Hintergrund: Sexuell übertragbare Infektionen (STI) sind weltweit und in Deutschland eine zentrale
Herausforderung für die Prävention. Obwohl viele Menschen HIV kennen, fehlt insbesondere
jungen Menschen das Wissen über andere STI. Auch fällt das Sprechen über Sexualität
oft nicht leicht. Eine ganzheitliche sexuelle Gesundheit, welche Maßnahmen umfasst,
die das physische, emotionale, mentale und soziale Wohlbefinden in Bezug auf Sexualität
fördern, stellt dabei die Basis erfolgreicher HIV- und STI-Prävention dar. Diese Themen
sind auch Bestandteil des schulischen Bildungsauftrags. Dessen Komplexität stellt
Schulen unter anderem aufgrund der Vielfältigkeit und fehlender Expertise vor Herausforderungen.
Hier setzt »LIEBESLEBEN – Das Mitmach-Projekt« (LLMP) der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (BZgA) in Kooperation mit dem Verband der Privaten Krankenversicherungen
e.V. (PKV) mit einem ganzheitlichen und interaktiven Ansatz an. Es zielt darauf ab,
die schulischen Strukturen zur Förderung der sexuellen Gesundheit von Jugendlichen
zu stärken und die Vernetzung zwischen Schulen und Fachkräften aus schulexternen Beratungsstellen,
wie aus dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), zu fördern.
Umsetzung: LLMP bietet einen interaktiven Parcours zu den Themen HIV, STI, Safer Sex, Körper
und Gefühle, Sexualität und Medien sowie Vielfalt und Respekt. Der Parcours richtet
sich direkt an Schulen. Zusätzlich erhalten sie den LLMP-Materialkoffer, um die behandelten
Themen auch nach dem Einsatz des Parcours eigenständig weiterzuführen. Lehrkräfte
und lokale externe Fachkräfte werden von der BZgA in der Anwendung der Methoden geschult,
um das Projekt nachhaltig in den Schulalltag zu integrieren.
Von entscheidender Bedeutung für die langfristige Etablierung und Reichweitensteigerung
von LLMP ist der Prozess der sogenannten Länderverstetigung, bei dem die BZgA eng
mit den Gesundheits- und Bildungsministerien der Bundesländer zusammenarbeitet. Ziel
ist es, LLMP in die landesspezifischen Strukturen zu integrieren und dort langfristig
zu verankern. Dazu werden lokale Fachkräfte durch die BZgA zu LLMP-Trainer*innen ausgebildet,
die wiederum Lehr- und Fachkräfte fortbilden, um die Themen des Projekts mit Hilfe
des LLMP-Materialkoffers eigenständig in den Schulen zu behandeln. Die LLMP-Trainer*innen
fungieren somit als Multiplikator*innen, begleiten präventive Maßnahmen und tragen
zur Vernetzung von Schulen und Beratungsstellen bei.
Diskussion: Der praxisorientierte Ansatz von »LIEBESLEBEN – Das Mitmach-Projekt« und die Bereitstellung
von Materialien fördern die nachhaltige Anwendung der Methoden und die Umsetzung des
schulischen Bildungsauftrags. Die ersten Erfahrungen aus Bundesländern wie Brandenburg,
Rheinland-Pfalz, Sachsen und dem Saarland zeigen, dass das Projekt flexibel an lokale
Bedürfnisse angepasst werden und der ÖGD eine zentrale Rolle als Multiplikator einnehmen
kann und betonen die Bedeutung interministerieller Zusammenarbeit. Herausforderungen
bestehen jedoch aufgrund der differenzierten und sehr unterschiedlich ausgeprägten
föderalen Strukturen und politischen Rahmenbedingungen, die eine landesweite Umsetzung
erschweren können. Zudem ist die Stärkung einer ganzheitlichen, intersektionalen Ausrichtung
der Präventionsarbeit erforderlich, sowohl inner- als auch außerschulisch. Trotz dieser
Hürden zeigt das Projekt großes Potenzial, die Zusammenarbeit zwischen Schulen und
externen Fachkräften und zwischen Ministerien zu fördern und so das Thema sexuelle
Gesundheit im Bildungssystem zu stärken. Der ÖGD profitiert ebenfalls von dieser Entwicklung,
da seine Aufgaben und Rolle in der Förderung sexueller Gesundheit gestärkt werden.
Die Verstetigung von LLMP wird bis 2025 evaluiert.