Hintergrund: Von der World Health Organization (WHO) wird die pandemische Ausbreitung einer neuartigen
(Influenza-)Erkrankung seit Jahren in einer Liste der wichtigsten Bedrohungen für
die globale Gesundheit geführt. Als ursächliches Pathogen wird im Allgemeinen ein
Erreger einer zoonotischen Erkrankung erwartet bzw. ein Erreger mit primär tierischem
Reservoir, von dem die Gattungsgrenze mit Übergang auf den Menschen überwunden wird.
Der Zeitpunkt der nächsten Pandemie mit einem neuartigen Erreger ist nicht vorhersagbar.
Eine entsprechende Wahrscheinlichkeit besteht jeden Tag.
Der aktuelle Global Health Security (GHS) Index zeigt gleichzeitig erhebliche Defizite
auf. Die bewerteten Länder sind auch im Nachgang der SARS-CoV-2-Pandemie auf eine
neuerliche Pandemie nicht vorbereitet. Deutschland, obschon im Staatenvergleich gut
platziert, erzielt in mehreren Kategorien schlechte absolute Punktwerte, insbesondere
auch im Bereich Prävention.
Zoonosen stellen die öffentliche Verwaltung vor große Herausforderungen. Sachgerechtes
Management erfordert multisektorale Zusammenarbeit der lokal zuständigen unteren Behörden
(Veterinäramt, Gesundheitsamt, Umweltamt, Ordnungsamt, Jagdbehörde). Maßgeblich hierfür
sind etablierte Handlungskonzepte, die jedoch nicht allgemein vorhanden sind.
Unsere Ziele waren die Entwicklung von landkreisspezifischen Mechanismen für das Management
koordinierungsbedürftiger Zoonoseereignisse und die Schaffung eines dauerhaften, belastbaren
und niederschwellig aktivierbaren One Health-Koordinationsmechanismus auf Ebene der
unteren Behörden durch Nutzung etablierter One Health (OH)-Strategien.
Umsetzung (Methoden und Ergebnisse): Das zoonose-spezifische Generalizable One Health Framework (GOHF) wurde als Rahmenkonzept
adaptiert. Für die Prozessschritte des GOHF wurden ergänzende OH-Tools genutzt: One
Health Systems Mapping and Analysis Resource Toolkit (OH-SMART) zur Analyse der Rollenfunktionen
beteiligter Behörden und zur Lückenanalyse, One Health Zoonotic Disease Prioritization
process (OHZDP) zur Priorisierung relevanter Zoonosen, Tripartite Zoonosis Guide als
Quelle für best practice-Beispiele bei der Entwicklung von Handlungsprotokollen.
Am Landratsamt Lichtenfels wurde eine Koordinierungsgruppe für Zoonosen als multisektoraler
Koordinationsmechanismus konzipiert. Für die weitere Bearbeitung als prioritär zu
behandelnde Zoonosen wurden das Auftreten einer neuartigen, potenziell letalen, aerogen
übertragbaren Krankheit (analog COVID-19, z. B. neue Variant of Concern (VOC) von
SARS-CoV-2, neuartiges Influenzavirus), virale hämorrhagische Fieber (z. B. Ebola,
Krim-Kongo-Fieber) und Pest, gefolgt von Milzbrand (Anthrax), Melioidose /Malleus,
Rift-Valley-Fieber, Tollwut, und transmissibler spongiformer Enzephalopathie (z. B.
vCJK) ermittelt.
Krankheitsspezifische Konzepte für Zoonoseereignisse werden entwickelt.
Diskussion: Die genutzten OH-Tools mussten für die Verwendung auf Landkreisebene adaptiert werden,
da sie primär für ministerielle oder weiter übergeordnete Ebenen konzipiert sind.
Das neu erstellte Konzept bietet einen strukturierten Ansatz, um einen OH-Koordinationsmechanismus
auf Landkreisebene zu etablieren. Landkreisspezifische Handlungskonzepte für das Zoonose-Management
können auf dieser Basis wirksam erstellt werden. Die multisektorale Zusammenarbeit
wird durch den OH-Ansatz gestärkt und die Effizienz bei der Ereignisbewältigung absehbar
gesteigert. Dies ermöglicht ein multisektorales und koordiniertes Vorgehen bereits
ab Beginn eines Ausbruchsgeschehens, auch bei späterer epi- oder pandemischer Entwicklung.