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DOI: 10.1055/s-2001-14485
Bewertung des Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus als Arbeitszeit
Urteil des Arbeitsgerichts Gotha vom 03.04.2001Publication History
Publication Date:
10 October 2002 (online)

Problemstellung
Nach bisher einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung zählen Zeiten des Bereitschaftsdienstes in Krankenanstalten und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens ebenso wie die Rufbereitschaft nicht zur Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (AZG). Dabei wird der Bereitschaftsdienst definiert »als die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, sofern zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt« (Bundesarbeitsgericht [BAG], Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, 8 [1991], S. 516; § 15 Abs. 6 a Unterabs. 1 BAT). Als Arbeitszeit wertet die Rechtsprechung nur die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während des Bereitschaftsdienstes; sie sind die auf tägliche Höchstarbeitszeit gemäß § 3 Abs. 1 AZG anzurechnen (BAG; aaO).
Demgegenüber hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jüngst in einem aufsehenerregenden Urteil vom 03.10.2000 - C 303/98 - entschieden, dass der Bereitschaftsdienst, den Ärzte in einer Einrichtung des Gesundheitsdienstes in Spanien leisten, insgesamt als Arbeitszeit und ggf. als Überstunden im Sinne der Richtlinie Nr. 93/104 des Rates der Europäischen Union (EU) vom 23.11.1993 (Arbeitszeitrichtlinie) zu werten ist. Das Arbeitsgericht (ArbG) Gotha hat diese Entscheidung jetzt in einem Beschluss vom 03.04.2000 - 3 BV 1/01 für das deutsche Recht umgesetzt.