TumorDiagnostik & Therapie 2001; 22(4): 48-55
DOI: 10.1055/s-2001-16995
ÜBERSICHT/REVIEW
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Stellenwert von Beobachtungsstudien und Registerdaten
in der Onkologie

Relevance of observational studies and clinical registries in oncologyS. Hölzer1 , A. K. Stewart2 , J. Dudeck1
  • 1Institut für Medizinische Informatik, Justus-Liebig-Universität Gießen
  • 2Commission on Cancer, American College of Surgeons, Chicago, USA
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Publication Date:
12 September 2001 (online)

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Zusammenfassung.

Der Stellenwert von Beobachtungsstudien, von Daten aus klinischen Registern oder Auswertungen von umfangreichen Datenbeständen heutiger Informationssysteme in der Medizin als Quellen zur Generierung neuen Wissens ist umstritten. Vorliegender Beitrag versucht den Stellenwert von Beobachtungsstudien und Registerdaten in der Onkologie aufzuzeigen und deren Aussagekraft bzw. Zielsetzungen von anderen Studientypen, insbesondere den Studien der experimentellen Epidemiologie, abzugrenzen. Beobachtungsstudien haben ihren Stellenwert beim Nachweis der Anwendung und Effektivität von medizinischen Interventionen unter den Bedingungen der klinischen Routine. Sie dienen der Beurteilung der sog. „Real-World-Effectiveness”, d. h. der Beobachtung ärztlichen Verhaltens und deren Auswirkungen auf das Outcome der Patienten unter Praxisbedingungen. Unbestritten ist der Stellenwert von Beobachtungsstudien zur Beschreibung von Krankheitscharakteristika und deren zeitlichen Trends, bei der Erkennung von Mustern in der Patientenversorgung und deren Veränderungen über die Zeit, sowie zur Evaluation der Umsetzung von Leitlinien in die klinische Praxis bzw. der Umsetzung neuerer Erkenntnisse der klinischen Forschung in die Patientenversorgung. Beobachtungsstudien können darüber hinaus zur Verifikation von Ergebnissen kontrollierter klinischer Studien eingesetzt werden. Dabei dienen sie auch der Hypothesengenerierung für weitere gezielte klinische Forschungsaktivitäten. Vorliegender Artikel versucht, genannte Einsatzmöglichkeiten von Beobachtungsstudien anhand von Beispielen der onkologischen Patientenversorgung heraus zu arbeiten. Während man in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, dass Beobachtungsstudien im Gegensatz zu randomisierten, kontrollierten klinische Studien Therapieeffekte überschätzen, geht aus jüngsten Metaanalysen zu beiden Studienformen hervor, dass die bisher postulierte Art der systematischen Verzerrung von Ergebnissen aus Beobachtungsstudien in den letzten 15 Jahren wissenschaftlicher medizinischer Forschung bei entsprechender methodischer Qualität nicht mehr anzutreffen ist. Medizinisches Wissen setzt sich aus der Aufbereitung heterogener Informationsquellen zusammen. In diesem Hinblick komplettieren Beobachtungsstudien und Registerdaten die experimentelle klinische Forschung.

Relevance of observational studies and clinical registries in oncology.

Purpose: The value of observational studies, registry data, or the analysis of comprehensive clinical databases to generate new medical knowledge are controversially discussed. Current article wants to communicate the differences and objectives of experimental clinical trials and observational studies in oncology. Methods and Results: Observational studies are used to evaluate the effectiveness of medical interventions in the clinical routine (“real-world effectiveness”). Undoubtedly, they are important to describe patient characteristics, to monitor trends, to discover patterns of care, and to evaluate the use of practice guidelines or other tools of evidence-based practice. In addition, these studies are used to control the results of clinical trials. Several clinical examples will be outlined. Conclusion: The analysis and results of observational studies can generate new hypotheses for future clinical research. In contrast to randomized, controlled clinical trials the data of an observational study doesn't prove the efficacy of specific clinical interventions. But modern methods of data collection and quality standards can minimize systematic bias. Thus, with its sensible use a non-experimental study may contribute to the total body of relevant evidence.

Literatur

Dr. med. Simon Hölzer

Institut für Medizinische Informatik
Versorgungsforschung, Qualitätssicherung
Justus-Liebig-Universität Gießen

Heinrich-Buff-Ring 44
35392 Gießen

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