Informationen aus Orthodontie & Kieferorthopädie 2017; 49(04): 238-239
DOI: 10.1055/s-0043-122573
Kurzmitteilung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Effekte von Invisalign auf humane gingivale Epithelzellen in vitro – eine Vorschau

Effects of Invisalign on Human Gingival Epithelial Cells
M. Nemec
1   Fachbereich Kieferorthopädie, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
2   Competence Center for Periodontal Research, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
,
M. Bertl
1   Fachbereich Kieferorthopädie, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
2   Competence Center for Periodontal Research, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
,
E. Jonke
1   Fachbereich Kieferorthopädie, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
,
H.-P. Bantleon
1   Fachbereich Kieferorthopädie, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
,
A. Crismani
3   Universitätsklinik für Kieferorthopädie, Innsbruck, Österreich
,
O. Andrukhov
2   Competence Center for Periodontal Research, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
,
X. Rausch-Fan
1   Fachbereich Kieferorthopädie, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
2   Competence Center for Periodontal Research, Universitätszahnklinik Wien, Österreich
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Publication History

Publication Date:
20 December 2017 (online)

Zahnfehlstellungen können mithilfe von Aligner-Therapien beinahe unsichtbar behandelt werden. Die Vorteile, die dieser Art der kieferorthopädischen Behandlung zum Durchbruch verholfen haben, sind die geringe ästhetische Beeinträchtigung der Patienten, die kaum eingeschränkte Mundhygiene während der Behandlung, sowie das geringere Risiko von Entkalkungen und entzündlichen Parodontalerkrankungen. Der derzeitige Weltmarktführer im Bereich von Aligner-Behandlungen ist Align Technology Inc., Santa Clara, California mit dem Produkt Invisalign®. Durch eine im Review befindliche Vorläuferstudie unserer Gruppe (Zhou et al.) konnte gezeigt werden, dass bereits Eluate aus Invisalign – konzentrationsabhängig – die Viabilität/Proliferation von humanen gingivalen Epithelzellen (Ca9-22) signifikant unterdrücken und die Apoptose (gesteuerter Zelltod) fördern.

Ziel der vorliegenden Studie ist es, unter Zellkultur-Bedingungen die Effekte von Invisalign bei direktem Kontakt zu gingivalen Epithelzellen zu untersuchen. Die Zellen (Ca9-22) werden nach direktem Kontakt zu Invisalign-Material auf ihre Eigenschaften der Apoptose, Proliferation/Viabilität und Genexpression untersucht. Die geplanten Detektionsmethoden beinhalten: MTT- bzw. CCK8-Test zur Untersuchung der Proliferation/Viabilität, Flow Zytometrie zur Beurteilung von Apoptose Zellmembran Integrität, „Time Lapse“-Mikroskopie zur Beurteilung des zeitgetreuen Zellverhaltens und Polymerasekettenreaktion (PCR) zur Detektion von Veränderungen auf Gen-Ebene. Durch den Herstellungsprozess der Aligner ergeben sich für die Innenseite und Außenseite 2 unterschiedliche Oberflächen – die äußere ist glatt, während die innere als rau bzw. geriffelt bezeichnet werden kann. Daher wurde bei unseren Versuchsansätzen immer zwischen den unterschiedlichen Oberflächen unterschieden.

Die präliminären Daten liegen zu Proliferation/Viabilität und zur Genexpression vor. Die Daten zeigen, dass der direkte Kontakt von Invisalign zu gingivalen Epithelzellen in MTT-Tests, als auch CCK8-Tests zu einer deutlich geringeren Proliferation von gingivalen Epithelzellen führt. Diese Veränderungen – im Vergleich zur Kontrollgruppe (Ca9-22 Zellen kultiviert auf Zellkulturplatten anstatt auf Invisalign) – sind bereits nach 24 h statistisch signifikant nachweisbar (p<0,05) ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Proliferation der epithelialen Zellen auf Invisalign®-Material zu verschiedenen. Zeitpunkten (2 unterschiedliche Oberflächen).

Bei den Adhäsionsproteinen Integrin α-6 und Integrin β-4 ist eine Erhöhung der Genexpression feststellbar, die nur für Integrin β-4 statistisch signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe ist ([Abb. 2]). Bei den Entzündungsmarkern Interleukin 6 und Interleukin 8 kommt es nach 7d zu einer statistisch signifikanten Reduktion durch den direkten Kontakt zu Invisalign-Material ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Expression von unterschiedlichen funktionellen Genen nach Kontakt mit Invisalign-Material nach 7d (2 unterschiedliche Oberflächen). Integrin β-4, Interleukin 6, Interleukin 8.

Die Aligner werden je nach Behandlungsregime alle 14 bzw. 7 Tage gewechselt. Nach den Ergebnissen von Eliades et al. (2009) kommt es durch Invisalign-Material zu keinen zytotoxischen Wirkungen auf humane gingivale Fibroblasten [1]. Premaraj et al. konnten 2014 zeigen, dass es durch Invisalign-Material zu Änderungen der Viabilität, Membranpermeabilität und Adhäsion kommt [2]. Unsere Studie zeigt, dass Invisalign-Oberflächen bei den untersuchten Zellen eine Zunahme der Zellzahl verhindern. Innerhalb der ersten 7 Tage tritt eine Reduktion der Entzündungsmarker auf. Diese unterschiedlichen Ergebnisse erfordern weitere klinische Studien zur Abklärung der genauen Wirkungen des den Alignern zu Grunde liegenden Materials. Es muss jedoch festgehalten werden, dass es sich bei den Ergebnissen um In-vitro-Bedingungen handelt und sich die Bedingungen im Mund des Patienten deutlich komplexer gestalten und nur schwer im Labor nachgestellt werden können ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Ca9-22 Zellen 24 h nach Adhäsion (10x).
 
  • Literatur

  • 1 Eliades T, Pratsinis H, Athanasios E. et al. Cytotoxicity and estrogenicity of Invisalign appliances. Am J Orthod Dentofacial Orthop 2009; 136: 100-103
  • 2 Premaraj T, Simet S, Beatty M. et al. Oral epithelial cell reaction after exposure to Invisalign plastic material. Am J Orthod Dentofacial Orthop 2014; 145: 64-71