Klin Padiatr 2002; 214(2): 62-69
DOI: 10.1055/s-2002-25270
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kinder mit Epilepsien im Vergleich zu gesunden Kindern

Kinderpsychiatrische und leistungsbezogene UntersuchungChildren with epilepsy - psychiatric and neuropsychological results in comparison to healthy childrenW.  Kölfen1 , M.  Lüchtrath1 , S.  König2 , U.  Formanski1 , J.  Edrich1
  • 1Klinik für Kinder und Jugendliche, Elisabeth Krankenhaus, Mönchengladbach
  • 2Universitätskinderklinik Mannheim
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Publication Date:
22 April 2002 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Die langfristige Prognose eines Kindes mit Epilepsie sollte an der Anfallsfreiheit, aber auch an der Lebensqualität des Kindes gemessen werden. Untersucht wurden Kinder mit Epilepsien mit der Fragestellung, ob sie kinderpsychiatrische, intellektuelle oder motorische Auffälligkeiten gegenüber gesunden Kindern zeigen. Welche Bedeutung hat die Epilepsieform für die Leistungsprofile der Kinder?

Patienten/Methodik: Kinder mit Epilepsien im Alter von 6 - 15 Jahren ohne neurologische Erkrankungen und ohne mentale Behinderung wurden einbezogen. Mit Hilfe des CBCLs und des Mannheimer Elterninterviews wurden Häufigkeiten von psychiatrischen Symptomen erfasst. Zusätzlich wurde ein strukturiertes Elterninterview durchgeführt, um anamnestische Angaben zur Schwangerschaft, Geburt und zur Entwicklung des Kindes zu dokumentieren. Mit Hilfe der neuropsychologischen Untersuchung wurden die nonverbale Intelligenz, die Informationsverarbeitung, die rechnerischen Fähigkeiten, die Körperkoordination und Grobmotorik, die Feinmotorik und die Sprachfähigkeiten untersucht. Es wurde noch eine Kontrollgruppe getestet, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen.

Ergebnisse: Es wurden 102 von insgesamt 117 Kindern (88 %) mit Epilepsien (Absencen 27, Grand Mal 31, Rolandi 17, symptomatisch fokal 27) nachuntersucht. Anfallsfreie, nicht behinderte Kinder mit Epilepsien unterschieden sich in allen mentalen und motorischen Leistungsparametern von gesunden Kontrollkindern. Diese Kinder waren aber kinderpsychiatrisch nicht auffällig. Erst die Einzelanalyse der verschiedenen Epilepsieformen lässt aber erkennen, dass es erhebliche Unterschiede der Defizite in den Leistungsparametern gibt. Kinder mit benignen Partialanfällen erzielten zwar die besten Testergebnisse, waren aber auch beim Erfassen selbständiger Lösungsstrategien und in der nonverbalen Intelligenz schlechter als die Kontrollgruppe. Kinder mit komplex-fokalen Anfällen zeigten in allen Teilbereichen die weitaus schlechtesten Testergebnisse. Lag eine Absencen-Epilepsie vor, waren vor allem Beeinträchtigungen in der Grob- und Feinmotorik und im Sprachverständnis nachzuweisen. Demgegenüber zeigten Kinder mit Grand-Mal-Epilepsie vor allem Defizite im Erfassen von Lösungsstrategien und in der nonverbalen Intelligenz. Die Kinder mit Epilepsie zeigten keine kinderpsychiatrischen Auffälligkeiten. 26 % der Kinder mit Absencen, 23 % mit Grand Mal, 8 % mit Rolandi, 28 % mit symtomatischen Anfällen und 3 % der Kontrollgruppe erzielten insgesamt schlechte Testergebnisse.

Schlussfolgerung: Die vorliegenden Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit differenzierter neuropsychologischer Untersuchungen an Kindern mit Epilepsie, um die unterschiedlichen Defizite zu erfassen und rechtzeitige Förderung in Teilbereichen einzuleiten.

Abstract

Questions: Do children with epilepsy exhibit psychiatric, intellectual or motoric symptoms compared to healthy children? How relevant is the type of epilepsy?

Methods: Children with diagnosed epilepsy aged 6 - 15 years were investigated by means of an established neuropsychological test program. Under anticonvulsive therapy the children were free from epileptic seizures. Exclusion criteria were neurological diseases and mental retardation. A structured interview was performed and psychiatric symptoms were registered. Tests performed included non-verbal intelligence, general motor skills, concentration ability, speech, mathematics, and find motor skills.

Results: Altogether 102 children with epilepsy (absences N=27, grand-mal N=31, Rolandi N=17, symptomatic focal N=27) and a control group of healthy children of the same size were investigated. In children with epilepsy no psychiatric symptoms were observed. In all tests applied, children with epilepsy obtained poorer neuropsychological results than the healthy control group. Children with primarily generalised epilepsy exhibited markedly poorer results in data processing, speech, and fine motor skills as compared to the healthy group. Children with symptomatic focal epilepsy showed the poorest results with regard to all parameters tested.

Conclusion: In the psychological test performed, children with epilepsy exhibited distinct differences compared to the control group, but no differences in the psychiatric evaluation.

Literatur

Dr. Wolfgang Kölfen

Klinik für Kinder u. Jugendliche

Elisabeth Krankenhaus

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