Rofo 1999; 171(5): 409-411
DOI: 10.1055/s-1999-8183
DER INTERESSANTE FALL
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Verschlossener Cava-Filter: Einsatz eines mechanischen Thrombolyse-Systems

H. Eier, Fr.-J. Krause
  • Kreisklinik Albstadt
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Publication Date:
31 December 1999 (online)

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Der Amplatz-Thrombektomie-Katheter (Clotbuster) wurde entwickelt zur mechanischen Thrombolyse in kleinlumigen Gefäßen, wobei sein Einsatz auch in einem größerlumigen Gefäß angebracht sein kann. Wir berichten dazu über einen Patienten, bei dem in der Vena cava inferior suprarenal ein temporärer Filter plaziert werden mußte. Dieser Schirm war dann durch Thromben weitgehend verschlossen, die durch den Thrombektomie-Katheter mechanisch soweit beseitigt wurden, daß der Filter, ohne daß es zu relevanten Lungenembolien kam, entfernt werden konnte.

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Fallbericht

Der 53jährige Patient kam mit dem Verdacht auf eine rechtsseitige Bein- und Beckenvenenthrombose zur stationären Aufnahme. Die durchgeführte Bein- und Beckenphlebographie zeigte eine komplette Unter- und Oberschenkelvenenthrombose sowie einen Verschluß der Beckenstrombahn. Ein Einstrom in die Vena cava inferior war nicht zu erkennen. In der daraufhin angeschlossenen Computertomographie zeigte sich ein Verschluß der Vena cava inferior bis hoch zur Einmündung der Nierenvenen. Aufgrund der Ausdehnung der Thrombose bis in die Vena cava inferior wurde die Indikation zur operativen Thrombektomie gestellt. Zum Schutz vor intra- und perioperativen Lungenembolien sollte ein temporärer Vena-Cava-Schirm eingesetzt werden. Da die Ausdehnung der Thrombose bis hoch zur Einmündung der Nierenvenen reichte, konnte der Cava-Schirm nur oberhalb der Nierenvenen positioniert werden. Wir verwendeten einen temporären Anthéor-Schirm (Fa. Boston-Scientific) (Hatrik A et al., Clin Radiol 1999; 53: 859), der transbrachial eingeführt und zwischen der Einmündung der Nierenvenen und der Lebervenen plaziert wurde.

Nach der operativen Thrombektomie zeigte die Kontroll-Computertomographie eine freie Strombahn der Iliacal-Venen und der infrarenalen Vena cava inferior. Im Cava-Schirm war thrombotisches Material vorhanden. Die Kontroll-Angiographie über den Führungskatheter bestätigte dann den subtotalen Verschluß des Cava-Schirms durch abgefangene Thromben (Abb. [1]).

Eine lokale Thrombolysetherapie zur Auflösung der im Schirm gefangenen Thromben wurde angeschlossen. Hierzu wurde über den Führungskanal des Cava-Schirms ein Katzen-Lyse-Draht (Fa. Boston-Scientific) vorgeschoben und so plaziert, daß die Öffnungen des Lyse-Drahtes sowohl innerhalb des Schirms als auch etwas darunter lagen. Insgesamt wurden 4 Lyse-Serien jeweils mit 10 mg rt-PA durchgeführt. Die im Laufe der Lyse und nach deren Abschluß durchgeführten Angiographie-Kontrollen zeigten nur eine geringe Befundbesserung, der Schirm blieb unverändert weitgehend durch Thromben verschlossen.

Dies war der Anlaß zu versuchen, die Thromben mit einer mechanischen Thrombolyse aufzulösen, wozu der Amplatz-Thrombektomie-Katheter (Clotbuster) verwendet wurde (Müller-Hülsbeck S et al., Fortschr Röntgenstr 1996; 165: 375). Der Clotbuster-Katheter wurde transfemoral von der linken Seite her bis in den Cava-Schirm vorgeschoben. Daraufhin wurden in mehreren Durchgängen mit dem Amplatz-Katheter die Thromben schrittweise aufgelöst. Dabei wurde darauf geachtet, daß der Kopf des Katheters möglichst in alle Regionen des Gefäßlumens und des Cava-Schirms gelangte.

Die durchgeführte angiographische Kontrolle zeigte einen Teil der Thromben beseitigt. Nur vorwiegend randständige Restthromben waren innerhalb des Schirms noch zu erkennen (Abb. [2]). In der Annahme, daß es sich dabei um ältere Thromben handelt, wurde der Cava-Schirm nun entfernt. Danach bestätigte eine Cavographie die weitgehende Durchgängigkeit der Vena cava inferior bei verbliebenen einzelnen wandadhärenten Restthromben in diesem Bereich (Abb. [3]).

Zur Abklärung der pulmonalen Strombahn wurde eine Pulmonalis-Angiographie angeschlossen. Diese zeigte lediglich im rechten Mittelfeld einen embolisch bedingten kurzstreckigen Verschluß einer Segmentarterie. Die gesamte übrige pulmonale Strombahn stellte sich frei dar. Der Patient wurde anschließend marcumarisiert. Eine Kontroll-Computertomographie zeigte ein halbes Jahr später kein thrombotisches Material mehr in der Vena cava inferior, diese stellte sich im Sinne einer Restitutio ad integrum frei durchgängig dar (Abb.[4]).

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Diskussion

Mit Thromben verschlossene temporäre Vena-Cava-Filter werden üblicherweise mittels einer Thrombolysetherapie wieder durchgängig gemacht (Angle JF et al., J Vasc Interv Radiol 1998; 9: 917). Ist dies nicht zu erreichen, so muß ein permanenter Filter weiter proximal implantiert werden, unter dessen Schutz der temporäre Filter dann entfernt werden kann. Bei erfolgloser Thrombolyse-Therapie war es in unserem Fall aber nicht möglich, einen solchen Filter zu implantieren, da der temporäre bereits oberhalb der Nierenvenen plaziert werden mußte. Es war daher zu überlegen, wie dieser entfernt werden konnte, ohne daß es dabei zu größeren Lungenembolien kam.

Wegen des erheblich reduzierten AZ des Patienten war eine operative Entfernung des Schirmes nicht ratsam, so daß wir uns bei dem Patienten zu einer mechanischen Thrombolyse mit einem Amplatz-Thrombektomie-Katheter entschlossen haben, dies, obwohl dieses System für kleinlumige Gefäße konzipiert wurde, insbesondere für Dialyse-Shunts und Arterien (Rilinger N et al., Fortschr Röntgenstr 1996; 164:153). Danach war nicht auszuschließen, daß in einem größeren Gefäß, wie z. B. der Vena cava inferior, der durch den schnell rotierenden Impeller erzeugte Wirbeleffekt an Wirkung verliert und eine ausreichende thrombolytische Wirkung nicht zu erzielen war. Um zumindest eine partielle Zerkleinerung der Thromben im temporären Filter zu erreichen, ohne diese abzulösen, wurde während des Vorganges der mechanischen Thrombolyse darauf geachtet, daß sich der Katheter im Schirm leicht und ohne Widerstand vorschieben ließ. Auch wurde die Katheterspitze in alle Regionen des Cava-Schirmes geführt, um das thrombotische Material so weit wie möglich zu eliminieren, was auch insoweit gelang, daß es nach der Entfernung des Schirmes nur zu einer minimalen, funktionell unbedeutenden Lungenembolie kam.

H. Eier, Fr.-J. Krause, Kreisklinik Albstadt

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Abb. 1Die Cavographie zeigt den temporären Anthéor-Schirm nach operativer Thrombektomie aus der Vena iliaca und der distalen Vena cava inferior weitgehend verschlossen mit angefangenen Thromben.

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Abb. 2Nach mechanischer Thrombolyse mit dem Amplatz-Thrombektomie-Katheter (Clotbuster) Befundbesserung mit noch persistierenden Thromben im Anthéor-Schirm.

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Abb. 3Nach Entfernung des Cava-Schirmes zeigen sich noch ältere wandadhärente Thromben in der suprarenalen Vena cava inferior.

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Abb. 4Kontroll-CT nach 6 Monaten: Die Vena cava inferior ist frei durchgängig.

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Abb. 1Die Cavographie zeigt den temporären Anthéor-Schirm nach operativer Thrombektomie aus der Vena iliaca und der distalen Vena cava inferior weitgehend verschlossen mit angefangenen Thromben.

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Abb. 2Nach mechanischer Thrombolyse mit dem Amplatz-Thrombektomie-Katheter (Clotbuster) Befundbesserung mit noch persistierenden Thromben im Anthéor-Schirm.

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Abb. 3Nach Entfernung des Cava-Schirmes zeigen sich noch ältere wandadhärente Thromben in der suprarenalen Vena cava inferior.

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Abb. 4Kontroll-CT nach 6 Monaten: Die Vena cava inferior ist frei durchgängig.