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DOI: 10.1055/s-2002-32052
Genetik des malignen Melanoms der Haut
Aktueller Wissensstand und klinische AnwendungenGenetics of Cutaneous Malignant Melanoma: Update and Clinical Implications Herrn Prof. Dr. E. G. Jung zum 70. Geburtstag gewidmet.- Zusammenfassung
- Abstract
- Maligne Transformation von Melanozyten
- Frühe Progression des Melanoms
- Genetische Veränderungen in späten Progressionsstadien
- Klinische Relevanz genetischer Veränderungen beim malignen Melanom
- Literatur
Zusammenfassung
Beim malignen Melanom der Haut wie auch bei vielen anderen soliden Tumoren ist die maligne Transformation der Zellen und die Progression der Tumoren Folge einer Kaskade von genetischen Veränderungen. Kopplungsanalysen in Melanomfamilien legen nahe, dass neben dem nur in Einzelfällen veränderten CDK4-Gen zwei weitere bislang nicht identifizierte Melanomgene existieren, die in den Chromosomenabschnitten 1p36 und 9p21 lokalisiert sind. Neuere Daten weisen darauf hin, dass das p16-(CDKN2)-Tumorsuppressorgen die frühe Progression bei zumindest einigen Melanomen steuert. Eine Assoziation mit bestimmten Varianten des Melanocortin-1-Rezeptors führt zu einer weiteren Risikoerhöhung. Die Ausschaltung von noch nicht bekannten Genen auf den Chromosomenarmen 6q, 10p und 10q scheint ebenfalls eine pathogenetische Rolle in frühen Melanomstadien zu haben. Bislang war es aber noch nicht möglich, diese genetischen Veränderungen mit bestimmten morphologischen Stadien des primären Melanoms zu assoziieren. Entsprechend den Befunden bei anderen Tumorarten scheint der Verlust von genetischem Material der Chromosomenbanden 1p36 und 11q23 - 25 ebenso wie die Amplifikation von Abschnitten des Chromosoms 7 mit einem erhöhten Metastasierungspotenzial verbunden zu sein. Bei der Identifizierung von Hochrisikopersonen aus Melanomfamilien werden diese molekularen Befunde bereits klinisch umgesetzt. In den nächsten Jahren ist damit zu rechnen, dass molekulare Befunde prognostische Hinweise bei Patienten mit sporadischen Melanomen liefern könnten.
#Abstract
In malignant melanoma as in many other malignancies the process of tumorigenesis and tumor progression appears to result from the accumulation of multiple genetic lesions. Linkage analyses in melanoma families gave evidence for at least three predisposing genes. Besides an infrequently altered CDK4 gene two other still unknown genes may be located in the bands 1p36 and 9p21. Recent data indicate that the p16 (CDKN2) tumor suppressor gene may be involved in very early stages of melanoma progression. It has been shown that an association with particular variants of the Melanocortin-1 Receptor gene modifies and increases melanoma risk. An inactivation of genes not yet identified on 6q, 10q and 10p seems to be involved in later progression stages. However, these genetic alterations could not be associated with clinically defined stages of melanoma progression such as radial growth (RGP) or vertical growth phase (VGP). Paralleling findings in other malignancies loss of genetic material of chromosome bands 1p36 and 11q23 - 25 as well as gain of bands of chromosome 7 seem to be associated with the capability to metastasize. These findings have already been applied to identify high risk members of melanoma families. In near future molecular data might provide prognostic information in patients with sporadic melanoma.
Der Tumor entstand auf einem Muttermal. Es ist bemerkenswert, daß der Vater dieses Herren an einer ähnlichen Erkrankung verstorben ist. Diese Beobachtung veranlaßt mich anzunehmen, daß die Krankheit erblich ist. (W. Norris, 1820) [1]
Die maligne Transformation von Zellen sowie die Progression von Tumorzellen beruht auf genetischen Veränderungen. Dieses Paradigma wird bei vielen Tumortypen intensiv untersucht. Die starke Zunahme der Melanominzidenzen in den letzten Jahrzehnten hat auch die Beobachtung, dass Melanome in 5-10 % der Fälle familiär gehäuft auftreten, bestätigt und führte in den letzten Jahren zu intensiven Bemühungen zur Aufklärung der Melanomgenetik.
#Maligne Transformation von Melanozyten
Kopplungsanalysen in großen Melanomfamilien aus Holland, Utah, Neuengland sowie in Australien ergaben Hinweise, dass Gene aus mindestens 3 Chromosomenabschnitten eine Melanomprädisposition bewirken können [2] [3] [4] [5] [6]. Bereits 1989 fanden Bale u. Mitarb. bei Familien mit dem klassischen dysplastischen Nävussyndrom (BK-Mole-Syndrom) Hinweise, dass eine Assoziation mit einem Abschnitt auf dem kurzen Arm von Chromosom 1 (1p36) besteht [6]. Die Untersuchung von Melanomfamilien in anderen Regionen konnte diesen Befund jedoch nicht bestätigen [2] [3] [7]. In späteren Untersuchungen wurde eine Assoziation mit 1p36 nur in Familien gefunden, die zusätzlich multiple atypische Nävi aufwiesen [8]. Es wird deshalb angenommen, dass in diesem Chromosomenabschnitt ein Gen für die Ausbildung dysplastischer Nävi lokalisiert sein könnte. Bei einzelnen Melanomfamilien war jedoch eine ausschließliche Kopplung des Erbgangs mit 1p36 nachweisbar, so dass in diesem Bereich sehr wahrscheinlich auch ein initiales Melanomgen lokalisiert sein dürfte [8]. Bislang war es aber nicht möglich, die Lokalisation des gesuchten Melanom-/dysplastischen Nävusgens weiter einzuengen. In der Region sind mehrere Kandidatengene untersucht worden. Eine Assoziation mit der Melanompathogenese war jedoch nicht nachzuweisen. Diese Analysen sind dadurch erschwert, dass in der gleichen Region möglicherweise mehrere Gene lokalisiert sind, die eine Bedeutung in der Entdifferenzierung verschiedener Tumorzelltypen haben.
1992 berichteten Cannon-Albright et al., dass bei Melanomfamilien aus Utah das initiale Melanomgen auf dem kurzen Arm von Chromosom 9 im Abschnitt 9p13 - p22 lokalisiert sein könnte [4]. Untersuchungen weltweit bestätigten, dass bei der Mehrzahl der Melanomfamilien, unabhängig davon, ob bei diesen Familien das Melanom in Assoziation mit dysplastischen Nävi auftrat, eine genetische Kopplung des Auftretens eines Melanoms mit diesem Chromosomenabschnitt nachweisbar war [2] [3].
1994 wurde ein Kandidatengen in dieser chromosomalen Region beschrieben, das p16-Gen (Syn: CDKN 2, p16INK4, CDK4-Inhibitorgen) [9] [10]. Die Genprodukte (das p16-Protein sowie die Varianten p15 und p19) haben wichtige regulatorische Funktionen in der Zellteilung. Inaktivierende Mutationen wurden in vielen Melanomzelllinien gefunden. Der Nachweis von Keimbahnmutationen gelang bei etwa 50 % der Melanomfamilien, was auf die Bedeutung des Gens beim Melanom hinwies [11]. Melanomfamilien aus derselben geografischen Region zeigten identische Mutationsmuster des p16-Gens, was auf eine gemeinsame Herkunft hinweist. Die Mehrzahl der Melanomfamilien in Neuengland stammt wahrscheinlich von einem gemeinsamen britischen „Urahn” ab, der vor 30 - 50 Generationen gelebt hat [12]. Auch die holländischen Familien weisen identische Mutationen auf, so dass die Universität Leiden Hochrisikopersonen aus diesen Familien schon im Neugeborenenalter durch den Nachweis des so genannten p16-Leiden-Gens identifizieren kann [13].
Diese viel versprechenden Ansätze konnten aber bei sporadischen Melanomen nicht weiter erhärtet werden. Gensequenzierungen ergaben, dass p16-Mutationen nur sehr selten nachweisbar sind [14] [15]. Diese Beobachtungen legen nahe, dass Veränderungen im p16-Gen nicht den bestimmenden Mechanismus darstellen, durch den ein Melanozyt transformiert wird.
Interessanterweise treten Mutationen im p16-Gen nicht nur beim Melanom auf, sondern werden in einer Vielzahl anderer Tumortypen gefunden. Es wird heute deshalb davon ausgegangen, dass das p16-Gen eher ein frühes Progressionsgen ist [16]. Die angeführten Ergebnisse der Kopplungsanalysen in Melanomfamilien werden dahin gehend interpretiert, dass eine weiteres initiales Melanomgen in der chromosomalen Umgebung des Gens lokalisiert ist. Bislang blieb aber die Suche nach diesem Melanomgen erfolglos.
Bei einzelnen Melanomfamilien konnte eine Keimbahnmutation im Gen der Kinase CDK4 gefunden werden [5]. Dieses Gen entfaltet an einer wichtigen Schnittstelle des Zellteilungsprozesses seine Funktion. Dessen Funktion wird durch das p16-Gen und seine Varianten reguliert. CDK4 wird deshalb als weiteres initiales Melanomgen angesehen. Bei sporadischen Melanomen sind Mutationen in diesem Gen beschrieben worden. Sie sind jedoch sehr selten.
Neuere Untersuchungen an den holländischen Melanomfamilien haben gezeigt, dass auch bestimmte Varianten des Melanocortin-1-Rezeptors (MC1R) das Melanomrisiko modifizieren können. Die verschiedenen Varianten dieses Proteins sind für den Lichttyp des entsprechenden Inidviduums bedeutsam. Die Variante R151C führt nicht nur zum Lichttyp I und II, welche ein erhöhtes Hautkrebsrisiko bewirken, sondern scheint darüber hinaus über einen bislang unbekannten molekularen Mechanismus das Melanomrisiko weiter zu steigern [13].
Zusammenfassend legen die bisherigen Daten nahe, dass das Melanom ein genetisch heterogener Tumor ist. Bislang konnten 3 Chromosomenabschnitte identifiziert werden, bei denen eine Assoziation mit der Entstehung von Melanomen nachgewiesen wurde. Transformierende initiale Melanomgene sind bislang noch nicht charakterisiert worden. Die Befunde des MC1R legen nahe, dass auch Kofaktoren bei der Entartung von Melanozyten eine wichtige Rolle spielen. Es ist zu erwarten, dass in nächster Zeit weitere kofaktorisch wirkende Gene identifiziert werden können.
#Frühe Progression des Melanoms
Bestimmte Mausstämme, bei denen das murine Analog des p16-Gens ausgeschaltet wurde, entwickeln nach kutaner Exposition mit Karzinogenen Melanome [17]. Dies weist darauf hin, dass das p16-Gen eine enorme Bedeutung in der frühen Expansion von transformierten Melanozyten hat. Die hohe Frequenz von p16-Mutationen in Melanomzellinien von Menschen, aber auch der Nachweis von p16-Mutationen in Melanommetastasen, die von bei Primärtumoren mit (normalem) Wildtyp p16 ausgingen, können als weiteres Indiz für diese Hypothese gewertet werden, dass das Gen und seine Varianten frühe Progressionsgene sind [15] [18].
Die Übertragung von Chromosomenabschnitten aus dem langen Arm von Chromosom 6 führte bei bestimmten Melanomzelllinien zu einer Unterdrückung ihres malignen Phänotyps [19]. Bislang war es noch nicht möglich, Kandidatengene auf 6q zu identifizieren und zu charakterisieren.
Veränderungen auf Chromosom 10 werden in mittleren Melanomstadien häufig beobachtet. Es gibt Hinweise darauf, dass sowohl auf dem langen Arm von Chromosom 10 als auch auf dem kurzen Arm von Chromosom 10 jeweils mehrere Regionen abgrenzbar sind, die gehäuft Allelverluste aufweisen. Dies kann als molekularer Hinweis für die Anwesenheit von Tumorsuppressoren gewertet werden. Die Beobachtung, dass im distalen Abschnitt des kurzen Chromosomenarms (10p) ein/mehrere Melanomtumorsuppressorgen(e) liegen könnte(n), ist besonders interessant. Bei Hirntumoren lassen sich in der gleichen Region sehr häufig Allelverluste nachweisen [20] [21]. Dieser Befund wird dann als molekularer Marker für das Vorliegen eines hochmalignen Glioms (Glioblastom) gewertet. Auf Chromosom 10q sind verschiedene tumorassoziierte Gene lokalisiert. Hierzu zählen das NMA-Gen und das MXI-1-Gen [18] [22]. Diese scheinen aber keine Bedeutung beim Melanom zu haben. Intensiver untersucht wurde das PTEN-Gen auf 10q [23]. Dieses Tumorsuppressorgen scheint in der frühen Progression verschiedener Tumortypen wirksam zu sein. Auch beim Melanom wurden Veränderungen in PTEN nachgewiesen. Deren Häufigkeit ist aber bislang nicht eindeutig geklärt.
Veränderungen auf Chromosom 6q und 10q in Primärmelanomen sind mit deren Prognose assoziiert [24]. Die prädiktive Wertigkeit dieser molekularen Befunde scheint mit der Tumordicke nach Breslow vergleichbar zu sein. Es ist zu erwarten, dass eine weitere Einengung der entsprechenden Chromosomenabschnitte beziehungsweise die Charakterisierung der dort lokalisierten Tumorgene zu einer Verbesserung der prognostischen Wertigkeit führen wird.
Die bislang bekannten Daten belegen, dass die Tumorprogression eine Folge des Zusammenwirkens verschiedener genetischer Veränderungen darstellt. Die bislang bekannten Daten weisen aber auch darauf hin, dass keine einheitliche molekulare Kaskade in der Entdifferenzierung von Tumorzellen und damit auch in der Progression von Tumoren existiert. Es besteht vielmehr eine ausgeprägte genetische Heterogenität nicht nur bei fortgeschrittenen Melanomen verschiedener Patienten, sondern auch bei unterschiedlichen Metastasen des gleichen Primärmelanoms.
#Genetische Veränderungen in späten Progressionsstadien
Aus Karyotypanalysen ist schon länger bekannt, dass Primärmelanome mit Veränderungen auf den Chromosomen 7 und 11 eine schlechtere Prognose haben [25].
Es konnte auf dem langen Arm von Chromosom 11 ein Bereich (11q23 - 25) mit 2 - 3 Hotspots eingegrenzt werden, in dem gehäuft Allelverluste auftreten. Diese werden bevorzugt in Metastasen beobachtet und scheinen somit späte Ereignisse in der Melanomprogression darzustellen. In großen Melanomkollektiven konnte gezeigt werden, dass diese einzelnen Hotspots nur selten in mehr als 30 % der Fälle betroffen sind. Ähnliche Befunde wurden auch bei einer Vielzahl anderer Tumortypen einschließlich hämatologischer Neoplasien berichtet. Trotz intensiver Suche ist es bislang nicht gelungen, die entsprechenden Kandidatengene in diesen Bereichen zu charakterisieren [26] [27] [28].
Amplifikation des EGFR-Rezeptors auf 7p und eine resultierende Überexpression des Rezeptorproteins treten in späten Melanomstadien auf. Daneben konnten beim Melanom auch Amplifikationen des distalen Abschnittes des langen Arms (7q33-qter) nachgewiesen werden. Bislang konnten in diesem Chromosomenabschnitt keine Kandidatengene charakterisiert werden [29].
Veränderungen auf dem distalen kurzen Arm von 1p, in der gleichen Region, in der auch ein Gen für das familiäre Melanom vermutet wird, wurden als Lokalisationshinweis für ein spätes Melanomprogressionsgen gewertet [30]. Die Relevanz dieser Befunde ist bislang unklar, da sie in anderen Melanomkollektiven nicht bestätigt werden konnten. In der Region liegen Gene, die in der Pathogenese verschiedener Tumorgene eine Rolle haben könnten, z. B. das RAP1-Gap-Gen und das p73-Gen [31]. Nach bisheriger Kenntnis weisen diese aber beim Melanom weder Mutationen noch eine abnorme Expression auf.
#Klinische Relevanz genetischer Veränderungen beim malignen Melanom
Nävi sind morphologisch von Melanomen meist eindeutig und unzweifelhaft zu unterscheiden. Dem Kliniker ist aber eine nicht geringe Zahl von Borderline-Fällen bekannt, in denen eine Unterscheidung zwischen einem schwer dysplastischen Nävus und einem initialen Melanom nicht möglich ist. Man hatte von der Molekulargenetik erhofft, dass diese eine klare Differenzierung zwischen normaler Zelle und transformierter Tumorzelle zu treffen vermag. Das in den letzten Jahren vermehrte Wissen um genetische Veränderungen, sowohl auf der DNA-Ebene (Mutationen) als auch auf der Proteinebene (veränderte Expression) in Melanozyten und Melanomzellen, lässt aber befürchten, dass molekulare Methoden, ebenso wie die Morphologie, eine klare Unterscheidung zwischen benignen und malignen Zellen nicht ermöglichen können. Es existieren Hinweise für die Hypothese, dass die maligne Transformation nicht eine scharfe Zäsur darstellt, sondern über einen labilen Zustand der Zellproliferation erfolgt, in dem intrazelluläre oder auch interzelluläre Regulationsmechanismen versagen. Die Regulation der Zellproliferation ist im Augenblick immer noch nur ansatzweise bekannt. Es ist offensichtlich, dass es sich um einen hochkomplizierten Vorgang handelt, in dem eine große Zahl von Proteinen beteiligt ist. Die Fehlfunktion eines jeden Proteins kann potenziell zu einer Störung dieser Reaktionskaskaden und somit der Zellproliferation führen. Nach dieser Hypothese ist nicht ein einziges transformierendes Gen (oder fehlfunktionierendes Genprodukt), sondern eine Vielzahl von potenziell transformierenden Genen beim Melanom zu erwarten. Sie würde nicht nur die genetische Heterogenität des Melanoms (durch die Ergebnisse der bereits erwähnten Kopplungsanalysen in Melanomfamilien nahe liegend), sondern auch die anderer Tumortypen, wie dem hereditären Mammakarzinom, oder dem Kolonkarzinom erklären. Der kürzlich geführte Nachweis, dass zelltypspezifische Proteine (wie der Melanocortin-1-Rezeptor beim malignen Melanom) in dieses komplizierte Regulationsnetzwerk eingebunden sind, könnte die Existenz von Tumorsyndromen mit verschiedenen Neoplasietypen (z. B. Li-Fraumeni-Syndrom), aber auch das Auftreten bestimmter hereditärer Tumoren erklären.
Die molekularen Mechanismen der zunehmenden Entdifferenzierung von Melanomzellen und anderen Tumorzellen scheint noch komplexer zu sein als der Prozess der malignen Transformation. Die bisherigen Befunde legen nahe, dass daran eine noch größere Zahl von Genen und deren Proteine beteiligt sind. Sowohl beim Melanom als auch bei anderen Tumoren kommt es im Krankheitsverlauf zur weiteren genetischen Heterogenität in den einzelnen Metastasen [18] [32]. Die Hypothese, dass die frühe Tumorzellprogression von (wenigen) Genen gesteuert wird, die nur bei verwandten Tumortypen eine Bedeutung haben (z. B. Veränderungen auf 10p bei neuroektodermalen Tumoren oder TP53-Mutationen bei epithelialen Tumoren), während multiple genetische Veränderungen in späten Progressionsphasen (z. B. Veränderungen auf 11q) der unterschiedlichsten Neoplasien wirksam sind, wird aber erst durch weitere Untersuchungen zu belegen sein.
Zumindest in Melanomfamilien, in denen eine erbliche genetische Alteration bekannt ist, kann das in der letzten Dekade gewonnene molekulare Wissen zur Erkennung von Hochrisikopersonen genutzt werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist das bereits etablierte Screening auf das Vorliegen der p16-Leiden-Mutation oder der Nachweis bestimmten MC1R-Varianten in holländischen Melanomfamilien.
Wie bereits erwähnt, können molekulare Untersuchungen bislang keine entscheidenden diagnostischen Hilfen in der Einordnung melanozytärer Borderline-Läsionen geben.
Es sind aber verschiedene genetische Veränderungen nachgewiesen worden, die mit der Melanomprogression assoziiert sind. In der Abb. [1] ist eine hypothetische Kaskade der Abfolge dieser Alterationen dargestellt. Bislang ist es jedoch noch nicht möglich, die angeführten Progressionsstadien einem morphologisch definierten Stadium zuzuordnen. Eine praktische Umsetzung dieser Kenntnisse in die Melanomdiagnostik und -therapie ist deshalb noch nicht erfolgversprechend. Der Nachweis bestimmter chromosomaler Veränderungen kann prognostische Hinweise für die Patienten liefern. Es ist sehr wahrscheinlich, dass mit zunehmendem Wissen der Vorhersagewert noch deutlich verbessert werden kann und entsprechende molekulare Untersuchungen dann klinische Relevanz erlangen werden.

Abb. 1 Hypothetische Kaskade der Melanozytenentdifferenzierung.
Literatur
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Abb. 1 Hypothetische Kaskade der Melanozytenentdifferenzierung.