumatische Belastungsstörung)

Merke

In der psychologischen Betreuung von Kindern mit Kopfschmerzen sind Selbstwahrnehmung und Selbstwirksamkeit Schwerpunkte der Arbeit zur konkreten Kopfschmerzreduktion.


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Grafische Darstellung des Kopfschmerzes

Als weitere Maßnahme, um den Patienten in der Auseinandersetzung mit seinem Schmerz zu unterstützen, kann die Anfertigung eines Bildes des eigenen, erlebten Kopfschmerzes hilfreich sein ([Abb. 1]). Sie visualisiert den Kopfschmerzcharakter und die erlebte Belastung durch den Schmerz und trägt zur Steigerung der Eigenreflexion bei [23].

Zoom Image
Abb. 1 „Mein eigener Kopfschmerz“. Zeichnung einer 11-jährigen Patientin mit episodischer Migräne.

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Spezifische Fragebögen

Darüber hinaus stehen standardisierte Fragebögen zur Verfügung, um funktionelle Beeinträchtigungen im Alltag und eine damit einhergehende Einbuße an Lebensqualität immer wieder zu objektivieren:

  • Headache Impact Test (HIT; nicht validiert für die Altersgruppe, nach klinischer Erfahrung aber ab dem 14. Lebensjahr einsetzbar)

  • Pediatric Migraine Disability Assessment Score (PedMIDAS)

  • Pediatric Quality of Life Inventory (PedsQL)

  • Fragebogen zur Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen KidKINDL (https://www.kindl.org/deutsch/fragebögen/)


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Physiotherapie

Die physiotherapeutische Beurteilung des muskuloskelettalen Systems insbesondere mit Fokus auf die Nacken-Schulter-Muskulatur und Asymmetrien/Fehlhaltungen bezüglich der Statik und Wirbelsäule ist ein essenzieller Bestandteil der körperlichen Untersuchung von Kindern und Jugendlichen mit Kopfschmerzen. In diesem Zusammenhang kommt der Untersuchung auf das Vorliegen myofaszialer Triggerpunkte (mTrPs) in der Kopf-Hals-Nacken-Muskulatur durch manuelle Palpation eine besondere Bedeutung zu [3], [17], [24], [25], [26].

Die Physiotherapie hat in der Kopfschmerzdiagnostik und -therapie die Aufgabe, die durch die ärztliche Untersuchung gescreenten Verspannungen und myofaszialen Triggerpunkte der Nacken-, Schulter- und Halsmuskulatur zu bestätigen, zu differenzieren und in Aufklärung, Therapie und Vermittlung von Eigenübungen aufzunehmen.

Fallbeispiel

Eine 14-jährige Patientin (Turnerin der Leistungsklasse, Wechsel zu diesem Schuljahr auf ein Sportgymnasium mit Internat, Periode seit dem 14. Lebensjahr), bei der seit dem Alter von 10 Jahren eine episodische Migräne bekannt ist, berichtet in einer Routineverlaufskontrolle von einer ausgeprägten Zunahme der Frequenz der Episoden (vorher ca. 1 × in 3 Monaten, nun 2 – 3 × pro Monat). Zudem dauern diese Episoden nun deutlich länger an (vorher 1 – 2 Stunden, nun einen halben bis ganzen Tag). Zudem treten fast täglich Spannungskopfschmerzen auf.

Das Mädchen wird im Rahmen des multimodalen Therapieansatzes folgendermaßen behandelt:

  1. neuropsychologische Beurteilung mit Fokus auf Stressoren im Alltag

  2. Psychoedukation an die aktuelle Situation angepasst

  3. bei aktiven muskulären Triggerpunkten im M. trapezius 2 × 6 Therapieeinheiten triggerpunktspezifische Physiotherapie

  4. Umstellung von Ibuprofen auf Triptan und Naproxen als Akutmedikation

  5. Beginn einer Therapie/Nahrungsmittelergänzung mit Magnesium/Vitamin B2/Q10

Nach 6 Wochen berichtet die Jugendliche von einer deutlichen Besserung ihrer Situation: Die Spannungskopfschmerzfrequenz habe sich bereits deutlich reduziert und es sei nur 1 Migräneepisode aufgetreten, die sich mit Triptan und Naproxen gut kupieren ließ.


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Genetik – bei spezifischer Fragestellung

Für die Migräne ist eine komplexe genetische Grundlage anzunehmen. Große genomweite Assoziationsstudien konnten über 40 Genloci identifizieren, die mit einem erhöhten Risiko für Migräne einhergehen [27], wobei für die meisten Loci nur eine leichte Risikoerhöhung um 20 – 30% gesehen wird. Wichtig für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen ist die Kenntnis der seltenen monogenetischen Migränesyndrome, die unter dem Begriff „hemiplegische Migräne“ zusammengefasst werden. Klinisch besteht das Bild einer Migräne mit Aura (oft sehr lang andauernd über Stunden bis Tage bis Wochen) und einer unterschiedlich stark ausgeprägten Hemiparese bei (nicht zwingend, aber häufig) positiver Familienanamnese:

  • FHM 1: CACNA1A

  • FHM 2: ATP1A2

  • FHM 3: SCN1A

Fallbeispiel

Ein 15-jähriger Jugendlicher wird mit dem Rettungshubschrauber zuverlegt. 3 Stunden vor Aufnahme war eine akute Hemiparese rechts, eine faziale Parese rechts sowie eine Aphasie aufgetreten. Zum Zeitpunkt der Aufnahme bestehen noch eine (ganz milde) armbetonte Hemiparese sowie eine diskrete Wortfindungsstörung, die sich jeweils innerhalb der folgenden 2 Stunden komplett zurückbilden. Im Verlauf treten mittelgradige Kopfschmerzen auf.

Bei positiver Familienanamnese (Mutter, Großvater mütterlicherseits) wird primär der V. a. Migräne mit Aura gestellt. Als sich der Junge verabredungsgemäß einige Tage später zu einem Routine-MRT des Schädels vorstellt, zeigen sich abgesehen von wenigen unspezifischen White Matter Lesions keine pathologischen Befunde. Der Junge zeigt in den kommenden 3 Monaten 4 weitere absolut identische Episoden. Ein EEG zeigt einen Normalbefund. Es wird eine genetische Diagnostik veranlasst. Diese bestätigt die Verdachtsdiagnose einer hemiplegischen Migräne Typ I (CACNA1A-Mutation).


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Welche Therapie?

Für Patienten mit primären Kopfschmerzen wird – bei jedem „nicht unkomplizierten“ Verlauf – ein multimodales Therapieregime angeboten, das sich individuell zusammensetzt und im Verlauf entsprechend des veränderten Bedarfs wiederholt angepasst werden sollte. Gemeinsam mit dem Patienten erarbeitet das interdisziplinäre Team dieses modulare Konzept auf Grundlage des biopsychosozialen Schmerzmodells.

Akute Kopfschmerzen

Akute Spannungskopfschmerzen – Motto „defensiv“

In der Regel ist ein defensives Pharmakoregime zu empfehlen, vor allem, wenn bereits die o. g. Basismaßnahmen erfolgreich eingesetzt werden können. Sollte eine Akutmedikation als notwendig angesehen werden, gelten Analgetika (nicht steroidale Antiphlogistika, NSAID) als Mittel der Wahl [16].


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Akute Migräneattacken – Motto „offensiv“

Bei Migräneattacken gilt es, frühzeitig ein zuverlässig wirksames (richtig dosiertes!), gut verträgliches und sicheres Medikament einzunehmen. Eine sorgfältige Einweisung in die Anwendung und Grenzen „seines“ Medikaments und die rasche Verfügbarkeit des Medikaments im Akutfall sind Voraussetzungen für einen maximalen Wirkungsgrad. Zunächst werden Analgetika (NSAID) in ihrer Wirksamkeit erprobt ([Tab. 2]) [16].

Cave

Aufgrund des Nebenwirkungsprofils ist Metamizol bei Kindern und Jugendlichen nicht zur Behandlung akuter Kopfschmerzepisoden zu empfehlen [28].

Tab. 2 Pharmakotherapie primärer Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter – Analgetika und nicht steroidale Antiphlogistika (NSAID) [12].

Wirkstoff

Stellenwert

Dosierung absolut

(Jugendliche)

Dosierung gewichtsadaptiert

(Kinder < 12 J.)

Dosisintervall

Kommentar

TTH = Tension Type Headache (Spannungskopfschmerz)

Einnahme möglichst rasch nach Einsetzen der Symptomatik in ausreichend hoher Dosierung; bei Symptompersistenz erneute Einnahme nach 3 – 4 h möglich; Anwendung max. 2 – 3 ×/Woche.

Grundsätzlich wichtige Nuance: individuell geeignete Darreichungsform wählen.

Ibuprofen

Mittel der 1. Wahl bei Migräne und TTH

400 – 800 mg

10 – 15 mg/kg

6 h

ggf. Schmelztabletten

Paracetamol

Mittel der nachgeordneten Wahl bei TTH

500 – 1000 mg

10 – 15 mg/kg

6 h

Bei Migräne in dieser Dosierung oft nicht effektiv; max. Tagesdosis 60 mg/kg

Cave: Hepatotoxizität/Selbstmedikation (geringe therapeutische Breite!)

Azetylsalizylsäure

Optionen bei Migräne und TTH

500 – 1000 mg

10 – 15 mg/kg

max. 25 mg/kg/d

4 – 6 h

Cave: < 12 Jahre, (historische Diskussion: Reye-Syndrom, definitiver Zusammenhang bislang nicht gesichert)

Naproxen

250 – 500 mg

5 – 7,5 mg/kg

max. 15 mg/kg/d

8 – 12 h

zugelassen > 12 Jahre; Kombination mit Triptan möglich

Der Einsatz von Antiemetika kann bei starker Übelkeit sinnvoll sein (z. B. Ondansetron). Bei „versteckten Neuroleptika“ (Dopamin-A2-Antagonisten) mit der möglichen Nebenwirkung einer akuten dystonen Reaktion (z. B. bei Metoclopramid, MCP) sollte sehr sorgfältig Risiko und Nutzen abgewogen und mit dem Patienten besprochen werden [29]. Nach Erfahrung der Autoren ist eine suffiziente Schmerztherapie häufig auch gegen die Übelkeit ausreichend und es ist keine darüber hinausgehende antiemetische Therapie notwendig.

Eine unzureichende Wirksamkeit der klassischen Analgetika/NSAID wird bei 30 – 60% der Patienten mit Migräne beobachtet. In diesen Fällen kommt die Anwendung der migränespezifischen Triptane in Betracht. Von der European Medicines Agency (EMA) liegen folgende Zulassungsdaten vor:

  • Sumatriptan-Nasenspray in einer Dosierung von 10 mg

  • Zolmitriptan-Nasenspray 5 mg ab dem Alter von 12 Jahren

Andere Triptane, abweichende (höhere) Dosierungen und Anwendung in jüngerem Lebensalter können aber in Einzelfällen zur Realisierung eines Therapieerfolgs begründet sein ([Tab. 3]) [12].

Merke

Eine effektive Akutmedikation trägt bei Kindern und Jugendlichen mit Migräne dazu bei, dass das Gefühl des Kontrollverlusts durch die Schmerzen sinkt und sich dadurch der allgemeine Umgang mit der Schmerzsymptomatik verbessert.

Die Kombination eines Triptans und eines langwirksamen NSAID (z. B. Naproxen) bewirkt oft eine Verbesserung sowohl der Akut- als auch der Langzeitwirkung. Dadurch lässt sich evtl. ein Wiederauftreten der Kopfschmerzen nach einigen Stunden („re-occurance headache“) und damit einhergehend eine wiederholte Anwendung von NSAID oder Triptanen vermeiden [12], [30].

Tab. 3 Triptantherapie der akuten Migräne im Kindes- und Jugendalter [12].

Triptan

Anwendung

Dosis

Dosisintervall

Zulassungsstatus

EMA = European Medicines Agency; FDA: Food and Drug Administration (USA)

Stratifiziertes Regime: Bei Erreichen einer vorher festgelegten Schmerzintensität (Triptanschwelle) wird das Triptan möglichst rasch angewendet; bei guter Einstellung max. Anwendung 2 ×/Woche.

Grundsätzlich wichtige Nuance: individuell geeignete Darreichungsform wählen.

Kontraindikationen: Vasospasmus, frühere zerebrovaskuläre Probleme oder TIA; periphere vaskuläre Erkrankung, arterieller Hypertonus, Angina pectoris, schwere Herzerkrankung; gleichzeitige Einnahme von MAO-Hemmern (bis zum Zeitraum von 2 Wochen nach Absetzen) oder Ergotaminen; schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen, Schwangerschaft.

Sumatriptan

nasal

10 – 20 mg

einmalige Wiederholung frühestens 2 Stunden nach erster Anwendung, sofern diese einen Effekt gezeigt hatte

EMA; ab 12 Jahren

Zolmitriptan

nasal

2,5 – 5 mg

EMA; ab 12 Jahren

Almotriptan

oral

6,25 – 12,5 mg

FDA; ab 12 Jahren

Rizatriptan

oral

5 – 10 mg

FDA; ab 6 Jahren

Rizatriptan

Schmelztablette

5 – 10 mg

FDA; ab 6 Jahren

Zolmitriptan

Schmelztablette

2,5 – 5 mg

nicht zugelassen unter 18 Jahren


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Status migraenosus

Der Status migraenosus ist ein (neuro)pädiatrischer Notfall. Er bedarf einer raschen medikamentösen Therapie in einem hospitalisierten Setting. Triptannaive Patienten können Sumatriptan subkutan oder Rizatriptan sublingual erhalten (höhere Akzeptanz der Applikationsform, aber etwas längere Zeitspanne zum Wirkeintritt [30 vs. 10 Minuten]).

Wenige pädiatrische Daten liegen für die intravenöse Gabe von Azetylsalizylsäure (ASS), Ondansetron oder Metamizol vor. Eine Diskussion einer kurzzeitigen Prophylaxe des Wiederauftretens der Kopfschmerzen bzw. eines Rückfalls in den Status migraenosus mittels NSAID oder Steroiden kann im Einzelfall sinnvoll sein. Standardisierte Protokolle wie in der Erwachsenenneurologie liegen für Kinder mit Migräne allerdings nicht vor und die Variabilität kindlicher Entwicklung und Kopfschmerzkonstellation unterstützt individuelles, nicht schematisches Vorgehen. In jedem Fall sollte nach stattgehabter Akuttherapie eines Status migraenosus über das Wiederholungsrisiko von Kopfschmerzen und deren Akutbehandlung aufgeklärt werden und ein kontinuierliches ambulantes kinder- und jugendärztliches Setting angeboten werden [16], [22].


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Chronische Kopfschmerzen

Psychologische Intervention

Evidenzbasierte Effektivität wurde für psychologische Interventionen zur Stressmodifikation, Verbesserung der Körper- und Selbstwahrnehmung, Stärkung der Autonomie und Erarbeiten von Coping-Strategien nachgewiesen [31], [32]. Bei erwachsenen Patienten gelten insbesondere folgende Verfahren als effektiv ([Tab. 4]) [33]:

  • progressive Muskelrelaxation

  • thermales Finger-Biofeedback

  • muskuläres Biofeedback

  • kognitive Verhaltenstherapie

Tab. 4 Effektstärke verhaltenstherapeutischer Behandlungsverfahren im Rahmen einer Migränetherapie [33].

Behandlungsverfahren

Effektstärke

progressive Muskelrelaxation (PMR)

0,55

thermales Finger-Biofeedback (tBFB)

0,38

PMR + tBFB

0,40

muskulärer BFB (EMG-BFB)

0,77

kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

0,54

KVT + tBFB

0,37

Placebogabe

0,16

keine Behandlung

0


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Physiotherapeutische Intervention

Verspannungen im Nacken-Schulter-Bereich sind bei Kindern und Jugendlichen, die an Kopfschmerzen – insbesondere Migräne – leiden, häufig [17], [24], [25]. Betroffen sind hiervon die über C1–C3 versorgten Muskelgruppen:

  • Mm. trapezii

  • Mm. splenii/semispinales capitis

  • Mm. sternocleidomastoidei

Diese häufige Assoziation stützt das pathophysiologische Konzept des trigeminozervikalen Komplexes, in dem nicht nur zentrale Mechanismen eine Rolle bei der Schmerzentstehung und -aufrechterhaltung bei Migräne spielen, sondern auch die peripheren Afferenzen der Schulter-Nacken-Muskulatur, die auf den Hirnstamm einwirken und vice versa [25], [34], [35], [36].

Muskulär fokussierte Maßnahmen im Bereich des M. trapezius können dadurch sowohl die lokale, myofasziale Komponente des Kopfschmerzes beeinflussen, die zentrofugale und zentripetale biopsychische Komponente des trigeminozervikalen Schmerzkomplexes erreichen als auch ein somatisch erfahrbares Modell für psychologischen Stress und die eigenen, daraus folgenden Körperreaktionen darstellen.

Den trigeminozervikalen Komplex adressierende Maßnahmen reichen von physiotherapeutischen Dehnungsübungen auch in Kombination mit Wärmebehandlung oder Massage über die triggerpunktspezifischen Physiotherapie bis zum Muskel-Biofeedback [36].

Merke

Die triggerpunktspezifische Physiotherapie ist bei Nachweis sog. „aktiver myofaszialer Triggerpunkte“ (mTrPs) effektiv.

Voraussetzungen für den Therapieerfolg dieser Verfahren sind immer:

  • Motivation

  • altersadaptiertes Erfahren und Erlernen

  • regelmäßige selbstständige Übung

  • Überführen in Eigenverantwortlichkeit und Eigensteuerung

Im breiten Spektrum der Neurostimulation könnte als weitere therapeutische Option die repetitive periphere Magnetstimulation (rPMS) der Schulter-Nacken-Muskulatur eine Rolle spielen. Eine erste Pilotstudie zur rPMS im Bereich des M. trapezius bei jungen Erwachsenen mit Migräne zeigte eine gute Toleranz der Methode und (nicht placebokontrolliert) einen nachhaltigen Effekt auf die Kopfschmerzfrequenz und Alltagsbeeinträchtigung. Pathophysiologisch-theoretisch lässt sich die rPMS sowohl über das Konzept des trigeminozervikalen Komplexes, über das Konzept der peripheren Sensitivierung des kaudalen Anteils des Kerngebiets des N. trigeminus als auch über die myofaszialen Triggerpunkte begründen [37], [38], [39], [40].


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Pharmakoprophylaxe

Vor Beginn einer Pharmakoprophylaxe werden i. d. R. die psychologischen und nicht medikamentösen Maßnahmen ausgeschöpft [16]. Indikationen für eine medikamentöse Prophylaxe können sein:

  • hohe Attackenfrequenz (Migräne > 1 – 2 ×/Woche oder > 3 – 4 ×/Monat) oder chronischer täglicher Kopfschmerz

  • relevante Einschränkung in Bezug auf Schulpräsenz, Alltagsfunktionalität, Aktivitäten (z. B. Migräne PedMIDAS ≥ 30) und Lebensqualität

  • unzureichende Wirksamkeit und Verträglichkeit oder regelmäßige Überdosierung der Akuttherapeutika

  • Kontraindikation für die Akuttherapeutika

  • prolongierte Migräne (> 48 Stunden), hemiplegische Migräne und Migräne mit Hirnstammaura (früher: Basilarismigräne) sowie ausgeprägte andere Auren (als nicht evidenzbasierte Indikationen)

Merke

Die Indikation für eine Pharmakoprophylaxe bei Kindern und Jugendlichen mit primären Kopfschmerzen wird i. d. R. zurückhaltend gestellt.

Nach wie vor ist kein Medikament spezifisch zur Prophylaxe primärer Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter zugelassen. Optionen zur Prophylaxe der Migräne in Analogie zur Erwachsenenmedizin können sein:

  • Magnesium

  • Propranolol

  • Topiramat

  • Flunarizin

  • Amitriptylin

Flunarizin stellt eine im angloamerikanischen Raum nach wie vor empfohlene Option dar, insbesondere für die hemiplegische Migräne [16]. Bezüglich Magnesium (alleine oder in Kombination mit Vit. B2 und Koenzym Q10) kann „Großzügigkeit“ empfohlen werden, bezüglich der Alternativen Topiramat und Amitriptylin sind die Empfehlungen restriktiv. In die Entscheidung zur Therapie sind die Ergebnisse des sog. CHAMP-Trials einzubeziehen, die in 2017 keine Überlegenheit gegenüber Placebo zeigen konnten [41] ([Tab. 5]).

Merke

Valproinsäure gilt mit kritischem Wirkungs-Nebenwirkungs-Profil und mit Teratogenität (Rote-Hand-Brief) für Kinder und Jugendliche als obsolet [42].

Tab. 5 Pharmakoprophylaxe primärer Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter [12].

Wirkstoff

Dosierung

Kommentar

Magnesiumcitrat

Magnesiumaspartat

200 – 600 mg/d

Nebenwirkung: Diarrhö/Flatulenz, bei Absetzen Obstipation, bei Kombinationspräparaten mit Zusätzen (Riboflavin) über „kräftig gelben“ Urin aufklären

Propranolol

0,5 – 2 mg/kg

(relative) Kontraindikationen: Atopie, Asthma, Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Leistungssport

Flunarizin

< 40 kg: 5 mg

> 40 kg: 10 mg

keine Zulassung in der Pädiatrie, abendliche Einnahme; Indikation: hemiplegische Migräne; Nebenwirkung: extrapyramidal-motorische Störungen

Topiramat

0,5 – 1(− 2) mg/kg, max. 100 mg

Cave: Kognition/Psyche/Verhalten/Essverhalten (Gewichtsabnahme); besondere Indikation: hemiplegische Migräne

Amitriptylin

0,2 – 1(− 2) mg/kg, max. 100 mg

abendliche Einnahme; EKG-Kontrollen, psychologische/psychiatrische Nebenwirkungen

Botulinumtoxin (Onabotulinumtoxin A) hat seinen spezifischen Platz (bei chronischer Migräne) in der Erwachsenenneurologie gefunden (nach ≥ 2 wirkungslosen Pharmakotherapien in Kombination mit nicht medikamentösen Maßnahmen) [43]. In einer US-amerikanischen, placebokontrollierten klinischen Studie (PREEMPT) war der Wirksamkeitsnachweis bei guter Verträglichkeit erbracht worden. Seit 2010 besteht eine Zulassung der FDA in dieser Indikation für Erwachsene. Im Rahmen von nicht kontrollierten, nicht randomisierten kleinen Fallserien konnten auch Jugendliche und Kinder erfolgreich behandelt werden [44], [45]. Eine evidenzbasierte Empfehlung lässt sich zu dieser Therapieoption zurzeit nicht geben, für Kinder und Jugendliche bleibt es ein individueller, selten indizierter Off-Label-Heilversuch. Für die Anwendung von Calcitonin-Gene-related-Peptide-Antikörper (CGRP bzw. Rezeptor-Antikörper) fehlen bislang pädiatrische Daten. Seit November 2018 ist der CGRP-Rezeptor Antikörper Erenumab für Patienten ab dem 18. Lebensjahr auf dem deutschen Markt erhältlich – mit der Zulassung weiterer Antikörper ist im Verlauf des Jahres 2019 zu rechnen [46]. Hier ist in Zukunft möglicherweise auch für Kinder und Jugendliche eine neue Therapieoption zu erwarten.

Fallbeispiel

Ein 6 Jahre altes Mädchen wird wegen Kopfschmerzen und Erbrechen in der Notaufnahme vorgestellt. Es besteht kein Fieber, es sind keine weiteren Familienmitglieder erkrankt. Das Mädchen ist sehr müde, kooperiert bei der körperlichen Untersuchung nicht gut, ohne Dolmetscher kann keine differenzierte Anamnese erhoben werden. Es wird mit der Verdachtsdiagnose einer beginnenden Gastroenteritis nach Hause entlassen.

Verabredungsgemäß stellen sich die Eltern am nächsten Morgen erneut mit dem Mädchen vor. Die Symptomatik hat sich dahingehend verschlechtert, dass das Mädchen fast nur noch schlafe. Wenn es halbwegs wach sei, könne es kaum stehen und taumele beim Gehen. Im sofort durchgeführten cMRT des Schädels zeigt sich ein raumfordernder Tumor im Bereich der hinteren Schädelgrube mit Verlegung des 4. Ventrikels.


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Komplementärmedizinische Therapieansätze

Die Nachfrage nach komplementärmedizinischen Therapiemöglichkeiten steigt stetig. Für Kinder und Jugendliche gilt hier, dass i. d. R. keine belastbaren evidenzbasierten Daten für die Vielzahl von Therapieoptionen vorliegen [47]. Orientiert an der aktuell neu erschienenen S1-Leitlinie zur Therapie der Migräne bei Erwachsenen kann ggf. auch auf Jugendliche übertragen werden [33]:

  • Aerober Ausdauersport (regelmäßig!) ist empfehlenswert.

  • Akupunktur kann eine Alternative zu einer medikamentösen Prophylaxe darstellen; klassische Akupunktur ist jedoch hinsichtlich der Wirksamkeit einer sog. Scheinakkupunktur nicht überlegen.

  • Homöopathische Therapieansätze zeigen bislang keine nachgewiesene Wirksamkeit in der Migräneprophylaxe.

  • Kein Wirksamkeitsnachweis konnte bisher – auch in Ermangelung kontrollierter Studien – erbracht werden für:

    • chiropraktische Therapie

    • Fußreflexzonenmassage

    • Piercings

    • Magnetfeldbehandlung

    • Diäten

    • Kolonhydrotherapie

    • Ozontherapie

    • einige andere komplementärmedizinische Maßnahmen


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Ausblick

Im Jahr 2019 wird das deutschlandweite Projekt „modules on migraine activity“ (moma; [Abb. 2]), gefördert durch einen Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), starten. Ziel dieses Projekts der Ludwig-Maximilians-Universität München gemeinsam mit der BARMER Krankenkasse und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) ist es, für Kinder im Alter von 6 – 11 Jahren die diagnostische und therapeutische Migränekompetenz bei Kinder- und JugendärztInnen zu erhöhen, dabei den trigeminozervikalen Komplex in praktische Kompetenz zu überführen und die biopsychosoziale Wirklichkeit von Migräne mit einer „Complexity Signature“ visuell verstehbar, patientennah und einfach kommunizierbar zu machen.

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Abb. 2 Modules on Migraine Activity (moma).(Quelle: Arbeitsgruppe Heinen/Landgraf)

In einer deutschlandweiten, kontrollierten, clusterrandomisierten Studie wird eine Level-1-Behandlung in der kinder- und jugendärztlichen Praxis mit einer Level-2-Behandlung in einem sozialpädiatrischen Zentrum mit strukturierten multidisziplinären Therapiemodulen in einem Zeitraum von 3 Monaten verglichen. Das grundsätzliche Ziel ist es, durch eine frühe, strukturierte, interdisziplinäre multimodale Kompetenz einer Chronifizierung der Migräne und damit einer Einschränkung der Lebensqualität betroffener Kinder vorzubeugen und innovative Versorgungsoptionen zu evaluieren (weiterführende Informationen erhältlich unter: http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Integriertes-Sozialpaediatrisches-Zentrum-im-Dr-von-Haunerschen-Kinderspital/de/Verschiedenes/sonstiges/momo/index.html).


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Kernaussagen
  • Primäre Kopfschmerzen sind – beginnend im Kindesalter und mit einem typischen Gipfel bei den Jugendlichen – ein Nummer-1-Gesundheitsproblem.

  • Mit der ärztlichen Diagnosesicherung durch Anamnese, klinische Untersuchung und Verlaufsbeurteilung (selten mit der Notwendigkeit ergänzender apparativer Diagnostik) kann ein patientenzentriertes, modulares, im Verlauf flexibel erweiterbares oder wieder reduzierbares Therapiekonzept definiert und mit bzw. für den Patienten angepasst werden.

  • Primäre Kopfschmerzen sind wissenschaftlich unterrepräsentiert („the most underfunded neurological problem“, [48]).

  • Schlüsselfunktion hat der ärztlich-klinische Zugang mit Anamnese und differenzierter körperlicher Untersuchung, die Elemente aus der Kinderneurologie für Hirnnerven und Nackenmuskulatur berücksichtigend. Die Diagnose kann i. d. R. zuverlässig klinisch gestellt werden.

  • Die Diagnosekriterien für Migräne und Spannungskopfschmerzen sind in der Klassifikation der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (ICHD-3) von 2018 formuliert.

  • Die Kinder- und JugendärztInnen entscheiden bei primären Kopfschmerzen pragmatisch zwischen den Polen „fokussieren“ und „ablenken und belasten“.

  • Jenseits der unkomplizierten Verläufe ist ein interdisziplinäres, „dreidimensionales“ Team aus Pädiatrie, Psychologie und Physiotherapie zu fordern.

  • Der trigeminozervikale Komplex ist ein innovatives, pathophysiologisch begründetes Arbeitskonzept zur erfolgreichen Therapie von Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen.

  • Nicht medikamentös ist das Erreichen von Selbstwirksamkeit ein ebenso abstraktes wie konkretes Ziel, dabei wird ein aktives Selbstmanagement angestrebt.

  • Die Akutmedikation von Migräneattacken wird mit erprobten Medikamenten offensiv gestaltet.

  • Die Prophylaxe von chronischen Kopfschmerzen ist hinsichtlich Medikamenteneinsatz defensiv und setzt das gestaffelte Ausschöpfen nicht medikamentöser Verfahren voraus.

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Prof. h. c. Florian Heinen, München.


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Erratum

Auf Seite 71 wurde eine Textpassage zur Autorenschaft eingefügt: „* geteilte Erstautorenschaft“.


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Autorinnen/Autoren

Michaela V. Bonfert

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Dr. med., Kinder- und Jugendärztin im integrierten Sozialpädiatrischen Zentrum – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder München. Klinische und wissenschaftliche Mitarbeit in den Fachbereichen Motorik & Intervention und Pediatric Stroke. Forschungsschwerpunkte: Complex Concussion, Neuromodulation.

Mirjam N. Landgraf

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PD Dr. med. Dipl.-Psych., Kinder- und Jugendärztin, Schwerpunkt Neuropädiatrie, Diplompsychologin, Oberärztin in der Kopfschmerzambulanz und in der TESS-Ambulanz – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder München. Forschungsschwerpunkt Migräne und Muskel. Projektleiterin im Innovationsfonds-Projekt moma für Kinder mit Migräne im Grundschulalter.

Florian Heinen

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Prof. Dr. med. Prof. h. c., Kinder- und Jugendarzt, Schwerpunkt Neuropädiatrie, Neurologe, Leiter der Abteilung Pädiatrische Neurologie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie, Ärztlicher Direktor am iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder München. Schwerpunktforschung: Migräne, Systemphysiologie zwischen Peripherie (Muskel) und Gehirn. Kinderneurologischer Konsortialpartner im G-BA Innovationsfond-Projekt moma (modules on migraine activity).

Dr. med. univ. Nina Mathonia

Integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder, München.

Dr. med. Lucia Gerstl

Integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder, München.

Dr. med. Iris Hannibal

Integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder, München.

Birte Rahmsdorf, M. Sc.

Integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder, München.

Mag. rer. nat. Christine Kainz

Integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder, München.

Katharina Badura, B. Sc.

Integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder, München.

Birgit Klose

Integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum – iSPZ Campus Hauner – LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder, München.

PD Dr. Ruth Ruscheweyh

Neurologische Klinik und Poliklinik, Ludwig-Maximilians-Universität München.

Prof. Dr. med. Rüdiger von Kries

Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München.

Prof. Dr. med. Andreas Straube

Neurologische Klinik und Poliklinik & Deutsches Schwindel- und Gleichgewichtszentrum DSGZ, Ludwig-Maximilians-Universität München.

Interessenkonflikt

F. Heinen: Konsortialpartner Neuropädiatrie im GB-A Innovationsfonds moma, LMU München. Leitlinienbeauftragter der Gesellschaft Neuropädiatrie (GNP) für Kopfschmerzen und Migräne. Vorträge, Berater, Prinzipal Investigativ (TIM Studie Merz), unrestricted educational grants: Allergan, Ipsen, Merz (Botulinumtoxine), Zimmer MedizinSysteme GmbH.
M. N. Landgraf: Projektleiterin GB-A Innovationsfonds moma, LMU München. Weiterbildungsstipendium Reckitt Benkiser; Vorträge: Novartis, Desitin.
A. Straube: Rednerhonorare und Advisory Boards für Bayer, electroCore, Lilly, Pharm-Allergan, Novartis, TEVA.
R. Ruscheweyh: Vortragshonorare von Novartis, Honorare für Advisory Boards von Hormosan, Novartis, TEVA und Pharm-Allergan und Unterstützung für Kongressbesuche von Pharm-Allergan.

* geteilte Erstautorenschaft



Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Prof. h. c. Florian Heinen
Ludwig-Maximilians-Universität München
Klinikum der Universität
Campus Innenstadt
Dr. von Haunersches Kinderspital
Abteilung für Pädiatrische Neurologie, Entwicklungsneurologie, Sozialpädiatrie und LMU Zentrum für Entwicklung und komplex chronisch kranke Kinder – iSPZ Hauner
Lindwurmstr. 4
80337 München


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Abb. 1 „Mein eigener Kopfschmerz“. Zeichnung einer 11-jährigen Patientin mit episodischer Migräne.
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Abb. 2 Modules on Migraine Activity (moma).(Quelle: Arbeitsgruppe Heinen/Landgraf)