Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(01): 5
DOI: 10.1055/s-0043-121945
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zusammenhang von Schlaganfall und Herzschwäche

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Publication Date:
17 January 2018 (online)

Menschen mit einer Herzschwäche erleiden überdurchschnittlich häufig Schlaganfälle. Wissenschaftler der Universitätskliniken Essen und Würzburg konnten jetzt erstmals experimentell zeigen, dass oft auch der umgekehrte Krankheitsverlauf auftritt: Nach einem Schlaganfall kann sich über Monate hinweg eine Herzschwäche entwickeln. Die Entdeckung hat potenziellen Einfluss auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten.

Es gab bereits Hinweise, dass sich eine Herzinsuffizienz durch Störung des autonomen Nervensystems entwickeln kann – der genaue Mechanismus war jedoch unbekannt. Bisherige Studien an Schlaganfallpatienten zeigten lediglich, dass es bis zu mehrere Wochen nach einem Schlaganfall sowohl zu Herzrhythmusstörungen, dem Absterben von Herzmuskelzellen als auch zu funktionellen Störungen des Herzens kommen kann.

Innerhalb der ersten 3 Monate nach einem Schlaganfall kommt es bei 19 % aller Patienten zu einem schweren kardialen Zwischenfall (Herzinfarkt oder plötzlicher Herztod). Aber bisher war kaum etwas über die Langzeitkonsequenzen eines Schlaganfalls auf die Entwicklung einer chronischen Herzschwäche bekannt. Das Projekt „SICFAIL“ (durch einen Schlaganfall hervorgerufene Funktionsverschlechterung des Herzens) konnte nun die Bedeutung von Schlaganfall-induziertem Herzversagen beobachten, bewerten und auch neue Behandlungsstrategien entwickeln. SICFAIL besteht aus einem experimentellen und einem klinischen Teil, der noch nicht beendet ist.

„Die Grundhypothese lautet, dass durch einen ischämischen Schlaganfall eine chronische Herzinsuffizienz induziert wird und diese einer pharmakologischen Intervention grundsätzlich zugänglich ist“, erklärt Dr. Michael Bieber vom Universitätsklinikum Würzburg. Ein wichtiger Meilenstein dafür war der Nachweis, dass sich nach einem experimentellen Schlaganfall tatsächlich eine Funktionsstörung des Herzens ausbildet. So war die Pumpfunktion 8 Wochen nach Schlaganfallinduktion signifikant reduziert. Dieser neurokardiale Schaden wird durch eine chronische Überaktivierung im Sympathikus ausgelöst, dies führt zudem zu einer vermehrten Kollagenbildung direkt am Herzen.

Die Wissenschaftler testeten zur Verhinderung der Herzinsuffizienz den Betablocker Metoprolol. Dies senkte die sympathische Aktivierung, verbesserte die Herzfunktion signifikant, und die morphologischen Veränderungen am Herzen blieben aus. „Sollten sich die experimentellen Ergebnisse in dem klinischen Teil der SICFAIL-Studie bestätigen lassen, könnte diese medikamentöse Therapie mit einem Betablocker auch ein sinnvoller Ansatzpunkt bei Patienten nach einem Schlaganfall sein“, erläutert Prof. Stefan Frantz, Kardiologe und Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am Universitätsklinikum Würzburg.

Nach einer Meldung der Universität Duisburg-Essen