Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(06): 327-328
DOI: 10.1055/s-0044-102201
Fokussiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Autismus-Spektrum-Störung: Welche Rolle spielen soziale Chemosignale?

Further Information

Publication History

Publication Date:
28 June 2018 (online)

Landlebende Säugetiere nutzen den Geruchssinn, um mit ihren Artgenossen zu kommunizieren. Ergebnisse deuten zunehmend darauf hin, dass dies bei Menschen nicht anders ist. Eine Forschergruppe aus Israel hat nun die Hypothese überprüft, dass das Missinterpretieren von Emotionen, was für Patienten mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASD) typisch ist, zu-mindest teilweise auf eine „soziale Geruchsstörung“ zurückzuführen ist.

Mithilfe von sozialen Chemosignalen sind Menschen in der Lage, emotionale Zu-stände wie Aggression, Fröhlichkeit oder Angst zu transportieren. Solche Chemosignale können unterbewusst die Gehirnaktivität, den Hormonstatus, sexuelle Erregung, die Mutter-Kind-Bindung sowie generell die Gefühlslage beeinflussen.

ASD-Patienten mit kognitiven Fähigkeiten verhielten sich im Vergleich zu normal entwickelten („typically developed“, TD) Erwachsenen in Bezug auf die Detektion und Perzeption von sozialen Chemosignalen zunächst nicht unterschiedlich. Dies konnten die Autoren unter anderem am Beispiel von 18 erwachsenen Männern mit einer ASD nachweisen: Menschen erfassen meist unbewusst die Körpergerüche anderer Menschen, und zwar indem sie beispielsweise nach dem Händeschütteln mit einem Fremden an ihrer Hand riechen. Die ASD-Patienten zeigten in Bezug auf die Häufigkeit und Dauer des Händeriechens keine signifikanten Unterschiede gegenüber TD-Individuen.