Die Leptospirose ist eine bakterielle Zoonose, die durch Kontakt mit Gewässern oder
Böden, die mit Urin infizierter Tiere kontaminiert sind, übertragen wird. Die jährliche
Inzidenz in der EU/EWR liegt bei etwa 0,2/100.000 Einwohner. In Deutschland ist Leptospirose
seit 2001 eine meldepflichtige Krankheit.
Ziel der Analyse war es, die betroffene Bevölkerung zu beschreiben und Trends zu erkennen
um gegebenenfalls die Präventionsstrategien zu optimieren.
Wir analysierten die in den Jahren 2003 bis 2023 in Deutschland gemeldeten Leptospirose-Fälle
nach Alter, Geschlecht, Diagnosemonat und -jahr, Reisehistorie, Stadt-Land-Klassifikation,
Symptomen, Krankenhausaufenthalt, Erreger, und Serovar und berechneten jährliche Inzidenzen.
Wir definieren Fall als Person mit klinischen Symptomen und Laborbestätigung (Erregerisolierung,
Nukleinsäurenachweis oder Antikörpernachweis) oder mit bekanntem epidemiologischem
Zusammenhang zu einem anderen Fall.
Insgesamt wurden 2231 Fälle im Untersuchungszeitraum übermittelt. Für 2226 Fälle lag
eine Laborbestätigung vor. Fünf Fälle standen in einem epidemiologischen Zusammenhang.
Das Medianalter sank von 51 Jahren (IQR 41-60) im Jahr 2003 auf 39 (IQR 27-58) im
Jahr 2023. Der Anteil der Frauen stieg über die Jahre; von 22% (8/37) in 2003 auf
34% (79/235) in 2023. Die Mehrheit der Fälle, 53% (1177/2231), wurde in den Monaten
Juli bis Oktober gemeldet. Der Anteil dieser Spätsommer/Herbst-Fälle schwankte ohne
Trend zwischen 32% und 74% pro Jahr. Etwa ein Fünftel (22%) aller Fälle (489/2231)
war wahrscheinlich importiert. Weitere Informationen zu Exposition und Risikofaktoren
wurden nicht regulär ermittelt und waren nur in Einzelfällen bekannt. Die Inzidenz
nahm sowohl in Stadt- als auch Landkreisen im Untersuchungszeitraum zu, stieg aber
in Stadtkreisen steiler und lag seit 2022 sogar über der Inzidenz in ländlichen Regionen.
Zwei Prozent (49/2231) der Fälle zeigten die Symptomkombination Blutungen, Gelbsucht
und Nierenfunktionsstörungen. Der jährliche Anteil der Krankenhausaufenthalte variierte
ohne Trend zwischen 64-87%. Angaben zu Erreger und Serovar lagen für 32% (715/2231)
der Fälle vor, hiervon waren 73% (523/715) Leptospira Interrogans. Das am häufigsten
ermittelte Serovar war Icterohaemorrhagiae (53%), gefolgt von Serovar Grippothyphosa
(13%) und Serovar Copenhageni (7%). Die jährliche Inzidenz stieg über alle Jahre von
0,04 im Jahr 2003 auf 0,28 im Jahr 2023 pro 100.000 Einwohner.
Bei gleichbleibender Datenqualität über den gesamten Beobachtungszeitraum gehen wir
von einem tatsächlichen Anstieg der Leptospirose-Fälle aus.
Die steigende Inzidenz unter jüngeren, weiblichen, städtischen Personen könnte auf
eine Exposition durch Verhaltensänderung in dieser Gruppe hinweisen. Während die insgesamt
steigende Inzidenz auf ein erhöhtes Vorkommen von Leptospira in der Umwelt oder ebenfalls
auf Verhaltensänderungen deuten kann. Wir empfehlen Expositionen bei Fällen systematisch
zu untersuchen, um die Präventionsstrategien zu verbessern.