Zahlreiche Hygiene- und Gesundheitsmaßnahmen wurden im 19. und 20. Jahrhundert in
Deutschland geplant und umgesetzt. Auch eine staatliche statistische Berichterstattung
wurde verpflichtend. Das seit 1849 bestehende Land Bremen führte 1872 eine Fallmeldung
mehrerer Infektionskrankheiten ein, also etwa 30 Jahre vor dem Deutschen Reich. Daher
ist Bremen ein gutes Beispiel, um die Auswirkungen von Gesundheitsmaßnahmen auf die
Verbreitung von Infektionskrankheiten zu untersuchen. Eine nahezu kontinuierliche
Meldung von Infektionsfällen seit 1872 bis heute gab es so für Typhus, Scharlach und
Diphterie. Gleichzeitig wurde auch eine Meldung von Todesursachen einschließlich einiger
Infektionskrankheiten eingeführt. In der staatlichen Statistik wurden ebenfalls zahlreiche
weitere Daten über Faktoren erhoben, die die Infektionslage beeinflusst haben könnten.
In der Stadt Bremen gab es gleichlaufend mit der Einführung einer zentralen Trinkwasserversorgung
mit Sandfiltrationsstufe eine erhebliche Abnahme der gemeldeten Typhusfälle. Weitere
wichtige hygienische Maßnahmen waren der kontinuierliche Ausbau des Abwassersystems,
die Reduzierung und Zentralisierung der Schlachthöfe, die Eröffnung öffentlicher Bäder,
die Einrichtung einer Desinfektionsanstalt und eines Hygieneinstituts. Außerdem wurden
Krankenhäuser erweitert und verbessert sowie hygienische Maßnahmen bei Auswanderern
über die Häfen umgesetzt. Bei Typhus, Ruhr und weiteren gastrointestinale Erkrankungen
gab es im Zeitverlauf eine Reihe von Ausbruchsituationen. Neben der interpersonellen
Verbreitung spielten hier, soweit nachvollziehbar, Lebensmittel einschließlich Milch
eine wichtige Rolle. Die tiefgreifenden negativen Auswirkungen des Ersten und Zweiten
Weltkriegs auf die Infektionssituation sind in den Meldezahlen ebenfalls deutlich
zu erkennen.