Schlüsselwörter
Vorhofflimmern - Demenz - kognitives Defizit - Alzheimer-Demenz
Key words
atrial fibrillation - dementia - cognitive decline - Alzheimerʼs disease
Was ist wichtig?
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Patienten mit Vorhofflimmern weisen (im Verlauf) häufig kognitive Defizite auf.
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Vorhofflimmern ist als Risikofaktor für eine Demenz anzusehen.
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Eine durch Vorhofflimmern induzierte vaskuläre Schädigung des zentralen Nervensystems
kann in einer kognitiven Leistungsminderung resultieren und auch der Progression einer
nicht vaskulär bedingten Demenz Vorschub leisten. Zudem sind eine durch Vorhofflimmern
bedingte chronische zerebrale Hypoperfusion, eine Aktivierung der durch Sphingosin-1-Phosphat
vermittelten Signalkaskade und eine induzierte systemische Entzündungsreaktion als
Ursache einer kognitiven Leistungsminderung zu diskutieren.
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Studien zur Prävention kognitiver Störungen bei Patienten mit Vorhofflimmern sind
wünschenswert, setzen jedoch eine standardisierte und serielle Erfassung der kognitiven
Funktion voraus.
Die vorliegende Übersichtsarbeit basiert auf einer selektiven Literaturrecherche der
Autoren und einer kürzlich in der Zeitschrift Europace veröffentlichten Übersichtsarbeit
[1].
Demenz – Häufigkeit und Ätiologie
Demenz – Häufigkeit und Ätiologie
In Westeuropa beträgt die Prävalenz einer Demenz etwa 2600 pro 100 000 bei den über
65-Jährigen und etwa 21 700 pro 100 000 bei den über 85-Jährigen. Im Zuge der aktuellen
demografischen Entwicklung ist eine weitere Zunahme der Prävalenz zu erwarten, auch
wenn sich dies in den letzten Jahren in Westeuropa nicht nachweisen ließ [2]. Im Hinblick auf eine möglicherweise zu geringe diagnostische Aufmerksamkeit kann
eine höhere Prävalenz einer Demenz in der Bevölkerung zudem nicht ausgeschlossen werden
[3]. Aufgrund der variierenden diagnostischen Kriterien (z. B. gemäß ICD-10 oder DSM-IV)
sind die berichteten (regionalen) Prävalenzen einer Demenz nur bedingt vergleichbar
[4].
Abb. 1 Magnetresonanztomografische Darstellung verschiedener Demenzformen: axiale FLAIR
(Fluid attenuated Inversion Recovery) mit konfluierenden „White Matter Lesions“ im
Sinne einer zerebralen Mikroangiopathie bei vaskulärer Demenz (a). Axiale T2-Sequenz mit multiplen lakunären Infarkten im Stammganglienbereich und
einem älteren Territorialinfarkt parietal rechts (Pfeil) bei vaskulärer Demenz (b). Axiale FLAIR mit frontal und temporal betonter Hirnatrophie bei Demenz vom Alzheimer
Typ (c).(Quelle: Prof. Dr. Jochen B. Fiebach, Centrum für Schlaganfallforschung Berlin,
Charité – Universitätsmedizin Berlin)
Bei den primären Demenzen (Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Demenz mit Lewy-Körperchen,
vaskuläre Demenz; [Tab. 1]) ist pathophysiologisch zwischen einer vaskulären und einer degenerativen Genese
zu unterscheiden. Durch bisher nicht abschließend geklärte Mechanismen kommt es bei
den degenerativen Demenzen (Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Demenz mit Lewy-Körperchen;
[Tab. 1]) zur Aggregation intra- bzw. extrazellulärer Proteine mit konsekutiver Funktionsstörung
und Untergang von Neuronen. Von den primären Demenzen werden sekundäre Demenzen unterschieden,
die beispielsweise durch metabolische Störungen, Autoimmunerkrankungen oder infektiöse
Erkrankungen bedingt sein können und insgesamt etwa 5 – 10% aller Demenzen ausmachen.
Die häufigste Demenz, die ca. 75% aller Demenzerkrankungen bei den über 65-Jährigen
verursacht, ist die Alzheimer-Demenz. Die auf einer vaskulären Schädigung beruhende
vaskuläre Demenz macht etwa 20% aller Demenzen bei den über 65-Jährigen aus [5], [6] ([Abb. 1]). Bei etwa 20% aller Betroffenen finden sich Hinweise für eine gemischte Demenz
[7].
Tab. 1 Übersicht über primäre Demenzformen [5].
Demenzform
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klinische Merkmale
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relevante diagnostische Befunde
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Therapie
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Alzheimer-Demenz (Morbus Alzheimer)
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kortikale Demenz mit führenden Defiziten bei Rechnen, Gedächtnis, Sprache, Benennen; räumliche Orientierungsstörung.
Im Verlauf ausgeprägte Neugedächtnisstörung, visuell-räumliche Verarbeitungsstörung,
Sprachverarmung
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Hypometabolismus im Praecuneus und posterioren Gyrus cinguli, temporoparietal und
frontal. Temporale Atrophie und Atrophie des Hippocampus. Amyloid-β (Aβ1 – 42) erniedrigt
und Tau-Protein erhöht im Liquor
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leichte und mittelschwere Formen: Acetylcholinesterasehemmer (Donezepil, Rivastigmin,
Galantamin) mittlere bis schwere Formen: NMDA-Rezeptor-Antagonist (Memantin)
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Demenz mit Lewy-Körperchen
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kortikale Demenz. Fluktuation von Wachheit und Vigilanz, visuelle Halluzinationen. Schweres Parkinsonoid
nach Gabe von Neuroleptika
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frühzeitiger Hypometabolismus wie bei der Alzheimer-Demenz und okzipital
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Monotherapie mit Levodopa bei Parkinson-Syndrom Acetylcholinesterasehemmer wirksam gegen Halluzinationen
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Frontotemporale Demenz (Morbus Pick)
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frontale Demenz mit Defiziten in abstraktem und planendem Denken, Verhaltensauffälligkeiten, Antriebsstörung
und Minderung des Sprachantriebs
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Hypometabolismus und Hypoperfusion mesiofrontal, dorsolateral und temporal. Im Verlauf
auch fokale Atrophie
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keine evidenzbasierte Therapie
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vaskuläre Demenz
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variabel gemäß Art und Lokalisation der Schädigung. Subkortikale Demenz mit Verlangsamung, Antriebsminderung, Auffassungsstörung. Häufig weitere neurologische
Defizite wie eine Gang- oder Miktionsstörung
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diffuser Hypometabolismus, variable Verteilung zerebraler Ischämien und zerebrale
Mikroangiopathie
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konsequente Blutdruckeinstellung und Therapie eines Diabetes mellitus Gabe von Antidementiva bei Koinzidenz mit degenerativer Demenz
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Im Hinblick auf die ebenfalls hohe Prävalenz des Vorhofflimmerns in der älteren Bevölkerung
[8] ist die Beurteilung eines Kausalzusammenhangs zwischen Vorhofflimmern und einer
Demenz erschwert, zumal beide Erkrankungen ähnliche Risikofaktoren aufweisen, wie
beispielsweise eine Herz- bzw. Niereninsuffizienz, einen Diabetes mellitus oder ein
Schlafapnoe-Syndrom (zur Übersicht [1]).
Der Nachweis eines Kausalzusammenhangs wird zudem durch den fehlenden diagnostischen
Standard zum Nachweis eines (bis dato asymptomatischen) Vorhofflimmerns bei Demenzpatienten
bedingt.
Vorhofflimmern und demenzielle Erkrankungen betreffen vornehmlich ältere Menschen.
Aufgrund variierender diagnostischer Standards und klinischer Definitionen ist die
Prävalenz des Vorhofflimmers und einer Demenz nur näherungsweise bekannt. Der Nachweis
eines Kausalzusammenhangs wird zudem dadurch erschwert, dass bestimmte kardiovaskuläre
Risikofaktoren sowohl ein Vorhofflimmern als auch eine vaskuläre Demenz begünstigen
können.
Vorhofflimmern als Ursache einer vaskulär bedingten kognitiven Beeinträchtigung
Vorhofflimmern als Ursache einer vaskulär bedingten kognitiven Beeinträchtigung
Vorhofflimmern verursacht schätzungsweise 10 – 15% aller ischämischen Schlaganfälle.
Des Weiteren haben Schlaganfallpatienten mit Vorhofflimmern (unbehandelt) ein vergleichsweise
hohes Risiko für einen erneuten ischämischen Schlaganfall [8]. Anhand von Beobachtungsstudien mit serieller Bildgebung ist zudem davon auszugehen,
dass klinisch unbemerkte ischämische Schlaganfälle häufiger sind als klinisch manifeste
Schlaganfälle und mit einem erhöhten Risiko für eine Demenz einhergehen [9]. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass eine vaskuläre Schädigung der Progression einer
nicht vaskulär bedingten Demenz Vorschub leistet.
Es ist davon auszugehen, dass etwa 10% aller Schlaganfallpatienten bereits vor dem
Auftreten des ersten Schlaganfalls eine Demenz hatten und etwa 10 – 25% aller Schlaganfallpatienten
nach dem ersten Schlaganfall eine (sogenannte „Post Stroke“) Demenz entwickeln. Nach
einem Schlaganfallrezidiv tritt bei jedem Dritten eine Demenz auf. Leichte bis moderate
kognitive Defizite, die nicht die Kriterien einer manifesten Demenz erfüllen, finden
sich bei 30 – 62% der Schlaganfallpatienten [7], [10].
Da dezidierte Angaben für die Prävalenz kognitiver Defizite bei Schlaganfallpatienten
mit Vorhofflimmern nicht vorliegen, kann ein Kausalzusammenhang zwischen Vorhofflimmern
und einer Demenz in Verbindung mit einer als ursächlich angenommenen vaskulär bedingten
Hirnschädigung („vaskuläre Demenz“) jedoch nicht definitiv belegt werden.
Neben sogenannten „strategischen“ ischämischen Infarkten (die z. B. den Thalamus,
die Basalganglien, das frontale Marklager oder den Hippocampus betreffen) sind vor
allem multiple ischämische Infarkte als Ursachen einer Demenz anzusehen, deren Auftreten
offenbar auch durch sekundäre neurodegenerative Prozesse nach stattgehabter zerebraler
Ischämie begünstigt wird [11]. Die Verfügbarkeit einer Magnetresonanztomografie bei 7 Tesla ermöglicht nunmehr
den Nachweis von sogenannten „Mikroinfarkten“, die definitionsgemäß einem Durchmesser
< 1 mm aufweisen und offenbar mit einer Demenz assoziiert sein können [12]. Ungeklärt ist, ob diese „Mikroinfarkte“ eine hippocampale Schädigung bedingen können,
die die im Rahmen einer Beobachtungsstudie in der zerebralen MRT nachgewiesene Volumenminderung
des Hippocampus bei Vorhofflimmerpatienten ohne manifeste Schlaganfälle erklären kann,
wie von den Autoren vermutet wurde [13]. Im Vergleich zu nach Alter und Geschlecht gematchten Probanden fanden sich in dieser
Beobachtungsstudie zur hippocampalen Atrophie korrespondierende Teilleistungsstörungen
im Bereich Lernen und Gedächtnis. In diesem Kontext sind die Ergebnisse einer in Island
durchgeführte Querschnittstudie unter Einschluss von 4251 Probanden ohne Demenz interessant.
Unabhängig vom MRT-basierten Nachweis ischämischer Schlaganfälle wiesen Patienten
mit Vorhofflimmern ein signifikant geringeres Volumen der grauen Substanz und des
Marklagers auf [14].
Eine durch Vorhofflimmern bedingte zerebrale Embolie kann eine vaskuläre Schädigung
induzieren, die (kumulativ) kognitive Defizite bedingen kann. Ob eine vaskuläre Schädigung
die Ursache der bei Patienten mit Vorhofflimmern beschriebenen (fokalen) Hirnatrophie
ist, kann hingegen nicht als gesichert angesehen werden.
Vorhofflimmern als Ursache einer nicht vaskulär bedingten kognitiven Beeinträchtigung
Vorhofflimmern als Ursache einer nicht vaskulär bedingten kognitiven Beeinträchtigung
Unter Berücksichtigung von 5 Querschnittstudien und 9 prospektiven Studien, die einen
möglichen Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und einer kognitiven Beeinträchtigung
oder einer Demenz untersuchten, zeigte eine Metaanalyse für Vorhofflimmerpatienten
ohne einen Schlaganfall in der Anamnese ein um 37 bzw. 38% signifikant erhöhtes Risiko
für das Auftreten einer kognitiven Störung oder einer Demenz [15]. Vergleichbare Ergebnisse erbrachte eine Post-hoc-Analyse der randomisierten ONTARGET-
und TRANSCEND-Studien, die unter Einschluss von 31 506 Patienten, die älter als 55
Jahre alt waren und ein moderates kardiovaskuläres Risikoprofil aufwiesen, ein um
30% erhöhtes Demenzrisiko nachweisen konnten, wenn ein (nicht näher spezifiziertes)
Vorhofflimmern bestand [16]. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und einer Alzheimer-Demenz
fand sich in der Intermountain Heart Collaborative Study unter Einschluss von Patienten,
die sich in kardiologischer Behandlung befanden. Unter Berücksichtigung klinisch manifester
Schlaganfälle zeigte sich für Patienten mit bekanntem Vorhofflimmern im Verlauf von
5 Jahren ein 2,3-fach erhöhtes Risiko für eine Demenz, wenn diese Patienten bei Einschluss
in das Register jünger als 70 Jahre alt waren [17].
Als mögliche Ursache einer progredienten kognitiven Störung ist, unabhängig von einer
durch eine Ischämie bedingten Hirnschädigung, eine durch Vorhofflimmern bedingte chronische
Hypoperfusion des Gehirns im Zuge einer variierenden linksventrikulären Ejektionsfraktion
in Betracht zu ziehen. Eine zumindest passager zu niedrige Nährstoffzufuhr des Gehirns
und die Akkumulation von Stoffwechselabbauprodukten konnte im Tiermodell belegt werden.
Die klinische Wertigkeit der „Critically attained Threshold of Cerebral Hypoperfusion“-(CATCH-)Hypothese [18] ist jedoch im Menschen für Vorhofflimmern nicht zweifelsfrei belegt. Als weitere
mögliche Ursache kognitiver Defizite wird eine durch Vorhofflimmern induzierte systemische
Inflammationsreaktion angesehen, die anhand von erhöhten CRP-Werten und Zytokinkonzentrationen
(TNF-alpha, IL-2, IL-6, IL-8) nachweisbar ist [19].
Des Weiteren wird eine durch TNF-alpha vermittelte Aktivierung der durch Sphingosin-1-Phosphat
vermittelten Signalkaskade für Störungen der zerebralen Mikrozirkulation verantwortlich
gemacht, da Sphingosin-1-Phosphat zu einer Vasokonstriktion führt und im Tiermodell
zu einer Hypoperfusion des Gehirns beiträgt [20]. Eine Korrelation der kardialen Amyloidose [21] und der für die Alzheimer-Demenz pathognomonischen zerebralen Amyloidablagerungen
ist bisher nicht nachgewiesen.
Auch Vorhofflimmerpatienten ohne manifesten Schlaganfall weisen offenbar ein erhöhtes
Risiko für eine Demenz auf. Als mögliche Ursachen sind eine (intermittierende) zerebrale
Hypoperfusion, eine systemische Entzündungsreaktion und eine Aktivierung der durch
Sphingosin-1-Phosphat vermittelten Signalkaskade anzusehen.
Effekte etablierter therapeutischer Verfahren bei Vorhofflimmern auf die Kognition
Effekte etablierter therapeutischer Verfahren bei Vorhofflimmern auf die Kognition
Die Effektivität einer oralen Antikoagulation in der Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern
ist für Patienten mit moderatem bzw. hohem Schlaganfallrisiko hinlänglich belegt und
in den Leitlinienempfehlungen verankert [8]. Die Effektivität einer oralen Antikoagulation für die Prävention kognitiver Defizite
ist für Vorhofflimmerpatienten hingegen nicht belegt. Analysen unter Berücksichtigung
von 2600 Patienten mit Vorhofflimmern, die in einer Gerinnungsambulanz in den USA
betreut wurden, suggerieren jedoch eine geringere Wahrscheinlichkeit einer kognitiven
Leistungsminderung bei einer vergleichsweise hohen Zeit im therapeutischen INR-Bereich
[22]. Interessanterweise zeigte eine retrospektive Analyse des Intermountain Healthcare
Clinical Pharmacist Anticoagulation Service ein erhöhtes Risiko für eine Demenz bei
oral antikoagulierten Patienten mit Vorhofflimmern im Vergleich zu Patienten, die
aufgrund einer Beinvenenthrombose oder einer Lungenembolie antikoaguliert wurden [23].
Auch für eine rhythmuserhaltende Therapie ist eine Prävention kognitiver Defizite
bisher nicht anhand einer prospektiven randomisierten Studie belegt. In der retrospektiven
Intermountain Atrial Fibrillation Study wurden Krankenkassendaten von 37 908 Amerikanern
mit symptomatischem Vorhofflimmern analysiert. Über einen Beobachtungszeitraum von
3 Jahren fand sich für Patienten nach linksatrialer Katheterablation im Vergleich
zu Patienten ohne Katheterablation ein signifikant geringeres Risiko für eine Alzheimer-Demenz.
Für eine vaskuläre Demenz ergab sich ein nicht signifikanter Trend für eine Risikoreduktion
nach einer Katheterablation [24]. In diesem Kontext ist jedoch das mit einer Katheterablation assoziierte Schlaganfallrisiko
zu berücksichtigen [25], auch wenn bisher nicht anhand einer randomisierten Studie eine konsekutive Verschlechterung
der Kognition gezeigt werden konnte [26].
Laufende prospektive Studien unter Einschluss von Patienten mit Vorhofflimmern und
einem prädefinierten klinischen Endpunkt zur Kognition sind in [Tab. 2] dargestellt. Die Ergebnisse dieser Studien dürfen mit Spannung erwartet werden.
Tab. 2 Laufende Studien unter Einschluss von Patienten mit Vorhofflimmern mit einem prädefinierten
Endpunkt zur Kognition [1].
Studie (Clintrials.gov)
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Studiendesign
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Endpunkte mit Bezug zur Kognition
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MoCA: Montreal Cognitive Assessment; NINDS-CSN: National Institute of Neurological
Disorders and Stroke and Canadian Stroke Network; MMSE: Mini-Mental State Examination;
3MS: Modified Mini-Mental State Examination
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BRAIN-AF NCT02387229
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randomisierte doppelblinde Studie; 6396 Patienten mit Vorhofflimmern und CHADS2 < 1; ASS100 mg/d vs. Rivaroxaban 15 mg/d über 6,5 Jahre
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primärer Endpunkt: TIA, Schlaganfall oder kognitiver Abbau
sekundäre Endpunkte: Tod, vaskuläres Ereignis, Kognition (gemäß 3MS, MMSE)
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GIRAF NCT01994265
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randomisierte Studie; 200 Patienten mit Vorhofflimmern und CHA2DS2-VASc > 1; Dabigatran 2 × 150 mg/d vs. Warfarin (INR 2 – 3) über 2 Jahre
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primärer Endpunkt: kognitive Defizite (MoCA; NINDS-CSN-Vascular Cognitive Impairment
Harmonization)
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DIAL-F NCT01816308
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prospektive Fall-Kontroll-Studie; 888 Patienten mit Vorhofflimmern; linksatriale Katheterablation
vs. antiarrhythmische Medikation über 2 Jahre
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primärer Endpunkt: kognitive Defizite (MoCA)
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SWISS-AF NCT02105844
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prospektive observationelle multizentrische Kohortenstudie; 2600 Patienten mit Vorhofflimmern
> 65 Jahre
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sekundärer Endpunkt: kognitive Defizite im Verlauf
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EAST NCT01288352
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randomisierte Studie; 2789 Patienten mit Vorhofflimmern und einem CHA2DS2-VASc > 1; frühzeitiger Einsatz einer rhythmuserhaltenden Therapie im Vergleich zur
Standardtherapie bei Vorhofflimmern
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sekundärer Endpunkt: MoCA 24 Monate nach Randomisierung
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Eine individuell optimierte und leitliniengerechte Therapie des Vorhofflimmerns ist
anzustreben. Bisher ist jedoch nicht sicher belegt, dass eine solche Therapie das
Auftreten kognitiver Defizite gezielt verhindern kann.
Fazit
Trotz weitestgehend identischer Risikofaktoren und der beschriebenen Limitationen
der bisherigen Studiendaten ist ein Kausalzusammenhang zwischen Vorhofflimmern und
einem erhöhten Risiko für eine Demenz anzunehmen. Eine durch Vorhofflimmern bedingte
vaskuläre Hirnschädigung kann dabei offenbar auch einer nicht vaskulär bedingten Demenz
Vorschub leisten, was den Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und einer Alzheimer-Demenz
erklären könnte. Weitere Ursachen kognitiver Defizite sind offenbar eine durch Vorhofflimmern
induzierte systemische Inflammationsreaktion, eine Aktivierung der durch Sphingosin-1-Phosphat
vermittelten Signalkaskade und eine chronische zerebrale Hypoperfusion. Da bisher
keine spezifischen präventiven Maßnahmen zur Vermeidung kognitiver Defizite etabliert
sind, sollte die kognitive Funktion bei Vorhofflimmerpatienten nicht nur in der klinischen
Praxis, sondern auch in randomisierten Studien Beachtung finden.