Z Gastroenterol 2002; 40(S2): 39-42
DOI: 10.1055/s-2002-35908
Supplement
© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Autoimmunhepatitis

M. P. Manns, C. P. Strassburg
  • 1Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover
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Publication Date:
04 December 2002 (online)

Einleitung

Autoimmunerkrankungen der Leber führen aus bislang ungeklärten Ursachen zum Verlust der Selbsttoleranz gegenüber dem hepatozellulären oder dem cholangiozellulären Gewebe. Nosologisch unterscheidet man drei Hauptkrankheitsbilder: die primär biliäre Zirrhose (PBC) und die primär sklerosierende Cholangitis (PSC), die proximale oder distale Gallenwegsabschnitte betreffen, sowie die Autoimmunhepatitis (AIH), die durch einen immunologischen Angriff auf die Hepatozyten gekennzeichnet ist.

Als Erster beschrieb Waldenström 1950 das Krankheitsbild der Autoimmunhepatitis als eine zur Zirrhose führende chronische Hepatitis junger Frauen mit Ikterus, erhöhten Gammaglobulinen (vor allem Immunglobulin G) und Amenorrhö. Im internationalen Konsens wird die AIH als eine chronische, überwiegend periportale Hepatitis definiert, die gewöhnlich mit Hypergammaglobulinämie und Gewebsautoantikörpern einhergeht und die in den meisten Fällen auf eine immunsuppressive Behandlung anspricht. Zusätzlich wird sie durch die Bevorzugung des weiblichen Geschlechts und der HLA-Haplotypen B8, DR3 und DR4, die Präsenz assoziierter Autoimmunsyndrome und die Abwesenheit von Markern einer viralen Infektion gekennzeichnet. Die Autoimmunhepatitis kann sowohl chronisch als auch akut auftreten und ist für ca. 10-20 % aller Fälle einer chronischen Hepatitis verantwortlich. Sie ist somit keine seltene Erkrankung.

Basierend auf wenigen verlässlichen epidemiologischen Daten muss man von einer Prävalenz von 0,1 bis 1,2 auf 100 000 in der westlichen Hemisphäre sowie von 0,08 bis 0,015 auf 100 000 in Japan ausgehen. Die Prävalenz der AIH variiert genauso wie die Assoziation mit immungenetischen Markern wie den HLA-Antigenen. In Brasilien beispielsweise sind nur 5-10 % der Patienten mit einer chronischen Hepatitis an einer AIH erkrankt. Aus der recht unspezifischen Krankheitsdefinition der AIH ergibt es sich, dass es keine einzelnen pathognomonischen Faktoren gibt, auf denen eine sichere Diagnose fußt. Vielmehr wird die Diagnose durch den konsequenten Ausschluss anderer Erkrankungen und durch Einsatz eines Wahrscheinlichkeits-Autoantikörper-Scores, den sog. Autoimmune Hepatitis Score (J Hepatol 1999; 31: 929-938), erreicht.

Zirkulierende Autoantikörper in Titern höher als 1 : 80 zählen zu den prominentesten Merkmalen der AIH. Sie haben einen richtungsweisenden Einfluss auf die Diagnostik und werden zur Subklassifizierung der AIH sowie ihrer Abgrenzung von der PBC genutzt. Die Identifizierung und molekulare Klonierung von Zielantigenen der Autoantikörper haben wesentlich zur Charakterisierung dieser Autoantikörper beigetragen und ermöglichen die diagnostische Anwendung exakt definierter Testsysteme. Zu den für die AIH diagnostisch relevanten Autoantikörper zählen antinukleäre Antikörper (ANA), Autoantikörper gegen glatte Muskelzellen (smooth muscle antibodies - SMA), Leber-Niere-Mikro­somen-Autoantikörper (liver/kidney microsomal - LKM) und Autoantikörper gegen lösliches Leberantigen (soluble liver antige/liver pancreas antigenn - SLA/LP). Zusätzlich tritt eine Reihe zum Teil noch inkomplett definierter Autoantikörper auf (z. B. anti liver cytosolic - LC1, anti Asialoglycoproteinrezeptor - ASGPR). Anhand der Hauptautoantikörper ANA/SMA (AIH Typ1), LKM (AIH Typ 2) und SLA/LP (AIH Typ3) werden zur systematischen Erfassung, zur klinischen Abgrenzung der Syndrome und aus wissenschaftlichen Gründen serologisch drei Subtypen der AIH definiert. Obwohl die serologische Unterscheidbarkeit der AIH eine klinische Abgrenzbarkeit der AIH-Typen vermuten ließe, ergibt sich hieraus keine differenzialtherapeutische Konsequenz.

Weiterführende Literatur

  • 1 Strassburg C P, Obermayer-Straub P, Manns M P. Autoimmunity in liver diseases.  Clin Rev Allergy Immunol. 2000;  18 127-139
  • 2 Manns M P, Strassburg C P. Autoimmune hepatitis: clinical challenges.  Gastroenterology. 2001;  120 1502-1517
  • 3 Desmet V J, Gerber M, Hoofnaagle J H. et al . Classification of chronic hepatitis: diagnosis, grading and staging.  Hepatology. 1994;  19 1513-1520
  • 4 Czaja A J. Autoimmune hepatitis: Evolving concepts and treatment strategies.  Dig Dis Sci. 1995;  40 435-456

Univ.-Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Direktor, Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und ­Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

Email: manns.michael@mh-hannover.de

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