Zhang G.
et al.
Genetic associations with gestational duration and spontaneous preterm birth.
N Engl J Med 2017;
377: 1156-1167
doi:10.1056/NEJMoa1612665
Die Dauer einer Schwangerschaft sowie das Risiko für eine spontane Frühgeburt sind
von genetischen Faktoren abhängig, das belegen die Ergebnisse einer im New England
Journal veröffentlichten Arbeit. Die Wissenschaftler haben im Rahmen einer genomweiten
Assoziationsstudie 43 568 Frauen (mehrheitlich europäischer Abstammung) genotypisiert.
Von allen Probandinnen lagen Informationen zur Dauer der ersten ausgetragenen Einlingsschwangerschaft
vor. Frauen mit einer Frühgeburt aufgrund einer medizinischen Indikation wurden von
der Analyse ausgeschlossen.
Anschließend wurden die Ergebnisse anhand der Daten von weiteren 8643 Müttern und
4090 Kindern überprüft. Dieses Bestätigungskollektiv umfasste eine große Anzahl von
Frühgeburten. Ferner wurde überprüft, ob die gefundenen Single-Nukleotid-Polymorphismen
(SNPs) zuvor bereits in einem anderen Zusammenhang funktionell charakterisiert worden
waren.
Im Primärkollektiv hatten 86,8% der Frauen in Terminnähe (37 – 42 SSW) entbunden,
7,6% vor 37 SSW und 5,6% nach 42 SSW. Das mütterliche Alter erwies sich als signifikanter
Einflussfaktor bezüglich der Schwangerschaftsdauer. In beiden maternalen Testkollektiven
konnte für 6 verschiedene Genloci ein signifikanter Zusammenhang mit dem Gestationsalter
nachgewiesen werden: EBF1, EEFSEC, AGTR2, WNT4, ADCY5 sowie RAP2C. Für EBF1, EEFSEC sowie AGTR2 bestand zudem ein signifikanter Zusammenhang mit dem Frühgeburtsrisiko. Im Bestätigungskollektiv
der Kinder zeigten sich dieselben Assoziationen wie in den maternalen Kollektiven,
allerdings fielen die Effektstärken geringer aus. Die Analyseergebnisse der Mutter-Kind-Paare
deuteten darauf hin, dass der Einfluss der genetischen Varianten auf die Schwangerschaftsdauer
und das Frühgeburtsrisiko nicht auf den fetalen, sondern auf den maternalen Genotyp
zurückzuführen ist.
Für SNPs des EEFSEC-Locus war zuvor bereits eine Assoziation mit einem erhöhten Prostatakarzinomrisiko,
einem geringeren Hypospadierisiko sowie einem späteren Menarchealter nachgewiesen
worden. SNPs des WNT4-Locus waren mit dem Risiko für eine Endometriose, für ein Ovarialkarzinom sowie mit
der Knochendichte assoziiert. Ein Zusammenhang mit dem Geburtsgewicht bestand für
SNPs der Loci ADCY5, WNT4 und EBF1.
Funktionelle Analysen des WNT4-Locus deuteten darauf hin, dass die Dezidualisierung des Endometriums bezüglich des
Frühgeburtsrisikos eine wesentliche Rolle spielt: Varianten von WNT4 scheinen die Bindung des Östrogenrezeptors zu beeinflussen.
Die Dauer einer Schwangerschaft wird durch mütterliche Genvarianten beeinflusst.(Quelle:
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Fazit
Sechs maternale Genloci, so das Fazit der Autoren, haben nachweislich einen Einfluss
auf den Geburtstermin. In 3 Fällen bestehe zusätzlich ein Zusammenhang mit dem Frühgeburtsrisiko.
Auf funktionell-mechanistischer Ebene sei die Assoziation der Gene mit der Schwangerschaftsdauer
nachvollziehbar: Ein Zusammenhang mit der Uterusentwicklung, der maternalen Nährstoffsituation,
der uteroplazentaren Vaskularisierung sowie der hormonellen Signalwege sei zu vermuten.