retten! 2018; 7(01): 69-73
DOI: 10.1055/s-0043-117101
Perspektiven
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Notfallsanitäter im Sanitätsdienst der Bundeswehr

Janine Fancello
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Janine Fancello
Ausbildungs- und Simulationszentrum
Sanitätsregiment 3
Rommel-Kaserne
Auf dem Lerchenfeld 1
89160 Dornstadt

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Publication Date:
15 February 2018 (online)

 

Ein frisch examinierter Notfallsanitäter hat als Soldat nach seiner zivilen Ausbildung Einiges zu tun, um später als Sanitätsfeldwebel einen verantwortungsvollen Dienstposten zu besetzen. Ein neu eingetretener oder auch langjähriger Soldat kann sich für einen solchen Werdegang entscheiden. Egal ob im Heer, bei der Luftwaffe, als Fallschirmjäger oder bei der Marine: Der Weg dorthin ist erst einmal derselbe.


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Arbeitsfelder für Notfallsanitäter bei der Bundeswehr

Bei der Bundeswehr wächst mit den Dienstjahren und dem Dienstgrad auch die Verantwortung für Personal und Material – von Medizingeräten bis zu Rettungsfahrzeugen. Das Bestehen des Sanitätsfeldwebel-Lehrgangs ist eine der Voraussetzungen für die Zulassung zur Notfallsanitäterausbildung. Mit ihr öffnet sich das Repertoire eines Feldwebels auch zur personellen Ausbildung und Sanitätsmaterialbewirtschaftung. Oft hat man als Sanitätsfeldwebel noch weitere Aufgaben, zum Beispiel für die Funktionsfähigkeit und Vollständigkeit von Sanitätsfahrzeugen und anderen Geräten zu sorgen.

Feldwebelanwärter erhalten neben der physischen Fitness auch eine Unterweisung in Militärgeschichte und Wehrrecht. Entscheidend ist, ob ein Soldat als Vorbild, Lehrer oder auch als Vorgesetzter geeignet ist und in die Dienstgradgruppe der Unteroffiziere mit Portepee aufgenommen werden kann.

Merke

Im Auslandseinsatz sitzt ein Notfallsanitäter bei einem Konvoi als Beifahrer auf einem Rettungsfahrzeug, im Inland bildet er eine Truppe in Selbst- und Kameradenhilfe aus.

Ob später als Vorgesetzter einer Ausbildungskompanie, Hörsaalfeldwebel oder Zugführer einer anderen Kompanie: Das Weitergeben des Wissens, also das Unterrichten und Lehren, ist ab diesem Moment eine wichtige Aufgabe. Ebenso gibt es Stellen zur Unterstützung ziviler Notaufnahmen und Rettungswachen in Großstädten, zum Beispiel in Berlin und Hamburg. Während der Dienstzeit kann man viele Lehrgänge, zum Beispiel zum Sport- und Übungsleiter, zusätzlich absolvieren, die attraktive Dienstposten möglich und bestehende Posten noch interessanter machen.


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Sanitäterausbildung bei der Bundeswehr

Die Ausbildung zum Notfallsanitäter findet in Kooperation mit der Bundeswehr und zivilen sowie militärischen Dozenten, Schulen, Krankenhäusern und Rettungswachen statt. Die 3-jährige, vollexaminierte schulische Ausbildung wird von dem jeweiligen Bundesland mit vorgeschriebenen Curricula und angepassten Lehren der gesetzlich niedergeschriebenen Verantwortung eines Notfallsanitäters deutschlandweit anerkannt.

Ein stetiger Wechsel zwischen Einsätzen auf einem Rettungswagen, Unterricht in der Schule und Praktika im OP-Saal (Anästhesie), in der Notaufnahme und auf der Intensivstation in Lehrkrankenhäusern bietet eine umfassende und praxisnahe Ausbildung auf höchstem Niveau ([Abb. 1], [2]).

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Abb. 1 Unterrichtung des ABCDE-Schemas.
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Abb. 2 Notfallsanitäterazubis auf dem Übungsplatz.

Die schulische Ausbildung zum Notfallsanitäter ist für zivile und militärische Schüler identisch. Unterschiede gibt es beim weiterführenden Angebot und bei der späteren Verwendung.

Neben der Bereitstellung einer persönlichen Schutzausstattung und finanzieller Unterstützung, beispielsweise für Führerscheine oder spezielle Lehrgänge, schließt die Bundeswehr einen Ausbildungsvertrag mit Schulen und anderen Ausbildungsinstitutionen, mit Lehrkrankenhäusern und rettungswachen. Jedem Soldaten werden ein Praxisanleiter, Lehrmaterial und weitere Fortbildungen als fundierte Basis einer fortlaufenden ausbildungszielorientierten Entwicklung garantiert.

Im Gegensatz zur zivilen Ausbildung schließen sich auf dem Weg zum „Feldwebel im Sanitätsdienst“ weitere Lehrgänge und Fortbildungen an.

Zum guten Gelingen – auch im internationalen Raum – gehört die Beherrschung der für alle NATO-Mitglieder verständlich und einheitlich festgelegten Sprache „NATO-Englisch“. Deshalb widmet sich ein eigener Kurs in einem Zeitraum von bis zu 3 Monaten dem Business English der Bundeswehr. Er soll auf den Einsatz im Ausland vorbereiten.

Viele Medizingeräte der Bundeswehr sind für extreme Notfälle ausgelegt, nicht für den Normalfall. Neben Farbe, Größe und Gewicht ist auch die Benutzung eine andere. Daher benötigt ein Notfallsanitäter neben den Unterrichtungen zu allen Medizinprodukten eine Einweisung in sämtliches medizinisches Material, das in die Hände eines Notfallsanitäters gehört. Dazu kommt die Unterrichtung in den gesetzlich festgelegten Rechten und Pflichten eines Soldaten sowie in Medizinproduktegesetzen.

Ein Training zur Krisenintervention und Konfliktverhütung ist Pflicht in der Laufbahn jedes Soldaten. Es wird mehrmals absolviert: vor jedem Einsatz und als Auffrischung nach der Rückkehr aus einer Ausbildung. In den dafür vorgesehenen vier Wochen werden militärische Grundfertigkeiten und erweiterte Fähigkeiten vermittelt. Das Training wird mit einer Abschlussprüfung beendet.

Zur taktischen Medizin, also der Notfallmedizin in taktischen Lagen mit erhöhter Bedrohung, gehört vor allem die Erstversorgung kritischer Zustände, etwa das Erkennen und Behandeln von Funktionsstörungen des Kreislaufsystems mit einer großen Auswahl an medizinischen Produkten. Im Ernstfall werden diese in einem Rucksack auf dem eigenen Rücken über Stock und Stein getragen.

Zu den besonderen Einsätzen gehören die Blauhelmmissionen unter Führung der Vereinten Nationen. Um die Teilnahme muss man sich bewerben. Ein wichtiger Aspekt ist die Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Kräften (CIMIC). Kooperation und Koordination zwischen Militärmission und der Bevölkerung oder zivilen Behörden umfassen nicht nur die Unterstützung in der Katastrophenhilfe, sondern auch den Bau von Schulen, Krankenhäusern und Infrastruktur.

Der Unterschied zwischen einem militärischen und einem zivilen Notfallsanitäter liegt im Arbeitsauftrag im Inland. Meist hat der militärische Notfallsanitäter einen Zweitjob in seiner Einheit, oft als Verantwortlicher für medizinische Ausbildung und medizinische Gerätschaften wie Sanitätsmaterial, Zelte, Container und Fahrzeuge. Erst im Auslandseinsatz übernimmt der Soldat die Tätigkeit eines Notfallsanitäters und stellt mit weiteren Sanitätern und Ärzten die medizinische Versorgung.

Die 3-jährige, vollexaminierte schulische Ausbildung wird deutschlandweit anerkannt.


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Rettungskette im Auslandseinsatz (Role 1 – 4)

Kommt es während einer Patrouille im Auslandseinsatz zu einer Erkrankung oder Verletzung eines Soldaten, soll durch die Rettungskette im Rahmen der sanitätsdienstlichen Versorgung im Ergebnis dieselbe Behandlungsqualität wie in Deutschland erzielt werden.

Je nach Verletzungsmuster oder Krankheitsschwere durchläuft ein verletzter oder erkrankter Soldat im Einsatz vier Behandlungsebenen (Role 1 – 4) vollständig oder teilweise.

Welche Aufgaben hat der Notfallsanitäter in diesen Behandlungsebenen?

Erste Ebene (Role 1): Allgemein- und notfallmedizinische Erstversorgung

Kommt es zur Verletzung oder Verwundung eines Soldaten, steht die Selbst- und Kameradenhilfe an erster Stelle. Sofortmaßnahmen zur Blutstillung und zum Atemwegsmanagement werden von einem Notfallsanitäter übernommen, der je nach Auftrag und Einsatzlage zum Beispiel eine Patrouille zu Fuß oder im Rettungsfahrzeug begleitet. Er ist auch zuständig für den Transport des Patienten durch einen BAT (Beweglichen Arzttrupp). Dafür arbeitet der Notfallsanitäter mit einem Militärmediziner zusammen.

Bei bestimmten Aufträgen kann die Erste Ebene um eine Luftlanderettungsstation erweitert werden. In ihr nimmt der Notfallsanitäter eine Sichtung aller Patienten in der Aufnahme vor.


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Zweite Ebene (Role 2): Erste notfallchirurgische Versorgung

Die zweite Behandlungsebene wird durch ein Rettungszentrum oder Luftlanderettungszentrum der Bundeswehr abgedeckt. Dort werden die notfallmäßige Diagnostik und die Aufrechterhaltung bzw. Anpassung der aktuellen Therapie des Patienten vorgenommen. Das Rettungszentrum ist für die medizinische Akutversorgung ausgestattet, unter anderem mit Röntgendiagnostik und Labor – und meist auch mit einem Operationssaal. Die Rettungszentren sind sehr mobil und flexibel; sie bestehen aus Containern und Zelten und können so beliebig an die Lage und das Geschehen angepasst werden.


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Dritte Ebene (Role 3): Klinische Akutversorgung im Einsatz

Das Einsatzlazarett deckt die dritte Behandlungsstufe ab. Patienten werden darin wie in einem Krankenhaus ambulant und stationär fachärztlich versorgt. Es ist eine erweiterte chirurgische, intensivmedizinische und fachärztliche Einrichtung zur Diagnostik und Therapie. In ihr kann ein Soldat bis zur Genesung betreut werden.

Nahezu alle Fachbereiche sind in diesem Einsatzkrankenhaus vertreten. Von dort aus findet auch die direkte Rückführung eines Soldaten in eines der Bundeswehrkrankenhäuser in Deutschland statt. Dieser Transport wird mit einem speziell eingerichteten Luftfahrzeug durchgeführt: einem Airbus A310, der bis zu 56 Patienten aufnehmen oder zu sechs Intensivplätzen umgebaut werden kann.


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Vierte Ebene (Role 4): Abschließende klinische Versorgung und Rehabilitation

Für die vierte Behandlungsebene stehen in erster Linie die Bundeswehrkrankenhäuser zur Verfügung. Bei Bedarf wird zusätzlich auf zivile Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen zurückgegriffen, um Behandlung und Therapie des Soldaten bis zu vollständigen Genesung sicherzustellen.


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Aufgaben des Notfallsanitäters im Einsatz

Als erste Person, die verletzte und kranke Kameraden in Notfällen medizinisch versorgt, entscheidet der Notfallsanitäter über die Notwendigkeit ärztlicher Unterstützung und leitet lebensrettende Sofortmaßnahmen ein.

Er versorgt den Notfallpatienten eigenständig bis zum Eintreffen des Notarztes und assistiert dem Notarzt dann, zum Beispiel bei dem Anlegen einer Thoraxdrainage.

Hauptaufgaben sind der Transport und die fachgerechte Betreuung sowie die Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten bis zur Ankunft in der weiterbehandelnden Sanitätseinrichtung. Gleichzeitig gehört es zu seinen Aufgaben, die Vollständigkeit und Einsatzbereitschaft sicherzustellen und die Rettungsfahrzeuge und medizinischen Geräte zu pflegen – eine abwechslungsreiche und oft herausfordernde Tätigkeit, für die vertiefte Kenntnisse in der Rettung von Kameraden unter erschwerten Bedingungen notwendig sind. Diese Kenntnisse sind deshalb Teil der Ausbildung.


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Voraussetzungen für die Ausbildung

Zu den Voraussetzungen für den Einstieg in die Bundeswehr mit Ausbildung zum Notfallsanitäter gehören

  • der Abschluss des 17. Lebensjahres,

  • die deutsche Staatsbürgerschaft (auch dazu bietet die Bundeswehr ihre Unterstützung an),

  • Hauptschulabschluss oder mittlere Reife,

  • die Bereitschaft, sich bundesweit versetzen zu lassen,

  • die Bereitschaft zur Teilnahme an Auslandseinsätzen.

Die beiden letzten Punkte sind sehr wichtig – und oft die größte Hürde für Bewerber.

Die Verpflichtungszeit richtet sich nach der Qualifizierung und den Zielen, die in der Laufbahn angestrebt werden. Mittlerweile ist eine Verpflichtungszeit von 25 Jahren möglich. Es gibt eine Vielzahl zusätzlicher Qualifizierungsmöglichkeiten und ein attraktives Vergütungspaket. Auch ehemalige Soldaten können als „Wiedereinsteller“ von dieser Ausbildung profitieren. Nach einer Dienstzeit von 13 Jahren stehen dem Soldaten weitere 3 Jahre zur Aus- und Weiterbildung zur Verfügung, die mit dem letzten ausgezahlten Gehalt vergütet werden.

Kernaussagen
  • Im Auslandseinsatz sitzt ein Notfallsanitäter bei einem Konvoi als Beifahrer auf einem Rettungsfahrzeug, im Inland bildet er eine Truppe in Selbst- und Kameradenhilfe aus.

  • Später in der Laufbahn sind Unterrichten und Lehren wichtige Aufgaben.

  • Neben der Bereitstellung einer persönlichen Schutzausstattung und finanzieller Unterstützung schließt die Bundeswehr einen Ausbildungsvertrag mit Schulen und Lehrkrankenhäusern und ‑rettungswachen.

  • Je nach Verletzungsmuster oder Krankheitsschwere durchläuft ein verletzter oder erkrankter Soldat im Einsatz vier Behandlungsebenen (Role 1 – 4).

  • Im Einsatz versorgt der Notfallsanitäter den Notfallpatienten eigenständig bis zum Eintreffen des Notarztes und assistiert dann dem Notarzt.


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Janine Fancello

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ist seit 2014 bei der Bundeswehr; zurzeit ist sie in Ulm (Dornstadt) stationiert und bildet im Ausbildungs- und Simulationszentrum im Sanitätsregiment 3 Soldaten zur Auslandseinsatzvorbereitung im medizinischen Bereich aus; seit 2015 besucht sie die DRK-Landesschule in Karlsruhe in der Ausbildung zum Notfallsanitäter.

No conflict of interest has been declared by the author(s).


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Janine Fancello
Ausbildungs- und Simulationszentrum
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Rommel-Kaserne
Auf dem Lerchenfeld 1
89160 Dornstadt


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Abb. 1 Unterrichtung des ABCDE-Schemas.
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Abb. 2 Notfallsanitäterazubis auf dem Übungsplatz.