Hintergrund: Hepatitis B ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt. Weltweit haben
nach Angaben der WHO etwa 2 Milliarden Menschen eine HBV-Infektion durchgemacht oder
durchlaufen aktuell eine Infektion; ca. 3% der Weltbevölkerung (ca. 240 Millionen)
sind chronisch mit HBV infiziert.1 Ein großer Teil der Menschen, die die medizinische Sprechstunde im Fachdienst STI
und sexuelle Gesundheit im Gesundheitsamt Köln aufsucht, kommt aus Herkunftsländern
mit hoher Hepatitis B-Prävalenz. Unter dem Aspekt der Ressourcen-Schonung ist es eine
große Herausforderung, eine angemessene Diagnostik mit medizinisch und ethisch vertretbaren
Konsequenzen durchzuführen. Ist eine Hepatitis-B-Therapie indiziert, stellt die oft
fehlende Krankenversicherung eine große Hürde dar. Bzgl. der Therapie einer Hepatitis
B ist zudem aufgrund des Risikos eines Flair-Ups insbesondere auch die Kontinuität
der einmal begonnenen Therapie von großer Relevanz.
Die Sprechstunde für nicht-krankenversicherte Menschen im Gesundheitsamt Köln bietet
neben dem gynäkologischen und urologischen Angebot seit dem 01.08.2022 auch ein allgemeinmedizinisches
Angebot. Die Gründe des Aufsuchens dieser Sprechstunde sind vielfältig. Oft kann in
diesem Rahmen eine Hepatitis B diagnostiziert werden. Am 01.07.2023 wurde in Köln
das Projekt Anonymer Krankenschein (AKS) gestartet. Hierüber können während der Projektlaufzeit
vom 01.07.2023 – 31.12.2024 nicht-krankenversicherte Menschen – die die Zugangsvoraussetzungen
für den AKS erfüllen – auch einer kontinuierlichen Therapie einer Hepatitis B zugeführt
werden.
Methode: Es wird ein Fall dargestellt, in dem eine Patientin die allgemeinmedizinische Sprechstunde
des Fachdienstes STI und sexuelle Gesundheit des Gesundheitsamtes Köln wegen unspezifischer
Beschwerden aufgesucht hat und eine chronische Hepatitis B diagnostiziert werden konnte.
Bei fehlender Krankenversicherung konnte die Therapie über den Anonymen Krankenschein
Köln finanziert und gesichert werden.
Schlussfolgerung: Die Übergänge zwischen allgemeinmedizinischer und STI-spezifischer Sprechstunde
können fließend sein. Im Sinne der Patient*innen und infektionsepidemiologisch ist
eine ganzheitliche und interdisziplinäre Fallbetrachtung sinnvoll. Da Hepatitis B
auch zu den sexuell übertragbaren Infektionen gezählt wird, ist ein Screening in dem
geschilderten Setting sinnvoll, um die jeweilige Impfindikation sowie eine mögliche
Infektiosität und mögliche Therapieindikationen zu prüfen.
Bei Hepatitis B muss die kontinuierliche Therapie gewährleistet sein, um eine deutliche
Verschlechterung der Leberfunktion durch das Flair-Up bei Absetzen der Therapie zu
vermeiden. Auch dies ist gerade bei Personen mit nicht-belastbarem Zugang zur Regelversorgung
und unter Mobilitätsaspekten (häufig wechselnder Aufenthaltsort) zu berücksichtigen.
Bei fehlender Krankenversicherung braucht es Finanzierungsmöglichkeiten, wie z.B.
den Anonymen Krankenschein Köln, um die Versorgung zu sichern. Die Form der Versorgung
sollte von Dauer sein und flächendeckend zur Verfügung gestellt werden.