Einleitung
Einleitung
Es konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass die Behandlung der primären
pulmonalen Hypertonie mit kontinuierlich intravenös appliziertem Prostacyclin (Epoprostenol)
die körperliche Belastbarkeit, hämodynamische Parameter und das Überleben verbessert
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]. Allerdings hat diese Form der Behandlung auch gravierende Nachteile. Zum einen
die Toleranzentwicklung, die bei einigen Patienten eine kontinuierliche Dosissteigerung
erforderlich macht und dadurch zu den hohen Therapiekosten beiträgt. Das andere, klinisch
relevantere Problem ist direkt mit dem zentralvenösen Zugang und dem Verabreichungssystem
bedingt und besteht in dem Risiko schwer wiegender Infektionen, Katheterthrombosen
und Pumpenversagen. Derartige Komplikationen werden zwar als selten beschrieben, sind
aber potenziell lebensbedrohlich [4]
[7].
Die Nachteile der intravenösen Prostacyclintherapie könnten durch die kürzlich von
Olschewski et al. beschriebene inhalative Applikation von Iloprost [8], einem stabilen Prostacyclinanalogon kompensiert werden [9]
[10]. Inhalatives Iloprost ist ein potenter pulmonaler Vasodilatator, der bei Patienten
mit primärer pulmonaler Hypertonie wirksamere hämodyamische Akuteffekte aufweist als
inhalatives Stickstoffmonoxid [11]. Außerdem gibt es erste Beobachtungen, dass die intermittierende Inhalation von
Iloprost günstige Auswirkungen bei Patienten mit primärer und sekundärer pulmonaler
Hypertonie hat [11]
[12]. Allerdings gibt es bislang kaum Berichte über den langfristigen Therapieeffekt
von Iloprost-Aerosol bei Patienten mit primärer pulmonaler Hypertonie [9].
Wir berichten über die Auswirkungen einer einjährigen Behandlung mit aerosolisiertem
Iloprost bei Patienten mit primärer pulmonaler Hypertonie.
Methodik
Methodik
Patienten
Wir beschreiben den klinischen Verlauf der Patienten, die uns zwischen März 1997 und
Juni 1998 zur Behandlung einer pulmonalen Hypertonie zugewiesen wurden und bei denen
eine primäre pulmonale Hypertonie entsprechend den Kriterien der National Institutes
of Health diagnostiziert wurde [13]. Patienten mit sekundärer pulmonaler Hypertonie wurden ebenso ausgeschlossen wie
Patienten mit schwerem Rechtsherzversagen, die bei der Erstvorstellung bereits mit
Katecholaminen behandelt wurden.
In Deutschland ist weder intravenöses Prostacyclin noch inhalatives Iloprost für die
Behandlung der pulmonalen Hypertonie zugelassen. Wir bieten in unserem Zentrum der
Mehrzahl der Patienten mit fortgeschrittener primärer pulmonaler Hypertonie zunächst
eine Behandlung mit Iloprost-Aerosol auf Heilversuchsbasis an. Unsere Ethikkommission
hat diesem Vorgehen zugestimmt und alle Patienten werden über den experimentellen
Charakter dieser Therapie schriftlich aufgeklärt.
Für die Behandlung mit inhalativem Iloprost mussten die Patienten eine schwere Beeinträchtigung
ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit aufweisen (New York Heart Association Klasse
III oder IV), die auf konventionelle Therapie inklusive Kalziumantagonisten nicht
ansprach. Die körperliche Leistungsfähigkeit wurde mit dem 6-Minuten-Gehtest quantifiziert,
nachdem die Patienten sich in zwei Probeläufen mit dem Test vertraut gemacht hatten
[14].
Die Hämodynamik wurde im Rahmen einer Rechtsherzkatheteruntersuchung bestimmt. Das
Herzminutenvolumen wurde mittels der Thermodilutionsmethode gemessen [15]. Nach Dokumentation der Ausgangswerte wurde die akute hämodynamische Reaktion auf
Iloprost-Aerosol ermittelt. Dazu wurden 50 µg Iloprost (Ilomedin®, Schering, Berlin)
in 5 ml isotoner Kochsalzlösung verdünnt und mit einem Jet-Vernebler (Ilo-NebT; Fa.
Nebu-Tec, Elsenfeld, Deutschland) aerolisiert. Auf diese Weise wurden während einer
10 - 15-minütigen Inhalation zwischen 14 und 17 g Iloprost appliziert. Direkt im Anschluss
an die Inhalation sowie alle 15 Minuten während der folgenden Stunde wurden alle hämodynamischen
Parameter dokumentiert, um den Maximaleffekt sowie den zeitlichen Verlauf der Wirkung
festzuhalten.
Alle Patienten begannen die Behandlung mit einer täglichen Iloprost-Dosis von 100
µg aufgeteilt in 6 - 8 Inhalationen (alle 2 - 3 Stunden ohne Unterbrechung der Nachtruhe).
Nachdem pharmakokinetische Untersuchungen von Iloprost-Aerosol nicht verfügbar sind,
orientierte sich das Dosierungsschema an den ersten Berichten von Olschewski et al
[9]. Inhalationsdosis und Zeitintervall richteten sich nach den Informationen, die während
der Akuttestung gewonnen wurden. Wenn der pulmonal-vaskuläre Widerstand während dieser
Testung um mehr als 20 Prozent abfiel, aber innerhalb von einer Stunde wieder auf
die Ausgangswerte anstieg, inhalierten die Patienten achtmal pro Tag. Alle anderen
Patienten begannen mit 6 Inhalationen pro Tag.
Die Patienten wurden aus der stationären Behandlung entlassen, nachdem sie sich mit
der Therapie und dem Equipment vertraut gemacht hatten und wurden danach alle 4 -
12 Wochen zu ambulanten Kontrollen einbestellt. Nach 3 und 12 Monaten wurden die Patienten
erneut stationär aufgenommen, um die 6-Minuten-Gehteste und die Rechtsherzkatheteruntersuchungen
zu wiederholen. Die Gehteste wurden alle auf der gleichen Strecke durchgeführt. Die
Katheteruntersuchungen begannen am frühen Morgen vor der ersten Iloprost-Inhalation,
also nach einer 10 - 12-stündigen Inhalationspause und wurden nach dem gleichen Protokoll
wie die Ausgangsuntersuchungen durchgeführt.
Statistik
Alle hämodynamischen Parameter und die Ergebnisse der 6-Minuten-Gehteste werden als
Mittelwert ± SD dargestellt. Die hämodynamischen Akuteffekte von Iloprost wurden mit
dem gepaartem t-Test ausgewertet. Die Veränderungen der 6-Minuten-Gehteste und der
Hämodynamik zwischen Ausgangszeitpunkt und nach 3 bzw. 12 Monaten wurden mittels Varianzanalyse
für wiederholte Messungen verglichen. Wenn dieser Globaltest signifikante Unterschiede
anzeigte, wurde ein gepaarter t-Test angeschlossen, um Unterschiede zwischen den einzelnen
Zeitpunkten herauszufinden. Bei Patienten, die nicht in der Lage waren, den Gehtest
durchzuführen, wurde die Gehstrecke mit 0 Metern angesetzt. Es wurden jeweils nur
die hämodynamischen Daten verglichen, die vor Iloprost-Inhalation erhoben wurden (Präinhalationswerte).
Die lineare Regressionsanalyse wurde benutzt, um die Akuteffekte von Iloprost-Aerosol
zum Ausgangszeitpunkt mit den Präinhalationswerten nach 12-monatiger Therapie zu vergleichen
[16]. Alle statistischen Teste wurden 2-seitig durchgeführt. Ein p-Wert < 0,05 galt als
Signifikanzgrenze.
Ergebnisse
Ergebnisse
Zwischen März 1997 und Juni 1998 wurde 31 Patienten mit primärer pulmonaler Hypertonie
mit Iloprost-Aerosol behandelt. Sieben dieser Patienten wurden von der Auswertung
ausgeschlossen, weil sie an anderen Zentren weiter betreut wurden. Keiner dieser Patienten
starb während des Beobachtungszeitraums. Die übrigen 24 Patienten wurden über mindestens
ein Jahr mit Iloprost-Aerosol behandelt und erhielten vollständige Herzkatheteruntersuchungen
und Belastungstests. Fünfzehn der Patienten waren Frauen, neun Männer. Das mittlere
Alter betrug 38 ± 12 Jahre (22 bis 65 Jahre). Wie aus Tab. [1] ersichtlich, litten alle Patienten an einer schweren pulmonalen Hypertonie, befanden
sich also in einer funktionellen New York Heart Association Klasse III (n = 20) oder
IV (n = 4). Die initiale Tagesdosis von Iloprost betrug bei allen Patienten zunächst
100 µg. Bei sechs Patienten wurde diese Dosis im Verlauf auf 150 µg erhöht, weil nach
dreimonatiger Therapie keine Zunahme der körperlichen Belastbarkeit nachzuweisen war.
Bei den anderen Patienten blieb die Dosis über das gesamte Jahr konstant. Alle Patienten
wurden antikoaguliert. Diuretika wurden nach klinischem Bedarf gegeben. Eine Begleitmedikation
mit Digitalis oder Kalziumantagonisten wurde nicht geändert.
Wie aus Tab. [1] ersichtlich, bestätigte der 6-Minuten Gehtest die schwere Leistungseinschränkung
der Patienten zum Ausgangszeitpunkt. Nach dreimonatiger Behandlung mit Iloprost-Aerosol
nahm die Gehstrecke um 75 ± 67 Meter zu (P < 0,0001). Dieser Effekt war bei der 12-Monats-Kontrolle
weiterhin nachweisbar, auch wenn kein weiterer Anstieg der Belastbarkeit gegenüber
der 3-Monats-Kontrolle nachweisbar war.
Unter der initialen Kathetertestung kam es nach Inhalation von Iloprost zu einem Abfall
des pulmonal-arteriellen Druckes um 8,9 ± 9,2 mmHg (im Mittel - 15 Prozent; P < 0,0001),
begleitet von einem Anstieg des Herzminutenvolumens um 0,7 ± 0,5 l/min (im Mittel
+ 20 Prozent; P < 0,0001) und einer Reduktion des pulmonal-vaskulären Widerstands
um 339 ± 260 dynes · s · cm- 5 (im Mittel - 28 Prozent; P < 0,0001). Herzfrequenz und systemischer Blutdruck blieben
unbeeinflusst. Während der Herzkatheteruntersuchungen nach 3- und 12-monatiger Behandlung
konnte eine praktisch identische Reaktion auf Iloprost dokumentiert werden (Tab. [1]).
Verglichen mit den Ausgangswerten zeigte sich nach 3-monatiger Behandlung mit inhalativem
Iloprost eine signifikante Verbesserung der Präinhalationswerte für den pulmonal-arteriellen
Druck, den pulmonal-vaskulären Widerstand, das Schlagvolumen, die gemischt-venöse
Sättigung und den rechtsatrialen Druck (Tab. [1]). Diese Effekte waren auch nach 12-monatiger Therapie weiter nachweisbar. Außerdem
zeigte sich bei der 12-Monats-Kontrolle ein signifikanter Anstieg des Herzminutenvolumens
entsprechend einer langfristigen Verbesserung der rechtsventrikulären Funktion unter
Langzeittherapie mit inhalativem Iloprost. Ein Vergleich der hämodynamischen Parameter
zum Ausgangszeitpunkt und nach 12 Monaten (vor Inhalation gemessen) zeigte eine Abnahme
des pulmonal-arteriellen Druckes um 6,5 ± 8,7 mmHg (im Mittel - 12 Prozent; P = 0,006),
eine Reduktion des pulmonal-vaskulären Widerstands um 280 ± 323 dynes · s · cm- 5 (im Mittel - 23 Prozent; P = 0,0003) und eine Abnahme des rechtsatrialen Druckes
um 3 ± 4 mmHg (P = 0,01). Außerdem stieg das Herzminutenvolumen um 0,6 ± 1,3 l/min
an (im Mittel + 22 Prozent; P = 0,02), die Herzfrequenz blieb konstant, das Schlagvolumen
stieg um 9 ± 16 ml (im Mittel + 28 Prozent; P = 0,009) und die gemischt-venöse Sauerstoffsättigung
stieg um 5 ± 8 Prozent (mittlerer relativer Anstieg + 8 Prozent; P = 0,01) (Tab. [1]). Bei 13 der 24 Patienten (54 Prozent) war nach 12 Monaten ein Abfall des pulmonal-vaskulären
Widerstands um mindestens 20 Prozent nachweisbar (Abb. [1]). Zu jedem Untersuchungszeitpunkt konnte eine weitere Verbesserung der Hämodynamik
unmittelbar nach Iloprost-Inhalation dokumentiert werden (Tab. [1]).
Um zu überprüfen, ob der Akuttest mit Iloprost eine Aussage über den langfristigen
Therapieerfolg zulässt, verglichen wir die Akutveränderungen der Hämodynamik im Rahmen
der ersten Katheteruntersuchung mit den Veränderungen der Präinhalationswerte nach
12-monatiger Therapie (Abb. [2]). Dabei zeigte sich, dass Patienten mit einer stärkeren Akutreaktion üblicherweise
auch langfristig stärker von der Therapie profitierten (r = 0,66, P < 0,01). Dennoch
konnte auch bei 7 von 12 Patienten, bei denen der pulmonal-vaskuläre Widerstand im
Rahmen der Akuttestung um weniger als 20 Prozent abfiel, im Langzeitverlauf eine anhaltende
Verbesserung nachgewiesen werden, während bei einem Patienten keine Änderung der Hämodynamik
nachweisbar war und es bei 4 Patienten sogar zu einer Verschlechterung des pulmonal-vaskulären
Widerstands kam (Abb. [2]). Zwei der zuletzt genannten Patienten wurden im weiteren Verlauf auf kontinuierlich
intravenös verabreichtes Iloprost umgestellt, allerdings ohne klinische Verbesserung,
so dass eine Aufnahme auf die Lungentransplantationswarteliste erfolgte.
Die Behandlung mit inhalativem Iloprost wurde von allen Patienten gut vertragen. Husten
trat bei den meisten Patienten während der ersten Behandlungstage auf, ließ aber im
weiteren Verlauf nach und trat nach 4 Wochen praktisch nicht mehr auf. Die Lungenfunktionsdaten
blieben über den gesamten Beobachtungszeitraum stabil ebenso wie Blutbild, Elektrolyte,
Retentionswerte und Leberfunktionsteste (Daten nicht gezeigt). Fünf Patienten berichteten
über Gesichtsröte, Kopfschmerzen und Kiefergelenksschmerzen gegen Ende der Inhalationen,
aber all diese Nebenwirkungen wurden als leicht beschrieben und eine spezielle Behandlung
bzw. ein Absetzen der Medikation war nicht erforderlich. Keiner der Patienten klagte
über gastrointestinale Beschwerden. Die Herzkatheteruntersuchungen zeigten zwar eine
signifikante Abnahme von arteriellem Blutdruck und systemischem Widerstand, aber eine
symptomatische Hypotension trat bei keinem unserer Patienten auf. Darüber hinaus kam
es nicht zu Problemen wie Schwindel oder Synkopen, die Ausdruck von Rebound-Phänomenen
während der Inhalationspausen hätten sein können. Trotzdem beschrieben nahezu alle
Patienten Schwankungen in ihrer körperlichen Belastbarkeit, die typischerweise unmittelbar
nach Inhalation als am besten empfunden wurde, um dann über die nächsten 2 - 3 Stunden
bis zur nächsten Inhalation kontinuierlich abzunehmen.
Tab. 1Hämodynamik und Ergebnisse des 6-Minuten-Gehtests bei 24 Patienten mit primärer pulmonaler
Hypertonie unter inhalativem Iloprost*
|
Ausgangszeitpunkt |
nach 3 Monaten |
nach 12 Monaten |
|
vor |
nach |
vor |
nach |
vor |
nach |
Herzfrequenz (Schläge/min) |
84 ± 13 |
84 ± 13 |
82 ± 15 |
79 ± 13 |
82 ± 10 |
80 ± 10 |
mittlerer systemischer Blutdruck (mmHg) |
98 ± 14 |
100 ± 14 |
93 ± 10† |
92 ± 12 |
90 ± 13† |
89 ± 13 |
mittlerer pulmonal-arterieller Druck (mmHg) |
59 ± 10 |
50 ± 13 |
52 ± 11† |
44 ± 12 |
52 ± 15† |
43 ± 16 |
rechtsatrialer Druck (mmHg) |
8 ± 7 |
7 ± 6 |
5 ± 4† |
4 ± 4 |
5 ± 4† |
4 ± 4 |
Herzminutenvolumen (l/min) |
3,8 ± 1,4 |
4,5 ± 1,4 |
4,0 ± 1,2 |
4,5 ± 1,2 |
4,4 ± 1,3† |
4,8 ± 1,4 |
pulmonal-vaskulärer Widerstand (dynes · s · cm- 5) |
1205 ± 467 |
866 ± 415 |
1001 ± 437† |
728 ± 330 |
925 ± 469† |
704 ± 440 |
systemischer Widerstand (dynes ·s · cm- 5) |
2088 ± 712 |
1791 ± 508 |
1884 ± 506† |
1646 ± 397 |
1660 ± 494†‡ |
1534 ± 467 |
Schlagvolumen (ml/Schlag) |
46 ± 16 |
55 ± 16 |
50 ± 16† |
57 ± 15 |
55 ± 16†‡ |
61 ± 19 |
gemischt-venöse O2-Sättigung (%) |
62 ± 8 |
68 ± 8 |
65 ± 7† |
70 ± 7 |
67 ± 8† |
70 ± 7 |
6-Minuten-Gehtest (Meter) |
278 ± 96 |
n. d. |
353 ± 69† |
n. d. |
363 ± 135† |
n. d. |
* Angaben in Mittelwert ± SD; vor und nach geben die Werte vor und direkt nach Inhalation
von Iloprost an; n. d. bedeutet nicht durchgeführt† p < 0,05 für den Vergleich der
Präinhalationswerte nach 3 und 12 Monaten mit den Ausgangswerten‡ p < 0,05 für den
Vergleich der Präinhalationswerte nach 3 und 12 Monaten |
Abb. 1Pulmonal-vaskulärer Widerstand zum Ausgangszeitpunkt sowie nach 3- und 12-monatiger
Therapie mit aerosolisiertem Iloprost.Der pulmonal-vaskuläre Widerstand nahm bei allen
bis auf zwei Patienten nach 3-monatiger Therapie ab, gefolgt von einer weiteren Abnahme
nach 12 Monaten in allen bis auf sechs Patienten. Verglichen mit dem Ausgangszeitpunkt
fand sich bei 19 von 24 Patienten nach 12 Monaten ein reduzierter pulmonal-vaskulärer
Widerstand.
Abb. 2Regressionsanalyse der Akuteffekte von inhalativem Iloprost auf den pulmonal-vaskulären
Widerstand zum Ausgangszeitpunkt und der Veränderungen der Präinhalationswerte des
pulmonal-vaskulären Widerstands nach 12-monatiger Behandlung mit inhalativem Iloprost.Im
Allgemeinen zeigten Patienten mit der stärksten Akutantwort auf inhalatives Iloprost
auch die größten Therapieeffekte nach 12-monatiger Behandlung. Allerdings konnte auch
bei 7 von 12 Patienten mit nur geringem Akutansprechen nach 12-monatiger Behandlung
ein nennenswerter Therapieerfolg dokumentiert werden.
Diskussion
Diskussion
Unsere Ergebnisse zeigen, dass die langfristige Behandlung von Patienten mit primärer
pulmonaler Hypertonie zu einer Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit und der
hämodynamischen Parameter führt.
Die therapeutische Wirksamkeit der kontinuierlichen Behandlung der primären pulmonalen
Hypertonie mit kontinuierlich intravenös appliziertem Prostacyclin ist inzwischen
allgemein akzeptiert, aber die Mechanismen, über die Prostaglandine den Krankheitsverlauf
beeinflussen, werden bis heute nicht verstanden. Verschiedene Studien haben deutlich
gemacht, dass die Langzeiteffekte von Prostacyclin bei pulmonaler Hypertonie über
eine reine Vasodilatation hinausgehen. Darüber hinaus sind wahrscheinlich auch antithrombotische
und antiproliferative Wirkungen sowie bislang unzureichend charakterisierte Effekte
auf Wachstumsfaktoren und das vaskuläre Remodeling für die langfristigen Wirkungen
mitverantwortlich [4]
[7]
[8]
[17]
[18]
[19]. Einige dieser Effekte wie beispielsweise die Plättchenaggregationshemmung könnten
die Plasmahalbwertzeit von Prostaglandinen überdauern. Es wurde bislang noch nicht
untersucht, ob Prostaglandine wirklich kontinuierlich appliziert werden müssen, um
ihr therapeutisches Potenzial bei pulmonaler Hypertonie entfalten zu können. Diese
Frage ist allerdings von zentraler Bedeutung, wenn es um die Anwendung von aerosolisiertem
Iloprost als alternative Behandlungsmode für diese Patienten geht. Auch wenn die Plasma-Halbwertzeit
von Iloprost mit 20 - 30 min angegeben wird [8], sind die akuten hämodynamischen Effekte einer einzelnen Inhalation nach einer Stunde
praktisch nicht mehr nachweisbar [11]. Daher ist unsere Beobachtung, dass sich auch die Präinhalationswerte (die nach
einer nächtlichen Inhalationspause ermittelt wurden) nach einer einjährigen Behandlung
mit aerosolisiertem Iloprost verbesserten, als Hinweis dafür zu werten, dass tatsächlich
andere Mechanismen als eine reine Vasodilatation zu der therapeutischen Wirkung beigetragen
haben. Die Beobachtungen, dass die Akutantwort auf die Inhalation von Iloprost auch
nach einem Jahr noch erhalten war, und dass die Abnahme des pulmonal-vaskulären Widerstands
nach 12 Monaten die Wirkung zum Ausgangszeitpunkt überstieg, unterstützen diese Schlussfolgerung.
Inhalatives Iloprost kann auf nichtinvasivem Wege verabreicht werden, was als potenzieller
Vorteil gegenüber intravenösem Prostacyclin, das über einen zentralvenösen Zugang
appliziert werden muss, angesehen werden kann. Die entscheidende Frage ist allerdings,
ob inhalatives Iloprost genauso effektiv wie intravenöses Prostacyclin die Mortalität
von Patienten mit primärer pulmonaler Hypertonie senkt und deren körperliche Belastbarkeit
verbessert.
Obgleich intravenöses Prostacyclin seit über 10 Jahren für die Behandlung der pulmonalen
Hypertonie eingesetzt wird, gibt es erstaunlich wenigen Daten über den langfristigen
Effekt dieser Behandlung. Erst kürzlich haben McLaughlin et al. ihre Erfahrungen mit
langfristiger intravenöser Prostacyclinbehandlung bei primärer pulmonaler Hypertonie
publiziert [7]. In dieser Studie hatte die Anwendung von intravenösem Adenosin im Akutversuch vergleichbare
Effekte wie inhalatives Iloprost bei unseren Patienten. McLaughlin et al. berichteten
über eine Abnahme des pulmonal-vaskulären Widerstands um 53 Prozent nach 12- bis 24-monatiger
Behandlung mit intravenösem Iloprost. Dieser Wert übertrifft die Abnahme des pulmonal-vaskulären
Widerstands um 23 Prozent, die wir bei unseren Patienten nach einjähriger Behandlung
mit Iloprost-Aerosol beobachtet haben. Allerdings konnten wir nach einem Jahr unmittelbar
nach Inhalation von Iloprost eine Abnahme des pulmonal-vaskulären Widerstands um 42
Prozent gegenüber den Ausgangswerten vor Therapiebeginn beobachten und dieser Wert
ist mit den Resultaten der kontinuierlichen intravenösen Prostacyclinbehandlung wie
von McLaughlin et al. beschrieben durchaus vergleichbar [7].
Die Dosis von aerosolisiertem Iloprost betrug bei der Mehrzahl unserer Patienten während
des gesamten Beobachtungszeitraumes 100 µg/Tag und musste bei sechs Patienten auf
150 µg/Tag gesteigert werden, weil deren Ansprechen auf die Behandlung als unzureichend
bewertet wurde. Wir wissen allerdings nicht, ob dieses Dosisschema tatsächlich optimal
war, oder ob mit höheren Dosierungen, anderen Inhalationsintervallen oder einer regelmäßigen
Dosiseskalation bessere klinische Resultate erzielt worden wären. In der Studie von
McLaughlin et al. wurde die Dosis des intravenösen Prostacyclin monatlich im Mittel
um 2,4 ng/kg/min bis zu einer mittleren Dosis von 40 ng/kg/min gesteigert [7]. In Deutschland würde die Behandlung eines Patienten bei diesen Dosierungen mehr
als DM 500.000,- pro Jahr kosten. Die jährlichen Behandlungskosten mit aerosolisiertem
Iloprost liegen mit dem in dieser Studie angewendetem Verneblersystem bei einer täglichen
Dosis von 100 - 150 µg bei etwa DM 150.000,-. Mit neu entwickelten Ultraschallverneblern
lassen sich diese Kosten um nahezu 50 Prozent reduzieren [20].
Inhalatives Iloprost wurde grundsätzlich gut vertragen und kein Patient brach die
Behandlung wegen unerwünschter Begleiterscheinungen ab. Das Auftreten von Kieferschmerzen
und Gesichtsröte bei einigen Patienten sowie der signifikante, wenn auch klinisch
asymptomatische Blutdruckabfall zeigen, dass inhalatives Iloprost kein selektiver
pulmonaler Vasodilatator ist, sondern dass es zu einem Übertritt der Substanz in die
systemische Zirkulation kommt. Es gibt weiterhin Unsicherheiten bezüglich der Sicherheit
der Behandlung mit inhalativem Iloprost. Dazu gehört die Möglichkeit des Auftretens
von Reboundphänomenen zwischen den Inhalationen, insbesondere während der nächtlichen
Inhalationspause. Wir konnten bei unseren Patienten allerdings keine klinischen oder
hämodynamischen Hinweise für das Auftreten solcher Reboundphänome feststellen. Andererseits
sind Reboundphänomene eine bekannte und gefürchtete Komplikation der kontinuierlichen
intravenösen Prostacyclintherapie, wenn es zu abrupten Unterbrechungen der Medikamentenzufuhr
kommt [21]. Allerdings beschrieben nahezu alle unserer Patienten Schwankungen ihrer körperlichen
Leistungsfähigkeit zwischen den Inhalationen. Diese Fluktuationen wurden von unseren
Patienten gut toleriert, könnten aber bei Patienten mit fortgeschrittener Rechtsherzinsuffizienz
nachteilige Folgen haben. Außerdem zeigten 5 unserer 24 Patienten (21 Prozent) offenbar
keine Reaktion auf die Behandlung mit inhalativem Iloprost und es ist unklar, ob solche
Patienten von einer weiteren Dosiseskalation oder von einer Umstellung auf intravenöses
Prostacyclin profitieren würden.
Alles in allem erlauben unsere Beobachtungen den Schluss, dass aerosolisiertes Iloprost
eine effektive Behandlung der primären pulmonalen Hypertonie darstellt. Gegenwärtig
laufen in Europa Phase-III-Studien, von denen die Zulassung von inhalativem Iloprost
für die Behandlung der pulmonalen Hypertonie erwartet wird. Mit diesem neuen Therapieansatz
nehmen die therapeutischen Möglichkeiten für die fortgeschrittene pulmonale Hypertonie
zu, aber auch die Unsicherheiten über die optimale Behandlung dieser Patienten. Damit
ist die Zeit gekommen, Studien durchzuführen, die Langzeiteffekte von intravenösem
Prostacyclin und inhalativem Iloprost direkt vergleichen.