Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(02): 71-72
DOI: 10.1055/s-0044-100046
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Biomarker für individuelle Wirksamkeit eines Antidepressivums?

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Publication Date:
13 March 2018 (online)

Um die Wirksamkeit einer antidepressiven Behandlung zukünftig besser voraussagen zu können, haben Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz gemeinsam mit internationalen Kooperationspartnern einen konzeptionell neuartigen, translationalen Forschungsansatz gewählt. Mithilfe eines neu entwickelten Tiermodells ließen sich mit einem molekularen Fingerabdruck vergleichbare Transkriptom-Signaturen identifizieren, die mit einem besonders guten Ansprechen auf die antidepressive Behandlung verknüpft waren. Als einen möglichen Schlüsselmechanismus, der die Wirksamkeit eines Antidepressivums moduliert, identifizierten die Forscher einen wichtigen Stresshormon-Rezeptor, den Glukokortikoid-Rezptor. Die Erkenntnisse sollen dazu dienen, klinisch nutzbare Biomarker zu entdecken und somit eine bessere, individuelle Behandlung depressiver Episoden entwickeln zu können.

Nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand sind voraussagekräftige Biomarker ein möglicher Ansatzpunkt, um die Behandlung von schweren Depressionen erheblich verbessern zu können. Die individuellen biologischen Merkmale, die z. B. durch eine Blutuntersuchung zu erfassen sind, können als messbarer Indikator dienen, ob eine Behandlung erfolgreich sein wird. Die klinische Biomarkerforschung wird allerdings durch zahlreiche zusätzliche Einflussfaktoren erheblich erschwert, z. B. Alter, Geschlecht und Umweltfaktoren. Die meisten dieser störenden Einflussfaktoren lassen sich in einem tierexperimentellen Modell unter Laborbedingungen kontrollieren. Aus diesem Grund haben Wissenschaftler in dieser Studie einen neuartigen Forschungsansatz verfolgt. Ziel war es, die klinische Fragestellung bestmöglich in ein Tiermodell zu übersetzen.

Die Forscher konnten zeigen, dass die Reaktion im Tiermodell auf ein Antidepressivum ähnlich heterogen ist wie bei Patienten mit einer depressiven Erkrankung. Zunächst wurden im Tiermodell bestimmte Biomarker – ein sog. Tran-skriptomprofil – identifiziert, welches mit einem überdurchschnittlich guten Ansprechen auf die antidepressive Therapie assoziiert ist. In einem zweiten Schritt überprüften die Wissenschaftler die Befunde. Dazu glichen sie diese mit Tran-skriptomdaten und klinischen Verläufen von depressiven Patienten aus 2 kontrollierten Studien ab.

Die Befunde zeigen nach Ansicht der Autoren, dass der gewählte Ansatz geeignet ist, um prädiktive Tran-skriptomsignaturen zu identifizieren, die eine hohe Voraussagekraft auch für das Ansprechen auf eine antidepressive Behandlung beim Menschen haben. Mit dem Glukokortikoid-Rezeptor, der eine zentrale Rolle in der Regulation des Stresshormonsystems spielt, hätten sie einen möglichen Schlüsselmechanismus gefunden, der die Wirksamkeit von Antidepressiva moduliert.

Nach einer Mitteilung der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz