Z Geburtshilfe Neonatol 2000; 204(5): 163-169
DOI: 10.1055/s-2000-10215
ÜBERSICHT

Georg Thieme Verlag Stuttgart ·New York

Häufigkeit und Ursachen der Oberarm-Plexus-Lähmungen beim Neugeborenen. Eine Übersicht und Grundlage für juristische Überlegungen[1]

Frequency and causes of paralysis of the upper arm plexus in newborn. A review and basis for legal considerationsFritz  K. Beller
  • Fort Myers, Florida, USA
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

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Zusammenfassung

Fragestellung Oberarm-Plexus-Lähmungen (OPL) sind selten, aber sie sind überproportional bei Schadenersatz-Prozessen vertreten. Die vorliegende Untersuchung wurde mit dem Ziel durchgeführt, das Verhältnis von Schulterdystokie (SD) zu OPL zu erfassen. Darüber hinaus schien es interessant, die Häufigkeit von OPL ohne SD und bei kleinen Kindern zu beurteilen.

Methodik Es wurden 88 Arbeiten aus der internationalen Literatur ausgewertet und die Häufigkeit von SD im Verhältnis zu OPL registriert. Weiterhin wurden Zahlen über nicht erklärbare OPL, Lähmungen bei Geburtsgewichten > 4000 und bei Kaiserschnitten erfasst und beurteilt.

Ergebnisse Gegenüber ⅔ der Arbeiten in der Literatur, die mit einer SD befasst waren, stand nur etwa ⅓, bei denen eine OPL aufgetreten war. Über 40 % der Lähmungen traten ohne Erklärung auf, eine ebenso große Zahl von Lähmungen bei Kindern mit einem Geburtsgewicht < 4000 g. Bei Kaiserschnitten werden Lähmungen entdeckt, die geburtshifllich nicht erklärbar sind.

Folgerungen Aus diesen Daten lässt sich eine Reihe von Folgerungen ableiten:

1. In Anbetracht der großen Zahl von SD ohne OPL sollte von einer SD nur dann gesprochen werden, wenn eine OPL mit ihr verbunden ist. Andernfalls sollte der Ausdruck „erschwerte oder schwierige Schulter-Entwicklung” verwendet werden, was die Literatur erheblich reduzieren wird.

2. In Anbetracht der großen Zahl von nicht erklärbaren OPL kann das Auftreten nicht als prima-facie-Beweis für eine mangelnde Geburtshilfe (unsachgemäßer Zug am Kopf) angesehen werden.

3. Ein derartiger Zusammenhang muss dann angenommen werden, wenn bei der Entwicklung der SD ein Operationsbericht fehlt, oder die in der Literatur angegebenen Manöver falsch oder gar nicht aufgeführt sind.

4. Bei Fehlen einer Dienstvorschrift über die Behandlung einer SD muss mit einem Organisationsversagen gerechnet werden.

Objective Brachial plexus injury (BPI) is a rare complication of pregnancy which is out of proportion involved in medical litigation. The aim of this study was to establish the relationship between shoulder dystocia (SD) and BPI and the frequency of BPI without explanation.

Method The pertinent literature was reviewed. In total 86 papers of the international literature were evaluated in regard to the frequency of SD and BPI and their relationship. Also BPI without obstetrical explanation were of interest (birth weight < 4000 g, cesarian section, palsies without SD).

Conclusions This literature review allows for the following conclusions:

1. The large number of papers describing SD in contrast to the much smaller numbers of BPI justifies the proposal to use the term SD only when it is associated with BPI. Otherwise the term “difficult shoulder delivery” seems more adequate and might reduce the number of papers.

2. The large number of BPI without SD, unexplained palsies without explanation and PPI at newborns with a birthweight < 4000 g do not allow a prima facie conclusion that BPI is the result of poor obstetrics (especially pulling on the head).

3. The lack of an operating note might establish such an association as well as the misinterpretation or failure of appropriate manoeuvers published in the literature.

4. The lack of a service regulation regarding the treatment of SD might be considered as failure of organisational standards.

1 Eingang: 27. 12. 1999Angenommen nach Revision: 09. 02. 2000

Literatur

1 Eingang: 27. 12. 1999Angenommen nach Revision: 09. 02. 2000

Prof. Fritz K. Beller

15031 Punta Rassa Rd

Fort Myers, FL 33908

USA

Email: E-mail: fkbeller@aol.com